BMF - IV C 4 - S 2223/07/0015 :014 BStBl 2016 I S. 498

Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens in Ecuador

Das Erdbeben in Ecuador am und die vielen hundert Nachbeben haben sehr große Schäden an der Infrastruktur verursacht, die nach der Naturkatastrophe eine humanitäre Katastrophe befürchten lassen.

Die Vereinten Nationen haben daher ausdrücklich auch zur internationalen Unterstützung aufgerufen.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens in Ecuador getroffenen Verwaltungsregelungen in diesem Schreiben zusammengefasst.

Sie gelten für die nachfolgenden Unterstützungsmaßnahmen, die vom bis durchgeführt werden.

I. Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen

1. Zuwendungen an Geschäftspartner

Wendet der Steuerpflichtige seinen von dem Erdbeben in Ecuador unmittelbar betroffenen Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen unentgeltlich Leistungen aus seinem Betriebsvermögen zu, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EStG ist insoweit aus Billigkeitsgründen nicht anzuwenden.

2. Sonstige Zuwendungen

Erfüllt die Zuwendung des Steuerpflichtigen unter diesen Gesichtspunkten nicht die Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug, so ist aus allgemeinen Billigkeitserwägungen die Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld) des Unternehmers aus einem inländischen Betriebsvermögen an den durch das Erdbeben in Ecuador unmittelbar geschädigten Unternehmer als Betriebsausgabe zu behandeln, die ohne Rücksicht auf § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EStG abgezogen werden darf.

II. Lohnsteuer

Aus Billigkeits- und Vereinfachungsgründen gilt Folgendes:

1. Unterstützung an Arbeitnehmer

Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können nach R 3.11 LStR steuerfrei sein. R 3.11 Absatz 2 LStR ist auf Unterstützungen, die von dem Erdbeben in Ecuador betroffene Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber erhalten, mit folgender Maßgabe anzuwenden:

  • Die in R 3.11 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 3 LStR genannten Voraussetzungen brauchen nicht vorzuliegen,

  • die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 Euro je Kalenderjahr steuerfrei. Der 600 Euro übersteigende Betrag gehört nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im Allgemeinen kann bei den durch das Erdbeben in Ecuador betroffenen Arbeitnehmern von einem besonderen Notfall ausgegangen werden.

Auf Unterstützungen, die in Form von sonst steuerpflichtigen Zinsvorteilen oder in Form von Zinszuschüssen gewährt werden, ist die vorstehende Regelung ebenfalls anzuwenden. Zinszuschüsse und Zinsvorteile bei Darlehen, die zur Beseitigung von Schäden durch das Erdbeben in Ecuador aufgenommen worden sind, sind deshalb ebenfalls nach R 3.11 Absatz 2 LStR steuerfrei, und zwar während der gesamten Laufzeit des Darlehens. Voraussetzung hierfür ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Bei längerfristigen Darlehen sind Zinszuschüsse und Zinsvorteile insgesamt nur bis zu einem Betrag in Höhe des Schadens steuerfrei. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 LStDV); dabei ist auch zu dokumentieren, dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch das Erdbeben in Ecuador zu Schaden gekommen ist.

2. Arbeitslohnspende

Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens

a) zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an von dem Erdbeben in Ecuador betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens (Nummer 1) oder

b) zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 2 EStG,

bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 LStDV). Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erklärt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist.

Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 EStG) anzugeben. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden. Das Sozialversicherungsrecht sieht nach der geltenden Rechtslage für Arbeitslohnspenden ins Ausland keine Freistellung von der Beitragspflicht vor.

III. Spenden

Vereinfachter Zuwendungsnachweis

Für alle Sonderkonten, die von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, inländischen öffentlichen Dienststellen oder von den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege einschließlich ihrer Mitgliedsorganisationen eingerichtet wurden, gilt ohne betragsmäßige Beschränkung der vereinfachte Zuwendungsnachweis. Nach § 50 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a EStDV genügt in diesen Fällen als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z. B. Kontoauszug) eines Kreditinstitutes oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking. Nach § 50 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b Satz 1 EStDV gilt der vereinfachte Zuwendungsnachweis auch, soweit bis zur Errichtung eines Sonderkontos Zuwendungen auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger geleistet wurden.

Haben auch nicht steuerbegünstigte Spendensammler Spendenkonten eingerichtet und zu Spenden aufgerufen, sind diese Zuwendungen steuerlich abziehbar, wenn das Spendenkonto als Treuhandkonto geführt wird und die Zuwendungen anschließend entweder an eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle weitergeleitet werden. Zur Erstellung von Zuwendungsbestätigungen muss dem Zuwendungsempfänger auch eine Liste mit den einzelnen Spendern und dem jeweiligen Anteil an der Spendensumme übergeben werden.

Unter folgenden Voraussetzungen ist bei Spendensammlungen nicht steuerbegünstigter Spendensammler über ein als Treuhandkonto geführtes Spendenkonto auch ein vereinfachter Zuwendungsnachweis möglich:

Die gesammelten Spenden werden auf ein Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen überwiesen. Nach § 50 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b Satz 2 EStDV genügt als Nachweis in diesen Fällen der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Spenders zusammen mit einer Kopie des Barzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des nicht steuerbegünstigten Spendensammlers.

IV. Spendenaktionen von gemeinnützigen Körperschaften für durch das Erdbeben in Ecuador geschädigte Personen

Einer gemeinnützigen Körperschaft ist es grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die sie nach ihrer Satzung nicht fördert (§ 55 Absatz 1 Nummer 1 AO). Ruft eine gemeinnützige Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine hier in Betracht kommenden Zwecke – wie insbesondere mildtätige Zwecke – verfolgt (z. B. Sportverein, Musikverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), zu Spenden zur Hilfe für die Opfer des Erdbebens in Ecuador auf und kann sie die Spenden nicht zu Zwecken, die sie nach ihrer Satzung fördert, verwenden, gilt Folgendes:

Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine zum Beispiel mildtätigen Zwecke fördert oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für Opfer des Erdbebens in Ecuador erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck verwendet. Hierzu reicht es aus, wenn die Spenden entweder an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die zum Beispiel mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Hilfe für die Opfer des Erdbebens in Ecuador weitergeleitet werden. Die gemeinnützige Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, muss entsprechende Zuwendungsbestätigungen für Spenden, die sie für die Hilfe für Opfer des Erdbebens in Ecuador erhält und verwendet, bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.

V. Umsatzsteuer

Das Umsatzsteuerrecht ist in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union insbesondere durch die Vorschriften der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) weitgehend harmonisiert. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die dort getroffenen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie kennt keine Möglichkeit, die es einem Mitgliedstaat zur Bewältigung von Naturkatastrophen, wenn auch nur zeitlich und sachlich begrenzt, gestatten würde, von den verbindlichen Richtlinienvorschriften abzuweichen.

Sachliche Billigkeitsmaßnahmen bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen nach § 3 Absatz 1b und Absatz 9a UStG sind daher ebenso wenig möglich wie eine Ausweitung der Steuervergütung nach § 4a UStG.

BMF v. - IV C 4 - S 2223/07/0015 :014


Fundstelle(n):
BStBl 2016 I Seite 498
DB 2016 S. 1346 Nr. 23
DStR 2016 S. 1215 Nr. 21
EStB 2016 S. 254 Nr. 7
IStR 2016 S. 555 Nr. 13
StB 2016 S. 238 Nr. 7
UR 2016 S. 569 Nr. 14
RAAAF-74529