Erhebung des Solidaritätszuschlags im Jahr 2020 bzw. ab 2021 weiter verfassungsrechtlich zulässig
Leitsatz
1. Das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG) in der Fassung der Bekanntmachung vom , BGBI 2002 I S. 4130, ab dem
Jahr 2021 in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Rückführung des SolZ (RückfSolZG) v. , BGBl 2019 I S. 2115
und des 2. Familienentlastungsgesetzes (FamEntlG) v. , BGBl 2020 I S. 2616, ist verfassungsgemäß. Der Solidaritätszuschlag
als Ergänzungsabgabe darf trotz des im Jahr 2019 ausgelaufenen Solidarpakts II und der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
auch im Jahr 2020 und ab 2021 weiter erhoben werden. Eine Rechtfertigung für die weitere Erhebung ergibt sich aus den Maßnahmen
zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und den hieraus resultierenden belastenden Folgen für die Staatsfinanzen, vor allem die
des Bundes.
2. Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, eine Ergänzungsabgabe von vornherein zu befristen oder sie nur für einen kurzen
Zeitraum zu erheben.
3. Es ist unschädlich, dass in der Gesetzesbegründung die mit dem Solidaritätszuschlag zu finanzierenden Aufgaben nicht genau
bezeichnet werden. Die Entscheidung darüber, welche Aufgaben in Angriff genommen werden und wie sie finanziert werden sollen,
gehört zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die sich grundsätzlich der gerichtlichen Nachprüfung entzieht.
4. Mit der Erhöhung der Freigrenzen in § 3 Abs. 3 Satz 1 SolZG und der Schaffung einer sogenannten Milderungszone (§ 4 Satz
2 SolZG) durch das RückfSolZG verstößt der Gesetzgeber nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und
berücksichtigt in verfassungsrechtlich zulässiger Weise soziale Gesichtspunkte. Es erfolgt auch kein unzulässiger Eingriff
in den Belastungsverlauf der Einkommensteuer.
5. Die fehlende Einbeziehung von Körperschaften in die – aus sozialstaatlichen Erwägungen geplante -Abschmelzung des SolZ
ist zulässig. Es liegt keine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung (von wesentlich Gleichem) vor.
6. Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Solidaritätszuschlag weiterhin in voller Höhe auf die
Kapitalertragsteuer erhoben wird (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG).
7. Es verstößt auch nicht gegen die Verfassung, dass bei Ehegatten, die zur Ausnutzung der sogenannten Null- bzw. Milderungszone
die Einzelveranlagung (§ 26a EStG) wählen, die Höhe des Solidaritätszuschlags bei gleichem zu versteuernden Einkommen nicht
stets identisch ist, sondern durch die unterschiedlichen Beiträge der Ehepartner zum – rein rechnerisch einheitlich betrachteten
– zu versteuernden Einkommen beeinflusst werden kann.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): BB 2022 S. 1622 Nr. 28 KÖSDI 2022 S. 22835 Nr. 8 QAAAJ-17184
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