BFH Urteil v. - X R 92/98 BStBl 2002 II S. 51

Keine Einbeziehung der auf das häusliche Arbeitszimmer enffallenden Anschaffungskosten in die Bemessungsgrundlage nach § 10 e EStG

Leitsatz

Die auf das beruflich genutzte Arbeitszimmer entfallenden Anschaffungskosten sind auch dann nicht in die Bemessungsgrundlage der Wohneigentumsförderung nach § 10 e EStG einzubeziehen, wenn wegen § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG und § 9 Abs. 5 EStG i. d. F. des JStG 1996 der Werbungskostenabzug in voller Höhe zu versagen ist.

Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6 bEStG § 9 Abs. 5EStG § 10 e Abs. 1

Instanzenzug: Finanzgericht Köln (EFG 1998, 1462) (Verfahrensverlauf),

Tatbestand

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Miteigentümer eines bebauten und zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundstücks, das sie im Jahre 1991 angeschafft haben. Sie nutzten im Streitjahr 1996 23,07 % der Gesamtwohnfläche als Arbeitszimmer. Bis einschließlich 1995 wurden ihre auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt. Die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wurde um die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden Anschaffungskosten gekürzt. Im Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Abzugsbetrag bis 1995 mit jährlich 12 595 DM fest Mit Feststellungserklärung für 1996 machten die Kläger einen Abzugsbetrag in Höhe von 16 372 DM mit der Begründung geltend, das ab 1996 steuerlich nicht mehr anzuerkennende Arbeitszimmer sei nunmehr als zu Wohnzwecken genutzt zu werten, auch wenn es wie in den Vorjahren beruflich genutzt werde. Dem folgte das FA im Feststellungsbescheid für 1996 jedoch nicht.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1462 veröffentlichtem Urteil ab.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie tragen im Wesentlichen vor:

Nach § 10 e Abs. 1 Satz 7 EStG sei zwar die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag um den auf den nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teil zu kürzen. Keine Eigennutzung sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für die Teile der Wohnung anzunehmen, die weit überwiegend zu betrieblichen oder beruflichen Zwecken genutzt würden. Ab dem Veranlagungszeitraum 1996 sei aber der Abzugsbetrag gemäß § 10 e Abs. 1 EStG zu erhöhen, wenn wegen § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG und § 9 Abs. 5 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 1996 der Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug in voller Höhe versagt werde. Durch die Einführung dieser Vorschriften werde typisierend unterstellt, dass das Arbeitszimmer nicht fast ausschließlich betrieblich oder beruflich, sondern zu Wohnzwecken genutzt werde.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und den Feststellungsbescheid vom i. d. F. der Einspruchsentscheidung vom dergestalt zu ändern, dass der Abzugsbetrag nach § 10 e EStG auf 16 372 DM festgestellt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist - wie das FG - der Auffassung, dass die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10 e EStG um die anteiligen Anschaffungskosten des betrieblich/beruflich genutzten Arbeitszimmers auch dann zu kürzen ist, wenn die Aufwendungen dafür durch die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG i. V. m. § 9 Abs. 5 EStG seit 1996 steuerlich nicht mehr abziehbar sind.

Gründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat die auf das beruflich genutzte Arbeitszimmer der Kläger entfallenden Anschaffungskosten zu Recht nicht in die Bemessungsgrundlage der Wohneigentumsförderung nach § 10 e EStG einbezogen.

Nach § 10 e Abs. 1 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige von den Herstellungskosten einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus zuzüglich der Hälfte der Anschaffungskosten für den dazugehörenden Grund und Boden (Bemessungsgrundlage) im Jahr der Fertigstellung und den sieben darauf folgenden Jahren bestimmte Abzugsbeträge wie Sonderausgaben abziehen. Werden Teile der Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt, ist die Bemessungsgrundlage nach § 10 e Abs. 1 Satz 7 EStG um den hierauf entfallenden Teil zu kürzen. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber der gezielten Förderung eigengenutzten Wohnraums besonderen Ausdruck verleihen (BTDrucks 10/3633, S. 15).

Teile einer Wohnung werden dann nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn sie weit überwiegend betrieblichen oder beruflichen Zwecken dienen. Diese Voraussetzung ist bei einem selbstgenutzten Arbeitszimmer erfüllt (, BFHE 178, 80, BStBl II 1995, 598). Zwischen den Beteiligten ist umstreitig, dass die Kläger das Arbeitszimmer im Streitjahr weit überwiegend beruflich genutzt haben. Nach 10 e Abs. 1 Satz 7 EStG war daher die Bemessungsgrundlage der Wohneigentumsförderung gemäß § 10 e EStG zu kürzen, obwohl die auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen wegen der ab dem Veranlagungszeitraum 1996 geltenden Regelungen in § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG und § 9 Abs. 5 EStG nicht mehr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind.

Nach dem Gesetzeswortlaut ist entscheidend für die Kürzung der Bemessungsgrundlage die tatsächliche Verwendung des Arbeitszimmers zu anderen als Wohnzwecken. Ob für die berufliche oder gewerbliche Nutzung Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben steuermindernd geltend gemacht werden können, ist nach der unmissverständlichen Formulierung in § 10 e Abs. 1 Satz 7 EStG unerheblich. Selbst wenn - wie die Kläger meinen - der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG und § 9 Abs. 5 EStG typisierend unterstellt, dass die private Nutzung eines Arbeitszimmers mehr als 10 % ausmacht oder gar überwiegt (vgl. Wagner, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1999, 441), liegt im Streitfall angesichts der Einlassung der Kläger keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, sondern zu beruflichen Zwecken vor. § 10 e Abs. 1 Satz 7 EStG stellt auf den tatsächlichen Gebrauch des Raumes, nicht aber auf eine anderweitige einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der diesen Gebäudeteil betreffenden Aufwendungen ab.

Aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Inanspruchnahme des Abzugsbetrags gemäß § 10 e EStG für eine am Arbeitsort im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzte Wohnung (Senats-Urteil vom X R 91/97, BFHE 192, 333, BStBl II 2000, 692) ergibt sich nichts anderes. Eine Wohnung am Beschäftigungsort wird, soweit nicht der Steuerpflichtige in ihr ein Arbeitszimmer unterhält, zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

Die Verwaltungsanweisung in Abschn. 42 a Abs. 3 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1996, nach der das häusliche Arbeitszimmer des Mieters aus Vereinfachungsgründen den Wohnzwecken dienenden Räumen zuzurechnen ist, gilt für das Arbeitszimmer des Eigentümers nicht entsprechend (vgl. BFH-Urteil in BFHE 178, 80, BStBl II 1995, 598, betreffend Absetzung für Abnutzung). Die Verwaltungsvorschrift bezieht sich ausschließlich auf die Ermittlung der Höhe der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Sinn der Regelung ist, den Vermieter von Ermittlungen in der Privatsphäre seiner Mieter zu entlasten. Beim selbstgenutzten Arbeitszimmer im eigenen Haus ist aber ein Eindringen in Angelegenheiten Dritter nicht erforderlich (a. A. Stuhrmann in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 8 EigZulG Rz. 15).

Dass die Anschaffungskosten für den zu anderen als Wohnzwecken genutzten Teil einerseits nicht in die Bemessungsgrundlage gemäß § 10 e EStG einzubeziehen sind, wegen § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG bzw. § 9 Abs. 5 EStG andererseits auch nicht über die Abschreibung im Rahmen der Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten berücksichtigt werden können, ist angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung, die nach der Entscheidung des (BVerfGE 101, 297) verfassungsmäßig ist, hinzunehmen.

Das Ergebnis entspricht auch der Regelung im Eigenheimzulagengesetz (EigZulG). Nach § 8 Satz 3 EigZulG sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die auf ein häusliches Arbeitszimmer des Eigentümers entfallen, aus der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Zulage auszuklammern. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufwendungen hierfür nach der Neuregelung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG i. V. m. § 9 Abs. 5 EStG nicht oder nur noch bis zur Höchstgrenze von 2 400 DM als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können (Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl. 2001, § 8 Rz. 83; Märkle/Franz, Selbstgenutztes Wohnungseigentum - Die Eigenheimzulage -, 6. Aufl. 1999, S. 30).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 51
BB 2001 S. 2630 Nr. 51
BB 2002 S. 130 Nr. 3
BFH/NV 2002 S. 112 Nr. 1
BFHE S. 40 Nr. 197
BStBl II 2002 S. 51 Nr. 2
DB 2002 S. 127 Nr. 3
DStR 2001 S. 2147 Nr. 50
DStRE 2002 S. 7 Nr. 1
FR 2002 S. 83 Nr. 2
INF 2002 S. 90 Nr. 3
KÖSDI 2002 S. 13125 Nr. 1
WAAAA-89102