Wohnflächenberechnung; Berücksichtigung von Balkonen, Loggien, Dachgärten/-terrassen und Freisitzen (Terrassen) bei der Einheitsbewertung
Gem. § 44 Abs. 2 Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) können die Grundflächen von ausschließlich zu Wohnraum gehörenden ,,Balkonen, Loggien, Dachgärten oder gedeckten Freisitzen'' zur Ermittlung der Wohnfläche bis zur Hälfte angerechnet werden. Zur Umsetzung dieser (Kann-) Vorschrift für die Zwecke der Einheitsbewertung weise ich auf Folgendes hin:
1 Begriffsbestimmungen
1.1 Balkon
Ein Balkon ist ein nach einer oder mehreren Seiten offener, überdeckter oder nicht überdeckter und betretbarer Anbau an ein Geschoss des Hauses.
1.2 Loggia
Eine Loggia ist ein überdeckter, nur zur Hausfront offener Aufenthaltsplatz, der im Gegensatz zum Balkon nicht vor der Mauer liegt, sondern hinter der Mauerflucht zurückspringt.
Dachgarten/Dachterrasse
Hierbei handelt es sich um einen überlicherweise nicht überdachten ,,Freisitz'' der auf dem obersten Geschoss eines Hauses liegt, sich aber z.B. auch auf einer Garage befinden kann.
Freisitz
Ein Freisitz ist ein ebenerdiger Platz, der ausschließlich einen angrenzenden Wohnraum zugeordnet, mit einem festen Bodenbelag versehen und zum Aufstellen von Tischen und Stühlen geeignet ist.
Gedeckter Freisitz
Ein gedeckter Freisitz kann überdacht sein, z.B. durch ein Dach (auch Glasdach) oder einen überstehenden Gebäudeteil wie den Balkon eines Obergeschosses, braucht es aber nicht. Unter ,,gedeckt'' ist nämlich nicht eine Überdeckung, sondern ein Sichtschutz wie z.B. eine Umfassungswand, Sichtblende oder Bepflanzung zu verstehen (so in Fischer/Dieskau/Pergande/Schwender, Kommentar zum Wohnungsbaurecht, Anm. 6 zu § 44 II. BV).
Allgemeines zur Anwendung der II. BV
Soweit bei der Ermittlung der üblichen Miete i.S. von § 79 Abs. 2 BewG die Wohnfläche von Bedeutung ist, ist diese nach den Grundsätzen der §§ 42 bis 44 II. BV zu berechnen (Abschn. 23 Abs. 2 BewRGr). Durch diese Anweisung ist weitgehend sichergestellt, dass insoweit von einheitlichen Regelungen ausgegangen wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese vor allem für wohnungswirtschaftliche Zwecke (z.B. Wohnungsbauförderung und die damit verbundene Mietpreisbildung) geschaffene Verordnung für die Einheitsbewertung als Rechtsnorm anzusehen ist ( EFG 1995, S. 191) Dies gilt insbesondere deshalb, weil bei der Ermittlung der Jahresrohmiete bzw. der üblichen Miete als eigentliche Bewertungsgrundlage alles zu berücksichtigen ist, was den Mietwert (Wohnwert) des Grundstücks beeinflusst (Hinweis auf Abschn. 21 Abs. 1 BewRGr) und deshalb die Wohnfläche nur ein Faktor neben anderen ist. Daraus resultiert, dass bei der Einheitsbewertung u.U. auch Flächen einzubeziehen sind, die nach der II. BV nicht zur Wohnfläche gehören bzw. unberücksichtigt bleiben können (s. hierzu ?h Karten 7 und 7 d zu § 79 BewG).
Über die Einbeziehung von Balkonen, Loggien, Dachgärten/Dachterrassen und Freisitzen ist danach wie folgt zu entscheiden:
3.1 Balkone
Der Wohnwert von Balkonen ist insbesondere aufgrund der Tatsache, dass sie üblicherweise nach mehreren Seiten hin offen sind, gering. Von einer Einbeziehung ist deshalb grundsätzlich abzusehen.
3.2 Loggien
Loggien stellen i.d.R. eine gut nutzbare Erweiterung des Wohnraums dar und erhöhen damit zweifelsfrei den Wohnwert einer Wohnung. Die Grundflächen von vorhandenen Loggien sind deshalb zu 50 v.H. in die Einheitsbewertung mit einzubeziehen.
3.3 Dachgärten/Dachterrassen
Nicht überdachte Dachgärten und Dachterrassen sind wie die Balkone nur beschränkt nutzbar. Sie dind deshalb bei der Einheitsbewertung ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
Ist ausnahmsweise eine Überdachung vorhanden, sind 50 v.H. der überdachten Fläche zu erfassen.
3.4 Freisitze
Bei der Beurteilung von Freisitzen ist der Begriff ,,gedeckt'' in der bisherigen Bewertungspraxis regelmäßig einengend als ,,überdeckt'', d.h. als ,,überdacht'' ausgelegt worden. Danach ist weiterhin zu verfahren. Gegen eine Auslegung i.S. der Kommentierung (s.o. Nr. 1.5) spricht aus bewertungsrechtlicher und arbeitsökonomischer Sicht Folgendes:
- Ob ein ,,Sichtschutz'' in Form von z.B. einer Sichtblende oder Bepflanzung vorhanden ist, ergibt sich weder aus der Erklärung zur Festellung des Einheitswerts noch lässt es sich i.d.R. aus der Bauzeichnung ersehen. Es wären also gezielte Rückfragen erforderlich. Der dadurch entstehende Arbeitsaufwand stünde in keinem Verhältnis zum evtl. ,,Mehrergebnis''. Außerdem können solche Einrichtungen jederzeit ohne größeren Aufwand entfernt oder hinzugefügt werden.
- Selbst bei Vorhandensein eines derartigen Sichtschutzes ist die Nutzungsmöglichekit eines nicht überdachten Freisitzes, ähnlich wie bei einem Balkon, witterungsabhängig und deshalb eingeschränkt, sodass auch hier nur von einer geringen Erhöhung des Wohnwerts der dazugerhörigen Wohnung auzugehen ist.
Danach sind
- nicht überdachte Freisitze bei der Einheitsbewertung nicht zu erfassen,
- überdachte Freisitze mit 50 v.H. ihrer Grundfläche zu berücksichtigen.
OFD
Hannover v. - S
3202
Fundstelle(n):
NWB EN
1327/2002
RAAAA-88188