BMF - IV C 1 -S 2400 - 27/02 BStBl 2002 I 1346

Einzelfragen bei Entrichtung, Abstandnahme und Erstattung von Kapitalertragsteuer  (§§ 44-44c EStG)

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nimmt das BMF zu Einzelfragen der Kapitalertragsteuer wie folgt Stellung:

I. Zufluss von Zinsen

1 Zinsen fließen als regelmäßig wiederkehrende Einnahmen dem Steuerpflichtigen nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG in diesem Jahr zu, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Die wirtschaftliche Zugehörigkeit bestimmt sich nach dem Jahr, in dem sie zahlbar, d. h. fällig sind, unabhängig davon, für welchen Zeitraum die Zinsen gezahlt werden oder wann die Gutschrift tatsächlich vorgenommen wird. Auch bei auf- und abgezinsten Kapitalforderungen ist für den Zufluss nicht der Zeitraum maßgebend, für den die Zinsen gezahlt werden, sondern der Zeitpunkt der Fälligkeit.

II. Auszahlende Stelle (§ 44 Abs. 1 EStG) bei mehrstufiger Verwahrung

2 Wertpapiere werden vielfach nicht nur von dem Kreditinstitut verwahrt, bei dem der Steuerpflichtige sein Depot unterhält, sondern auch - z. B. im Falle der Girosammelverwahrung - bei der Wertpapiersammelbank (Clearstream AG). Auszahlende Stelle im Sinne des § 44 Abs. 1 EStG ist bei mehrstufiger Verwahrung das depotführende Kreditinstitut, das als letzte auszahlende Stelle die Wertpapiere verwahrt und allein die individuellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (z. B. Freistellungsauftrag, NV-Bescheinigung) berücksichtigen kann.

III. Umfang und Zeitpunkt des Steuerabzugs

1. Bundesschatzbriefe Typ B

3 Bei Bundesschatzbriefen Typ B fließen die Erträge dem Steuerpflichtigen in dem Zeitpunkt zu, in dem entweder die Endfälligkeit erreicht ist oder die Titel an die Bundeswertpapierverwaltung zurückgegeben werden. Dem Zinsabschlag unterliegt demnach am Ende der Laufzeit oder bei Rückgabe des Titels der gesamte Kapitalertrag.

4 Bei Bundesschatzbriefen Typ B, bei denen der Zinslauf am 1. Januar beginnt, ist der Zinsabschlag ebenfalls bei Fälligkeit, d. h. am 1. Januar, abzuziehen.

2. Höhe des steuerpflichtigen Ertrags bei Finanzierungsschätzen

5 Dem Zinsabschlag ist der Brutto-Kapitalertrag zugrunde zu legen; er ist in der Steuerbescheinigung auszuweisen. Dies ist z. B. nicht möglich bei Finanzierungsschätzen des Bundes, die bei einer Emission während einer gewissen Zeitdauer mit unterschiedlichen Ausgabepreisen begeben werden und deshalb beim Anleger entsprechend dem Kaufdatum zu einem unterschiedlichen Ertrag führen. In diesen Fällen muss deshalb für jede Emission eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Kapitalertragsteuer bestimmt werden.

6 Aus Vereinfachungsgründen ist es nicht zu beanstanden, wenn für die Erhebung des Zinsabschlags und die Ausstellung der Steuerbescheinigungen bei Erträgen aus Finanzierungsschätzen der höchste Ausgabekurs (= niedrigste Ausgabeabschlag) je Begebungsmonat zugrunde gelegt wird.

3. Vorschusszinsen bei Spareinlagen

7 Nach § 21 Abs. 4 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute (RechKredV) können Sparbedingungen dem Kunden das Recht einräumen, über Spareinlagen, für die eine Kündigungsfrist von drei Monaten gilt, bis zu einem bestimmten Betrag, der jedoch pro Sparkonto und Kalendermonat 2 000 € nicht überschreiten darf, ohne Kündigung zu verfügen. Es bleibt den Kreditinstituten überlassen, in welcher Weise sie im Einzelfall auf Verfügungen vor Fälligkeit reagieren wollen.

8 Berechnen die Kreditinstitute das Entgelt für die vorzeitige Rückzahlung in der Form, dass die Vorschusszinsen weder den Betrag der Habenzinsen übersteigen, noch für einen längeren Zeitraum als 2½ Jahre berechnet werden, und bleibt die Spareinlage in jedem Fall unangetastet, kann der Zinsabschlag von dem saldierten Zinsbetrag (Habenzinsen abzüglich Vorschusszinsen) erhoben werden.

4. Zinsabschlag bei Zinsen aus Kontokorrentkonten

9 Bei Zinsen aus Kontokorrentkonten ist der Zinsabschlag nicht auf der Grundlage des Saldos am Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraums, sondern von den einzelnen Habenzinsbeträgen vor der Saldierung zu erheben.

8. Umrechnung von Währungsbeträgen

10 Bei in Fremdwährung bezogenen Kapitalerträgen aus Fremdwährungsanleihen und Fremdwährungskonten ist sowohl für die Gutschrift als auch für den Zinsabschlag der Devisengeldkurs der jeweiligen Fremdwährung zugrunde zu legen, der am Tag des Zuflusses der Kapitalerträge gilt. Fließen derartige Kapitalerträge in Euro zu, ist dieser Betrag Grundlage des Zinsabschlags.

11 Bei Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG gilt der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung als Kapitalertrag, wenn die Wertpapiere und Kapitalforderungen keine Emissionsrendite haben oder der Steuerpflichtige sie nicht nachweist. Bei Wertpapieren und Kapitalforderungen in ausländischer Währung ist der Unterschied in dieser Währung zu ermitteln. Der hiernach ermittelte Kapitalertrag in Fremdwährung ist mit dem jeweiligen Devisengeldkurs in Euro zum Zeitpunkt der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung umzurechnen. Dieser ist für die Bemessung des Zinsabschlags in Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 8 EStG i. V. mit § 43a Abs. 2 Satz 2 und 7 EStG zu Grunde zu legen.

IV. NV-Bescheinigung und Freistellungsaufträge (§ 44a EStG)

1. Identität von Kontoinhaber und Gläubiger der Kapitalerträge

12 Nach § 44a Abs. 6 EStG ist u. a. Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug, dass Einlagen und Guthaben beim Zufluss von Einnahmen unter dem Namen des Gläubigers der Kapitalerträge bei der auszahlenden Stelle verwaltet werden. Die Abstandnahme setzt also Identität von Gläubiger und Kontoinhaber voraus. Auf die Verfügungsberechtigung kommt es nicht an; denn Gläubiger von Kapitalerträgen kann auch sein, wer nicht verfügungsberechtigt ist.

2. Ausstellung, Widerruf und Verwendung einer NV-Bescheinigung

13 Nach § 44a Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG ist die NV-Bescheinigung unter dem Vorbehalt des Widerrufs mit einer Geltungsdauer von höchstens drei Jahren auszustellen; sie muss am Schluss eines Kalenderjahres enden.

14 Der Widerruf einer NV-Bescheinigung dürfte in der Regel mit Wirkung ab Beginn des folgenden Kalenderjahres ausgesprochen werden. Sollte die Geltungsdauer in Widerrufsfällen ausnahmsweise während des Jahres enden und der Steuerpflichtige im Anschluss daran einen Freistellungsauftrag erteilen, muss im Hinblick auf das noch zur Verfügung stehende Freistellungsvolumen berücksichtigt werden, in welcher Höhe zuvor während des Kalenderjahres der Zinsabschlag unterblieben ist und etwaige Anträge auf Erstattung von Kapitalertragsteuer gestellt worden sind oder noch gestellt werden.

15 Wird dagegen neben einem Freistellungsauftrag oder nach dessen Widerruf eine NV-Bescheinigung vorgelegt, ist es unerheblich, in welchem Umfang zuvor eine Abstandnahme vom Zinsabschlag vorgenommen wurde und Anträge auf Erstattung gestellt worden sind.

16 Es bestehen keine Bedenken, neben dem Original der NV-Bescheinigung auch eine amtlich beglaubigte Kopie für steuerliche Zwecke anzuerkennen. Gleiches gilt, wenn durch einen Mitarbeiter des zum Steuerabzug Verpflichteten auf einer Kopie vermerkt wird, dass das Original der NV-Bescheinigung vorgelegen hat.

3. Erteilung und Änderung von Freistellungsaufträgen

17 Der amtlich vorgeschriebene Vordruck des Freistellungsauftrags (vgl. BStBl 2001 I S. 346) sieht die Unterschrift des Kunden vor. Eine Vertretung ist zulässig. Der Freistellungsauftrag kann auch per Fax erteilt werden, nicht aber per E-Mail.

18 Wird im Laufe des Kalenderjahres ein dem jeweiligen Kreditinstitut bereits erteilter Freistellungsauftrag geändert, handelt es sich insgesamt nur um einen Freistellungsauftrag. Wird der freizustellende Betrag herabgesetzt, muss das Kreditinstitut prüfen, inwieweit das bisherige Freistellungsvolumen bereits durch Abstandnahme vom Steuerabzug ausgeschöpft ist. Ein Unterschreiten des bereits freigestellten und ausgeschöpften Betrages ist nicht zulässig. Eine Erhöhung des freizustellenden Betrages darf ebenso wie die erstmalige Erteilung eines Freistellungsauftrages nur mit Wirkung für das Kalenderjahres, in dem der Antrag geändert wird, und spätere Kalenderjahre erfolgen.

19 Jede Änderung muss auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck vorgenommen werden.

4. Freistellungsaufträge für mehrere rechtlich selbständige Kreditinstitute

20 Bei Kreditinstituten ist es teilweise üblich, Geldkonten von Kunden bei den Ortsbanken zu führen, Depotkonten derselben Kunden aber aus Gründen der Rationalisierung bei anderen rechtlich selbständigen Einrichtungen (Zentralinstitute). In diesen Fällen muss jeder der beiden auszahlenden Stellen ein Freistellungsauftrag erteilt werden, um die Abstandnahme vom Steuerabzug zu erreichen.

5. Freistellungsaufträge bei Ehegatten

21 Ehegatten, die unbeschränkt estpfl. sind und nicht dauernd getrennt leben, haben ein gemeinsames Freistellungsvolumen (§ 20 Abs. 4 Satz 2 EStG) und können deshalb nur gemeinsam Freistellungsaufträge erteilen. Der gemeinsame Freistellungsauftrag kann sowohl für Gemeinschaftskonten als auch für Konten oder Depots erteilt werden, die auf den Namen nur eines Ehegatten geführt werden.

22 Die Kreditinstitute können bei Entgegennahme eines gemeinsamen Freistellungsauftrags von Ehegatten auf die Richtigkeit der gemachten Angaben grundsätzlich vertrauen, sofern ihnen nichts Gegenteiliges bekannt ist; bei grob fahrlässiger Unkenntnis ergeben sich Haftungsfolgen. Die Kreditinstitute müssen jedoch darauf achten, dass der Freistellungsauftrag korrekt ausgefüllt ist, insbesondere die Unterschrift des Ehegatten geleistet wird; eine Vertretung ist zulässig (vgl. Rz. 17).

23 Haben Ehegatten bereits vor dem Zeitpunkt ihrer Eheschließung einzeln Freistellungsaufträge erteilt, gilt für das Jahr der Eheschließung Folgendes:

  1. Die Ehegatten können den gemeinsamen Freistellungsauftrag für die Zeit nach der Eheschließung erteilen. Dann darf er höchstens in Höhe des Unterschiedsbetrags erteilt werden, der sich zwischen dem Freistellungsvolumen, das den Ehegatten zusteht, und der Summe der Kapitalerträge, die bereits aufgrund der von den Ehegatten einzeln erteilten Freistellungsaufträge vom Steuerabzug freigestellt worden sind, ergibt.

  2. Stattdessen können die Ehegatten den gemeinsamen Freistellungsauftrag auch für den Veranlagungszeitraum der Eheschließung erteilen. In diesem Fall ist der Freistellungsauftrag mindestens in Höhe der Summe der Kapitalerträge, die bereits aufgrund der von den Ehegatten einzeln erteilten Freistellungsaufträge vom Steuerabzug freigestellt worden sind, zu erteilen. Die Summe der Kapitalerträge, die bereits aufgrund der einzeln erteilten Freistellungsaufträge vom Steuerabzug freigestellt worden sind, wird von der auszahlenden Stelle auf das Freistellungsvolumen des gemeinsamen Freistellungsauftrags angerechnet. Eine (rückwirkende) Erstattung bereits einbehaltenen Zinsabschlags aufgrund des gemeinsamen Freistellungsauftrags ist nicht zulässig.

24 Ehegatten, die unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt gelebt haben, haben im Jahr der Trennung noch ein gemeinsames Freistellungsvolumen (§ 20 Abs. 4 Satz 2 EStG). Sie dürfen daher für das Kalenderjahr der Trennung auch für die Zeit nach der Trennung nur gemeinsame Freistellungsaufträge erteilen. Dies gilt sowohl für Gemeinschaftskonten als auch für nur auf den Namen eines der Ehegatten geführten Konten oder Depots.

Für Kalenderjahre, die auf das Kalenderjahr der Trennung folgen, dürfen nur auf den einzelnen Ehegatten bezogene Freistellungsaufträge erteilt werden.

6. NV-Bescheinigungen und Freistellungsaufträge nach dem Tod eines Ehegatten

25 Mit dem Tod eines Ehegatten entfällt die Wirkung eines gemeinsam erteilten Freistellungsauftrages für Gemeinschaftskonten der Ehegatten sowie Konten und Depots, die auf den Namen des Verstorbenen lauten. Da dem verwitweten Steuerpflichtigen im Todesjahr noch der gemeinsame Sparer-Freibetrag und der doppelte Werbungskosten-Pauschbetrag zustehen, bleibt der gemeinsame Freistellungsauftrag allerdings bis zum Ende des laufenden Veranlagungszeitraum noch für solche Kapitalerträge wirksam, bei denen die alleinige Gläubigerstellung des Verwitweten feststeht (§ 44a Abs. 6 EStG). Entsprechendes gilt für eine den Ehegatten erteilte NV-Bescheinigung.

26 Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass der verwitwete Steuerpflichtige Freistellungsaufträge, die er gemeinsam mit dem verstorbenen Ehegatten erteilt hat, im Todesjahr ändert oder neue Freistellungsauträge erstmals erteilt. In diesen Fällen sind anstelle der Unterschrift des verstorbenen Ehegatten Vorname, Name und Todestag des Verstorbenen einzutragen. Wird ein ursprünglich gemeinsam erteilter Freistellungsauftrag Secindet, muss das Kreditinstitut prüfen, inwieweir das bisherige Freistellungsvolumen bereits durch Abstandnahme vom Steuerabzug ausgeschöpft ist. Durch die Änderung darf der bereits freigestellte und ausgeschöpfte Betrag nicht unterschritten werden. Für das auf das Todesjahr folgende Jahr dürfen unabhängig von der Gewährung des Splitting-Tarifs Einzel-Freistellungsaufträge nur über den Sparer-Freibetrag und den Werbungskosten-Pauschbetrag des verwitweten Steuerpflichtigen, d. h. nur bis zur Höhe von ingesamt 1 601 € erteilt werden.

V. Abstandnahme und Erstattung bei Personenzusammenschlüssen (§§ 44a bis 44c EStG)

1. Körperschaftsteuerpflichtige Gebilde

a) NV-Bescheinigung und Freistellungsaufträge bei nicht steuerbefreiten Körperschaften
aa) Abstandnahme vom Steuerabzug

27 Unbeschränkt stpfl. und nicht steuerbefreiten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen steht, wenn sie Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen, nach § 8 Abs. 1 KStG der Werbungskosten-Pauschbetrag von 51 € (§ 9a Satz 1 Nr. 2 EStG) und der Sparer-Freibetrag von 1 550 € (§ 20 Abs. 4 Satz 1 EStG) zu. Sie können auf dem gleichen Vordruck, wie er für natürliche Personen vorgesehen ist, einen Freistellungsauftrag erteilen, wenn das Konto auf ihren Namen lautet und soweit die Kapitalerträge den Werbungskosten-Pauschbetrag und den Sparer-Freibetrag nicht übersteigen. Dies gilt u. a. auch für nichtrechtsfähige Vereine (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG), nicht aber für Gesellschaften des bürgerlichen Rechts.

28 Ein nichtrechtsfähiger Verein liegt vor, wenn die Personengruppe

  • einen gemeinsamen Zweck verfolgt,

  • einen Gesamtnamen führt,

  • unabhängig davon bestehen soll, ob neue Mitglieder aufgenommen werden oder bisherige Mitglieder ausscheiden,

  • einen für die Gesamtheit der Mitglieder handelnden Vorstand hat.

29 Das Kreditinstitut hat sich anhand einer Satzung der Personengruppe zu vergewissern, ob die genannten Wesensmerkmale gegeben sind.

30 Unbeschränkt steuerpflichtige und nicht steuerbefreite Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, denen der Freibetrag nach § 24 KStG zusteht und deren Einkommen den Freibetrag von 3 835 € nicht übersteigt, haben Anspruch auf Erteilung einer NV-Bescheinigung (Vordruck NV 3 B).

bb) Erstattung von Kapitalertragsteuer

31 Im Anwendungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens bleiben Gewinnausschüttungen auf der Ebene der empfangenden nicht steuerbefreiten Körperschaft gemäß § 8b Abs. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Der Sparer-Freibetrag und der Werbungskosten-Pauschbetrag sind in diesen Fällen nicht anzuwenden. Eine Erstattung von Kapitalertragsteuer kann nur durch NV-Bescheinigung, nicht mehr durch Freistellungsauftrag bewirkt werden. Eine NV-Bescheinigung kann nur für sog. kleine Körperschaften i. S. von § 24 KStG (NV-Bescheinigung NV 3 B) und für sog. Überzahler i. S. von § 44a Abs. 5 EStG (NV-Bescheinigung NV 2 B) erteilt werden.

b) NV-Bescheinigung bei steuerbefreiten Körperschaften und inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts
aa) Abstandnahme

32 Für die Abstandnahme vom Steuerabzug nach § 44a Abs. 4 und 7 EStG ist grundsätzlich die Vorlage einer NV-Bescheinigung (NV 2 B) erforderlich. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn der auszahlenden Stelle bei Kapitalerträgen i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 8 sowie Satz 2 EStG statt der NV-Bescheinigung eine amtlich beglaubigte Kopie des zuletzt erteilten Freistellungsbescheides überlassen wird, der für den fünften oder einen späteren Veranlagungszeitraum vor dem Veranlagungszeitraum des Zuflusses der Kapitalerträge erteilt worden ist.

33 Entsprechendes gilt, wenn eine amtlich beglaubigte Kopie der vorläufigen Bescheinigung des Finanzamt über die Gemeinnützigkeit überlassen wird, deren Gültigkeitsdauer nicht vor dem Veranlagungszeitraum des Zuflusses der Kapitalerträge endet.

34 Unterhalten steuerbefreite Körperschaften einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, bei dem die Freibeträge und Freigrenzen überschritten sind, sind sie jährlich zur Körperschaftsteuer zu veranlagen. In diesen Fällen ist die Steuerbefreiung für den steuerbegünstigten Bereich in Form einer Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid zu bescheinigen. Die Abstandnahme ist zulässig bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, für das der Körperschaftsteuerbescheid erteilt wurde. Der Gläubiger der Kapitalerträge hat dem zum Steuerabzug Verpflichteten in Schriftform mitzuteilen, ob die Kapitalerträge im steuerfreien oder steuerpflichtigen Bereich angefallen sind.

bb) Erstattung

35 Für Zwecke der Erstattung nach § 44c EStG ist eine NV-Bescheinigung (NV 2 B) zu erteilen.

cc) Erstattung des Zinsabschlags in besonderen Fällen

36 Ist der Zinsabschlag bei Kapitalerträgen, die steuerbefreiten inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen oder inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zufließen, deswegen einbehalten worden, weil dem Schuldner der Kapitalerträge oder der auszahlenden Stelle die Bescheinigung nach § 44a Abs. 4 Satz 3 EStG nicht vorlag und der Schuldner oder die auszahlende Stelle von der Möglichkeit der Änderung der Steueranmeldung nach § 44b Abs. 5 EStG keinen Gebrauch macht, gilt Folgendes:

37 Bei den genannten Einrichtungen ist die Körperschaftsteuer grundsätzlich durch den Steuerabzug vom Kapitalertrag abgegolten (§ 32 Abs. 1 KStG). Eine Veranlagung findet nicht statt. Zur Vermeidung von sachlichen Härten wird der Zinsabschlag auf Antrag der betroffenen Organisation von dem für sie zuständigen Betriebsfinanzamt erstattet.

c) Ausstellung von Bescheinigungen und Verwendung von Kopien

38 Der Gläubiger der Kapitalerträge hat einen Anspruch auf Ausstellung der von ihm benötigten Anzahl von NV-Bescheinigungen sowie auf die Beglaubigung von Kopien des zuletzt erteilten Freistellungsbescheides, der vorläufigen Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit oder der Bescheinigung über die Steuerbefreiung für den steuerbefreiten Bereich.

Es bestehen keine Bedenken, neben dem Original der Bescheinigungen oder Bescheide auch eine amtlich beglaubigte Kopie für stl. Zwecke anzuerkennen. Gleiches gilt, wenn durch einen Mitarbeiter des zum Steuerabzug Verpflichteten auf einer Kopie vermerkt wird, dass das Original der Bescheinigung oder des Freistellungsbescheides vorgelegen hat.

2. Nicht der Körperschaftsteuer unterliegende Zusammenschlüsse

a) Grundsatz

39 Ein nicht körperschaftsteuerpflichtiger Personenzusammenschluss (z. B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine Personenvereinigung, die nicht die in Rz. 28 beschriebenen Wesensmerkmale erfüllt) darf einen Freistellungsauftrag nicht erteilen. Die ihm zufließenden Kapitalerträge unterliegen dem Zinsabschlag nach den allgemeinen Grundsätzen.

40 Die Einnahmen aus Kapitalvermögen, die Werbungskosten und die anrechnenden Steuern (Kapitalertragsteuer und Zinsabschlag) sind grundsätzlich nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen.

41 Die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung ist vom Geschäftsführer bzw. vom Vermögensverwalter abzugeben. Soweit ein Geschäftsführer oder Vermögensverwalter nicht vorhanden ist, kann sich das Finanzamt an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten.

42 Die gesondert und einheitlich festgestellten Besteuerungsgrundlagen werden bei der Einkommesteuerveranlagung des einzelnen Mitglieds oder Gesellschafter berücksichtigt. Dabei wird auch der Sparer-Freibetrag angesetzt.

43 Von einer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen kann gemäß § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO abgesehen werden, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt. In diesen Fällen reicht es aus, dass der Geschäftsführer bzw. Vermögensverwalter (Kontoinhaber) die anteiligen Einnahmen aus Kapitalvermögen auf die Mitglieder oder Gesellschafter aufteilt und sie den Beteiligten mitteilt. Die Anrechnung des Zinsabschlags bei den einzelnen Beteiligten ist nur zulässig, wenn neben der Mitteilung des Geschäftsführers bzw. Vermögensverwalters über die Aufteilung der Einnahmen und des Zinsabschlags eine Ablichtung der Steuerbescheinigung des Kreditinstituts vorgelegt wird.

b) Vereinfachungsregel

44 Aus Vereinfachungsgründen ist es nicht zu beanstanden, wenn bei losen Personenzusammenschlüssen (z. B. Sparclubs, Schulklassen, Sportgruppen), die aus mindestens sieben Mitgliedern bestehen, wie folgt verfahren wird:

45 Das Kreditinstitut kann vom Zinsabschlag Abstand nehmen, wenn

  • das Konto neben dem Namen des Kontoinhabers einen Zusatz enthält, der auf den Personenzusammenschluss hinweist (z. B. Sparclub XX, Klassenkonto der Realschule YY, Klasse 5A),

  • die Kapitalerträge bei den einzelnen Guthaben des Personenzusammenschlusses im Kj den Betrag von 10 €, vervielfältigt mit der Anzahl der Mitglieder, höchstens 300 € im Kalenderjahr, nicht übersteigen,

  • der Kontoinhaber dem Kreditinstitut jeweils vor dem ersten Zufluss von Kapitalerträgen im Kalenderjahr eine Erklärung über die Anzahl der Mitglieder des Personenzusammenschlusses abgibt.

Das Kreditinstitut hat die Erklärung aufzubewahren.

Die Anwendung der Vereinfachungsregelung setzt grundsätzlich voraus, dass die insgesamt - d. h. auch bei Aufsplitting des Guthabens auf mehrere Konten auch ggf. verteilt auf mehrere Kreditinstitute - zugeflossenen Kapitalerträge die genannten Grenzen im Kalenderjahr nicht übersteigen.

46 Ein ”loser Personenzusammenschluss” i. S. dieser Vereinfachungsregelung ist z. B. nicht gegeben bei

  • Grundstücksgemeinschaften,

  • Erbengemeinschaften,

  • Wohnungseigentümergemeinschaften,

  • Mietern im Hinblick auf gemeinschaftliche Mietkautionskonten.

3. Gutschriften zugunsten von ausländischen Personengesellschaften

47 Gläubiger der Kapitalerträge bei einem auf den Namen einer Personengesellschaft geführten Konto sind die Gesellschafter. Vom Zinsabschlag kann deshalb nur dann abgesehen werden, wenn es sich bei allen Gesellschaftern um Steuerausländer handelt.

48 Wird dagegen im Inland ein Konto geführt, das auf den Namen einer Personenhandelsgesellschaft lautet, die weder Sitz, Geschäftsleitung noch Betriebsstätte im Inland hat, ist der Zinsabschlag wegen der Ausländereigenschaft nicht vorzunehmen.

VI. Erstattung des Zinsabschlags in besonderen Fällen

1. Erstattung bei zu Unrecht einbehaltener Kapitalertragsteuer

49 In den Fällen, in denen Kapitalertragsteuer ohne rechtliche Verpflichtung einbehalten und abgeführt worden ist (z. B. Nichtvorliegen einer beschränkten Steuerpflicht bei Zinseinkünften von Steuerausländern), geht das Erstattungsverfahren nach § 44b Abs. 5 EStG dem Verfahren nach § 37 Abs. 2 AO vor. Da § 44b Abs. 5 EStG keine Verpflichtung für den Abzugsschuldner enthält, die ursprüngliche Steueranmeldung insoweit zu ändern oder bei der folgenden Steueranmeldung eine entsprechende Kürzung vorzunehmen, führt die ohne rechtlichen Grund einbehaltene Kapitalertragsteuer zu einem Steuererstattungsanspruch im Sinne von § 37 Abs. 2 AO. Der Antrag auf Erstattung des Zinsabschlags ist an das Betriebsstättenfinanzamt der Stelle zu richten, die die Kapitalertragsteuer abgeführt hat.

50 Die Erstattung des Zinsabschlags an Steuerausländer ist jedoch ausgeschlossen, wenn es sich um sog. Tafelgeschäfte im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG handelt.

2. Erstattung in Treuhandfällen bei Steuerausländern

51 Bei Kapitalerträgen, die auf einem Treuhandkonto erzielt werden, ist mangels Identität von Gläubiger und Kontoinhaber eine Abstandnahme vom Zinsabschlag nicht zulässig. Dies gilt auch, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge ein Steuerausländer ist, der mit den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Da die Einkünfte mangels Steuerpflicht nicht in eine Veranlagung einbezogen werden können, kommt eine Anrechnung des Steuerabzugs im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung nicht in Betracht. Eine Erstattung nach § 50d Abs. 1 EStG ist ebenfalls nicht zulässig, weil die Kapitalerträge nicht auf Grund des § 43b EStG oder eines DBA vom Steuerabzug freizustellen sind. Der Steuerausländer hat vielmehr einen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO.

VII. Solidaritätszuschlag

52 Die Ausführungen zur Aufteilung und Erstattung des Zinsabschlags sind für die Aufteilung und Erstattung des Solidaritätszuschlags entsprechend anzuwenden.

VIII. Anwendungsregelung

Dieses Schr. ersetzt die Tz. 1 bis 4 des (BStBl 1992 I S. 693) und die (BStBl 1993 I S. 58), vom (BStBl 1994 I S. 139), vom (BStBl 1994 I S. 815), vom (BStBl 1997 I S. 101), vom (BStBl 1997 I S. 561) und vom (BStBl 2002 I S. 550).

BMF v. - IV C 1 -S 2400 - 27/02


Fundstelle(n):
BStBl 2002 I Seite 1346
AAAAA-84611