OFD München - S 0352

§ 174 AO Hinzuziehung eines Dritten nach § 174 Abs. 5 AO

1. Hinzuziehung zum Einspruchsverfahren

Sobald in einem Einspruchsverfahren erkennbar wird, dass ein bei dem Einspruchsführer erfasster bestimmter Sachverhalt gebenenfalls bei einer Steuerfestsetzung eines Dritten zu berücksichtigen ist, muss der Dritte zum Verfahren nach § 174 Abs. 5 AO hinzugezogen werden, damit bei ihm die entsprechenden stl. Folgerungen nach § 174 Abs. 4 AO gezogen werden können (vgl. hierzu im weiteren AEAO zu § 174 AO Nrn. 6 und 7).

Ist die Steuerfestsetzung zu ändern oder aufzuheben, weil die entsprechenden stl. Folgerungen beim Dritten zu berücksichtigen sind, setzt eine Änderung der Steuerfestsetzung des Dritten nach § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO neben der förmlichen Hinzuziehung voraus, dass ihm die Entscheidung über den Einspruch als Beteiligten (§ 359 Nr. 2 AO) bekannt gegeben wird.

Das Einspruchsverfahren ist stets mit einer Einspruchsentscheidung abzuschließen. Diese ist sowohl dem Einspruchsführer als auch dem hinzugezogenen Dritten bekanntzugeben, selbst wenn sich nur beim Stpfl. stl. Folgerungen ergeben sollten. Dabei ist das Steuergeheimnis (§ 30 AO) zu wahren; andere stl. Verhältnisse als die des strittigen Sachverhalts sind dem Dritten nicht zu offenbaren.

In der Einspruchsentscheidung ist der Dritte darauf hinzuweisen, dass ihm die Entscheidung als Beteiligten bekannt gegeben wird und die entsprechenden stl. Folgerungen aus dem bestimmten Sachverhalt bei seiner Veranlagung nach § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO gezogen werden. Ferner ist er darüber zu belehren, dass Einwendungen zum Ansatz des bestimmten Sachverhalts und dessen rechtlicher Würdigung bei seiner Veranlagung nur mit einer Klage gegen diese Einspruchsentscheidung geltend gemacht werden können.

Ein Änderungsbescheid nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO, der allerdings auch dem hinzugezogenen Dritten bekanntzugeben wäre, beendet das Verfahren nur dann, wenn er auch die Rechte des Hinzugezogenen wahrt, das heißt, wenn dadurch seinem Antrag entsprochen wird oder er der Änderung zugestimmt hat. Dies dürfte sich wegen der widerstreitenden Interessenlage auf Ausnahmefälle beschränken.

2. Beteiligung an einem Änderungsverfahren

Tritt im Rahmen einer vom Stpfl. beantragten Änderung (z. B. nach § 164 Abs. 2 AO) die Frage auf, ob ein Bescheid zugunsten des Stpfl. aufzuheben oder zu ändern ist, weil ein bestimmter Sachverhalt bei einem Dritten zu erfassen ist oder weil sich aufgrund der nunmehrigen rechtlichen Beurteilung beim Stpfl. nachteilige Folgen beim Dritten ergeben, ist dieser nach § 174 Abs. 5 AO zum Verfahren hinzuzuziehen; hierbei ist er über die beabsichtigte Sach- und Rechtsbehandlung in Kenntnis zu setzen, wobei ihm die Auswirkungen darzulegen sind, die sich für ihn ergeben. Da das Verfahren nur durch einen Änderungsbescheid abgeschlossen werden kann, werden die Rechte des hinzugezogenen Dritten nur dann gewahrt, wenn ihm ein verkürzter Änderungsbescheid oder ein besonderer Bescheid (jeweils mit Rechtsbehelfsbelehrung) bekannt gegeben wird, aus dem der bestimmte Sachverhalt und dessen stl. Würdigung insoweit hervorgehen, als sich Auswirkungen auf seine Steuerfestsetzung ergeben. Die Bekanntgabe der übrigen Teile des Änderungsbescheids unterbleibt im Hinblick auf das Steuergeheimnis.

Der Änderungsbescheid an den Dritten muss den Hinweis enthalten, dass die entsprechenden stl. Folgen aus dem bestimmten Sachverhalt bei seiner Veranlagung nach § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO gezogen werden. Er ist des weiteren darüber zu belehren, dass Einwendungen zum Ansatz des bestimmten Sachverhalts und dessen rechtlicher Würdigung bei seiner Veranlagung nur gegen diesen verkürzten Änderungsbescheid bzw. besonderen Bescheid geltend gemacht werden können.

Ergeben sich beim Dritten doch keine stl. Folgerungen, ist ihm ebenfalls ein besonderer Bescheid mit einer entsprechenden Aussage bekanntzugeben (z. B.: ”Die Überprüfung der Festsetzung der ESt 20_des Stpfl. X, hat ergeben, dass stl. Folgerungen bei Ihnen nicht in Betracht kommen. Eine Hinzuziehung in der gleichen Sache zu einem etwaigen Rechtsbehelfsverfahren des Stpfl. X bleibt jedoch vorbehalten.”). Damit geht die Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO oder § 174 Abs. 3 AO beim Dritten auch dann nicht verloren, wenn aufgrund eines Einspruchs des Stpfl. eine erneute rechtliche Überprüfung stattfindet.

3. Besonderheit bei der Betriebsprüfung

Eine Betriebsprüfung umfasst vielfach auch Steueransprüche, die bereits von der Festsetzungsverjährung bedroht sind. Durch den Beginn der Betriebsprüfung wird zwar die Festsetzungsverjährung gehemmt (§ 171 Abs. 4 AO); diese Rechtsfolge erstreckt sich allerdings nicht auf einen Dritten.

Beantragt der Stpfl. während der Betriebsprüfung eine Änderung zu seinen Gunsten und können sich dadurch stl. Folgerungen bei einem Dritten ergeben, ist der Dritte frühzeitig zu beteiligen. In einem solchen Falle sollte der Dritte schon während der Prüfung zu dem Änderungsverfahren, das bereits durch den Antrag ausgelöst wird, hinzugezogen werden. Für die Hinzuziehung ist die Amtsprüfstelle zuständig; diese ist vom Prüfer zu unterrichten.

Eine spätere Hinzuziehung, gegebenenfalls erst beim Einspruchsverfahren, bringt die Gefahr mit sich, dass beim Dritten bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist (siehe BStBl 1993 II S. 817).

Inhaltlich gleichlautend
OFD München v. - S 0352
OFD Nürnberg v. - S 0352

Fundstelle(n):
EAAAA-82430