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NWB Nr. 38 vom Seite 2806

Neues zum umsatzsteuerlichen Leistungsort und zur Steuerbefreiung bei Veranstaltungsleistungen

BMF-Schreiben sorgen für mehr Klarheit

Dr. Hans-Martin Grambeck

[i]Lippross/Janzen, NWB Kommentar „UStAE Aktuell“, NWB RAAAH-71594 Für den Verkauf von Eintrittskarten gelten Sonderregelungen in Bezug auf die Bestimmung des Leistungsorts und die Umsatzsteuerbefreiung. Mit zwei Schreiben v.  (BStBl 2021 I S. 780 und BStBl 2021 I S. 778) vollzieht das BMF eine längst überfällige Angleichung der deutschen Verwaltungsauffassung an Rechtsprechung bzw. EU-Recht in diesem Bereich und sorgt gleichzeitig für eine Klarstellung zur Besteuerung von Online-Veranstaltungen.

I. Umsatzsteuerlicher Leistungsort bei Veranstaltungsleistungen und beim Verkauf von Eintrittskarten

1. Hintergrund

[i]BMF, Schreiben v. 9.6.2021, BStBl 2021 I S. 778Die als allgemeine Konsumsteuer konzipierte Umsatzsteuer regelt eine Besteuerung von sonstigen Leistungen grundsätzlich an dem Ort, an dem der Verbrauch stattfindet. Veranstaltungsleistungen bzw. der Verkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen jeglicher Art unterliegen daher prinzipiell am Veranstaltungsort der Umsatzsteuer. Uneingeschränkt gilt dies im B2C-Bereich (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG). [i]Unterschiedliche Ortsregelungen im B2B-Bereich Hingegen ist im B2B-Bereich seit 2011 zwischen Veranstaltungsleistungen (hier greift § 3a Abs. 2 UStG – Empfängerortprinzip) und dem Verkauf von Eintrittskarten (hier greift § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG – Veranstaltungsortprinzip) zu unterscheiden (vgl. ausführlich dazu Grambeck, NWB 23/2019 S. 1665). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung (Abschnitt 3a.6 Abs. 13 UStAE a. F.) im B2B-Bereich bei nicht für die Öffentlichkeit allgemein zugänglichen Veranstaltungen dem Empfängerortprinzip Vorrang gegenüber dem Veranstaltungsortprinzip einzuräumen ist. Für den Verkauf von Eintrittskarten für geschlossene Veranstaltungen kommt also § 3a Abs. 2 UStG zur Anwendung, obwohl das Gesetz mangels weiterer Eingrenzung die Besteuerung am Veranstaltungsort vorsieht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Veranstaltungsleistung
Verkauf von Eintrittskarten
B2C
Veranstaltungsortprinzip
B2B
Empfängerortprinzip
(gilt lt. Finanzverwaltung auch für geschlossene Veranstaltungen)
Veranstaltungsortprinzip
(gilt lt. Finanzverwaltung insbesondere für die der Öffentlichkeit zugänglichen Veranstaltungen) S. 2807

2. EuGH-Urteil zur Auslegung des Veranstaltungsortprinzips und Umsetzung durch das BMF

[i]EuGH: Seminarleistung wird am Veranstaltungsort erbrachtIn dem Urteil v.  - Rs. C-647/17 „Srf konsulterna“ (NWB LAAAH-11036) hatte der EuGH sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Teilnahmeentgelte für Buchhaltungskurse, für die sich die Unternehmen im Voraus anmelden mussten, am Empfängerort (§ 3a Abs. 2 UStG bzw. Art. 44 MwStSystRL) oder am Veranstaltungsort (§ 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG bzw. Art. 53 MwStSystRL) der Umsatzsteuer unterliegen. Auslöser waren Zweifel der Beteiligten, ob der Begriff „Eintrittskarte“ darauf abstellt, einen bestimmten Ort zu betreten. Da es den Teilnehmern der Kurse nicht um dieses Recht ging (anders als z. B. beim Kauf einer Eintrittskarte für ein Museum), sondern um die Teilnahme am Kurs, wäre in einem solchen Fall nicht auf den für den Verkauf von Eintrittskarten geltenden Ort abzustellen. [i]Grambeck, NWB 23/2019 S. 1665Der EuGH hat allerdings keine Gründe gesehen, warum in diesen Fällen eine Ausnahme vom Veranstaltungsortprinzip gelten soll. Es sei auch nicht entscheidungserheblich, dass es sich um eine nicht-öffentliche Veranstaltung handelt, die nur Mitgliedern einer bestimmten Berufsgruppe offensteht und eine vorherige Anmeldung erfordert. Letztlich sei der Begriff der Eintrittskarte und das damit verknüpfte Veranstaltungsortprinzip unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks dieser Sonderregelung zum umsatzsteuerlichen Leistungsort weit auszulegen. Dies ergibt sich auch aus Art. 32 MwStVO, wonach die Regelung Leistungen erfasst, deren wesentliches Merkmal darin besteht, das Recht auf Eintritt zu einer Veranstaltung bzw. Einrichtung zu gewähren.

[i]Anpassung des UStAE zur Angleichung an EU-RechtDie Auffassung der deutschen Finanzverwaltung, das Veranstaltungsortprinzip im B2B-Bereich auf Formate zu beschränken, die der Öffentlichkeit zugänglich sind bzw. bei geschlossenen Veranstaltungen dem Empfängerortprinzip Vorrang einzuräumen, ist mit dem Urteilstenor nicht zu vereinbaren. Insofern ist eine Abkehr von dieser Auffassung folgerichtig. Für die Neuregelung wurde mit (BStBl 2021 I S. 778) ein neuer Abschnitt 3a.7a (Ort der Veranstaltung) in den UStAE eingefügt. Das Veranstaltungsortprinzip ist beim Eintrittskartenverkauf (§ 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG) nunmehr weit auszulegen.