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BBK Nr. 15 vom Seite 711

Aspekte des fortführungsgebundenen Verlustvortrags nach § 8d KStG

Kritische Anmerkungen mit Praxisbeispielen zum

Bernd Rätke

Durch [i]BMF, Schreiben v. 18.3.2021 - IV C 2 - S 2745-b/19/10002 :002 NWB TAAAH-74505 einen Antrag auf fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d KStG kann ein Verlustuntergang nach § 8c Abs. 1 KStG bei einer Anteilsübertragung von mehr als 50 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft verhindert werden. Das BMF hat sich mit Schreiben vom erstmals zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag i. S. von § 8d KStG geäußert. Das Schreiben ist mit 80 Randziffern außerordentlich lang. In dem folgenden Beitrag werden die für die Praxis wichtigsten Aussagen kritisch und anhand von Beispielen erläutert.

I. Überblick über die Funktionsweise des § 8d KStG

Nach [i]Verlustuntergang bei Anteilsübertragung von mehr als 50 % § 8c Abs. 1 KStG gehen ein Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft und ihr laufender Verlust (bis zur Anteilsübertragung) bei einer Anteilsübertragung von mehr als 50 % innerhalb von fünf Jahren an einen einzigen Erwerber (oder an eine diesem nahe stehende Person oder Gruppe mit gleichgerichteten Interessen) vollständig unter. Dies gilt über § 10a Satz 10 GewStG auch für den gewerbesteuerlichen Fehlbetrag sowie über § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG für den Zinsvortrag.

Dieser [i]Dörr/Eggert, Verlustabzug bei Körperschaften (§§ 8c, 8d KStG), Grundlagen NWB QAAAE-69367 Verlustuntergang kann durch § 8d KStG abgewendet werden. Neben einem Antrag müssen hierzu noch die Voraussetzungen des § 8d Abs. 1 Satz 1 KStG erfüllt werden. Im Einzelnen bedeutet dies: Die GmbH muss im sog. Beobachtungszeitraum, d. h. in den drei Veranlagungszeiträumen vor der Anteilsübertragung und im gesamten Jahr der Anteilsübertragung, denselben Geschäftsbetrieb unterhalten haben, und es darf kein schädliches Ereignis i. S. von § 8d Abs. 2 KStG stattgefunden haben.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt und stellt die GmbH den Antrag nach § 8d Abs. 1 KStG, wird statt des regulären Verlustvortrags, der von § 8c Abs. 1 KStG erfasst wird, ein fortführungsgebundener Verlustvortrag festgestellt, der mit künftigen Gewinnen verrechnet werden kann.

Dabei [i]Besonderheiten des fortführungsgebundenen Verlustvortrags gelten für den fortführungsgebundenen Verlustvortrag aber einige Besonderheiten: S. 712

  • Der fortführungsgebundene Verlustvortrag geht unter, sobald es zu einem schädlichen Ereignis nach § 8d Abs. 2 KStG wie z. B. der Einstellung des Betriebs oder der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft kommt und soweit keine stillen Reserven vorhanden sind.

  • Im Gegenzug kann der fortführungsgebundene Verlustvortrag aber nach § 8d Abs. 1 Satz 8 KStG vorrangig vor dem regulären Verlustvortrag abgezogen werden; auf diese Weise kann er schneller genutzt werden, so dass die Gefahr eines Untergangs nach § 8d Abs. 2 KStG gemindert wird.

  • Der fortführungsgebundene Verlustvortrag wird nicht auf den Tag der Anteilsübertragung festgestellt, sondern auf den 31.12. des Jahres der Anteilsübertragung. Damit wird auch der laufende Verlust, der vom Tag der Anteilsübertragung bis zum 31.12. entsteht, fortführungsgebunden und kann nach § 8d Abs. 2 KStG untergehen.

II. Praxisrelevante Aussagen des BMF-Schreibens

1. Anwendbarkeit bei schädlichen Anteilsübertragungen

1.1 Keine Anwendbarkeit bei nicht schädlichen Anteilsübertragungen

Zu [i]Keine Anwendbarkeit von § 8d KStG ohne Anteilsübertragung gem. § 8c KStGRecht verneint das BMF eine Anwendbarkeit des § 8d KStG in Fällen, in denen keine schädliche Anteilsübertragung i. S. von § 8c Abs. 1 KStG vorliegt (Rz. 5). Denn mangels Verlustuntergangs bedarf es keiner Rettung nach § 8d KStG. Dies betrifft nach Rz. 5 Anteilsübertragungen von bis zu 50 %, die lediglich sog. Zählerwerbe sind und keinen Verlustuntergang auslösen, sowie Anteilsübertragungen von mehr als 50 %,

  • die aufgrund der Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG nicht schädlich sind oder

  • die aufgrund eines Erbfalls oder einer unentgeltlichen Erbauseinandersetzung vom BMF als nicht schädlich angesehen werden oder

  • die im Wege der unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge erfolgen oder

  • die unter die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG fallen.

1.2 Anwendbarkeit bei der Stille-Reserven-Klausel?

Bei [i]Wahlrecht bei vorhandenen stillen Reservender Stille-Reserven-Klausel des § 8c Abs. 1 Sätze 5 ff. KStG hat die GmbH nach Rz. 6 des aktuellen BMF-Schreibens ein Wahlrecht zwischen der Anwendung der Stille-Reserven-Klausel im Rahmen des § 8c Abs. 1 KStG und der Anwendung des § 8d KStG. Dieses Wahlrecht bereitet keine Probleme, wenn entweder die stillen Reserven ausreichend sind, um den Verlustuntergang abzuwenden (dann Ausübung zugunsten der Stille-Reserven-Klausel), oder wenn keine stillen Reserven vorhanden sind (dann Antragstellung nach § 8d KStG).

Hingegen [i]Abwägung, wenn stille Reserven < untergehende Verlustebedarf es einer Berechnung, wenn nur teilweise stille Reserven vorhanden sind. Denn wenn sich die GmbH für die Stille-Reserven-Klausel entscheidet, kann der Untergang des verbleibenden Verlustes nicht durch § 8d KStG abgewendet werden. Entscheidet sie sich hingegen für den Antrag nach § 8d KStG, bleiben die stillen Reserven ungenutzt.

Beispiel

Die V-GmbH verfügt zum über einen Verlustvortrag von 100.000 € und über stille Reserven i. H. von (a) 90.000 € bzw. (b) 5.000 €. Am werden alle Anteile an der V-GmbH übertragen.

Lösung

Im Fall (a) sollte sich die V-GmbH für die Stille-Reserven-Klausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG entscheiden. Der Verlustuntergang von 100.000 € kann damit i. H. von S. 71390.000 € abgewendet werden, so dass der Verlust nur i. H. von 10.000 € untergeht; dieser Untergang kann nicht durch § 8d KStG verhindert werden. Im Fall (b) ist hingegen der Antrag nach § 8d KStG sinnvoll, weil anderenfalls ein Verlustuntergang i. H. von 95.000 € eintreten würde. Die stillen Reserven i. H. von 5.000 € bleiben aber ungenutzt.

1.3 Kritische Stellungnahme

Das [i]Wahlrecht ist konsequentWahlrecht mag ungewöhnlich erscheinen, ist aber richtig: Denn anders als bei der Konzernklausel gem. § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG liegt bei Anwendung der Stille-Reserven-Klausel durchaus eine „schädliche Anteilsübertragung“ vor, so dass ein Antrag nach § 8d KStG gestellt werden kann. Bei der Ermittlung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags nach § 8d KStG wird aber über § 8c KStG hinweggedacht; es wird also getan, als ob es keine schädliche Anteilsübertragung gegeben habe. Dann müssen aber auch die stillen Reserven i. S. von § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG unberücksichtigt bleiben.

Hinweis:

Entscheidet sich die GmbH für § 8d KStG und gegen die Nutzung der stillen Reserven, sollte sie berücksichtigen, dass der fortführungsgebundene Verlustvortrag des § 8d KStG unter dem Damoklesschwert eines schädlichen Ereignisses i. S. von § 8d Abs. 2 KStG steht, also – vorbehaltlich dann vorhandener stiller Reserven – untergehen kann.

2. Nachholung und Berichtigung des Antrags nach § 8d KStG

2.1 Antrag in der Steuererklärung

Der [i]Antragstellung in Anlage WAAntrag auf Anwendung des § 8d KStG ist nach § 8d Abs. 1 Satz 5 KStG in der Steuererklärung für denjenigen Veranlagungszeitraum zu stellen, in den die schädliche Anteilsübertragung nach § 8c Abs. 1 KStG fällt; hierzu sind Angaben in der Anlage WA, Zeilen 12 bis 14, zu machen.