BAG Urteil v. - 3 AZR 618/19

Betriebliche Altersversorgung - allgemeiner Gleichheitssatz

Leitsatz

Es verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn die Tarifvertragsparteien regelhafte und verstetigte Zusatzarbeit nicht für betriebsrentenfähig erklären, wohl aber die für gleiche Arbeitszeit an andere Arbeitnehmer gezahlte Grundvergütung.

Gesetze: § 12 Abs 1 TzBfG, Art 3 Abs 1 GG, § 1 TVG

Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 20 Ca 5977/17 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 6 Sa 393/18 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, welches rentenfähige Einkommen des Klägers für den Zeitraum bis der Berechnung seiner Betriebsrente zugrunde zu legen ist.

2Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der L GmbH, seit dem beschäftigt. Die Beklagte erbringt Catering-Dienstleistungen für Fluggesellschaften. Für den streitgegenständlichen Zeitraum hatten die Parteien einen „Teilzeitvertrag zur Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall“ geschlossen. Dieser Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

3Der „Manteltarifvertrag Nr. 2 für Mitarbeiter der LSG mit Verträgen zur Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall“ (MTV Nr. 2), der selbst keine Regelung über Vollzeitarbeit trifft, lautet ua.:

4Der Kläger arbeitete regelmäßig weit mehr als die vertraglich vereinbarte Grundarbeitszeit von 40 Stunden monatlich. Seine durchschnittliche Arbeitszeit betrug:

5Bei der Beklagten wird zudem der „Manteltarifvertrag Nr. 14 für das Bodenpersonal“ (MTV Nr. 14) angewandt. Dieser nimmt „Mitarbeiter der Beklagten mit Verträgen zur Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall“ von seinem Geltungsbereich aus. Die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers lag nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Zeitraum 2001 bis 2005 bei 37,05 Stunden, im Zeitraum 2005 bis 2011 bei 35,00 Stunden, im Zeitraum 2011 bis 2013 bei 37,05 Stunden und seit 2013 bei 39 Stunden.

6Die Vergütung bei der Beklagten richtet sich ua. nach dem „Vergütungs- und Eingruppierungstarifvertrag Nr. 3 für Mitarbeiter der LSG mit Verträgen zur Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall“ (VE TV Nr. 3) in der jeweiligen Fassung.

7Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin gewährt ihren Arbeitnehmern - auch dem Kläger - Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf der Basis tarifvertraglicher Regelungen. Bis zum galt der Tarifvertrag Lufthansa-Betriebsrente für das Bodenpersonal vom (TV LH BRB). Hier ist ua. Folgendes geregelt:

8Die Beklagte berechnete die Rentenbausteine des Klägers nach § 5 TV LH BRB für den streitgegenständlichen Zeitraum auf Basis eines rentenfähigen Einkommens für 40 Stunden monatliche Arbeitszeit. Sie erteilte dem Kläger jährlich Mitteilungen über die Höhe der jeweils erworbenen Rentenbausteine. Unter „Erläuterungen“ hieß es jeweils: „Eine Überprüfung und gegebenenfalls erforderliche Berichtigung bleiben vorbehalten“.

9Seit dem gilt der Tarifvertrag Lufthansa Rente Boden, der auszugsweise wie folgt lautet:

10In einem zuvor geführten Rechtsstreit haben die Parteien über den Umfang der arbeitsvertraglich vereinbarten Regelarbeitszeit des Klägers gestritten. Beim Bundesarbeitsgericht schlossen sie am in jenem Verfahren (- 10 AZR 620/16 -) einen Vergleich.

11Mit seiner Klage hat der Kläger - soweit für die Revision noch von Interesse - die Feststellung begehrt, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner Jahresrentenbausteine für den streitgegenständlichen Zeitraum als rentenfähiges Einkommen die Vergütung für die tatsächlich von ihm geleisteten Stunden bis zum Monatsstundenvolumen eines Vollzeitarbeitnehmers zugrunde zu legen hat, hilfsweise die von ihm entsprechend bezogene Vergütung.

12Er hat die Auffassung vertreten, seine betriebliche Altersversorgung sei anteilig nach seinem Beschäftigungsumfang im Vergleich zu einem Vollzeitarbeitnehmer mit gleicher Betriebszugehörigkeit zu berechnen. Demnach sei sein rentenfähiges Einkommen anhand der Vergütung für die von ihm tatsächlich geleisteten Stunden pro Monat - begrenzt auf das regelmäßige tarifliche Stundenvolumen eines Vollzeitarbeitnehmers - zu ermitteln. Dies könne er beanspruchen, weil er - unbestritten - in dem streitgegenständlichen Zeitraum regelmäßig mehr als die vereinbarten 40 Stunden pro Monat an Arbeitsleistungen erbracht und wie ein Vollzeitarbeitnehmer gearbeitet habe. Bei einer Beschäftigung von der 41. Arbeitsstunde bis zum Erreichen des monatlichen Stundenvolumens eines Vollzeitbeschäftigten handele es sich nicht um zuschlagspflichtige Mehrarbeit, sondern um regelmäßige Arbeitszeit. Er werde gegenüber Mitarbeitern in Vollzeit benachteiligt, da bei diesen deren monatliche Grundvergütung berücksichtigt werde, während bei ihm nur ein Teil der Vergütung für seine monatliche Arbeitszeit Berücksichtigung fände. § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB verstoße gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG und den dort enthaltenen Pro-rata-temporis-Grundsatz sowie gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Auch Tarifvertragsparteien seien hieran gebunden.

13Außerdem sei Ziff. 4 des Arbeitsvertrags nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da er hierdurch unangemessen benachteiligt worden sei. Die Unwirksamkeit der Klausel führe im Wege ergänzender Vertragsauslegung zur Geltung der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden.

14Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

15Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB verstoße weder gegen § 4 Abs. 1 TzBfG noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

16Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

17Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat seine Berufung zu Unrecht zurückgewiesen, da die zulässige Klage - soweit noch zu entscheiden - begründet ist.

18A.  Die Revision ist zulässig, insbesondere ist sie ordnungsgemäß begründet.

19I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe (dazu und zum Folgenden  - Rn. 29). Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Dazu hat der Revisionsführer darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügen hierfür nicht.

20II. Diesen Anforderungen genügt - entgegen der Ansicht der Beklagten - die Revisionsbegründung. Die Revision macht ua. geltend, das Landesarbeitsgericht habe sich nicht mit dem Pro-rata-temporis-Grundsatz des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG befasst. § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB verstoße aber hiergegen mit der Folge, dass die Vergütung für die über die vertragliche Arbeitszeit von 40 Stunden hinaus bis zur tariflichen Regelarbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers bei der Berechnung seiner Betriebsrente zu berücksichtigen sei. Träfe dies zu, so führte schon das zur Begründetheit der Revision. Außerdem hat der Kläger vorgebracht, er habe entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts keine Mehrarbeit geleistet. Dies habe das Landesarbeitsgericht auch nicht hinreichend begründet. Schließlich habe das Landesarbeitsgericht fehlerhaft angenommen, Ziff. 4 des Arbeitsvertrags benachteilige ihn nicht unangemessen. Vielmehr sei von einem Vollzeitarbeitsverhältnis auszugehen. Insgesamt stellt der Kläger die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts damit hinreichend in Frage.

21B.  Die Revision hat Erfolg. Der Hauptantrag ist zulässig und begründet.

22I. Der Hauptantrag ist nach der gebotenen Auslegung zulässig.

231. Der Antrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken ( - Rn. 16 mwN).

242.  So verhält es sich hier. Der Kläger begehrt mit seinem Hauptantrag - bei zutreffendem Antragsverständnis (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl.  - Rn. 11) - die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihm bei Eintritt eines Versorgungsfalls eine Betriebsrente zu gewähren, bei deren Berechnung für den Zeitraum vom bis zum die Vergütung für die tatsächlich von ihm geleisteten Stunden - begrenzt auf die regelmäßig zu leistenden Monatsstunden eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers - zzgl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld - diese begrenzt auf den Grundvergütungsanteil eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers - und zzgl. des anteiligen Zuschlags zum Urlaubsgeld gemäß dem VE TV Nr. 3 für Mitarbeiter der LSG mit Verträgen zur Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall in der jeweiligen Fassung zugrunde zu legen ist. Wer Vollzeitarbeitnehmer ist, soll sich nach dem MTV Nr. 14 bestimmen. Damit begehrt der Kläger die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich des Umfangs der Versorgungsverpflichtung der Beklagten, soweit sie sich aus den Verhältnissen im streitgegenständlichen Zeitraum herleitet. Bereits mit dem Entstehen einer Versorgungsanwartschaft wird ein betriebsrentenrechtliches Rechtsverhältnis begründet (st. Rspr., vgl.  - Rn. 17 mwN).

253. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an alsbaldiger Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten, da diese eine Verpflichtung im begehrten Umfang in Abrede stellt. Es ist unerheblich, dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, Meinungsverschiedenheiten über den Bestand und die Ausgestaltung der Versorgungsrechte möglichst vor Eintritt des Versorgungsfalls klären zu lassen. So kann er frühzeitig etwa bestehende Versorgungslücken schließen ( - Rn. 19 mwN).

264. Der Feststellungsantrag ist auch bestimmt genug iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Mit der begehrten Feststellung würde klar, welches rentenfähige Einkommen für die Berechnung der Rentenbausteine (§ 4 TV LH BRB) zu berücksichtigen ist.

27II. Die Klage ist in dem noch zur Entscheidung stehenden Umfang im Hauptantrag begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalls eine Betriebsrente zu gewähren, bei deren Berechnung sie für den Zeitraum vom bis zum die Vergütung für die tatsächlich von ihm geleisteten Stunden - begrenzt auf regelmäßig zu leistende Monatsstunden eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers - zzgl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld - diese begrenzt auf den Grundvergütungsanteil eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers - und des anteiligen Zuschlags zum Urlaubsgeld gemäß dem VE TV Nr. 3 für Mitarbeiter der LSG mit Verträgen zur Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall in der jeweiligen Fassung zugrunde zu legen hat. Die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG, soweit bei Arbeitnehmern „auf Abruf“ - „Mitarbeiter mit Verträgen zur Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall“ wie bei dem Kläger - trotz regelhafter und verstetigter, über die vertragliche Grundarbeitszeit hinausgehender und entlohnter Arbeitsleistungen nur die Vergütung für die vereinbarte Grundarbeitszeit bei der Berechnung des rentenfähigen Einkommens berücksichtigt wird. Jedenfalls für solche Fälle führt das zur Teilnichtigkeit (§ 134 BGB) dieser tariflichen Regelung und zur Begründetheit des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs. Das gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Tarifverträge für den Kläger kraft arbeitsvertraglicher Verweisung gelten. Der im vorangegangenen Verfahren geschlossene gerichtliche Vergleich steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

281.  Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf den Arbeitsvertrag iVm. tariflichen Regelungen stützen.

29a) Auf das Arbeitsverhältnis sind aufgrund vertraglicher Inbezugnahme in Nr. 6 des Arbeitsvertrags sowohl der TV LH BRB als auch der Tarifvertrag Lufthansa Rente Boden vom anzuwenden.

30b) Beide Tarifverträge begründen den Anspruch nicht.

31aa) Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB ist für Mitarbeiter auf Abruf die gemäß MTV Nr. 2 vertraglich vereinbarte Grundarbeitszeit (Stundenvolumen) zuzüglich des anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes und des anteiligen Zuschlags zum Urlaubsgeld gemäß dem Vergütungstarifvertrag für Mitarbeiter auf Abruf bei der Berechnung des rentenfähigen Einkommens maßgeblich. Das ist die nach § 4 MTV Nr. 2 zu vereinbarende Arbeitszeit, die nach § 5 Abs. 2 MTV Nr. 2 einvernehmlich erhöht werden kann. Beim Kläger sind dies nach Nr. 4 seines Arbeitsvertrags 40 Stunden monatlich, nicht aber die hierüber hinausgehende Arbeitszeit.

32bb) Der Kläger kann den Anspruch auch nicht auf § 30 des Tarifvertrags Lufthansa Rente Boden vom stützen. Streitgegenständlich ist die Berechnung der klägerischen Betriebsrentenansprüche bezogen auf den Zeitraum bis unter der Geltung des TV LH BRB. Die nach diesem Tarifvertrag bis zum erdienten Versorgungsanwartschaften werden gemäß § 28 des Tarifvertrags Lufthansa Rente Boden vom gemäß den Bestimmungen des TV LH BRB aufrechterhalten und neben den Leistungen nach dem neuen Tarifvertrag als lebenslange Rente gewährt. Danach lässt die tarifliche Neuregelung die unter Geltung der vorherigen Tarifregelung erdienten Anwartschaften unberührt, erhöht diese aber nicht.

332. Ob dem Kläger § 4 Abs. 1 TzBfG zugutekommt, der nach § 22 Abs. 1 TzBfG auch die Tarifvertragsparteien bindet und der eine Diskriminierung wegen der Teilzeitarbeit verbietet, kann dahinstehen.

34a) Im Grundsatz geht es um die Frage, ob der Kläger bei einer regelhaften und verstetigten Arbeitszeit dadurch, dass nur die vertragliche Grundarbeitszeit als rentenfähiges Arbeitseinkommen anzurechnen ist, gegenüber solchen Arbeitnehmern benachteiligt wird, die nach dem MTV Nr. 14 eine feste Arbeitszeit haben und deren dadurch erzieltes Einkommen als monatliche Grundvergütung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TV LH BRB rentenfähiges Einkommen bildet.

35Als rentenfähiges Einkommen wird für Arbeitnehmer im Tarifbereich des MTV Nr. 14 die Summe der im Bemessungszeitraum bezogenen Vergütungen zugrunde gelegt. Maßgeblich ist die monatliche Grundvergütung, zzgl. des Grundvergütungsanteils des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes und des Zuschlags zum Urlaubsgeld (§ 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Buchst. a TV LH BRB). Die Grundvergütung wird für die regelmäßige Arbeitszeit geschuldet. Die höchste danach zu berücksichtigende Grundvergütung ist die für Vollzeitarbeitnehmer.

36Für Arbeitnehmer „auf Abruf“ wird als rentenfähiges Einkommen die Vergütung angesetzt, die für die vertraglich vereinbarte Grundarbeitszeit (Stundenvolumen) - zzgl. des anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes und des anteiligen Zuschlags zum Urlaubsgeld - geschuldet wird (§ 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Buchst. c TV LH BRB). Diese tarifvertraglich vorgesehene Beschränkung bei der Berechnung der Rentenbausteine nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB führt dazu, dass nur die Vergütung für die Grundarbeitszeit eines Abrufarbeitnehmers maßgeblich ist, auch wenn der Arbeitnehmer - wie der Kläger - regelhaft und verstetigt erhebliche Zusatzarbeit bis hin zur Grenze einer Vollzeittätigkeit geleistet hat. Die gezahlte Vergütung für die über die Grundarbeitszeit hinausgehenden Stunden bleibt - selbst wenn monatlich Vollzeit gearbeitet wurde - nach der tariflichen Regelung unberücksichtigt. Abrufarbeitnehmer wie der Kläger werden damit aus einer Vergütungsregelung zur betrieblichen Altersversorgung - nämlich aus § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TV LH BRB - ausgenommen. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern, die unter den MTV Nr. 14 fallen, wird Arbeitszeit - die über die vertragliche Grundarbeitszeit hinausgehende geleistete Zusatzarbeitszeit - nicht betriebsrentenwirksam, obwohl diese Zusatzarbeit regelhaft und somit verstetigt - ähnlich der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers, der unter den MTV Nr. 14 fällt - anfallen kann und beim Kläger auch tatsächlich angefallen ist.

37b) Gegen eine Anwendung von § 4 Abs. 1 TzBfG könnte sprechen, dass der Kläger nicht nur gegenüber Vollzeitkräften, sondern gegenüber allen Arbeitnehmern, die unter den MTV Nr. 14 fallen, möglicherweise unzulässig benachteiligt wird und zwar auch dann, wenn er die Stundenzahl einer Vollzeitkraft nach diesem Tarifvertrag erbringt. Zudem sieht der MTV Nr. 2 keine normalerweise zu vereinbarende Arbeitszeit vor, so dass es insoweit weder Vollzeit- noch Teilzeitkräfte gibt. Diese Frage muss jedoch nicht entschieden werden, da dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch jedenfalls aus anderen Gründen zusteht.

383. § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB verstößt in Fällen wie dem vorliegenden gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und ist insoweit teilnichtig (§ 134 BGB). Das führt dazu, dass bei der Berechnung der Betriebsrente des Klägers die Vergütung für die von ihm im streitbefangenen Zeitraum geleisteten Stunden auch, soweit sie mehr als 40 Stunden monatlich - begrenzt auf die regelhafte Vollzeit - betragen, als rentenfähiges Einkommen einzubeziehen ist.

39a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bildet als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie ( - Rn. 47; - 5 AZR 258/19 - Rn. 37; - 6 AZR 563/18 - Rn. 25 mwN). Der Schutzauftrag der Verfassung verpflichtet die Arbeitsgerichte dazu, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden ( - Rn. 37 mwN). Dementsprechend ist Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheitswidrigen Differenzierungen führen ( - Rn. 47; - 6 AZR 563/18 - Rn. 23 ff.; - 10 AZR 300/18 - Rn. 18).

40Bei der Erfüllung ihres verfassungsrechtlichen Schutzauftrags haben die Gerichte allerdings zu beachten, dass den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Sie bestimmen in diesem Rahmen nicht nur den Zweck einer tariflichen Leistung ( - Rn. 47; - 10 AZR 231/18 - Rn. 34, BAGE 165, 1). Ihnen kommt auch eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind, sowie ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht ( - Rn. 19 mwN; - 3 AZR 895/07 - Rn. 25, BAGE 133, 33). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen ( - Rn. 47 mwN). Die in einer Tarifregelung vorgesehenen Differenzierungsmerkmale müssen im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen ( - Rn. 47 mwN).

41Der allgemeine Gleichheitssatz kommt insbesondere zur Anwendung, wenn bei einer Regelung unterschiedliche Gruppen gebildet werden. Eine unterschiedliche Gruppenbildung liegt vor, wenn für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen vorgesehen werden. Dann verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Unterscheidung sachlich gerechtfertigt ist. Dabei verstößt eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung erst dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (vgl.  - Rn. 22; zu einer Regelung in einer Betriebsvereinbarung  - Rn. 29 f., BAGE 133, 158).

42b)  Danach hält sich § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB jedenfalls dann nicht innerhalb der den Tarifvertragsparteien durch Art. 3 Abs. 1 GG gesetzten Grenzen, wenn Arbeitnehmer „auf Abruf“ - wie der Kläger - regelhaft und verstetigt über die arbeitsvertragliche Grundarbeitszeit hinaus in erheblichem Umfang vergütete Zusatzarbeit leisten bis zum Arbeitszeitvolumen eines Vollzeitarbeitnehmers iSd. MTV Nr. 14.

43aa) Zulässig ist es, im Rahmen der Zusage einer betrieblichen Altersversorgung nur an bestimmte Entgeltbestandteile anzuknüpfen. Da es sich um eine freiwillige Leistung handelt, können der Arbeitgeber und auch die Tarifvertragsparteien die Höhe der Versorgung frei bestimmen. Sie sind auch nicht gehalten, alle Entgeltkomponenten in die Berechnung der Versorgungsbezüge einzubeziehen (vgl.  - Rn. 64 mwN).

44Hiernach spricht grundsätzlich nichts gegen die Regelung in § 5 Abs. 1 TV LH BRB, wonach das rentenfähige Einkommen auf die jeweilige Grundvergütung begrenzt wird. Wird dementsprechend nur im Umfang der tariflich regelmäßigen oder der vertraglich vereinbarten Grundarbeitszeit gearbeitet bzw. Mehrarbeit in Form von Freizeit ausgeglichen, werden alle Arbeitnehmer - auch Arbeitnehmer „auf Abruf“ - in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung gleichbehandelt. Gleiches mag gelten, wenn Arbeitnehmer „auf Abruf“ gelegentlich und nicht regelhaft Zusatzarbeit leisten.

45Führt eine Regelung wie in § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB allerdings dazu, dass in Fällen, in denen Arbeitnehmer „auf Abruf“ regelhaft und verstetigt über ihre Grundarbeitszeit hinaus tätig werden und somit Zusatzarbeit bis hin zur Vollzeit leisten, die Vergütung hierfür aber nicht rentenwirksam wird, so werden sie gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern mit fest vereinbarter Arbeitszeit bei dadurch verdienter Grundvergütung schlechter behandelt. Sie werden dann - so auch der Kläger - aus einer Vergütungsregelung zur betrieblichen Altersversorgung ausgenommen. Denn anders als bei Arbeitnehmern mit tariflicher Grundvergütung sind diese Arbeitszeiten nicht rentenwirksam.

46bb) Ein sachlicher, die schlechtere Behandlung der Arbeitnehmer „auf Abruf“ rechtfertigender Grund liegt unter keinem Gesichtspunkt vor.

47(1) Arbeitnehmer „auf Abruf“ und Arbeitnehmer mit fest vereinbarter Arbeitszeit bei dadurch verdienter Grundvergütung sind zumindest in Bezug auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung als vergleichbar im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG anzusehen. Es handelt sich um Arbeitnehmer der Beklagten, die - ggf. über eine vertragliche Bezugnahmeklausel - Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach demselben Tarifvertrag erwerben. Sie unterscheiden sich letztlich nur durch die Vertragsgestaltung.

48(2) Eine personenbezogene Ungleichbehandlung ist vorliegend nicht gerechtfertigt. Der vorgenannte Unterschied zwischen Arbeitnehmern „auf Abruf“ und Arbeitnehmern mit fest vereinbarter Arbeitszeit ist nicht von solchem Gewicht, dass er eine Ungleichbehandlung bei der betrieblichen Altersversorgung rechtfertigt.

49(3) Auch für eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung lässt sich kein vernünftiger Grund finden. Aus dem tarifvertraglichen Leistungszweck lässt sich kein Grund herleiten, der es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigt, dass die Gruppe der Arbeitnehmer „auf Abruf“ für vergütete Zusatzarbeit, die regelhaft und verstetigt geleistet wird, keine betriebliche Altersversorgung - begrenzt auf die regelhafte Vollzeit - erhält. Vielmehr gebietet der Regelungszweck der §§ 4, 5 TV LH BRB die - anteilige - Gleichbehandlung der Arbeitnehmer „auf Abruf“.

50(a) Betriebliche Altersversorgung hat Versorgungs-, aber auch Entgeltcharakter (vgl.  - Rn. 42 mwN; - 3 AZR 19/17 - Rn. 40). Sie stellt eine Gegenleistung für die Beschäftigungszeit dar (vgl.  - Rn. 36; - 3 AZR 731/16 - Rn. 27, BAGE 163, 192) und damit auch für die innerhalb der Beschäftigung erbrachte Tätigkeit. Sie soll die wirtschaftliche Lage der Arbeitnehmer im Alter verbessern ( - Rn. 33).

51Dieser Versorgungs- und Entgeltcharakter, der im Allgemeinen Zweck von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist, kommt auch in den Regelungen des TV LH BRB zum Ausdruck. Die Arbeitnehmer erwerben für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit Rentenbausteine auf der Grundlage des jährlichen rentenfähigen Einkommens. Damit ist die Altersversorgung auch Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung und verbessert die finanzielle Lage der Arbeitnehmer im Rentenalter.

52(b) Soweit Arbeitnehmer, wie der Kläger, regelhaft und verstetigt vergütete Arbeitsleistung erbringen, liegt eine Tätigkeit vor, die es nach dem Entgeltzweck betrieblicher Altersversorgung rechtfertigt, bei deren Bemessung berücksichtigt zu werden. Der Entgeltzweck kann daher die Herausnahme nicht rechtfertigen.

53Auch der Versorgungszweck rechtfertigt die Herausnahme nicht. Zwar kann der Arbeitgeber und können erst recht die Tarifvertragsparteien ein Versorgungsniveau festlegen, das sich anteilig an dem im Arbeitsverhältnis erreichten Lebensstandard orientiert. Sie sind deshalb - wie ausgeführt - berechtigt, feste Vergütungsbestandteile außer Anrechnung zu lassen oder von vornherein ein niedrigeres Versorgungsniveau festzulegen. Ebenso können sie Entgeltbestandteile außer Betracht lassen, die den Lebensstandard nicht typisch beeinflussen. Sobald jedoch Entgeltanteile aufgrund der praktischen Handhabung feststehen und damit den Lebensstandard typischerweise prägen, darf ihre Außerachtlassung nicht zu einem niedrigeren Versorgungsniveau führen als bei anderen Arbeitnehmern.

54So liegt der Fall hier. Der Kläger hatte eine schützenswerte Vergütungserwartung, die sich auch auf die regelhaft verstetigte Zusatzarbeit bezog. Diese fiel monatlich in erheblichem Umfang an, bis hin zur Vollzeit. Der Kläger konnte seinen Lebensstandard auf das entsprechende Entgelt einrichten, da es sich nicht nur um vereinzelte zusätzliche Arbeitsstunden handelte. Bis zur Stundenzahl eines Vollzeitarbeitnehmers nach dem MTV Nr. 14, über die hinaus auch dieser kein rentenfähiges Einkommen beziehen kann, liegt damit eine nach dem Versorgungszweck der betrieblichen Altersversorgung nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor.

55Eine die Stundenzahl eines Vollzeitarbeitnehmers nach dem MTV Nr. 14 überschreitende Stundenzahl überstiege dagegen das höchstmögliche in diesem Tarifvertrag vorgesehene Versorgungsniveau. Insoweit ist die Nichtberücksichtigung regelhafter und verstetigt geleisteter Arbeitszeit durch den Versorgungszweck gerechtfertigt. Eine Berücksichtigung derartiger Stunden macht der Kläger aber auch nicht geltend.

56(c)  An der ungerechtfertigten Ungleichbehandlung ändert der Umstand, dass Generalisierungen und Typisierungen durch die Tarifvertragsparteien zulässig sind, nichts.

57(aa) Tarifvertragsparteien dürfen bei der Gruppenbildung generalisieren und typisieren. Sie dürfen also bestimmte, in wesentlichen Elementen gleichgeartete Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und können Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigen, sofern die von ihnen vorgenommenen Verallgemeinerungen im Normzweck angelegt sind und diesem nicht widersprechen. Die bei einer solchen Typisierung entstehenden, unvermeidlichen Ungerechtigkeiten und Härten in einzelnen, besonders gelagerten Fällen, in denen die Interessenlage von der von den Tarifvertragsparteien als typisch angenommenen abweicht, sind hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl.  - Rn. 20 mwN). Nicht zulässig ist, dass in einem größeren Umfang systemwidrige Benachteiligungen entstehen ( - zu B II 2 d ee der Gründe, BAGE 79, 236).

58(bb) Diesen Anforderungen genügt die Beschränkung des rentenfähigen Einkommens auf die Vergütung der Grundarbeitszeit bei Abrufarbeitnehmern nicht.

59(aaa) Zunächst kann nicht angenommen werden, dass es nur im Einzelfall zu - sonst nur schwer vermeidbaren - systemwidrigen Ungerechtigkeiten kommt oder dass solche nicht besonders schwer wiegen.

60Die Ungleichbehandlung wiegt zum einen schwer. Würde die Vergütung für die vom Kläger geleistete Zusatzarbeit - bis zur Grenze der regelmäßigen Vollzeit - für die Bestimmung des rentenfähigen Einkommens und somit für die Berechnung der jährlichen Rentenbausteine zugrunde gelegt, so erhöhten sich diese und die sich hieraus ergebende zukünftige monatliche Betriebsrente in erheblichem Umfang. Bezogen auf den Monat betrug die Zusatzarbeit und die hierfür bezogene Vergütung etwa 75 vH in den Monaten, in denen der Kläger Vollzeit gearbeitet hat. Zudem ließe sich die Ungerechtigkeit der Rentenberechnung unschwer vermeiden, indem nicht nur die Vergütung für die vereinbarte Grundarbeitszeit, sondern die Vergütung für die regelhaft verstetigte Zusatzarbeit - bis zur Grenze der regelmäßigen Vollzeit nach dem MTV Nr. 14 - herangezogen würde.

61Zum anderen wäre auch unschwer eine andere Lösung denkbar. Die Tarifvertragsparteien könnten sich an der für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geltenden gesetzlichen Regelung orientieren. Für die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gilt nach § 4 Abs. 1 EFZG ein modifiziertes Entgeltausfallprinzip. Besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 Abs. 1 EFZG), ist dem Arbeitnehmer nach § 4 Abs. 1 EFZG das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen (st. Rspr., vgl.  - Rn. 44, BAGE 161, 33). Gemäß § 4 Abs. 1a EFZG gehört zum fortzuzahlenden Entgelt nicht das zusätzlich für Überstunden gezahlte Entgelt. Überstunden iSv. § 4 Abs. 1a EFZG liegen vor, wenn die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers überschritten wird ( - Rn. 45, aaO). Leistet der Arbeitnehmer allerdings ständig eine Arbeitszeit, die über seine individuelle Arbeitszeitdauer hinausgeht, kann nicht von Überstunden gesprochen werden. In diesem Fall ist als geschuldete Arbeitszeit ein durchschnittlicher Wert zu ermitteln ( - Rn. 45 mwN, aaO).

62(bbb) Zudem spricht viel dafür, dass die Tarifvertragsparteien das Anfallen vereinbarter Zusatzarbeit in Abrufarbeitsverhältnissen als nicht untypisch angenommen haben. Die Tarifvertragsparteien dürften vielmehr vom Gegenteil ausgegangen sein, dass also bei Abrufarbeitsverhältnissen durchaus verstetigt regelhaft Zusatzarbeit, die vergütet wird, anfallen kann. Das zeigen die Regelungen in § 16 MTV Nr. 2 zu den Krankenbezügen und in § 24 MTV Nr. 2 zur Vergütung während des Urlaubs. Der Arbeitnehmer „auf Abruf“ erhält für diese Zeiten nämlich nicht nur die Vergütung für die vertragliche Grundarbeitszeit, sondern im Krankheitsfall und während des Erholungsurlaubs zusätzlich auch einen Pauschalbetrag zur Abgeltung von Mehrarbeitsvergütung und Zeitzuschlägen nach § 24 Abs. 2 MTV Nr. 2. Hiernach ist also vorausgesehen worden, dass sich die typische Beschäftigungssituation eines Arbeitnehmers „auf Abruf“ nicht auf die Grundarbeitszeit beschränkt, sondern aufgrund der tarifvertraglich vorgesehenen Möglichkeit, die Arbeitszeit einvernehmlich zu verlängern (§ 5 Abs. 1 MTV Nr. 2), auch regelmäßig darüber hinausgehen kann. Dennoch haben die Tarifvertragsparteien in Bezug auf die Berechnung der Rentenbausteine keine dem gerecht werdende Regelung getroffen, die wertmäßig - begrenzt auf den jeweiligen Anteil an einer Vollzeittätigkeit für die regelmäßige Arbeitszeit - zu einer Gleichbehandlung mit Vollzeitarbeitnehmern führt.

63(cc) Damit ist die Beschränkung der Berücksichtigung von Arbeitsstunden des Klägers, die über seiner Grundarbeitszeit und unter der Vollzeitstundenzahl für den MTV Nr. 14 unterfallende Arbeitnehmer liegt, gleichheitswidrig. Es handelt sich bei der verstetigten Zusatzarbeit nicht um Überstunden, sondern um die regelhafte Arbeitszeit des Klägers. Letztlich war es „normal“, dass der Kläger in irgendeiner Form erheblich über der Grundarbeitszeit von 40 Stunden hinaus monatlich Arbeit leistete.

64(d) An diesem Ergebnis ändert der Einwand der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nichts, eine Ungleichbehandlung des Klägers könne im Rahmen eines Gesamtvergleichs sämtlicher Entgeltbestandteile deshalb ausscheiden, weil diese ggf. durch andere Vergünstigungen wie verbilligte (Familien-)Flüge kompensiert werde.

65(aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beklagte aus prozessualen Gründen mit diesem Vortrag noch gehört werden kann. Neues tatsächliches Vorbringen - hier zu weiteren Entgeltbestandteilen wie Sachleistungen in Form von vergünstigten Flügen - ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen (§ 559 Abs. 1 ZPO, vgl.  - Rn. 79; - 2 AZR 985/08 - Rn. 14, BAGE 133, 149). Auch kann nicht angenommen werden, die Beklagte habe bislang keinen Anlass gehabt, diese neuen Tatsachen vorzutragen, denn sowohl der Inhalt des Vergleichs als auch der Umstand, dass sich der Kläger in den Vorinstanzen auf den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG berufen hat, waren der Beklagten bekannt.

66(bb)  Aber selbst wenn man den Einwand der Beklagte zu ihren Gunsten berücksichtigte, änderte dies nichts an dem gefundenen Ergebnis.

67Dabei kann im Einzelnen dahinstehen, unter welchen Umständen unterschiedliche Vergütungsbestandteile geeignet sind, eine Ungleichbehandlung bei anderen Vergütungsbestandteilen auszugleichen. Jedenfalls solche Bestandteile wie Flugmeilen, die allen Arbeitnehmern unabhängig von der für den Einzelnen geltenden Arbeitszeit gewährt werden, sind nicht geeignet, Nachteile bei einer arbeitszeitbezogenen Vergütung auszugleichen. Sie haben nämlich einen völlig anderen Zweck und zwar, die Verbundenheit des Arbeitnehmers mit dem Arbeitsverhältnis zu fördern. Dass sonstige Vorteile gerade für dem MTV Nr. 2 unterfallende Arbeitnehmer bestehen, hat die Beklagte nicht angeführt. Es ist auch nicht ersichtlich.

68c) Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führt dazu, dass die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c TV LH BRB teilnichtig ist (§ 134 BGB), nämlich soweit Arbeitnehmer „auf Abruf“ - wie dargelegt - benachteiligt werden. Dies begründet den Anspruch des Klägers auf die vorenthaltene Vergünstigung (zur Teilnichtigkeit einer tariflichen Regelung vgl. etwa  - Rn. 52, BAGE 133, 354). Der Kläger kann verlangen, dass das rentenfähige Einkommen - entsprechend der Regelungen für die Vollzeitarbeitnehmer in anteiligem Umfang - nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TV LH BRB berechnet wird. Maßgeblich ist insoweit die Vergütung für die von ihm tatsächlich geleisteten Stunden begrenzt auf die regelmäßig zu leistenden Monatsstunden eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers - zzgl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld - diese begrenzt auf den Grundvergütungsanteil eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers - und des anteiligen Zuschlags zum Urlaubsgeld gemäß dem VE TV Nr. 3 in der jeweiligen Fassung.

69aa) Verstößt eine tarifliche Regelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, haben die in unzulässiger Weise ausgeschlossenen Personen Anspruch auf die vorenthaltene Vergünstigung jedenfalls dann, wenn entweder die Tarifvertragsparteien nur auf diesem Weg dem Gleichheitssatz Rechnung tragen können oder wenn anzunehmen ist, dass sie bei Beachtung des Gleichheitssatzes alle zu berücksichtigenden Personen in die Vergünstigung einbezogen hätten ( - Rn. 37, BAGE 138, 332).

70bb) Danach hat der Kläger Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung, nämlich - anteilig - die Berechnung seiner Betriebsrentenbausteine mit der Vergütung für die tatsächlich von ihm geleisteten Stunden, begrenzt auf die regelmäßige Vollzeittätigkeit. Für die Vergangenheit kann dem Gleichheitssatz nur auf diese Weise Rechnung getragen werden (vgl. auch  - zu B III 2 der Gründe, BAGE 79, 236).

71d)  Die vorgenannten Grundsätze gelten auch, wenn der Tarifvertrag nicht kraft beiderseitiger Tarifbindung, sondern aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme anzuwenden ist (vgl.  - zu B I der Gründe; - 3 AZR 282/94 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 79, 236). Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge ändert nichts daran, dass der Arbeitgeber diese Ordnung nicht selbst geschaffen, sondern lediglich das Regelungswerk der Tarifvertragsparteien übernommen hat.

724.  Der von den Parteien geschlossene Vergleich vom schließt den klägerischen Anspruch nicht aus. Dafür, dass die Parteien damit auch künftig fällig werdende Ansprüche wie die Ansprüche auf Betriebsrente erfassen wollten, fehlt - entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals geäußerten Ansicht - jeder Anhaltspunkt. Das ergibt seine Auslegung.

73a) Der Senat kann die Auslegung selbst vornehmen. Zwar ist ein Vergleich grundsätzlich ein nichttypischer Vertrag, dessen Auslegung Sache der Tatsachengerichte ist ( - zu I 1 b bb [1] der Gründe, BAGE 112, 50). Das Revisionsgericht darf die gebotene Auslegung aber selbst vornehmen, wenn - wie vorliegend - das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen getroffen hat und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist ( - Rn. 39; - 6 AZR 104/18 - Rn. 29, BAGE 166, 285; - 7 AZR 223/15 - Rn. 27).

74b) Bei dem Vergleich vom handelt es sich um einen Prozessvergleich. Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge - auch Prozessvergleiche - so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist zunächst vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Parteiwillens sind darüber hinaus die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl.  - Rn. 14; - 5 AZR 578/18 - Rn. 22; - 4 AZR 522/15 - Rn. 25; - 2 AZR 716/14 - Rn. 35, BAGE 153, 20).

75c) Hinsichtlich des Vergleichswortlauts des beim Bundesarbeitsgericht geschlossenen Vergleichs gilt Folgendes:

76aa)  Das Landesarbeitsgericht hat folgenden Vergleichswortlaut im Tatbestand des Urteils festgestellt:

77bb) Wie sich aus den dem Senat vorliegenden Revisionsakten des Vorverfahrens (- 10 AZR 620/16 -), deren Inhalt insoweit auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert wurde, ergibt, lautet Nr. 2 des Vergleichs jedoch wie folgt:

78cc) Bei der Auslegung zugrunde zu legen ist der wirkliche Vergleichswortlaut. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Tatbestand auf die Mitteilung der Beklagten an den Kläger vom , die zur Akte des Landesarbeitsgerichts gereicht worden war, verwiesen. Darin wiederum ist das Aktenzeichen, zu dem der gerichtliche Vergleich geschlossen worden war, benannt worden (- 10 AZR 620/16 -). Durch die Benennung des Aktenzeichens ist der wahre Inhalt des Vergleichs, der den Parteien zudem bekannt war, in Bezug genommen und maßgeblich. Die fehlerhafte, unvollständige Wiedergabe des Vergleichstexts im Tatbestand des landesarbeitsgerichtlichen Urteils ist unerheblich.

79d) Schon der Wortlaut, die Parteien seien sich einig, dass das Arbeitsverhältnis für die Vergangenheit bis zum ordnungsgemäß abgerechnet sei, spricht gegen einen Verzicht des Klägers auf Ansprüche aus seiner betrieblichen Altersversorgung. Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet abrechnen nämlich: eine Schlussrechnung aufstellen, eine Geldangelegenheit erledigen/in Ordnung bringen (vgl. Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch 18. Aufl. Begriff: abrechnen). Auch in der Rechtsprechung wird der Begriff im Sinne von „mit jemandem eine Geldangelegenheit in Ordnung zu bringen“ verstanden (vgl.  - zu II 2 der Gründe mwN). Außerdem ist nach dem Wortlaut zu bezweifeln, dass die Vereinbarung eine rechtsgeschäftliche Erklärung enthält, die eine Erfüllung etwaiger noch offener Vergütungsansprüche des Klägers betrifft. Von der „Abrechnung“ des Arbeitsentgelts in Textform iSd. § 108 Abs. 1 GewO ist der Vergütungsanspruch nämlich zu trennen (vgl.  - Rn. 59). Jedenfalls aber können Ansprüche des Klägers auf betriebliche Altersversorgung von der „ordnungsgemäßen Abrechnung“ nicht umfasst sein, denn mangels Fälligkeit der Ansprüche kann insoweit weder eine Schlussrechnung aufgestellt noch eine Geldangelegenheit in Ordnung gebracht sein. Das bestätigen die jährlichen Mitteilungen der Beklagten - bzw. der Rechtsvorgängerin - an den Kläger, wonach eine Überprüfung und gegebenenfalls erforderliche Berichtigung vorbehalten blieb. Zudem wurde die ordnungsgemäße Abrechnung für die Vergangenheit in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der erfolgten Zahlung gestellt. Auch das spricht dagegen, dass betriebliche Altersversorgung von der Regelung erfasst war. Dass unter die „ordnungsgemäße Abrechnung“ nur bereits fällige Gehaltsansprüche fallen, war offensichtlich von den Parteien auch so verstanden worden, denn bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestand insoweit kein Streit.

80Auch der Zusammenhang, in dem die Erledigungserklärungen abgegeben wurden, spricht für dieses Verständnis. Die Parteien hatten einen Rechtsstreit über den Umfang der Arbeitszeitverpflichtung des Klägers geführt. Der Kläger hatte geltend gemacht, eine Vollzeitkraft zu sein. Ansprüche des Klägers auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach dem TV LH BRB waren weder Gegenstand des Vorprozesses noch der Vergleichsverhandlungen. Hierfür ergeben sich weder aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Parteien noch aus der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Anhaltspunkte. Damit bestand für die Beklagte kein Anlass davon auszugehen, der Kläger wolle auf Ansprüche seiner betrieblichen Altersversorgung verzichten. An die Feststellung eines Verzichtswillens sind hohe Anforderungen zu stellen. Ein Erlass liegt im Zweifel nicht vor. Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht nicht angenommen werden, ohne dass bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind. Wenn feststeht, dass eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben ( - Rn. 27; - X ZR 91/00 - zu 4 der Gründe mwN).

81Diesem Ergebnis entspricht auch die Auslegungsregel, wonach durch einen Prozessvergleich regelmäßig der Streit über den Gegenstand des Verfahrens beigelegt wird (vgl.  - zu II 1 a der Gründe). Soll dem Vergleich also ein weiter gehender Umfang, insbesondere die Erledigung weiterer Ansprüche, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren, beigemessen werden, so ist dies deutlich zum Ausdruck zu bringen. Das ist hier nicht der Fall. Nach der Erledigungsklausel in Ziff. 4 des Vergleichs sollten nur der „vorliegende Rechtsstreit“ sowie - insoweit ausdrücklich benannt - der Rechtsstreit zu dem Aktenzeichen - 4 Sa 1296/15 - vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht erledigt sein. Zum Rechtsstreit gehören alle Ansprüche, über die das Gericht bei Fortsetzung des Verfahrens entschieden hätte (vgl.  - zu B II 2 a der Gründe) - vorliegend also nicht die Ansprüche des Klägers aus betrieblicher Altersversorgung. Diese hängen im Übrigen hier nach dem Vorgesagten nicht davon ab, dass sich die Arbeitszeit des Klägers rechtsverbindlich erhöht, sondern lediglich davon, dass er tatsächlich regelhaft und verstetigt zusätzliche Stunden geleistet hat. Dass der Rechtsstreit zum Aktenzeichen - 4 Sa 1296/15 - vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht betriebliche Altersversorgung betraf, hat die Beklagte nicht behauptet. Es ist auch fernliegend.

82III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:230221.U.3AZR618.19.0

Fundstelle(n):
BB 2021 S. 1459 Nr. 24
DB 2021 S. 1548 Nr. 27
VAAAH-79918