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NWB Nr. 22 vom Seite 1614

Umsetzung der zweiten Stufe des MwSt-Digitalpakets durch das JStG 2020

Teil III: Fernverkauf mittels elektronischer Schnittstelle

Jörg Ramb

[i]Ramb, NWB 19/2021, S. 1405 (Teil I)Mit dem JStG 2020 (BGBl 2020 I S. 3096) wird die zweite Stufe des europäischen MwSt-Digitalpakets zum im UStG umgesetzt. Dabei werden u. a. die bestehenden Regelungen zum Mini-One-Stop-Shop (MOSS) zum sog. One-Stop-Shop (OSS) erweitert und ein sog. Import-One-Stop-Shop (IOSS) eingeführt. Zentrales Thema des Digitalpakets ist jedoch der sog. Fernverkauf. In Teil I des Praxisleitfadens wurde die Rechtsentwicklung beleuchtet und die neuen Vorschriften erläutert. [i]Ramb, NWB 20/2021, S. 1475 (Teil II)Teil II beschäftigte sich mit dem neu eingeführten Begriff des sog. Fernverkaufs ohne elektronische Schnittstelle. Der nachfolgende Teil III des Praxisleitfadens wird sich mit dem Fernverkauf mittels elektronischer Schnittstelle befassen, der anhand praxisnaher Fallgestaltungen veranschaulicht wird. In Teil IV wird die Stellungnahme der Finanzverwaltung durch das (NWB XAAAH-75318) aufgegriffen.

Lesen Sie zur Umsetzung der zweiten Stufe des MwSt-Digitalpakets von Ramb auch

I. Fernverkauf mittels elektronischer Schnittstelle

1. Fernverkauf

[i]Begriff „Fernverkauf“ neu im UStGDie Globalisierung und der technologische Wandel haben zu einer massiven Zunahme des elektronischen Geschäftsverkehrs (E-Commerce) und somit der Beförderungs- und Versendungslieferungen von Gegenständen geführt, die sowohl von einem EU-Mitgliedstaat (§ 1 Abs. 2a Satz 1 UStG) in einen anderen, als auch aus dem Drittland (§ 1 Abs. 2a Satz 3 UStG) in das Gemeinschaftsgebiet geliefert werden. Diese Lieferungen werden (unter weiteren Voraussetzungen) als sog. Fernverkäufe bezeichnet. Insbesondere durch die neuen Regelungen zum Fernverkauf wird das UStG an die drastische Zunahme des elektronischen Geschäftsverkehrs angepasst, wobei die Notwendigkeit, die Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten zu schützen, gleiche Ausgangsbedingungen S. 1615für die betreffenden Unternehmen zu schaffen und deren Verwaltungsaufwand zu verringern, berücksichtigt und das Bestimmungslandprinzip beibehalten werden soll.

Der Begriff „Fernverkauf“ wird in mehreren Stellen im UStG verwendet und definiert. Entscheidend sind:

  • der liefernde Unternehmer,

  • der Erwerberkreis,

  • der tatsächliche Warenweg (innergemeinschaftlicher Fernverkauf bzw. Einfuhr-Fernverkauf) und

  • mit oder ohne elektronische Schnittstelle.

Einzelheiten zu den einzelnen Voraussetzungen wurden in Teil II der Beitragsreihe dargestellt.

Anmerkungen zur Abbildung: § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG gilt nur, wenn der Verkäufer ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer ist und nur für Erwerber i. S. des § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG (aufgrund Art. 14a Abs. 2 MwStSystRL, der als Empfänger „eine nicht steuerpflichtige Person“ bezeichnet).

Bei den folgenden Vorschriften ist die 150 €-Grenze zu beachten: § 3 Abs. 3a Satz 2 bis 5 UStG, § 3c Abs. 3 UStG, § 18k UStG.

2. Elektronische Schnittstelle

a) Hintergrund

Nach Feststellungen der Finanzverwaltung kam es beim Handel mit Waren über das Internet unter Nutzung von elektronischen Marktplätzen (z. B. Amazon, eBay) verstärkt S. 1616zu Umsatzsteuerhinterziehungen. Zur Sicherstellung des Umsatzsteueraufkommens sowie zum Schutz und zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit von steuerehrlichen Unternehmen wurde durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v.  (BGBl 2018 I S. 2338) mit § 25e UStG eine Regelung zur Haftung von Betreibern elektronischer Marktplätze in das UStG eingeführt. Danach können Betreiber eines Onlinemarktplatzes unter bestimmten Voraussetzungen für die entstandene und nicht abgeführte Umsatzsteuer aus den auf ihrem Marktplatz von in- und ausländischen Händlern – die in Deutschland steuerlich nicht registriert sind – ausgeführten [i]Hammerl/ Baumgartner, NWB 11/2019 S. 706Umsätzen in Haftung genommen werden. Zusätzlich wurden mit § 22f UStG besondere Aufzeichnungspflichten für Betreiber eines elektronischen Marktplatzes in das UStG aufgenommen. Einzelheiten sind dem (BStBl 2019 I S. 106) zu entnehmen.

[i]JStG 2020 erweitert VorschriftenDurch das JStG 2020 werden die Vorschriften für Betreiber einer elektronischen Schnittstelle erweitert. Für Fernverkäufe, die mittels einer elektronischen Schnittstelle abgewickelt werden, sind insbesondere die Sonderregelungen in § 3 Abs. 3a Satz 1 und 2 sowie Abs. 6b UStG eingeführt worden.

b) Begriffsdefinition

[i]Weites BegriffsverständnisIn § 3 Abs. 3a Satz 3 UStG erfolgt die Definition der elektronischen Schnittstelle. Dem Begriff ist ein sehr weites Verständnis zugrunde zu legen, so dass in den Anwendungsbereich nicht nur elektronische Marktplätze, Plattformen oder Portale fallen, sondern auch alle anderen vergleichbaren elektronischen Mittel. Damit wird der Begriff weiter gefasst als noch in § 25e UStG (a. F.), wo lediglich von einem „Betreiber eines elektronischen Markplatzes“ die Rede war (§ 25e UStG i. d. F. bis ).