BAG Urteil v. - 3 AZR 99/20

Betriebliche Altersversorgung - Invaliditätsrente - Auslegung einer Ruhegeldordnung - Allgemeine Geschäftsbedingungen - Unklarheitenregelung

Gesetze: § 305c Abs 2 BGB, § 1 Abs 1 S 1 BetrAVG

Instanzenzug: ArbG Lingen Az: 3 Ca 421/18 B Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 3 Sa 422/19 B Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin im Zeitraum vom bis zum ein Anspruch auf betriebliche Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente zusteht.

2Die 1963 geborene Klägerin ist seit dem bei der Beklagten beschäftigt. Diese betreibt ein Krankenhaus und wendet die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritas Verbands (AVR) an. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist durch eine Versorgungszusage nach der vom Kuratorium des M P erlassenen Ruhegeldordnung (RO), in der Fassung vom und der Änderung zum (im Folgenden RO 1993) unterlegt. Diese bestimmt ua.:

3Jedenfalls seit dem erhielt die Klägerin von der Beklagten keine Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen mehr. Durch Bescheid vom bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund ihr rückwirkend ab dem eine zunächst bis zum befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien kam es in der Folge nicht. Insbesondere wurde es mangels Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht nach § 18 AVR aufgelöst.

4Mit Wirkung vom trat bei der Beklagten eine geänderte Ruhegeldordnung in Kraft. Seither zahlt die Beklagte an die Klägerin eine monatliche Erwerbsminderungsrente iHv. 318,13 Euro brutto. Für die Zeit bis zum lehnte sie jedoch eine Rentenzahlung ab.

5Mit ihrer Klage hat die Klägerin für den Zeitraum vom bis zum eine monatliche Berufs-/Erwerbsunfähigkeit nach § 9 RO 1993 geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung der Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente sei. Entgegenstehende Regelungen der RO 1993 seien wegen Verstoßes gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Jedenfalls seien sie nicht klar und verständlich. Diese Zweifel bei der Auslegung gingen zulasten der Beklagten.

6Die Klägerin hat zuletzt beantragt

7Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

8Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

9Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klageabweisung des Arbeitsgerichts zu Unrecht bestätigt. Die zulässige Klage ist begründet.

10I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

111. Der Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken ( - Rn. 12; - 3 AZR 319/17 - Rn. 13 mwN).

122. So verhält es sich hier. Die Klägerin begehrt - bei zutreffendem Antragsverständnis (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl.  - Rn. 11) - die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihr für den Zeitraum vom bis zum eine betriebliche Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 9 RO 1993 zu gewähren. Sie begehrt damit die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich der Versorgungsverpflichtung der Beklagten (vgl.  - Rn. 13; - 3 AZR 100/11 - Rn. 13, BAGE 144, 231).

133. Der so verstandene Feststellungsantrag ist auch hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen ( - Rn. 15; - 3 AZR 319/17 - Rn. 14 mwN).

14II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 9 Abs. 1 RO 1993. Dem Anspruch steht - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und der Beklagten - nicht entgegen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien im streitgegenständlichen Zeitraum nicht rechtlich beendet war. Dies ergibt sich bereits aus der Auslegung der Regelungen der RO 1993, jedenfalls aber aus der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB.

151. Die RO 1993 beinhaltet als Gesamtzusage Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von rechtsunkundigen, verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (st. Rspr., zB  - Rn. 51; - 5 AZR 450/17 - Rn. 47, BAGE 165, 168; - 10 AZR 710/14 - Rn. 16, BAGE 156, 38). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht ( - Rn. 31 mwN, BAGE 152, 164).

162. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs spricht einiges dafür, dass der Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 9 RO 1993 nicht die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzt.

17a) Der Wortlaut der RO 1993 und insbesondere von § 9 RO 1993 ist nicht eindeutig.

18aa) Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 RO 1993 erhält ein Mitarbeiter eine Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente für die Dauer der Berufs-/Erwerbsunfähigkeit, wenn er vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Krankenhaus ausscheidet und nachweist, dass er von da ab zu mindestens 50 % berufs- oder erwerbsunfähig ist. Das entspricht im Wesentlichen auch den Vorgaben der allgemeinen Bestimmungen zu den Versorgungsfällen nach § 3 Abs. 1 Buchst. b RO 1993, wonach Versorgungsleistungen, sofern die RO 1993 nichts anderes bestimmt, nur gewährt werden, wenn der Mitarbeiter unmittelbar nach Eintritt des Versorgungsfalls aus den Diensten des Krankenhauses ausscheidet. § 16 Abs. 1 Satz 1 RO 1993 bestimmt daneben, dass der Anspruch auf Zahlung der Leistungen mit dem Versorgungsfall, frühestens jedoch mit dem Ausscheiden und der Einstellung von Entgeltfortzahlungen entsteht. Daneben bestimmt § 9 Abs. 6 RO 1993 für den Fall, dass die Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente vorzeitig endet, ohne dass das Dienstverhältnis mit dem Krankenhaus fortgesetzt wird, dass zum normalen Pensionierungstag Anspruch auf eine gemäß § 13 RO 1993 anteilige Altersrente bzw. im Todesfall Witwen-/Witwerrente besteht.

19bb) Die RO 1993 bestimmt selbst nicht, was unter „Ausscheiden“ aus den Diensten bzw. dem Krankenhaus zu verstehen ist. Gemeint sein könnte sowohl - wie die Vorinstanzen und die Beklagte meinen - das Ausscheiden im Sinne einer rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (in diesem Sinne wohl  - zu II der Gründe), aber auch - wie die Klägerin meint - das faktisch tatsächliche Ausscheiden im Sinne eines Ruhens der beiderseitigen Hauptleistungspflichten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums von sechs Wochen bis hin zum sog. Aussteuern iSv. § 48 SGB V. Dafür spricht etwa, dass § 9 Abs. 6 RO 1993 eine Regelung enthält, wonach bei vorzeitigem Ende der Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente bei Eintritt eines der beiden weiteren in der RO 1993 vorgesehenen Versorgungsfälle „Alter“ und „Tod“ Versorgungsleistungen nach § 13 RO 1993, der die Leistungen bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis regelt, erbracht werden, wenn das Dienstverhältnis mit dem Krankenhaus nicht fortgesetzt wird. Fortsetzen bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch, etwas Begonnenes wieder aufnehmen und weiterführen (vgl. etwa Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort „fortsetzen“).

20b) Die Einschränkung einer Versorgungszusage für den Fall der Invalidität durch eine sog. Ausscheidensklausel hat in der Praxis der betrieblichen Altersversorgung keinen feststehenden Inhalt im Sinne einer der beiden vorgenannten Alternativen. Es wird deshalb bei der Gestaltung von Versorgungsordnungen empfohlen, in den Versorgungsregelungen ausdrücklich klarzustellen, ob mit dem Ausscheiden die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder lediglich die vollständige Suspendierung der Hauptleistungspflichten gemeint ist, um Streitigkeiten über den Zeitpunkt des Beginns der Leistungen, insbesondere bei langanhaltenden Erkrankungen zu vermeiden (vgl. Ferstl in Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Stand Januar 2021 Teil 9 A Rn. 110).

21c) Die Ausscheidensklauseln in Versorgungszusagen haben jedenfalls bei betrieblichen Invaliditätsversorgungen den Sinn sicherzustellen, dass nicht gleichzeitig Ansprüche auf Arbeitsvergütung einerseits und Ruhegeld andererseits entstehen können (vgl.  - zu I 3 c der Gründe, BAGE 91, 1; - 3 AZR 376/82 - zu II der Gründe; Ferstl in Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Stand Januar 2021 Teil 9 A Rn. 110; Rolfs in Bloymeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 7. Aufl. Anh. § 1 Rn. 182). Solche Doppelansprüche sind indes nicht nur ausgeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet ist, sondern schon dann, wenn es für die Dauer des Bezugs der Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente ruht.

22d) Unter Berücksichtigung des Regelungszwecks von § 9 RO 1993 und des Gesamtzusammenhangs gibt es gewichtige Gesichtspunkte für eine Auslegung, dass das Ausscheiden iSv. § 9 Abs. 1 RO 1993 insoweit nur ein tatsächlich faktisches Ausscheiden des betreffenden Mitarbeiters aus dem Krankenhaus meint, nicht jedoch die rechtliche Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses.

23Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die allgemeine Bestimmung des § 3 Abs. 1 Buchst. b RO 1993 mit der Formulierung „aus den Diensten des Krankenhauses ausscheidet“ die rechtliche Beendigung des Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses meint. Für die Versorgungsfälle „Alter“ und „Tod“ ist eine solche Regelung jedenfalls naheliegend. Zwar verlangt auch die spezielle Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 RO 1993 ein „Ausscheiden“ aus dem Krankenhaus. Anders als bei § 3 Abs. 1 Buchst. b RO 1993 kommt aber ernsthaft eine Auslegung von § 9 Abs. 1 RO 1993 in Betracht, die alleine auf das tatsächlich faktische Ausscheiden abstellt. Denn bereits im Falle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses werden Doppelansprüche auf Entgelt- bzw. -ersatzleistungen einerseits und Versorgungsleistungen andererseits wirksam ausgeschlossen und damit der Zweck der Ausscheidensklausel erreicht. Flankierend regelt § 9 Abs. 4 Satz 1 RO 1993, dass Zahlungen wegen Maßnahmen der Rehabilitation bzw. gezahlte Überbrückungsgelder den Anspruchsbeginn hinausschieben. Dasselbe gilt gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 RO 1993 für Entgeltfortzahlungen. Damit ist sichergestellt, dass beim Bezug derartiger Leistungen im noch bestehenden Arbeitsverhältnis keine betriebliche Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente zu zahlen ist.

24Schließlich spricht für diese Auslegung auch die Formulierung in § 9 Abs. 6 RO 1993, wonach zum normalen Pensionierungstag eine anteilige Altersrente gemäß § 13 RO 1993 zu zahlen ist, wenn die Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente vorzeitig endet, ohne dass das Dienstverhältnis mit dem Krankenhaus fortgesetzt wird. Die Fortsetzung eines Dienstverhältnisses kommt aber nur dann in Betracht, wenn es noch besteht und nicht beendet ist. Nach der rechtlichen Beendigung des bisherigen Dienstverhältnisses müsste hingegen ein neues Dienstverhältnis begründet werden. Ein verständiger und redlicher Arbeitnehmer konnte daher die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 RO 1993 so verstehen, dass ein tatsächlich faktisches Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis im Zusammenhang mit der bestehenden Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit genügt, um den Anspruch auf eine betriebliche Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 9 Abs. 1 RO 1993 zu begründen.

253. Der Anspruch der Klägerin auf betriebliche Leistungen nach § 9 RO 1993 ergibt sich jedenfalls aus § 9 RO 1993 iVm. der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB. Die sog. Unklarheitenregel galt bereits vor der Aufhebung der Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht in § 23 Abs. 1 AGB-Gesetz durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (vgl. statt vieler  - Rn. 23 mwN) und damit bei der Schaffung der RO 1993.

26a) Die Unklarheitenregelung aus § 305c Abs. 2 BGB kommt zur Anwendung, wenn die Auslegung einer einzelnen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient (so schon  - Rn. 36; - 10 AZR 914/08 - Rn. 17). Widersprechen sich hingegen mehrere Klauseln inhaltlich, ist § 305c Abs. 2 BGB unanwendbar, und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB greift ( - Rn. 14, BAGE 124, 259). Weil der Arbeitsvertrag ein Verbrauchervertrag iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist ( - Rn. 14; - 3 AZR 373/08 - Rn. 37, BAGE 134, 269), gehen Zweifel bei der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der RO 1993 daher zulasten der Beklagten als Verwenderin.

27b) Die Unklarheit besteht vorliegend bei der Auslegung des Wortes „ausscheidet“ in § 9 Abs. 1 Satz 1 RO 1993. Ginge man davon aus, dass mit der dort verwendeten Formulierung nicht das tatsächlich faktische Ausscheiden, sondern zumindest auch das rechtliche Ausscheiden im Sinne einer rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemeint ist, so lässt sich dies jedenfalls nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit feststellen. Vielmehr sind beide Auslegungsergebnisse vertretbar und keines der beiden ist eindeutig vorzuziehen. Es gibt gewichtige Argumente, dass schon ein rein tatsächliches Ausscheiden als Voraussetzung für eine betriebliche Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 9 RO 1993 ausreicht. Insbesondere ist die Regelung in § 9 Abs. 6 RO 1993 anders schwer erklärbar.

28c) Dies führt nach § 305c Abs. 2 BGB dazu, dass zugunsten der Klägerin und folglich zulasten der Beklagten davon auszugehen ist, dass das tatsächlich faktische Ausscheiden genügt, um einen Anspruch auf Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 9 RO 1993 zu begründen. Daher kann offenbleiben, ob eine Klausel, die eine rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam wäre.

294. Zwischen den Parteien ist nicht umstritten, dass die Klägerin im Streitzeitraum die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer betrieblichen Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente nach der RO 1993 erfüllt.

30III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:230321.U.3AZR99.20.0

Fundstelle(n):
BB 2021 S. 1331 Nr. 22
XAAAH-78607