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NWB Nr. 18 vom Seite 1338

Eilrechtsschutz auf Vorsteuerauszahlung während einer laufenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung

Praxisempfehlungen für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Auszahlung von Vorsteuerguthaben

Dr. Thomas Streit und Maike Huth

Behält ein Finanzamt Vorsteuerbeträge zurück, kann dies für den Unternehmer, der den Vorsteuerabzug begehrt, schwerwiegende finanzielle Folgen haben. Unter Umständen bringt ihn die Nichtauszahlung an den Rand seiner wirtschaftlichen Existenz. Lässt sich das Finanzamt im Verhandlungswege nicht zu einer Vorsteuerauszahlung bewegen, kann der Weg zum Finanzgericht die letzte Rettung sein, wie der Beschluss des Hessischen (NWB WAAAH-59127) zeigt.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Sachverhalt

[i] Hessisches FG, Beschluss v. 13.3.2020 - 1 V 276/20, NWB WAAAH-59127 Die Antragstellerin, eine Großhändlerin für Handyzubehör, machte in Umsatzsteuervoranmeldungen für einen Zeitraum von fünf Monaten Vorsteuerbeträge aus dem Einkauf von Waren geltend. Diese waren später Gegenstand einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Zugleich erklärte sie in den Voranmeldungen den Verkauf der Ware als umsatzsteuerfrei – teilweise als innergemeinschaftliche Warenlieferung gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. mit § 6a UStG, teilweise als Ausfuhrlieferung gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. mit § 6 UStG. Aus den Voranmeldungen ergab sich so ein Überschuss von Vorsteuerbeträgen, wobei dieser größtenteils aus Rechnungen eines noch jungen Unternehmens A resultierte. Mit diesem hatte die Antragstellerin erst kurz vorher ihre Geschäftsbeziehungen aufgenommen. S. 1339

[i] Wenning, Umsatzsteuer-Sonderprüfung, infoCenter, NWB WAAAB-40738 Nach einer umfangreichen Korrespondenz zwischen der Antragstellerin und dem zuständigen Finanzamt stimmte dieses den Umsatzsteuervoranmeldungen nicht gem. § 168 Satz 2 AO zu. Es zahlte den Vorsteuerüberhang nicht aus und ordnete gleichzeitig eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den betroffenen Zeitraum an. Begründet wurde dies mit einer möglichen Verwicklung der Antragstellerin in einen Umsatzsteuerbetrug mit dem erwähnten Unternehmen A sowie dessen Vorlieferanten.

Auch eine Anfrage der Antragstellerin nach einer Teilauszahlung der Vorsteuerbeträge noch vor Abschluss der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, um ihren wirtschaftlichen Fortbestand zu sichern, lehnte das Finanzamt ab. Nach seiner Ansicht sei sowohl für eine Zustimmung als auch für jegliche Auszahlungen zunächst der Abschluss der Umsatzsteuer-Sonderprüfung abzuwarten. Bis zuletzt erbrachte das Finanzamt jedoch weder einen objektiven Nachweis für eine Beteiligung der Antragstellerin an einem Betrug noch legte es Beweise dafür vor, dass diese von einem Betrug wusste oder hätte wissen müssen.

[i]Rechtsschutz: Antrag auf einstweilige Anordnung ...Daher war die Antragstellerin gezwungen, für einen Teilbetrag der zurückgehaltenen Vorsteuer (zwei von fünf Monaten) einstweiligen Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Anordnung gem. § 114 FGO beim Finanzgericht zu beantragen. Ohne eine entsprechende Auszahlung des Vorsteuerguthabens wäre die Antragstellerin zahlungsunfähig gewesen. Andere Finanzierungsmöglichkeiten standen ihr nicht zur Verfügung.