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StuB Nr. 2 vom Seite 61

Abgeltungsteuer bei Darlehensgewährung durch eine dem GmbH-Gesellschafter nahe stehende Person

Zugleich Anmerkungen zum

StB/vBP Prof. Dr. Hans Ott

In der Praxis erfolgen nicht selten Darlehensgewährungen an eine GmbH durch eine dem Gesellschafter nahe stehende Person. In solchen Fällen stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Zinserträge bei der nahe stehenden Person der Abgeltungsteuer nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegen oder ob durch § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG ein Ausschluss aus der Abgeltungsbesteuerung erfolgt, wenn der Gesellschafter zu mindestens 10 % an der darlehensnehmenden GmbH beteiligt ist. Ein solcher Fall war Gegenstand des nachfolgend besprochenen .

Kernaussagen
  • Von besonderer Bedeutung sind die Ausführungen zur Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG und zum Verhältnis gegenüber § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG.

  • Das Besprechungsurteil erlangt eine besondere Bedeutung in der Praxis. Sollen nämlich Zinserträge z. B. aus einer Darlehensgewährung an eine GmbH unter die Abgeltungsteuer fallen, so lässt sich dies erreichen, wenn der Darlehensgeber nur zu weniger als 10 % an der darlehensnehmenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder keine nahe stehende Person im Verhältnis zu dem zu mindestens 10 % an der Kapitalgesellschaft beteiligten Anteilseigner ist.

  • Neben den Auswirkungen auf laufende Kapitalerträge erlangt die normspezifische Auslegung auch Bedeutung bei Darlehensverlusten, wenn die Finanzierung der Kapitalgesellschaft – wie z. B. beim sog. Holding-Modell – über eine nahe stehende Person erfolgt. Eine solche Finanzierungsstruktur verliert jedoch ihre Bedeutung durch die Änderung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG im Rahmen des JStG 2020.

I. Sachverhalt

[i]Ott, JStG 2020: Geplante Neuregelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG, StuB 20/2020 S. 777, NWB CAAAH-60239 Die Klägerin war Alleingesellschafterin der S-GmbH, während der Ehemann (Kläger) der alleinige Geschäftsführer der S-GmbH war und dieser in den Jahren 2013 und 2014 mit 7,8 % bzw. 5,646 % verzinsliche Darlehen gewährt hatte. Als Sicherheiten für die Darlehen wurden dem Kläger verschiedene Anlagegenstände der GmbH übereignet. Die S-GmbH hätte zwar die Darlehen zu vergleichbaren Konditionen von einem fremden Dritten nicht erhalten, sie hätte aber die Kontokorrentlinie bei ihrer Hausbank zu einem Zinssatz i. H. von 8 % nutzen können. Der Kläger erzielte im Streitjahr 2014 Zinserträge, die er in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als inländische Kapitalerträge ohne Steuerabzug erklärte, die gem. § 32d Abs. 1 i. V. mit Abs. 3 Satz 2 EStG der Abgeltungsteuer unterlägen. Das beklagte FA berücksichtigte die Zinseinkünfte des Klägers als gem. § 32a EStG tariflich zu besteuernde Einkünfte aus Kapitalvermögen, da der Kläger nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG als eine der Klägerin als alleinige Anteilseignerin der S-GmbH nahe stehende Person anzusehen sei.

Gegen die Besteuerung mit der tariflichen Steuer nach § 32a EStG erhoben die Kläger erfolglos Einspruch. Im anschließenden Klageverfahren bestätigte das FG Niedersachsen mit nicht veröffentlichtem Urteil vom im Ergebnis den Ausschluss aus der Abgeltungsteuer. Zwar bestehe kein Näheverhältnis des Klägers zur Anteilseignerin der S-GmbH i. S. von § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG; der Kläger sei aber eine der S-GmbH nahe stehende Person i. S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG.

Mit der Revision haben die Kläger ihr Begehren weiterverfolgt, dass die Zinseinkünfte aus den Darlehen an die S. 62S-GmbH nicht der tariflichen Einkommensteuer, sondern der Abgeltungsteuer nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegen. Auch die vom FG – aus Sicht der Kläger unzutreffend – festgestellte nicht marktübliche Verzinsung der Darlehen begründe ebenso wenig ein Beherrschungs- und Näheverhältnis i. S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG wie die herangezogene Relation der vom Kläger ausgereichten Darlehenssumme zur Höhe des Werts des Betriebsvermögens der S-GmbH.