Leitsatz
1. Der Vorsteuerabzug setzt die Identität zwischen leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller voraus, denn die Angaben
zur Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers sollen es ermöglichen, eine
Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und einem konkreten Wirtschaftsteilnehmer, dem Rechnungsaussteller,
herzustellen.
2. Die nationalen Behörden und Gerichte haben den Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug zu versagen, wenn ein Steuerpflichtiger
wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung
einbezogen war. Wissen oder Wissenmüssen in diesem Sinne setzt (zumindest) Fahrlässigkeit voraus.
3. Die im Steuerrecht verwendeten Begriffe des Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts sind materiell-rechtlich wie im Strafrecht
zu beurteilen. Dagegen ist die Frage, ob diese Tatbestandsmerkmale tatsächlich erfüllt sind, nicht nach den Vorschriften der
StPO, sondern nach den Verfahrensvorschriften der AO und der FGO zu prüfen, da es sich lediglich um eine strafrechtliche Vorfrage
im Rahmen einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids handelt.
4. Eine spätere Kenntnis von der zunächst unerkannten Einbindung in eine Mehrwertsteuerhinterziehung schließt den Vorsteuerabzug
nicht aus.
5. Zu der Frage, ob der Kläger aufgrund der von ihm eingeholten Auskünfte der Creditreform gehalten war, zumindest weitere
Erkundigungen gegenüber seinen (angeblichen) Vorlieferanten über die Herkunft der Edelmetalle einzuholen, um sich Kenntnis
von Anhaltspunkten für eine Mehrwertsteuerhinterziehung der (angeblichen) Vorlieferanten zu verschaffen.
6. Das weitere finanzgerichtliche Verfahren nach einer Zurückverweisung kann zu einem veränderten Sachverhalt und damit zu
einer anderen rechtlichen Würdigung führen. Es ist zulässig, dass das neue Urteil für den Kläger ungünstiger als das alte
ist. Dies ist kein Verstoß gegen das Verböserungsverbot (reformatio in peius), denn dieses besteht nur noch gegenüber dem
ursprünglichen Steuerbescheid.
7. Ein hoher Streitwert allein führt nicht zu einem Ausschluss von § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, wenn – so wie vorliegend – der
Beklagte lediglich in Höhe von 3.193,28 EUR bzw. 0,14 % und damit geringfügig unterliegt.