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FG Baden-Württemberg Urteil v. - 1 K 2492/19

Gesetze: UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, UStG § 14 Abs. 4, BGB § 133, BGB § 157, BGB § 122 Abs. 2, FGO § 126 Abs. 5, FGO § 136 Abs. 1 S. 3

Vorsteuerabzug aus Gutschriften und Rechnungen für Edelmetalllieferungen

Wissen oder Wissenmüssen des Steuerpflichtigen von der Einbeziehung seines Erwerbs in eine Mehrwertsteuerhinterziehung

Verböserung im weiteren finanzgerichtlichen Verfahren nach Zurückverweisung durch den BFH

Kostenentscheidung

geringfügiges Unterliegen bei hohem Streitwert

Leitsatz

1. Der Vorsteuerabzug setzt die Identität zwischen leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller voraus, denn die Angaben zur Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers sollen es ermöglichen, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und einem konkreten Wirtschaftsteilnehmer, dem Rechnungsaussteller, herzustellen.

2. Die nationalen Behörden und Gerichte haben den Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug zu versagen, wenn ein Steuerpflichtiger wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Wissen oder Wissenmüssen in diesem Sinne setzt (zumindest) Fahrlässigkeit voraus.

3. Die im Steuerrecht verwendeten Begriffe des Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts sind materiell-rechtlich wie im Strafrecht zu beurteilen. Dagegen ist die Frage, ob diese Tatbestandsmerkmale tatsächlich erfüllt sind, nicht nach den Vorschriften der StPO, sondern nach den Verfahrensvorschriften der AO und der FGO zu prüfen, da es sich lediglich um eine strafrechtliche Vorfrage im Rahmen einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids handelt.

4. Eine spätere Kenntnis von der zunächst unerkannten Einbindung in eine Mehrwertsteuerhinterziehung schließt den Vorsteuerabzug nicht aus.

5. Zu der Frage, ob der Kläger aufgrund der von ihm eingeholten Auskünfte der Creditreform gehalten war, zumindest weitere Erkundigungen gegenüber seinen (angeblichen) Vorlieferanten über die Herkunft der Edelmetalle einzuholen, um sich Kenntnis von Anhaltspunkten für eine Mehrwertsteuerhinterziehung der (angeblichen) Vorlieferanten zu verschaffen.

6. Das weitere finanzgerichtliche Verfahren nach einer Zurückverweisung kann zu einem veränderten Sachverhalt und damit zu einer anderen rechtlichen Würdigung führen. Es ist zulässig, dass das neue Urteil für den Kläger ungünstiger als das alte ist. Dies ist kein Verstoß gegen das Verböserungsverbot (reformatio in peius), denn dieses besteht nur noch gegenüber dem ursprünglichen Steuerbescheid.

7. Ein hoher Streitwert allein führt nicht zu einem Ausschluss von § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, wenn – so wie vorliegend – der Beklagte lediglich in Höhe von 3.193,28 EUR bzw. 0,14 % und damit geringfügig unterliegt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
IAAAH-61825

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