Verhältnis von Feststellungs- und Festsetzungsfrist
Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO für einheitliche und gesonderte Feststellung durch an Ehegatten gerichtete Prüfungsanordnung,
wenn ein Ehegatte bereits verstorben ist
Zuordnung von Teilflächen einer Hofstelle zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen
Leitsatz
1. Vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung zur Betriebsverpachtung in § 16 Abs. 3b EStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes
(StVereinfG) 2011 vom , BGBl I 2011 S. 2131 – die gemäß § 52 Abs. 34 Satz 9 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 erstmals
für Betriebsaufgaben nach dem anwendbar ist – war eine rückwirkende Betriebsaufgabe eines im Ganzen verpachteten
landwirtschaftlichen Betriebs nicht zulässig, die Betriebsaufgabe erfolgte damals erst mit dem Eingang der Aufgabeerklärung
beim Finanzamt.
2. Zur Ermittlung des Aufgabegewinns ist der gemeine Wert der nicht veräußerten, in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter
zum Augabezeitpunkt zu bestimmen, wobei der Wert für landwirtschaftliche Grundstücke grundsätzlich nach dem Vergleichswertverfahren
(§ 15 Abs. 1 ImmoWertV) zu ermitteln ist. Dieser Betrag ist dem Buchwert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe
gegenüberzustellen. Der Unterschied zwischen diesen Werten – abzüglich etwaiger Aufgabe- und Veräußerungskosten – ergibt den
Aufgabegewinn.
3. Landwirtschaftliche Aufgabegewinne sind nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG aus der vorzunehmenden zeitanteiligen Aufteilung
(der Wirtschaftsjahre auf die Kalenderjahre) auszuscheiden und gegebenenfalls um Freibeträge dem Gewinn des Kalenderjahres
als Veranlagungszeitraum hinzuzurechnen, in dem sie entstanden sind.
4. Haben Ehegatten keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer GbR geschlossen, zumindest als Innengesellschaft
aber den gemeinsamen Zweck des Betriebs und der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Unternehmens gefördert sowie durch
jeweils in ihrem Alleineigentum stehende Grundstücke erhebliche Gesellschafterbeiträge zur Zweckerreichung beigesteuert, liegt
zumindest eine Innen-GbR als Mitunternehmerschaft und Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs vor, deren Einkünfte unabhängig
vom Auftreten der Innengesellschalft nach außen nach §§ 179, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO einheitlich und gesondert festzustellen
und den beteiligten Ehegatten zuzurechnen sind.
5. Ein Fall von geringer Bedeutung im Sinne des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO liegt nur dann vor, wenn die Einkünfte leicht
zu ermitteln, nach einem einfachen Schlüssel auf die Beteiligten zu verteilen sind und wenn vor allem die Gefahr widersprüchlicher
Entscheidungen bei den Beteiligten gering oder nahezu ausgeschlossen ist. Das ist nicht der Fall, wenn z.B. das Bestehen einer
Mitunternehmerschaft zwischen den Ehegatten sowie die Höhe und die Aufteilung eines Betriebsaufgabegewinns streitig ist oder
weil die die Festsetzungsfrist hinsichtlich der Einkommensteuer der an den Einkünften beteiligten Ehegatten bereits abgelaufen
ist.
6. Eine gesonderte und einheitliche Feststellung hat unter anderem dann nicht wegen geringer Bedeutung nach § 180 Abs. 3 Satz
1 Nr. 2 AO zu unterbleiben, wenn aus der Sicht des für das Feststellungsverfahren zuständigen Bearbeiters des Finanzamts die
Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht, weil nicht zu übersehen ist, ob der Einkommensteueranspruch aufgrund der
nur teilweisen Wirksamkeit einer Prüfungsanordnung gegenüber den Feststellungsbeteiligten bereits festsetzungsverjährt ist.
7. Für Feststellungsbescheide ist in § 181 Abs. 1 Satz 1 AO eine eigenständige Feststellungsverjährung geregelt, die (nur)
der sinngemäßen Anwendung der §§ 169 ff. AO unterliegt und an die Feststellungserklärung anknüpft. Die Feststellungsfrist
ist unabhängig von der Festsetzungsfrist der Folgesteuern zu ermitteln.
8. Ergeht gegenüber den Ehegatten eine Prüfungsanordnung und ist ein Ehegatte zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, so ist
die Prüfungsanordnung nur gegenüber dem toten Ehegatten unwirksam, dem lebenden Ehegatten gegenüber aber wirksam und führt
zur Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist bezüglich der sich im Rahmen der Außenprüfung als erforderlich herausstellenden erstmaligen
einheitlichen und gesonderten Feststellung der landwirtschaftlichen Einkünfte der Ehegatten nach § 171 Abs. 4 AO. Nach der
erstmaligen Vornahme einer qualifizierten Prüfungshandlung lassen spätere, auch langfristige Unterbrechungen die Ablaufhemmung
nicht entfallen.
10. Zur Zuordnung einzelner Teilflächen (z.B. Abstandsflächen, Vorrats- und Abstellflächen, Obstgarten mit 14 Obstbäumen,
Pferdekoppel) einer Hofstelle zum notwendigen landwirtschaftlichen Betriebsvermögen.
Fundstelle(n): EFG 2020 S. 846 Nr. 12 EStB 2020 S. 408 Nr. 10 XAAAH-46683
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