FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 9 K 9099/16 EFG 2019 S. 313 Nr. 5
Gesetze: AO § 93 Abs. 1 S. 1, AO § 93 Abs. 1 S. 3, AO § 92 S. 1, AO § 92 S. 2 Nr. 1, AO § 85, AO § 88, AO § 5, FGO § 102
Erwerb von Kraftfahrzeugen durch einen Gebrauchtwagenhändler von anderen Personen als den letzten Haltern der Fahrzeuge: Zulässigkeit
von ohne vorherige Anfrage beim Gebrauchtwagenhändler direkt an die letzten Fahrzeughalter gestellten Auskunftsersuchen der
Betriebsprüfungsstelle zur Person des jeweiligen Fahrzeugerwerbers sowie zum Verkaufspreis
Leitsatz
1. Wird bei der Betriebsprüfung bei einem Gebrauchtwagenhändler festgestellt, dass in zahlreichen Fällen die Personen, die
Fahrzeuge an den Händler verkauft haben, nicht die letzten dem Kraftfahrt-Bundesamt bekannten Halter der Fahrzeuge waren,
und will die Außenprüfung die Lieferkette vom letzten Halter über Zwischenhändler bis hin zum Gebrauchtwagenhändler ermitteln,
um die Einkaufspreise des Gebrauchtwagenhändlers zu überprüfen, so sind die – ohne vorherige Anfrage oder Anhörung des Gebrauchtwagenhändlers
– an die letzten Fahrzeughalter gerichteten Auskunftsersuchen der Betriebsprüfung, in denen jeweils um Mitteilung der Person
des jeweiligen Erwerbers, des Verkaufspreises und ggf. um Vorlage des Verkaufsbeleges gebeten worden ist, unter Berücksichtigung
der BFH-Rspr. (Urteil v. , X R 4/14) zu den Anforderungen an ein ermessensgerechtes, verhältnismäßiges und verfassungskonformes,
an dritte Personen gerichtetes Auskunftsersuchen nicht ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig. Das gilt insbesondere dann,
wenn die Betriebsprüfung bei einigen betroffenen Einkäufen Ungereimtheiten wie z. B. Namensabweichungen, Ähnlichkeiten von
Verkäufernamen mit den Namen von anderen Händlern, falsche Adressenangaben o. ä. festgestellt hat.
2. Dass Steuerpflichtige durch das Einschalten von vermeintlichen Zwischenhändlern versuchen, die eigenen Gestehungskosten
für verkaufte Waren künstlich zu erhöhen, um so ihren Gewinn zu minimieren, ist ein verbreitet auftretendes Konstrukt. Es
ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Betriebsprüfung -ohne dass damit bereits ein konkreter Verdacht gegen den Gebrauchtwagenhändler
hätte verbunden sein müssen – die beim Händler mehr als nur vereinzelte auftretenden Fälle, in denen es nach seinen Angaben
zur Einschaltung eines Zwischenhändlers gekommen sein musste, weil der letzte Verkäufer nicht mit dem Fahrzeughalter identisch
war, aufgrund seiner allgemeinen Erfahrung zum Anlass für eine nähere Überprüfung genommen hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): BBK-Kurznachricht Nr. 22/2019 S. 1058 EFG 2019 S. 313 Nr. 5 PStR 2019 S. 102 Nr. 5 IAAAH-22692
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