VollstrA 52.

Dritter Teil: Vollstreckung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen

Eidesstattliche Versicherung

52. Vermögensauskunft [1]

(1) 1Der Vollstreckungsschuldner hat der Vollstreckungsbehörde auf deren Verlangen für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe des § 284 der Abgabenordnung zu erteilen, wenn er die Forderung nicht binnen zwei Wochen begleicht, nachdem ihn die Vollstreckungsbehörde unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft zur Zahlung aufgefordert hat. 2Die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft liegt im Ermessen der Vollstreckungsbehörde und kann mit der Fristsetzung zur Begleichung der Forderung verbunden werden. 3Sie ist dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen. 4Der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft soll nicht vor Ablauf eines Monats nach Zustellung der Ladung bestimmt werden. 5Ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft hat keine aufschiebende Wirkung. 6Der Vollstreckungsschuldner hat die zur Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin vorzulegen. 7Hierüber, über seine Rechte und Pflichten nach § 284 Absatz 2 und 3 der Abgabenordnung, über die Folgen einer unentschuldigten Terminversäumnis oder einer Verletzung seiner Auskunftspflichten sowie über die Möglichkeit einer Eintragung in das Schuldnerverzeichnis bei Abgabe der Vermögensauskunft ist der Vollstreckungsschuldner bei der Ladung zu belehren (§ 284 Absatz 6 AO).

(2) 1Die Vollstreckungsbehörde hat von Amts wegen festzustellen, ob beim zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Absatz 1 der Zivilprozessordnung in den letzten zwei Jahren ein auf Grund einer Vermögensauskunft des Schuldners erstelltes Vermögensverzeichnis hinterlegt wurde. 2Hat der Vollstreckungsschuldner innerhalb der letzten zwei Jahre eine Vermögensauskunft abgegeben, ist eine erneute Abgabe nur zulässig, wenn anzunehmen ist, dass sich seine Vermögensverhältnisse wesentlich geändert haben (§ 284 Absatz 4 AO).

(3) 1Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist grundsätzlich die Vollstreckungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners befindet (§ 284 Absatz 5 AO). 2Die Abnahme der Vermögensauskunft darf nicht erzwungen werden, wenn der Vollstreckungsschuldner nicht bereit ist, die Vermögensauskunft vor einer anderen als der für seinen Wohnsitz örtlich zuständigen Vollstreckungsbehörde abzugeben. 3In diesem Falle hat die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, die für den Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners zuständige Vollstreckungsbehörde um Abnahme der Vermögensauskunft zu ersuchen.

(4) 1Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erstellt die Vollstreckungsbehörde anhand der vom Vollstreckungsschuldner nach § 284 Absatz 1 und 2 der Abgabenordnung zu machenden Angaben ein elektronisches Dokument (Vermögensverzeichnis). 2Das elektronische Dokument sollte maschinenschriftlich erstellt werden. 3Das erstellte Vermögensverzeichnis ist dem Vollstreckungsschuldner vorzulesen oder zur Durchsicht auf dem Bildschirm wiederzugeben. 4Auf Verlangen ist ihm ein Ausdruck zu erteilen. 5Der Vollstreckungsschuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er seine im Vermögensverzeichnis gemachten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht hat. 6Die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung liegt nicht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde. 7Vor Abnahme der eidesstattlichen Versicherung hat die Vollstreckungsbehörde den Vollstreckungsschuldner über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Vermögensauskunft zu belehren. 8Das Vermögensverzeichnis ist von der Vollstreckungsbehörde bei dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Absatz 1 der Zivilprozessordnung zu hinterlegen. 9Die Vollstreckungsbehörde hat das Vermögensverzeichnis auszuwerten und sich hieraus ergebende Vollstreckungsmöglichkeiten zeitnah zu nutzen.

(5) 1Verweigert der Vollstreckungsschuldner ohne Grund die Abgabe der Vermögensauskunft oder erscheint er ohne ausreichende Entschuldigung nicht zu dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin vor der zuständigen Vollstreckungsbehörde (§ 284 Absatz 5 Satz 1 AO), kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner zum Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung nach § 284 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat, um Anordnung der Erzwingungshaft ersuchen (§ 284 Absatz 8 AO). 2Das Ersuchen ist dem Amtsgericht zuzustellen, in der Regel gegen Empfangsbekenntnis. 3Gleichzeitig ist dem Vollstreckungsschuldner eine Durchschrift des Ersuchens zu übersenden. 4Lehnt das Amtsgericht den Antrag der Vollstreckungsbehörde auf Anordnung der Erzwingungshaft ab, ist gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO) sowie gegen eine ablehnende Beschwerdeentscheidung die Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO), soweit diese zugelassen worden ist, möglich.

(6) 1Für die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners auf Grund der Haftanordnung des Amtsgerichts ist der Gerichtsvollzieher zuständig. 2Die Vorschriften der §§ 802g bis 802j der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden. 3Die Vollstreckungsbehörde hat dem Gerichtsvollzieher den geschuldeten Betrag sowie den Schuldgrund mitzuteilen und ihn zu ermächtigen, den geschuldeten Betrag anzunehmen und über den Empfang Quittung zu erteilen. 4Über Rückstandsminderungen nach dem Antrag auf Vollzug des Haftbefehls ist der zuständige Gerichtsvollzieher unverzüglich zu informieren. 5Der Vollstreckungsschuldner kann die Verhaftung dadurch abwenden, dass er den geschuldeten Betrag in voller Höhe an den Gerichtsvollzieher zahlt oder nachweist, dass er den Betrag entrichtet hat oder dass ihm eine Zahlungsfrist bewilligt worden oder die Schuld erloschen ist. 6Die Verhaftung kann auch dadurch abgewendet werden, dass der Vollstreckungsschuldner dem Gerichtsvollzieher eine Entscheidung vorlegt, aus der sich die Unzulässigkeit der Maßnahme ergibt. 7Ist der verhaftete Vollstreckungsschuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft bereit (§ 802i ZPO), hat ihn der Gerichtsvollzieher grundsätzlich der Vollstreckungsbehörde zur Abnahme der Vermögensauskunft vorzuführen. 8Abweichend hiervon kann die Vermögensauskunft von dem Gerichtsvollzieher abgenommen werden, wenn sich der Sitz der Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk des für den Gerichtsvollzieher zuständigen Amtsgerichts befindet oder die Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist. 9Gibt der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb einer sechsmonatigen Haftzeit die Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher ab, kann der Vollstreckungsschuldner auch auf Antrag eines anderen Gläubigers innerhalb der folgenden zwei Jahre nur unter den Voraussetzungen des § 802d der Zivilprozessordnung erneut zur Abgabe einer Vermögensauskunft durch Haft angehalten werden (§ 802j Absatz 3 ZPO). 10Entfallen die Voraussetzungen für den Vollzug des Haftbefehls nachträglich endgültig, ist das zuständige Amtsgericht um Aufhebung des Haftbefehls zu ersuchen.

(7) 1Die Vollstreckungsbehörde kann nach § 284 Absatz 9 der Abgabenordnung die Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis anordnen, wenn

  1. der Vollstreckungsschuldner seiner Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist,

  2. eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung der Forderung zu führen, oder

  3. der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung, wegen derer die Vermögensauskunft verlangt wurde, vollständig befriedigt.

2In Fällen, in denen der Vollstreckungsschuldner innerhalb der letzten zwei Jahre bereits eine Vermögensauskunft nach § 284 der Abgabenordnung oder § 802c der Zivilprozessordnung abgegeben hat und dadurch die Sperrwirkung für die Abnahme einer neuen Vermögensauskunft eingetreten ist (§ 284 Absatz 4 AO), kann die Vollstreckungsbehörde eine isolierte Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis ohne vorherige Zahlungsaufforderung nach § 284 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung anordnen, wenn vollstreckbare Ansprüche bestehen und

  1. eine Vollstreckung dieser Forderungen nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses nicht zur vollständigen Befriedigung der Ansprüche führen würde (§ 284 Absatz 9 Nummer 2 zweite Alternative AO)

    oder

  2. der Vollstreckungsschuldner diese Ansprüche nicht innerhalb eines Monats befriedigt, nachdem er auf die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hingewiesen worden ist (§ 284 Absatz 9 Nummer 3 Satz 2 AO).

(8) 1Die Eintragungsanordnung, welche dem Vollstreckungsschuldner zuzustellen ist, ist eine Ermessensentscheidung, die kurz begründet werden soll. 2Nach Ablauf eines Monats seit der Zustellung hat die Vollstreckungsbehörde die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Absatz 1 der Zivilprozessordnung mit den folgenden Daten (§ 882b Absatz 2 und 3 ZPO) elektronisch zu übermitteln:

  • den Namen, den Vornamen und den Geburtsnamen des Vollstreckungsschuldners sowie die Firma und deren Nummer im Handelsregister,

  • das Geburtsdatum, den Geburtsort des Vollstreckungsschuldners,

  • die Wohnsitze oder den Sitz des Vollstreckungsschuldners,

  • das Aktenzeichen der Finanzbehörde,

  • das Datum der Eintragungsanordnung,

  • den Grund für die Eintragungsanordnung,

  • einschließlich abweichender Personendaten.

3Ein Rechtsbehelf gegen die Eintragungsanordnung hat keine aufschiebende Wirkung. 4Liegen allerdings Anträge auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 361 der Abgabenordnung, § 69 der Finanzgerichtsordnung vor, die Aussicht auf Erfolg haben, ist die Übermittlung an das zentrale Vollstreckungsgericht zunächst zurückzustellen (§ 284 Absatz 10 AO).

5Nach der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis sind Entscheidungen über Rechtsbehelfe gegen die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht elektronisch zu übermitteln (§ 284 Absatz 11 AO).

(9) Ist der Vollstreckungsschuldner nicht selbst handlungsfähig (§ 79 AO), ist die Vermögensauskunft vom Vertreter des Vollstreckungsschuldners abzugeben.

(10) Hat ein Vollstreckungsschuldner in einer auf Betreiben der Vollstreckungsbehörde abgelegten Vermögensauskunft vorsätzlich unvollständige oder falsche Angaben gemacht (§ 156 StGB), darf nach § 30 Absatz 5 der Abgabenordnung bei der Strafverfolgungsbehörde Strafanzeige erstattet werden.

Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
PAAAA-74001

1Anm. d. Red.: Abschnitt 52 i. d. F. der Verwaltungsvorschrift v. (BStBl 2017 I S. 1374) mit Wirkung v. .