Keine Inanspruchnahme der sog. großen Übergangsregelung gem. § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG für einen nach 1986 vom geschiedenen Ehegatten hinzuerworbenen Miteigentumsanteil
Gesetze: EStG § 52 Abs. 21 Satz 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine frühere Ehefrau (E) waren Eigentümer eines von ihnen seit 1983 teilweise selbstgenutzten Zweifamilienhauses. Der Kläger war Miteigentümer zu 3/5, E zu 2/5. Eine Wohnung des Zweifamilienhauses nutzten der Kläger und E bis zu ihrer Trennung gemeinsam, in den Jahren 1992 und 1993 (Streitjahre) nutzte sie der Kläger zu eigenen Wohnzwecken. Die Einliegerwohnung ist fremdvermietet.
Der Kläger kaufte im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung von E im Jahr 1991 deren Miteigentumsanteil.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger unter Anwendung der sog. großen Übergangsregelung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1, § 52 Abs. 21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom (BGBl I 1990, 1898) —EStG— bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskostenüberschüsse in Höhe von insgesamt 31 477 DM für 1992 und 23 048 DM für 1993 geltend, die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) nur in Höhe von 18 312 DM für 1992 und von 15 384 DM für 1993 zum Abzug zuließ. Für den von E erworbenen Miteigentumsanteil sei die Anwendung der Nutzungswertbesteuerung nicht mehr möglich.
Nach insoweit erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Es vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 336 veröffentlichten Urteil die Auffassung, für den von E hinzuerworbenen Miteigentumsanteil seien keine fiktiven Vermietungseinkünfte anzusetzen.
Mit seiner Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung der § 21 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1, § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei die vormalige gemeinsame Nutzung durch die früheren Ehegatten jedem der Ehegatten als Selbstnutzung in vollem Umfang zuzurechnen. Der Grundgedanke des § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG sei auf die große Übergangsregelung entsprechend anzuwenden.
Er beantragt daher, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung des FA vom aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 1992 und 1993 dahin gehend abzuändern, dass ein zusätzlicher Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung von 13 165 DM für 1992 und ein zusätzlicher Werbungskostenüberschuss von 7 214 DM für 1993 zu berücksichtigen ist.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu Recht hat das FG für den vom Kläger von E im Jahr 1991 erworbenen Miteigentumsanteil an der vom Kläger selbst genutzten Wohnung in seinem Haus in den Streitjahren keinen Nutzungswert angesetzt.
1. Nach der Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG ist § 21 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 EStG, nach dem zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus gehört, für Veranlagungszeiträume nach 1986 bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1998 weiter anzuwenden, wenn bei einer Wohnung im eigenen Haus bei dem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum 1986 die Voraussetzungen für die Ermittlung des Nutzungswerts als Überschuss des Mietwerts über die Werbungskosten oder die Betriebsausgaben vorgelegen haben (sog. große Übergangsregelung). Der Nutzungswert ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG durch Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln. Die Voraussetzungen für die Ermittlung des Nutzungswerts müssen beim Steuerpflichtigen sowohl 1986 als auch im jeweiligen Folgejahr erfüllt sein.
a) Entscheidend für die Zurechnung von fiktiven Einkünften in Form des Nutzungswerts sind Art und Umfang der Nutzung durch den Eigentümer (, BFH/NV 1997, 653; vom IX R 122/86, BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171, und vom IX R 118/89, BFH/NV 1993, 650). Beim Ermitteln des Nutzungswerts eines mehreren Miteigentümern gehörenden Grundstücks ist grundsätzlich an die ideellen Miteigentumsanteile als ”eigene” Anteile anzuknüpfen, weil der Begriff ”eigen” im Sinne der Vorschrift jede Form von Eigentum erfasst (vgl. , BFH/NV 1990, 25, m.w.N., und vom IX R 169/88, BFHE 173, 131, BStBl II 1994, 325). Gehört die selbstgenutzte Wohnung mehreren Miteigentümern, so hängt die Zurechnung des Nutzungswerts vom Umfang der tatsächlichen Nutzung und nicht von etwa davon abweichenden Eigentumsverhältnissen ab; bei gemeinsamer Nutzung ist der Nutzungswert den einzelnen Miteigentümern nach den tatsächlichen Nutzungsanteilen zuzurechnen (BFH in BFH/NV 1997, 653, unter 1. b, m.w.N.). Hierbei ist grundsätzlich auch in den Fällen, in denen der Tatbestand der Einkünfteerzielung durch Wohnen im eigenen Haus i.S. von § 21 Abs. 2 EStG von mehreren gemeinschaftlich erfüllt wird, das zivilrechtliche Beteiligungsverhältnis (§§ 743, 748 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—) Maßstab für die anteilige steuerrechtliche Zurechnung der Einkünfte, solange keine abweichenden, steuerrechtlich zu berücksichtigenden Umstände oder Vereinbarungen vorliegen (vgl. , BFH/NV 1994, 25, und vom VI 234/63 U, BFHE 82, 25, BStBl III 1965, 256).
b) Die Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG ist nicht auf den Einzelrechtsnachfolger anzuwenden (, BFHE 174, 133, BStBl II 1994, 457, m.w.N.; Jansen in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 21 EStG Anm. 187; Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 21 Rz. C 30; im Ergebnis auch Stephan, Die Wohneigentumsförderung, 6. Aufl. 1999, XV 7.3., S. 500 f.). Der Einzelrechtsnachfolger tritt insoweit nicht in die Stellung des früheren Eigentümers ein. Einen übergeordneten einkommensteuerrechtlichen Grundsatz, nach dem der Einzelrechtsnachfolger mit dem Einrücken in die zivilrechtliche Rechtsstellung des Rechtsvorgängers ausnahmslos auch dessen steuerliche Vergünstigungen weiterführen kann, gibt es nicht (BFH-Urteil in BFHE 174, 133, BStBl II 1994, 457). Er kann daher die Nutzungswertbesteuerung des Rechtsvorgängers nicht fortsetzen. Eine dem § 10e Abs. 5 Satz 3 EStG vergleichbare Regelung zum Objektverbrauch, insbesondere eine Ehegattenregelung i.S. des Halbsatzes 2, enthält § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG —wie auch die nach gleichen Grundsätzen zu beurteilende sog. kleine Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 4 EStG (vgl. zu § 52 Abs. 21 Satz 4 i.V.m. § 82i der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung —EStDV— , BFH/NV 2001, 1114, unter II. 1. b)— nicht.
c) Nutzten Ehegatten im Jahr 1986 und in einem Folgejahr die eigene Wohnung gemeinsam, so ist die große Übergangsregelung allerdings auch dann anzuwenden, wenn im Jahr 1986 beide Miteigentümer waren, während in einem Folgejahr nur ein Ehegatte Alleineigentümer ist und damit das Tatbestandsmerkmal ”eigen” i.S. des § 21 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 EStG erfüllt (BFH-Urteile in BFH/NV 1997, 653, und vom IX R 58/96, BFH/NV 1998, 313). Dabei ist entscheidend, dass beide Eheleute die tatsächliche Sachherrschaft in Form des (Mit-)Besitzes an der selbstgenutzten Wohnung unverändert in vollem Umfang gemeinsam ausüben und die fiktiven Einkünfte in Form des Nutzungswerts gemeinsam erwirtschaften (BFH-Urteile in BFH/NV 2001, 1114, unter II. 2. a, und BFH/NV 1997, 653, unter 1. c).In diesem Fall gilt der Grundgedanke des § 10e Abs. 5 Satz 3 EStG, dass die Übertragung von Miteigentumsanteilen an der gemeinsam genutzten Wohnung unter Ehegatten nicht steuerschädlich sein soll, sinngemäß auch für die durch dasselbe Gesetz geschaffene Übergangsregelung (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 653, unter 1. c).
2. Nach diesen Grundsätzen ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger in den Streitjahren die große Übergangslösung für den 1991 hinzuerworbenen Miteigentumsanteil nicht in Anspruch nehmen kann.
a) Hinsichtlich dieses Miteigentumsanteils lagen beim Kläger die Voraussetzungen des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 EStG im Jahr 1986 nicht vor. Er nutzte die Wohnung in diesem Jahr nur als Miteigentümer und Mitbesitzer gemeinsam mit E, der Miteigentumsanteil der E war im Jahr 1986 ihr zuzurechnen.
In den Streitjahren war E nicht mehr Mitbesitzerin der Wohnung, die Eheleute übten die tatsächliche Sachherrschaft daher nicht mehr unverändert in vollem Umfang gemeinsam aus, so dass die große Übergangsregelung insoweit nicht weiter anzuwenden ist. Für den von E angeschafften Miteigentumsanteil kann der Kläger auch als Einzelrechtsnachfolger die sog. große Übergangsregelung nicht mehr geltend machen.
b) Zutreffend ist das FG auch davon ausgegangen, dass die Grundsätze des § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG auf den vorliegenden Fall nicht sinngemäß anzuwenden sind. Im Streitfall fehlt es an der fortdauernden gemeinsamen Nutzung der Wohnung durch die Ehegatten. Nur für diesen Fall hat der BFH § 10e Abs. 5 Satz 3 EStG sinngemäß angewendet (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 653). Insoweit war die sinngemäße Anwendung aus Gründen des Vertrauensschutzes erforderlich, weil der Hinzuerwerb von Miteigentumsanteilen vom Ehegatten an der von zusammenveranlagten Ehegatten gemeinsam genutzten Wohnung nach § 10e Abs. 1 Satz 8 EStG von der Steuerbegünstigung nach § 10e EStG ausgeschlossen ist und der Hinzuerwerb damit steuerschädlich gewesen wäre. Dies ist im Fall des Hinzuerwerbs eines Miteigentumsanteils an der nicht mehr gemeinsam genutzten Wohnung vom geschiedenen Ehegatten nicht der Fall.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 748
BFH/NV 2003 S. 748 Nr. 6
XAAAA-71535