Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Streitjahr bei der Schweizer Firma P als Servicetechniker im Servicegebiet Schweiz beschäftigt. Nach seinem Arbeitsvertrag war er u.a. verpflichtet, ein- bis zweimal pro Woche an zentraler Lage des Servicegebietes zu übernachten.
Er unterhielt im Streitjahr eine Wohnung in D (Schweiz). Gleichzeitig war er zur Hälfte Miteigentümer eines Einfamilienhauses im ca. 5 km entfernten J (Deutschland), welches zur anderen Hälfte seiner früheren Lebensgefährtin I gehörte. Diese bewohnte das Haus in J mit ihren beiden eigenen Kindern sowie zwei Kindern des Klägers aus früherer Ehe. Zum Ende des Streitjahres meldete der Kläger seinen deutschen Wohnsitz in J ab und gab an, nur noch in D wohnhaft zu sein.
Da seine Einkommensteuererklärung 1997 keine Eintragungen enthielt, ging der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) im entsprechenden Einkommensteuerbescheid davon aus, dass der vom Kläger bezogene Arbeitslohn der Grenzgängerregelung nach Art. 15a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom —DBA-Schweiz— (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) unterfalle.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren hiergegen erhobene Klage beim Finanzgericht (FG) blieb erfolglos. Zunächst erörterten die Beteiligten die Sach- und Rechtslage im Rahmen einer Verhandlung vor dem FG. Das entsprechende Verhandlungsprotokoll vom , welches aus Versehen das Datum des trägt, enthält zu den Erörterungen Folgendes:
”.... Durchsicht der Service-Rapporte ergibt 62 Nichtrückkehrtage, wobei der Berichterstatter darauf hingewiesen hat, dass nach dem Arbeitsvertrag des Klägers dieser auch wöchentlich Pikettdienste abzuleisten hatte.
Der Bevollmächtigte des Finanzamts weist darauf hin, dass einige Fahrten des Klägers aufgrund seiner Rapportzettel den Ort K betroffen haben, nach dem vom Finanzamt befragten Routenplaner betrage die Entfernung zwischen J und K 80 km, wobei allerdings die Dauer der benötigten Fahrzeit mit einer Stunde und sechs Minuten angegeben sei.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt noch vor, dass der Eintrag K in den Rapportzetteln lediglich zum Ausdruck bringt, dass es sich hierbei um die erstmalig angefahrene Arbeitsstelle handele. Er habe immer nur die Orte eingetragen, wo er am Morgen erstmals eingesetzt worden sei. Es könne durchaus sein, dass er an einem Tag mehrere verschiedene Arbeitsstellen angefahren habe, die unter Umständen sogar 50 km auseinander liegen können.
Die Beteiligten verzichten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
....”.
Das FG ging in seinem auf die Erörterungen folgenden Urteil davon aus, dass der Kläger im Streitjahr Wohnsitze sowohl in J als auch in D gehabt, sich sein Lebensmittelpunkt aber in J befunden habe. Insbesondere greife die Ausnahmeregelung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz nicht ein, weil der Kläger das Gericht nicht habe davon überzeugen können, dass er an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnort habe zurückkehren können. Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, die er im Wesentlichen damit begründet, dass das Urteil des FG Verfahrensmängel aufweise. So seien die Hintergründe des Streitfalles umfangreich in der Verhandlung beim FG erörtert und es sei jede einzelne Arbeitsstelle geklärt worden. Ergebnis dieser Erörterungen sei es gewesen, dass von den geltend gemachten 90 Nichtrückkehrtagen 62 anerkannt worden seien, für welche eine Rückkehr unzumutbar gewesen sei. Dies sei auch in einer tatsächlichen Verständigung festgelegt worden. Das Gericht habe diese Verständigung unberücksichtigt gelassen und im Übrigen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt.
Der Kläger beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 29. November 2001 2 K 205/00 zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Der Kläger hat keinen vorliegenden Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem das Urteil des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Soweit er sich darauf beruft, das FG habe eine im Rahmen der Verhandlung am geschlossene tatsächliche Verständigung nicht berücksichtigt, greift die Rüge nicht durch, weil eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO bzw. des rechtlichen Gehörs nicht vorliegt. Zwar ist es richtig, dass das FG nach seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheiden muss. Es hat daher auch den Inhalt von vor der Sachentscheidung durchgeführten Erörterungen zum Rechts- und Streitstand zu berücksichtigen. Im Streitfall ist das FG jedoch nicht an eine zwischen den Beteiligten getroffene tatsächliche Verständigung gebunden, weil eine solche im Streitfall nicht abgeschlossen worden ist.
a) Gegen das Zustandekommen einer tatsächlichen Verständigung spricht in erster Linie der Beweiswert des Protokolls vom . Danach sind die Beteiligten zwar von 62 Nichtrückkehrtagen ausgegangen. Das Protokoll enthält aber in der Folge dieser Feststellung Angaben dazu, dass hinsichtlich dieser Nichtrückkehrtage weiter erörtert worden ist, ob dem Kläger eine Rückkehr zu seinem inländischen Wohnsitz zumutbar war. Ausweislich des Protokolls sind zu dieser Frage keine Verständigungen getroffen worden.
b) Der Kläger vermag mit seinem Vortrag den Beweiswert des Protokolls nicht zu erschüttern. Er behauptet zwar, es sei eine die Frage der Zumutbarkeit der Rückkehr zum inländischen Wohnsitz umfassende tatsächliche Verständigung im Rahmen der vorgenannten Verhandlung vor dem FG getroffen worden. Er behauptet aber nicht, dass eine entsprechende Vereinbarung auch protokolliert worden sei oder er selbst im Rahmen der Verhandlung auf einer Protokollierung bestanden habe. Er hat auch beim FG keinen Antrag auf Protokollberichtigung nach § 94 FGO i.V.m. § 164 der Zivilprozessordnung (ZPO) gestellt, nachdem ihm das Urteil der Vorinstanz zugestellt wurde. Zudem führt eine zu Gunsten des Steuerpflichtigen getroffene tatsächliche Verständigung vor dem FG regelmäßig zur Abhilfe durch das FA und in der Folge zu übereinstimmenden Erledigungserklärungen. Deshalb spricht die Tatsache, dass die Bevollmächtigte des Klägers stattdessen auf einem Urteil bestanden und dann auf die mündliche Verhandlung verzichtet hat, deutlich gegen das Vorliegen einer tatsächlichen Verständigung.
2. Soweit sich der Kläger darauf beruft, das FA habe die von ihm gewählte tatsächliche Handhabung hinsichtlich der Nichtrückkehrtage in den Vorjahren zu seinen Gunsten anerkannt, kann darin schon deshalb keine Ermessensbindung für das FG liegen, weil insoweit das Prinzip der Abschnittsbesteuerung gilt. Das FA ist demgemäß nicht daran gehindert, einen in den Vorjahren unerkannt gebliebenen oder falsch gewürdigten Sachverhalt in späteren Veranlagungszeiträumen rechtlich und tatsächlich aufzugreifen und zu überprüfen (vgl. , BFHE 79, 250, BStBl III 1964, 322; vom I R 182/87, BFHE 162, 307, BStBl II 1991, 136, sowie I R 177/87, BFH/NV 1992, 174; vom I R 176/87, BFH/NV 1991, 820). Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung schließt danach die Bildung eines (ermessensreduzierenden) Vertrauenstatbestandes aus, der über die im Steuerbescheid für ein Veranlagungsjahr zugrunde gelegte Entscheidung hinausgeht.
3. Unzutreffend ist auch der Vortrag, das FG habe dem Kläger unter Verletzung der Grundsätze über eine faire Verfahrensführung eine missbräuchliche Handhabung hinsichtlich der Nichtrückkehrtage unterstellt. Erkennbar hat das FG mit seinen Ausführungen eine abstrakte Missbrauchsgefahr im Hinblick auf die Regelung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz beschrieben, ohne dem Kläger entsprechendes missbräuchliches Vorgehen zu unterstellen.
4. Soweit sich der Kläger —jedenfalls in der Zusammenfassung seiner Begründung— auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO beruft, hat er diese schon nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Form dargelegt. Insoweit ist seine Beschwerde unzulässig, weil seine Beschwerdebegründung weder eine konkrete Rechtsfrage aufwirft noch deren grundsätzliche Bedeutung in irgendeiner Form erläutert. Als Darlegung i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO reicht die bloße Behauptung, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Vielmehr muss der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage und auf deren Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32, m.w.N.).
5. Die Entscheidung ergeht im Übrigen ohne weitere Begründung, § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 630
BFH/NV 2003 S. 630 Nr. 5
EAAAA-69986