Kraftfahrzeugsteuerhinterziehung bei widerrechtlicher Benutzung von Kraftfahrzeugen
Leitsatz
Zur Kraftfahrzeugsteuerhinterziehung bei widerrechtlicher Benutzung von Kraftfahrzeugen.
Gesetze: § 370 Abs 1 Nr 2 AO, § 1 Abs 1 Nr 3 KraftStG, § 2 Abs 5 KraftStG
Instanzenzug: LG Wiesbaden Az: 1 KLs 2240 Js 14500/16
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in vier Fällen, des versuchten Diebstahls sowie der Urkundenfälschung in sieben Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz und Steuerhinterziehung für schuldig erkannt und unter Einbeziehung einer weiteren rechtskräftigen Strafe auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten erkannt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Daneben hat es die Einziehung des Pkw VW Polo des Angeklagten, des sichergestellten „Dublettenkennzeichens“ und der sichergestellten Werkzeuge angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision, die in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg hat und sich im Übrigen als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO erweist.
I.
2Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
31. Fall 2 der Urteilsgründe: Zwischen dem 10. und dem schraubte der Angeklagte von dem abgestellten Fahrzeug der Zeugin B. die amtlichen Kennzeichen ab, um sie für sein Fahrzeug zu verwenden.
4Fall 3 der Urteilsgründe: Dementsprechend brachte er sie sodann am an seinem VW Polo an, um den Anschein amtlicher Zulassung zu erwecken.
5Fall 4 der Urteilsgründe: Nachdem der Angeklagte Kfz-Kennzeichen erhalten hatte, die für das Fahrzeug der Zeugin Be. ausgegeben worden waren, brachte er nunmehr diese an seinem Fahrzeug an, um den Anschein amtlicher Zulassung vorzutäuschen.
6Fall 5 der Urteilsgründe: In der Nacht vom 16. auf den schlug der Angeklagte mit einem Werkzeug die Seitenscheibe eines geparkten BMW ein und gelangte so in das Fahrzeug. Wie es von Anfang an seinem Plan entsprochen hatte, entwendete er das fest eingebaute Navigationsgerät des Fahrzeugs.
7Fall 6 der Urteilsgründe: Am ließ der Angeklagte Kennzeichen herstellen, die für das Fahrzeug des Zeugen H. ausgegeben wurden. Die „Dublettenkennzeichen“ brachte er sodann an seinem Fahrzeug an, um den Anschein amtlicher Zulassung zu erwecken. Anschließend fuhr er mit dem Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr, obwohl er keine Fahrerlaubnis hatte und das Fahrzeug auch weder zugelassen, versichert oder „versteuert“ war.
8Fall 7 der Urteilsgründe: Noch am selben Tag fuhr er erneut mit dem Fahrzeug.
9Fall 8 der Urteilsgründe: Auch am nächsten Tag fuhr der Angeklagte mit dem Fahrzeug und zwar in Begleitung des Mitangeklagten R. zu einer Tankstelle in Wiesbaden und sodann nach Königstein.
10Fälle 9 bis 11 der Urteilsgründe: Am Abend des fuhren der Angeklagte und R. mit dem VW Polo auf direktem Weg nach Königstein, um dort Navigationsgeräte aus Fahrzeugen zu entwenden. Hierzu führten sie diverse Werkzeuge mit sich. Sie wollten sich durch solche, auch zukünftig geplante Taten eine dauerhafte Einnahmequelle verschaffen. In Umsetzung dieses Plans kam es in der Nacht vom 24. auf den zu folgenden Taten:
11Während der Angeklagte die Umgebung absicherte, schlug R. dem gemeinsamen Plan entsprechend die Scheibe eines geparkten BMW ein und baute mit dem mitgeführten Werkzeug das fest installierte Navigationsgerät aus. Da sie dann durch Passanten gestört wurden, ließen sie das schon ausgebaute Navigationsgerät zurück und flüchteten (Fall 9). Anschließend wendeten sie sich einem anderen BMW zu. Erneut sicherte der Angeklagte die Umgebung, während R. die unverschlossene Kfz-Tür öffnete und das fest eingebaute Navigationsgerät abmontierte. Sie verstauten das Gerät in einer mitgeführten Tragetasche und verließen den Tatort (Fall 10). Mit gleicher Arbeitsteilung gingen sie bei dem folgenden BMW vor. Hierzu musste R. dessen Seitenscheibe mit einem Akkuschrauber einschlagen, um an das fest eingebaute Navigationsgerät zu kommen, das sie nach dem Ausbau in ihre Tragetasche steckten und nach Hause fuhren (Fall 11).
12Fall 12 der Urteilsgründe: Am fuhr der Angeklagte mit seinem VW Polo zum Flughafen Ha. , an dem sich noch immer die „Dublettenkennzeichen“ befanden.
13Fall 13 der Urteilsgründe: Gegen Abend dieses Tages fuhr der Angeklagte erneut mit seinem Fahrzeug.
142. Das Landgericht hat die Fälle 5, 9 bis 11 jeweils als Diebstahl gewertet, wobei es im Fall 9 beim Versuch geblieben ist. Dabei hat es besonders schwere Fälle angenommen und Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten (Fall 5, 10 und 11) sowie von acht Monaten (Fall 9) verhängt.
15Im Fall 2 ist es ebenfalls von einem Diebstahl ausgegangen und in den Fällen 3 und 4 von je einer Urkundenfälschung, wofür es jeweils 90 Tagessätze verhängt hat. Den Fall 6 hat es als Urkundenfälschung in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und Steuerhinterziehung gewertet und hierfür sechs Monate Freiheitsstrafe verhängt. Die den Fällen 7, 8, 12 und 13 zugrundeliegenden weiteren Fahrten mit dem manipulierten Fahrzeug hat es jeweils als selbständige Urkundenfälschungen in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und Steuerhinterziehung ausgeurteilt und in jedem dieser vier Fälle eine Einzelfreiheitsstrafe von fünf Monaten für angemessen erachtet.
II.
161. Das Landgericht hat sich in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise von dem festgestellten Sachverhalt überzeugt.
172. Die rechtliche Würdigung erweist sich aber allein in den Fällen 4, 5 und 9 bis 11 der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte wegen Diebstahls in drei Fällen, versuchten Diebstahls und Urkundenfälschung verurteilt worden ist, als rechtsfehlerfrei.
18Die Strafzumessung insoweit begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zwar hat das Landgericht für den Versuchsfall nicht ersichtlich in den Blick genommen, dass der vertypte Milderungsgrund des § 23 Abs. 2 StGB auch zum Entfallen der Regelwirkung des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 StGB führen kann. Aufgrund der vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift aufgezeigten Gesichtspunkte und des Umstands, dass die festgesetzte Einzelstrafe nicht dem oberen Bereich des nach § 49 Abs. 1, § 23 Abs. 2 StGB gemilderten Strafrahmens des § 243 Abs. 1 StGB entnommen ist, kann der Senat ein Beruhen der Einzelstrafe auf diesem Rechtsfehler ausschließen.
19Auch hat das Landgericht die Einziehung des Fahrzeuges nicht in der Strafzumessung berücksichtigt. Die auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F. gestützte Maßnahme hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 43/13, StV 2013, 565 und vom – 4 StR 549/95, NStZ-RR 1996, 56; Fischer, StGB, 64, Aufl., § 74 Rn. 2 mwN). Von der ausdrücklichen Erörterung des Gewichts der Vermögenseinbuße im Rahmen der Strafzumessung konnte aber hier angesichts der Feststellung, dass der dem Angeklagten gehörende ältere VW Polo nur „von geringem Wert“ war, ausnahmsweise abgesehen werden.
203. Die Annahme von Tatmehrheit zwischen dem Diebstahl der Kfz-Kennzeichenschilder (Fall 2 der Urteilsgründe) und der durch das Anbringen derselben am Fahrzeug des Angeklagten begangenen Urkundenfälschung (Fall 3) begegnet durchgreifenden Bedenken. Denn nach den Feststellungen verfolgte der Angeklagte schon bei dem Diebstahl der Kennzeichen den Plan, diese an seinem Fahrzeug anzubringen, was er sodann auch umsetzte. Dass diese Verbindung durch das gemeinsame subjektive Element zur Annahme einer natürlichen Handlungseinheit führen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 528/13, NJW 2014, 871 und vom – 4 StR 629/16, StraFo 2017, 124), hat das Landgericht nicht ersichtlich in den Blick genommen. Es hätte würdigen müssen, ob neben dem gemeinsamen subjektiven Element zwischen beiden Betätigungsakten ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint (vgl. ).
214. Der Schuldspruch in den Fällen 6 bis 8, 12 und 13 der Urteilsgründe erweist sich gleich in mehrfacher Hinsicht als rechtsfehlerhaft.
22a) Die Feststellungen belegen die Tatbestandsmerkmale der Urkundenfälschung nicht. Denn danach hat der Angeklagte „Dublettenkennzeichen“ an seinem Fahrzeug angebracht, also allein für ein anderes Fahrzeug ausgegebene Kennzeichenmerkmale nach § 8 Abs. 1 Satz 2 FZV verwendet. Damit sind die Voraussetzungen einer Urkunde im Sinne des § 267 StGB nicht dargetan. Denn es ist – anders als in den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe, in denen für ein anderes Fahrzeug ausgegebene Kennzeichen angebracht worden sind – nicht festgestellt, dass die Kennzeichen amtliche Erklärungen verkörpert haben.
23Zwar handelt es sich bei einem mit einer Stempelplakette der Zulassungsbehörde versehenen, an dem Kraftfahrzeug, für das es zugeteilt ist, angebrachten Kraftfahrzeugkennzeichen (§ 8 Abs. 1, § 10 Abs. 3 Satz 1 FZV) um eine (zusammengesetzte) Urkunde im Sinne des § 267 StGB (vgl. , BGHSt 45, 197, 200 mwN noch zu amtlichen Kennzeichen nach §§ 18, 23 StVZO; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 267 Rn. 23). Nur das mit der Stempelplakette versehene Kennzeichen verkörpert die Erklärung der Zulassungsbehörde als Ausstellerin, dass das Fahrzeug unter diesem Kennzeichen für einen bestimmten, im Fahrzeugregister eingetragenen Halter zum öffentlichen Verkehr zugelassen worden ist (, BGHSt 18, 66, 70 und vom – 4 StR 49/87, BGHSt 34, 375, 376 mwN). Fehlt eine solche Stempelplakette, lässt sich dem bloßen Kennzeichen keine beweisbestimmte und beweisgeeignete Erklärung der Zulassungsstelle entnehmen. Dann liegt keine Urkunde im Sinne des § 267 StGB vor, sondern nur ein Kennzeichen im Sinne der Strafvorschrift des § 22 StVG (, BGHSt 18, 66, 70). Dass auf den „Dublettenkennzeichen“ eine Stempelplakette angebracht war, ist nicht festgestellt.
24b) Die Annahme mehrerer selbständiger, real konkurrierender Taten in den Fällen 6 bis 8, 12 und 13 hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. Zwar ist das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass durch das Zusammenfallen der tatbestandlichen Ausführungshandlungen Tateinheit zwischen dem Gebrauchen einer unechten Urkunde und dem vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG sowie dem vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz nach § 6 Abs. 1 PflVG besteht (, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 1). Es hat aber übersehen, dass dann, wenn der Täter schon beim Anbringen der Kennzeichen den Vorsatz hat, das Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen, der – gegebenenfalls mehrfache – Gebrauch der unechten zusammengesetzten Urkunde sowie ihre Herstellung eine tatbestandliche Handlungseinheit und damit nur eine Urkundenfälschung darstellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 95/14, wistra 2014, 349; vom – 4 StR 164/15, DAR 2015, 702; vom – 4 StR 354/16, NStZ-RR 2017, 26, 27 und vom – 4 StR 629/16, StraFo 2017, 124). Das jeweils tateinheitliche Zusammentreffen weiterer, auf der Fahrt begangener Delikte mit der einheitlichen Urkundenfälschung hat zur Folge, dass sämtliche Gesetzesverstöße zu einer Tat im materiell-rechtlichen Sinne verklammert werden (BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 95/14; vom – 4 StR 164/15, jeweils aaO und vom – 4 StR 528/13, NJW 2014, 871).
25Würde das Anbringen der „Dublettenkennzeichen“ den Tatbestand der Urkundenfälschung erfüllen – etwa weil sie auch mit einer Stempelplakette versehen waren –, so bestünde zwischen dieser Tat und den Fahrten am 23., 24. und Tateinheit, wenn der Angeklagte schon bei dem Herstellen der zusammengesetzten Urkunde den Vorsatz gehabt hätte, das Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen. Entsprechendes würde auch gelten, wenn sich das Anbringen der „Dublettenkennzeichen“ nur als Kennzeichenmissbrauch gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVG darstellt (vgl. ; BGHSt 18, 66, 71; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. § 22 StVG Rn. 10).
26c) Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung ist zu Unrecht erfolgt. Das festgestellte Verhalten erfüllt nicht den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, da der Angeklagte gegen keine steuerliche Erklärungspflicht verstoßen hat.
27aa) Das Landgericht beschränkt sich auf die Darstellung des Fahrens mit einem unversteuerten Fahrzeug und der rechtlichen Würdigung, dies erfülle den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Damit geht es ersichtlich – wenn auch weder in den Urteilsgründen noch in der Liste der angewendeten Vorschriften angegeben – von der Hinterziehung von Kraftfahrzeugsteuer aus. Gegen welche gegenüber den Finanzbehörden bestehende Rechtspflicht zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen der Angeklagte verstoßen haben soll, ist ebenfalls nicht dargelegt. Dies im Zusammenhang mit dem Abstellen allein auf die Nutzung des Fahrzeugs erweckt den Eindruck, das Landgericht könnte die bloße Nichtzahlung geschuldeter Steuern als tatbestandlich angesehen haben. Eine Tathandlung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begeht indes nur derjenige, der die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann danach nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (; Urteil vom – 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218, 227, 231 mwN).
28bb) Eine solche Erklärungspflicht bestand für den Angeklagten im Tatzeitraum nicht. Auf die Frage, ob der Verstoß gegen eine solche Pflicht überhaupt von der Anklage als Teil der einheitlichen prozessualen Tat erfasst worden wäre, kam es daher nicht mehr an.
29Da der Angeklagte mit seinem Fahrzeug auf öffentlichen Straßen im Inland ohne die verkehrsrechtlich vorgeschriebene Zulassung gefahren ist, liegt zwar eine widerrechtliche und damit steuerbare Benutzung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 2 Abs. 5 KraftStG vor. Gemäß § 7 Nr. 3 KraftStG ist der Angeklagte als derjenige, der mit dem Fahrzeug gefahren ist, auch der Steuerschuldner der mit Beginn der Steuerpflicht entstehenden Kraftfahrzeugsteuer, § 6 KraftStG.
30Während die Kraftfahrzeugsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 4 KraftStG für inländische Fahrzeuge eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis zum Gegenstand hat und die Erklärungspflicht an diese Erlaubnis anknüpft (§ 3 Kraftfahrzeugsteuer-Durchführungsverordnung [KraftStDV] in der bis zum gültigen Fassung), gilt das für den Ersatztatbestand der widerrechtlichen Benutzung nicht (vgl. , BFHE 110, 213). Eine an den Realakt der Benutzung als die Steuerpflicht auslösendes Moment anknüpfende Erklärungspflicht lässt sich weder dem Gesetz noch der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung der KraftStDV entnehmen. Die an der Einfuhr orientierte Steuererklärungspflicht nach § 11 KraftStDV a.F. betrifft nur ausländische Fahrzeuge, mithin den Steuergegenstand nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG, findet aber – auch über die sich nur auf die Festsetzung und Erhebung unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 beziehende Verweisung des § 16 Abs. 1 Satz 2 der KraftStDV – keine Anwendung für die widerrechtliche Benutzung. Insoweit bestand zum Tatzeitpunkt eine Steuer-, aber keine Erklärungspflicht (Bruschke, Grüne Reihe: Grunderwerbsteuer, Kraftfahrzeugsteuer und andere Verkehrssteuern, 7. Aufl., 3.5.5.1, S. 315; Mayer in Heinz/Kopp/Mayer, Verkehrssteuern, 4. Aufl., S. 317; Mößlang, NWB Nr. 51 vom , Fach 8b, S. 290; Spatscheck/Fraedrich, Steueranwaltsmagazin 2007, 162, 166; Weyand, NZV 1988, 209, 211; a.A. Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 243. Lieferung, § 370 AO Rn. 310, freilich ohne Begründung).
31Eine solche Erklärungspflicht ist erst mit Wirkung zum – mithin nach den Taten – durch § 15 Abs. 1 KraftStDV statuiert worden, wonach bei widerrechtlicher Benutzung unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben ist. Ob dies im Hinblick auf den Verordnungscharakter eine Pflicht im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begründen kann, war hier nicht zu entscheiden.
32cc) Mangels Erklärungspflicht hat der Angeklagte nicht den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht und sich nach dieser Vorschrift nicht strafbar gemacht.
33An einer solchen Entscheidung der Rechtsfrage ist der Senat auch nicht durch die Entscheidungen des 4. Strafsenats vom – 4 StR 301/59; vom – 4 StR 209/62, BGHSt 17, 399; des 5. Strafsenats vom – 5 StR 570/59; des 1. Strafsenats vom – 1 StR 520/60 und vom – 1 StR 276/68 gehindert. Diese ergingen sämtlich noch zu §§ 396, 402, 404 Reichsabgabenordnung, wonach allein das Bewirken einer Steuerverkürzung schon tatbestandsmäßig war. Zudem musste der 1. Strafsenat bei den anderen Senaten schon deshalb nicht anfragen, weil er innerhalb des Bundesgerichtshofs für Steuerstrafsachen allein zuständig ist (vgl. § 132 Abs. 3 Satz 2 GVG).
34dd) Ein Freispruch hatte nicht zu erfolgen. Die insoweit unverändert zugelassene Anklage und ihr folgend das Urteil sind jeweils von Tateinheit ausgegangen (vgl. ). Dabei wird allein der Lebenssachverhalt des Fahrens mit dem nicht zugelassenen und unversteuerten Fahrzeug geschildert. Dieser fällt aber tatsächlich mit den Ausführungshandlungen der übrigen angenommenen Straftatbestände zusammen. Da damit auch nur dieser Lebenssachverhalt der Kognitionspflicht des Gerichts unterworfen worden ist (vgl. , NStZ 2016, 296 mwN), war für die vom Generalbundesanwalt beantragte Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO schon deswegen kein Raum (vgl. ; NJW 1986, 1116: Verfahrensweise nach § 154a Abs. 2 StPO).
355. Der Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen 2, 3, 6 bis 8, 12 und 13 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
366. Auch die Einziehungsanordnung des Landgerichts in Bezug auf die Werkzeuge des Angeklagten erweist sich als nicht frei von Rechtsfehlern. Die einzuziehenden Gegenstände sind im Urteilstenor konkret zu bezeichnen, um Klarheit über den Umfang der Einziehung für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde zu schaffen und um eine ordnungsgemäße Vollstreckung zu ermöglichen (, BGHSt 8, 205, 211 f.; Beschlüsse vom – 1 StR 72/16, NStZ-RR 2016, 313, 314 und vom – 1 StR 195/17). Die Anordnung der Einziehung der „sichergestellten Werkzeuge“ ist zu unbestimmt und genügt den Anforderungen nicht.
37Dem im Hinblick auf diese Mängel gestellten Antrag des Generalbundesanwalts, nach § 430 Abs. 1 a.F. StPO zu verfahren, ist der Senat nicht gefolgt. Denn das Urteil wies – anders als vom Generalbundesanwalt angenommen – noch andere zur Zurückverweisung führende Mängel auf, so dass mit einer erneuten Entscheidung kein unangemessener Aufwand verbunden ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:230817B1STR173.17.0
Fundstelle(n):
HFR 2018 S. 495 Nr. 6
NJW 2018 S. 87 Nr. 1
PStR 2018 S. 28 Nr. 2
UVR 2018 S. 16 Nr. 1
wistra 2018 S. 130 Nr. 3
RAAAG-63633