Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhob mit Schriftsatz vom Klage gegen den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) beim Finanzgericht (FG) wegen Umsatzsteuer 1993. Er beantragte, den angefochtenen —auf Schätzungen beruhenden— Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben. Die Steuererklärung sollte dem FA bis vorgelegt werden.
Am übersandte das FA entsprechend der gerichtlichen Anforderung die Steuerakten. Mit Verfügung vom forderte das FG unter Hinweis auf § 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie auf die ausschließende Wirkung nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf, den Gegenstand des Klagebegehrens innerhalb eines Monats nach Zustellung der Anordnung zu bezeichnen und gemäß § 79b Abs. 1 FGO die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sich der Kläger beschwert fühlte. Das Schreiben wurde dem Prozessbevollmächtigten am zugestellt.
Mit Schreiben vom , beim FG mittels Telefax eingegangen am , teilte der Kläger mit, die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1993 sei zwischenzeitlich beim FA eingereicht worden. Das Originalschreiben vom ging ausweislich der Eingangsstempel am beim FA und nach Weiterleitung am beim FG ein. Es war adressiert:
”An das Finanzgericht über FA”.
Trotz des Hinweises des FG am , dass der Streitgegenstand nicht innerhalb der Ausschlussfrist gemäß § 65 FGO gegenüber dem Gericht bezeichnet worden sei, hielt der Kläger an seinem Begehren fest. Durch die Mitteilung an das FG, die Steuererklärung liege dem FA vor, sei das Klagebegehren —den Umsatzsteuerbescheid 1993 entsprechend der beim FA eingereichten Steuererklärung zu ändern— deutlich geworden.
Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Es führte im Wesentlichen aus:
Der Kläger habe sein Klagebegehren i.S. des § 65 Abs. 1 und 2 FGO nicht innerhalb der Ausschlussfrist gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO bezeichnet. Zwar habe er die Steuererklärung für das Streitjahr innerhalb der Ausschlussfrist beim FA eingereicht. Dies genüge im Streitfall aber nicht, da Prozesshandlungen nur gegenüber dem zuständigen Gericht vorgenommen werden könnten. Auch wenn die Vorlage einer Steuererklärung im Einzelfall grundsätzlich für die Bezeichnung des Klagegegenstandes ausreiche, müsse dies beim FG erfolgen. Diesem obliege die Entscheidung darüber, ob die Erklärung nach Form und Inhalt ausreiche, den durch die gerichtliche Verfügung bestimmten Vorgaben zu entsprechen.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung der §§ 47 und 65 FGO. Er beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das FG-Urteil ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Die Entscheidung verletzt § 65 FGO. Zu Unrecht hat das FG die Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid als unzulässig abgewiesen.
1. Gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage u.a. den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Fehlt diese Angabe, kann der Vorsitzende des zuständigen Senats des FG oder ein von ihm bestimmter Richter dem Kläger für die Ergänzung der Klage eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen (§ 65 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 FGO). Versäumt der Kläger die Ausschlussfrist, ist die Klage —wenn keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (§ 56 FGO)— unzulässig (vgl. , BFHE 186, 309, BStBl II 1998, 628).
2. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der Kläger den Gegenstand seines Klagebegehrens im Zeitpunkt der Erhebung der Klage noch nicht ausreichend bezeichnet hatte.
Der in der Klageschrift gestellte Antrag, die Einspruchsentscheidung aufzuheben, entsprach —wie der gleichzeitige Hinweis auf die noch einzureichende Steuererklärung zeigt— nicht seinem tatsächlichen Klagebegehren. Das FG konnte —auch unter Zuhilfenahme der den Streitfall betreffenden Steuerakten— nicht erkennen, inwieweit der Kläger den Bescheid für rechtswidrig hielt und seine Änderung begehrte.
3. Der Kläger hat jedoch später —und zwar vor Ablauf der gesetzten Ausschlussfrist— dem FG gegenüber den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnet.
a) Ist —wie im Streitfall— das Klagebegehren nicht erkennbar und dem Kläger durch richterliche Verfügung gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO eine Frist zur Ergänzung seiner Angaben gesetzt worden, muss das Klagebegehren innerhalb der gesetzten Frist gegenüber dem FG konkretisiert werden. Bei Klagen, die Schätzungsbescheide betreffen, ist dies möglich durch die Einreichung der Steuererklärung. Da die Anwendung der Präklusionsvorschrift die zeitnahe Sachprüfung und Entscheidung durch das Gericht ermöglichen soll, ist die Ausschlussfrist nicht gewahrt, wenn das Klagebegehren lediglich gegenüber dem FA bezeichnet wird. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BFH genügt es aber, wenn innerhalb der Frist gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO das FG auf die nach Erlass der angefochtenen Steuerbescheide beim FA eingereichten Steuererklärungen hingewiesen wird (, BFH/NV 2000, 972, und vom XI R 31-32/97, BFH/NV 1998, 1245, m.w.N.). Das Klagebegehren wird dadurch ausreichend konkretisiert.
b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG reichte der Kläger vor Ablauf der Frist gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO die Steuererklärung beim FA ein. Gegenüber dem FG gab er mit dem am und somit innerhalb der Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 FGO eingegangenen Telefax hinreichend deutlich zu erkennen, dass er die Änderung des angefochtenen Bescheids entsprechend den Angaben in seiner dem FA vorgelegten Steuererklärung begehrte. Dies reichte zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens dem FG gegenüber aus (BFH in BFH/NV 1998, 1245). Der Kläger musste zur Fristwahrung nicht noch Kopien der beim FA eingereichten Steuererklärung vorlegen.
Zwar ist die innerhalb der Ausschlussfrist gemäß § 65 Abs. 2 FGO eingereichte Steuererklärung nicht Bestandteil der dem Senat vorliegenden Steuerakten, da diese dem FG unmittelbar nach Rechtshängigkeit der Klage übersandt wurden. Die Verpflichtung des FA zur Übersendung der den Streitfall betreffenden Akten gemäß § 71 Abs. 2 FGO erstreckt sich aber auch auf später noch eingehende oder entstehende Aktenteile, die den Streitfall betreffen (Stöcker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 71 FGO Rz. 17). Das FG war somit in der Lage, selbst zu prüfen, ob die eingereichte Steuererklärung nach Form und Inhalt ausreichend ist, den durch die gerichtliche Verfügung bestimmten Vorgaben zu entsprechen.
4. Da das Prozessurteil des FG auf einer abweichenden Rechtsauffassung beruht, war es aufzuheben. Die Sache ist an das FG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide zurückzuverweisen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 498 Nr. 4
CAAAA-67888