Gründe
I. Vor dem Finanzgericht (FG) stritten die Kläger und Revisionskläger (Kläger), alle Rechtsnachfolger nach dem am…1993 verstorbenen A, darüber, ob dieser, der Erblasser (E), seinen Gewerbebetrieb in B, den er seit 1980 als ruhenden Gewerbebetrieb behandelt hatte (seiner schriftlichen Erklärung vom entsprechend), im Streitjahr 1993 aufgegeben habe, wie der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) vor allem unter Berufung auf den 1980 geschlossenen Überlassungsvertrag (aber auch im Hinblick auf eine 1984 durchgeführte Außenprüfung), meint, oder aber schon im Jahre 1980, wie die Kläger geltend machen, indem sie vortragen, eine Betriebsfortführung sei von Anfang an objektiv unmöglich gewesen.
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens einigten sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom über die bei der Berechnung des Aufgabegewinns anzusetzenden Grundstückswerte sowie darauf, dass es bei der bisher angenommenen Restnutzungsdauer bleiben solle. Im Übrigen, hinsichtlich des Aufgabezeitpunkts, verhandelten die Beteiligten weiter streitig. Zum Schluss des Termins vom beschloss das FG zunächst, in Anwesenheit der Beteiligten, eine Entscheidung werde am Ende der Sitzung ergehen, und nach Beratung und Wiederherstellung der Öffentlichkeit in Abwesenheit der Beteiligten, Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den . Nachdem das FA, auf Grund eines Telefonats des Berichterstatters vom , die Auswirkungen der Einigung auf die Steuerfestsetzung schriftlich berechnet hatte und den Beteiligten (am ) die Protokolle über die mündliche Verhandlung vom übersandt worden waren, verkündete das FG am in Anwesenheit derselben Berufsrichter, vor denen auch die mündliche Verhandlung vom stattgefunden hatte, aber unter Mitwirkung zweier anderer ehrenamtlicher Richter, ein Urteil, mit dem die Klage im Wesentlichen, vom Ergebnis der ”tatsächlichen Verständigung” abgesehen, abgewiesen wurde. Der Fassung des Tenors und den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils zufolge, welches von denselben Berufsrichtern unterzeichnet ist, die an den Terminen vom 2. und mitgewirkt hatten, das Datum vom trägt und am bei der Geschäftsstelle eingegangen ist, hat sich das FG —für die Abänderung der Steuerfestsetzung i.S. des § 100 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie für die Kostenquotelung (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO 2. Alternative)— die Berechnung des FA zu Eigen gemacht. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen haben sich die Kläger —wie aus dem Senatsbeschluss hierzu vom heutigen Tag hervorgeht— erfolglos mit Nichtzulassungsbeschwerden gewendet. Die gleichzeitig gegen das klageabweisende Urteil eingelegten Revisionen stützen die Kläger auf § 116 Abs. 1 FGO. Zur Begründung tragen sie vor, dem Akteninhalt zufolge stamme das am verkündete Urteil nicht vom gesetzlichen Richter i.S. des Art. 101 des Grundgesetzes (GG) und § 103 FGO, denn die ehrenamtlichen Richter hätten nicht, wie erforderlich, an der Beschlussfassung über die festgesetzte Steuer mitgewirkt. Von der allein zulässigen Ausnahmeregelung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO, die Steuerberechnung dem FA zu übertragen, habe das FG keinen Gebrauch gemacht.
Ferner habe das FG das Recht auf Gehör verletzt, indem es hinsichtlich der Restnutzungsdauer die Berechnung des FA ”unbesehen” übernommen habe, obgleich diese Frage im Rahmen der Verständigung offen geblieben sei, und außerdem der fehlenden Kenntnis des FA vom tatsächlichen Sachverhalt einer Betriebsaufgabe entscheidende Bedeutung beigemessen habe, ohne hierauf zuvor hingewiesen zu haben. Zudem habe das FG die zuletzt in der mündlichen Verhandlung angebotenen Beweise nicht erhoben sowie gegen das Gebot der zeitnahen Abfassung und Verkündung des Urteils verstoßen. Schließlich weiche das schriftlich abgefasste vom verkündeten Urteil ab. Im einen Fall heiße die Kostenentscheidung: ”... haben die Kläger…zu tragen”, im anderen: ”Die Kosten…tragen ...”.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer für das Streitjahr entsprechend dem Klagebegehren neu festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revisionen sind unzulässig und waren daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 FGO).
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO).
1. Eine Sachentscheidung scheitert daran, dass die Rechtsmittel nicht, wie erforderlich (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO) substantiiert und in sich schlüssig begründet wurden (s. dazu: , BFH/NV 2000, 599). Die Kläger haben keinen der in § 116 FGO abschließend aufgezählten Gründe, die allein für eine zulassungsfreie Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils in Betracht kommen, schlüssig dargelegt (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom IV R 10/89, BFH/NV 1991, 250; vom VII R 126/92, BFH/NV 1994, 252, und vom VII R 78/93, BFH/NV 1995, 403). Von vornherein unbeachtlich in diesem Zusammenhang sind alle Einwände gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils (BFH in BFH/NV 1995, 403, 405, m.w.N.). Verfahrensfehler i.S. des § 116 FGO werden nicht durch den Vortrag geltend gemacht, dass das FG die für die Urteilsbekanntgabe vorgesehenen Fristen (§ 104 Abs. 1 Satz 1, § 105 Abs. 4 Satz 1 FGO) überschritten, von den Klägern angebotene Beweise nicht erhoben oder hinsichtlich der Restnutzungsdauer eine Überraschungsentscheidung erlassen und dadurch das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO) verletzt haben soll (s. dazu Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 96 Rz. 28, und § 119 Rz. 16, m.w.N.). Desgleichen erfüllt der Einwand, die Fassung der verkündeten Kostenentscheidung decke sich nicht mit deren protokolliertem Text, keinen der in § 116 FGO genannten Revisionsgründe, zumal die in den Rechtsmittelbegründungen hervorgehobene Abweichung nur die Formulierung betrifft, jedoch, Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, Inhalt und Bestimmtheit des Urteilsausspruchs unberührt lässt.
2. Vor allem einen Revisionsgrund i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO haben die Kläger nicht dargetan. Nicht vorschriftsmäßig besetzt ist ein Gericht nur, wenn bei der Zusammensetzung des Spruchkörpers gegen die einschlägige, abstrakt und allgemein festgelegte Regel zur Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen wurde (Gräber, a.a.O., § 119 Rz. 4, m.w.N.). Davon sowie von einer Verletzung des § 103 FGO, wonach das Urteil nur von den Richtern und ehrenamtlichen Richtern gefällt werden darf, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, kann hier keine Rede sein. Die Kläger behaupten selbst nicht, im Termin vom sei etwas anderes offen geblieben als die rein rechnerische Auswirkung der zuvor in voller Senatsbesetzung (§ 5 Abs. 3 Satz 1 FGO) auf Grund der mündlichen Verhandlung (§ 90 Abs. 1 Satz 1 FGO) getroffenen Sachentscheidung (§ 100 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 FGO). Die rechnerische Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrages aber ist, wie § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO nur bestätigt, nicht der Urteilsfindung, sondern der Urteilsabfassung zuzuordnen, an der die ehrenamtlichen Richter nicht mitzuwirken haben (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 FGO) und in der Gerichtspraxis durchweg tatsächlich auch nicht mitwirken; bei der Abfassung der Gründe folgen die Berufsrichter dem in der Beratung festgelegten Ergebnis, auch wenn noch einzelne Berechnungen erforderlich sind (, BFH/NV 1995, 56, Ziff. 2. a der Gründe). Ferner müssen die Richter, die das Urteil fällen und diejenigen, die es (in einem gesonderten Termin) verkünden, nicht —wie die Kläger offenbar meinen— identisch sein (Gräber, a.a.O., § 104 Rz. 4 und 6; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 103 FGO Rz. 3). Es kommt hinzu, dass etwaige Verkündungsmängel durch die nachfolgende Zustellung des angefochtenen Urteils geheilt wären (, BFHE 170, 308, BStBl II 1993, 514; Gräber, a.a.O., § 104 Rz. 6).
3. Auch auf § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO können sich die Kläger nicht berufen. Entscheidungsgründe (§ 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO) i.S. dieses Revisionsgrundes fehlen nur, wenn selbständige Angriffs- oder Verteidigungsmittel, d.h. solche, die den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bilden, in der Urteilsbegründung übergangen wurden (Gräber, a.a.O., § 119 Rz. 25, m.w.N.), nicht aber, wenn —wie hier— lediglich unvollständige Beweiserhebung bzw. Beweiswürdigung gerügt wird.
Die Überschreitung der in § 104 Abs. 1 Satz 1 FGO vorgesehenen Frist für die Anberaumung eines besonderen Verkündungstermins kann ebenfalls nicht als Fehler i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO gewertet werden, weil § 104 Abs. 1 Satz 1 FGO als Sollvorschrift gestaltet ist und es sich außerdem um eine für den Zusammenhang zwischen Urteilsfindung und Verkündung nicht erhebliche Fristüberschreitung handelt (Lange, a.a.O., § 104 FGO Rz. 14).
Im Ergebnis dasselbe gilt hinsichtlich der Zeit, die hier nach dem Vortrag der Kläger bis zum Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung bei der Geschäftsstelle vergangen ist: Das ”Gebot der zeitnahen Abfassung des vollständigen Urteils” (§ 104 Abs. 2, § 105 Abs. 4 FGO) ist nicht verletzt, weil der hierfür (seit dem Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom GmS-OGB 1/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 674; Gräber, a.a.O., § 104 Rz. 10, § 105 Rz. 28, § 119 Rz. 26, m.w.N.) anzusetzende Fünfmonatszeitraum nicht überschritten wurde.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 635 Nr. 5
IAAAA-66499