BFH Urteil v. - IX R 6/96

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.

Die Mutter des Klägers übertrug ihm mit Vertrag vom ein Mietwohngrundstück. Lt. notarieller Urkunde waren die Nutzungen bereits zum auf den Kläger übergegangen. Steuern sowie sonstige öffentliche und private Lasten sollten erst mit dem Tage des Besitzübergangs am übergehen. Die Mieteinnahmen sollten aber bis Ende 1992 noch der Mutter des Klägers zustehen. Nach Abschluss des notariellen Vertrages wurde den Mietern der Eigentümerwechsel mündlich mitgeteilt.

Ab April 1992 ließ der Kläger in einer der Wohnungen für insgesamt 46 514 DM Renovierungsarbeiten durchführen und vermietete die Wohnung anschließend ab . Der Mietvertrag wurde —wie beim Kläger und dessen Mutter üblich— mündlich abgeschlossen.

Die Kläger machten die Renovierungskosten sowie Kosten für Heizöl in Höhe von 1 824 DM im Streitjahr 1992 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Klägers geltend; der Betrag von 46 514 DM sollte gemäß § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) auf fünf Jahre verteilt werden, auf das Streitjahr entfielen 9 303 DM.

Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) den Abzug als Werbungskosten abgelehnt hatte, trugen die Kläger im Klageverfahren vor, zwischen der Mutter des Klägers und dem Kläger habe festgestanden, dass sie ihm das Hausgrundstück übertragen wolle. Der Abschluss des Vertrages habe sich durch eine Krankheit der Mutter hinausgezögert.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet zurück (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1996, 803).

Zur Begründung führt das FG im Wesentlichen aus:

Der Kläger sei im Streitjahr —d.h. vor Abschluss des notariellen Vertrages— nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks gewesen. Durch seine Aufwendungen habe der Kläger zwar einen Aufwendungsersatzanspruch (§§ 951, 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches —BGB—) erworben; dieser mache ihn aber noch nicht zum wirtschaftlichen Eigentümer des ganzen Gebäudes.

Die Aufwendungen seien auch keine vorab entstandenen Werbungskosten. Das setzte voraus, dass ein hinreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den angestrebten Einnahmen bestehe. Dies setze wieder voraus, dass konkrete Maßnahmen eingeleitet worden sind, die zum Eigentumserwerb führen, in der Regel ein obligatorisches Verpflichtungsgeschäft.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger Verletzung der §§ 9 und 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Kläger beantragen, das aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1992 Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 11 127 DM als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG hat zu Unrecht einen Zusammenhang der Reparatur-Aufwendungen des Klägers mit seinen späteren Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung verneint (§§ 9 Abs. 1, 21 Abs. 1 EStG); hinsichtlich der Einnahmen aus der Vermietung einer Wohnung durch den Kläger im Dezember des Streitjahres sowie der Aufwendungen für das Heizöl reichen die Feststellungen des FG zudem für eine abschließende Beurteilung, ob ein Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung besteht, nicht aus.

1. Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 EStG können gegeben sein, bevor Einnahmen im Rahmen einer Einkunftsart anfallen. Voraussetzung dieser sog. vorab entstandenen Werbungskosten ist, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen ihnen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang kann u.a. nur dann bejaht werden, wenn sich durch objektive Umstände feststellen lässt, dass der Entschluss, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst worden ist (, BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761). Die Absicht der Einkünfteerzielung ist eine innere Tatsache, die nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen der Absicht geschlossen werden können (, BFHE 176, 221, BStBl II 1995, 192, und vom IX R 5/86, BFHE 161, 479, BStBl II 1990, 1030).

2. Derartige erkennbare Umstände hat das FG hinsichtlich der Reparatur-Aufwendungen des Klägers festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), gleichwohl aber die Abziehbarkeit der Aufwendungen mit unzutreffender Begründung verneint.

Nach seinen Feststellungen hat die Mutter des Klägers ihm gegenüber längere Zeit vor Abschluss des notariellen Vertrages die Absicht geäußert, ihm das Grundstück alsbald übertragen zu wollen. Die Übertragung habe sich dann aber wegen einer Krankheit der Mutter verzögert. Zu Unrecht hat das FG diesem Umstand kein Gewicht beigemessen und als Indiz für die Absicht des Klägers, Einkünfte erzielen zu wollen, nur auf den Abschluss eines obligatorischen (notariell beurkundeten) Vertrages abgestellt. Es hätte vielmehr alle Umstände würdigen müssen, die für oder gegen den Entschluss des Klägers sprechen können, Mieteinkünfte zu erzielen. So hat eine derartige ernstgemeinte Äußerung seitens der Mutter zwar nicht das Gewicht eines formellen Vertragsabschlusses; sie konnte aber durchaus den Kläger veranlassen, im Hinblick auf die angekündigte Nutzungsmöglichkeit als Eigentümer Geld in eine Wohnung zu investieren.

Das FG hat ferner keine Umstände festgestellt, aus denen sich ergibt, dass der Kläger die Reparaturkosten nicht im eigenen, sondern im Interesse der Mutter (§ 12 EStG) aufgewendet hat. Aufwendungen des Steuerpflichtigen auf ein Grundstück, das einem nahen Angehörigen gehört und das dieser alleine nutzt, können zwar grundsätzlich als dem Angehörigen zugewendet gewertet werden. Handelt es sich aber wie hier um außergewöhnlich hohe Aufwendungen, werden auch bei nahen Angehörigen besondere Gründe gegeben sein müssen, wenn das FG den Schluss ziehen will, dass die Aufwendungen nicht überwiegend im eigenen Interesse gemacht worden sind. Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt sind die Aufwendungen des Klägers nur im Hinblick auf die Zusage der Mutter erklärbar.

Der Streitfall ist abzugrenzen gegen die Fälle, in denen der Eigentümer eines Grundstücks, das mit dem lebenslänglichen Nutzungsrecht eines Dritten belastet ist, Investitionen in dieses Grundstück macht. Der BFH hat die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abgelehnt, weil ein Ende der Nutzung noch nicht absehbar sei (Urteil vom IX R 331/87, BFH/NV 1992, 591, und Beschluss vom IX B 47/98, BFH/NV 1998, 1346, jeweils m.w.N.). Demgegenüber ist bei einer ernstgemeinten Zusage des Eigentümers, das Grundstück zu übertragen, das Ende der Nutzung durch ihn absehbar. Das Ende der Nutzung ist der in Aussicht gestellte Übertragungszeitpunkt und nicht die Lebensdauer des Nutzenden.

3. Der Senat kann aber über die Höhe der dem Kläger zuzurechnenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht abschließend entscheiden, weil zum einen unklar ist, ob dem Kläger oder seiner Mutter die Mieteinnahmen der vom ihm selbst vermieteten Wohnung zuzurechnen sind. Einerseits hat das FG festgestellt, dass der Kläger hinsichtlich dieser Wohnung ab dem 1. Dezember selbst Vermieter war; andererseits sollen lt. Vertrag vom 29. Dezember die Erträge aus dem ganzen Haus im Streitjahr noch der Mutter zustehen. Diesen Feststellungen ist nicht zu entnehmen, ob der Kläger den Mietvertrag insoweit für Rechnung der Mutter abgeschlossen hat, die Miete also ihr zuzurechnen ist, oder ob die Überlassung der Miete an die Mutter eine Einkommensverwendung (§ 12 EStG) seitens des Klägers ist.

Zum anderen reichen die Feststellungen des FG nicht aus, um entscheiden zu können, ob die Aufwendungen für das Heizöl in Höhe von 1 824 DM ganz überwiegend durch die Absicht des Klägers veranlasst sind, eigene Einkünfte aus der Vermietung des Hauses zu erzielen (§§ 9 Abs. 1, 21 Abs. 1 EStG), oder ob der Kläger sie im Interesse seiner Mutter getätigt hat (§ 12 EStG). Die erste Alternative könnte gegeben sein, falls das gelieferte Heizöl auch nicht zum Teil in der Zeit verbraucht werden konnte, in der die Mutter noch nutzungsberechtigt war (z.B. weil im Zeitpunkt der Lieferung noch genügend Öl vorhanden war).

Die Sache geht zur Nachholung dieser Feststellungen an das FG zurück (§§ 118 Abs. 2, 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 24 Nr. 1
DStRE 2000 S. 1180 Nr. 22
OAAAA-66296