Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eigentümer eines Hauses mit einer Einliegerwohnung im Kellergeschoss, die sie als Ferienwohnung vermieteten. Im Streitjahr stand die Wohnung ab Mitte des Jahres leer. Es wurden Tapezier- und Streicharbeiten durchgeführt und ab wurde die Wohnung an den Sohn der Kläger für monatlich 450 DM zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 120 DM vermietet. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) erhielt der Sohn der Kläger bis Juli 1997 eine Ausbildungsvergütung von brutto 667 DM und danach eine Ausbildungsvergütung von netto 702,64 DM.
Die Kläger machten einen Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr in Höhe von 41 110 DM geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte 24 660 DM als Werbungskosten bei der Hauptwohnung und anteilig —für den Zeitraum der Vermietung an Feriengäste— 7/12 von 8 957 DM = 5 225 DM der auf die Einliegerwohnung entfallenden Aufwendungen (Werbungskostenüberschuss 16 360 DM).
Nach vergeblichem Einspruch haben die Kläger im Klageverfahren vorgetragen, dass die Einliegerwohnung während des ganzen Streitjahres 1996 zur Vermietung zur Verfügung gestanden habe und sie sich auch um einen neuen Mieter bemüht hätten.
Das FG wies die Klage als unbegründet ab, weil das Mietverhältnis mit dem Sohn steuerrechtlich nicht anerkannt werden könne. Es halte unter Würdigung aller Umstände einem Fremdvergleich nicht stand.
Die Regelungen des Mietvertrags seien unzureichend. Es sei nicht im Einzelnen aufgeführt, welche Nebenkosten mit der Pauschale abgegolten seien. Ebenso wenig sei geregelt, ob die Wohnung im renovierten oder noch zu renovierenden Zustand übernommen worden sei, was beim Auszug des Sohnes geschehe, wie lange das Mietverhältnis dauern solle, welche Kündigungsfristen gälten und wie die Miete zu zahlen sei. Es sei auch nicht eindeutig, welche Räume der Einliegerwohnung von der Miete erfasst seien, da sich zwei nicht abgeschlossene Wohnungen in dem Hause befänden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision haben die Kläger Beschwerde eingelegt und daneben Revision, mit der sie geltend machen, die Entscheidung des FG sei nicht mit Gründen versehen (§§ 116 Abs. 1 Nr. 5, 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zur Begründung tragen sie vor:
Das FG gehe davon aus, der Sohn der Kläger habe aus eigenen finanziellen Mitteln die Miete samt Nebenkosten und seinen Lebensunterhalt nicht zahlen können. Das ergebe sich auch daraus, dass die Kläger für das Streitjahr 1996 einen Ausbildungsfreibetrag für ihren Sohn beantragt hätten. Das Mietverhältnis mit dem Sohn bestehe aber erst seit dem . Wegen des fehlenden Zusammenhangs zwischen dem Ausbildungsfreibetrag für 1996 und den Einkünften des Sohnes im Jahre 1997 mangele es an einer Begründung.
Das FG habe ferner nicht festgestellt, wie hoch der finanzielle Bedarf des Sohnes gewesen sei und welche Mittel dem Sohn tatsächlich zur Verfügung standen. Hätte das FG diesen Begründungsmangel erkannt, hätte es den Vortrag der Kläger beachtet und den Sachverhalt weiter aufgeklärt.
Die Kläger hätten ferner vorgetragen, dass sie das ganze Kalenderjahr 1996 über die Absicht gehabt hätten, die Wohnung zu vermieten. Dieses Vorbringen habe das FG unbeachtet gelassen. Die Entscheidung lasse auch sonst nicht erkennen, warum die Werbungskosten nicht anerkannt worden seien; es fehle völlig an einer Begründung für diesen Teil der Entscheidung.
Schließlich hätten die Kläger in der Klagebegründung vorgetragen, dass selbst unter Annahme des Wegfalls der Vermietungsabsicht ab August 1996 weitere Werbungskosten im Rahmen der großen Übergangsregelung anzuerkennen seien; die Klage wäre dann zumindest teilweise begründet gewesen. Auch insofern fehle es an jeglicher Begründung, warum den Werbungskosten der Abzug versagt worden sei.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, das Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen.
Am hat das FA einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr erlassen. Die Kläger haben mit Schriftsatz vom beantragt, diesen Bescheid gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
II. Die Revision ist unzulässig, sie war daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO). Die Kläger haben einen Mangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht schlüssig vorgetragen, d.h. aus den zur Begründung vorgetragenen Tatsachen ergibt sich kein Mangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO (zur Schlüssigkeit vgl. , BFH/NV 1995, 406, zu 1.).
1. Das Urteil des FG ist mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehen (§ 105 Abs. 2 Nr. 4 und 5 FGO). Allerdings können die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO auch dann gegeben sein, wenn die Gründe nur zum Teil fehlen, vor allem wenn das Gericht einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel übergangen hat. Unter selbständigen Ansprüchen und selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln sind die eigenständigen Klagegründe und solche Angriffs- und Verteidigungsmittel zu verstehen, die den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bilden (, BFH/NV 1995, 241, zu 2. a). Nach dem Vorbringen der Kläger sind diese Voraussetzungen hier nicht gegeben.
a) Der Einwand der Kläger, das FG habe zu Unrecht aus der Inanspruchnahme des Ausbildungsfreibetrags im Streitjahr auf die Einkünfte des Sohnes im Jahre 1997 geschlossen, rügt eine fehlerhafte Schlussfolgerung des FG, nicht jedoch das Fehlen einer Begründung.
b) Die Rüge, das FG habe nicht festgestellt, wie hoch der Bedarf des Sohnes einerseits und seiner finanziellen Mittel andererseits waren, betrifft ebenfalls keine fehlende Begründung, sondern allenfalls den Mangel einer gerichtlichen Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO).
c) Die Rüge, das FG habe den Vortrag der Kläger nicht gewürdigt, wonach sie das ganze Kalenderjahr 1996 über die Absicht gehabt hätten, die Wohnung zu vermieten, läuft auf eine Rüge der Verletzung des § 96 Abs. 1 FGO hinaus, dass das FG nämlich bei seiner Entscheidung den Inhalt der Akten nicht vollständig berücksichtigt habe. In einem derartigen Fall ist die Begründung des Urteils zwar lückenhaft, es ist aber noch keine fehlende Begründung i.S. der §§ 116 Abs. 1 Nr. 5 und 119 Nr. 6 FGO (, BFH/NV 1996, 427, zu 2. c). Von einer fehlenden Begründung kann hier deshalb nicht die Rede sein, weil das FG erkennbar gemacht hat, worauf es seine Entscheidung stützt.
d) Das gilt auch für den Einwand, das FG habe nicht begründet, warum es Instandhaltungsaufwendungen in Höhe von 14 116 DM, die das ganze Haus beträfen, nicht wenigstens anteilig (soweit sie auf die selbstgenutzte Wohnung der Kläger entfielen) berücksichtigt habe.
Auch dabei handelt es sich nicht um einen selbständigen prozessualen Anspruch (vgl. dazu , BFH/NV 1997, 31, zu II.), denn der streitige Betrag ist Teil der insgesamt geltend gemachten Werbungskosten. Es handelt sich bei dem Vortrag der Kläger auch nicht um ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel, weil er nicht den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bildet (, BFH/NV 1997, 494, zu 2. b).
e) Schließlich ist das Urteil des FG auch nicht deshalb ”nicht mit Gründen versehen”, weil es die Höhe der Einkommensteuerfestsetzung nicht vollständig behandelt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 494, zu 2. c). Nach dem Vortrag der Kläger hätten die Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 14 116 DM zumindest teilweise —soweit sie auf die eigengenutzte Wohnung entfielen— als Werbungskosten berücksichtigt werden müssen; mit dieser Frage habe sich das FG überhaupt nicht befasst. Damit machen die Kläger geltend, das FG habe ihren Tatsachenvortrag zum Teil nicht berücksichtigt. Das ist in der Regel eine Rüge der Verletzung des § 96 FGO und damit eines Verfahrensfehlers i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (, BFH/NV 1995, 883; weitere Nachweise vgl. Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 76). In Ausnahmefällen kann die Nichtberücksichtigung des vorgetragenen Sachverhalts allerdings auch ein Verfahrensfehler i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO sein.
So hat der BFH hat das Fehlen der Begründung i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO angenommen, wenn das FG zur Höhe des Steuersatzes (§ 17 i.V.m. § 34 des Einkommensteuergesetzes —EStG—) nicht entschieden hatte (, BFHE 95, 529, BStBl II 1969, 492) oder wenn bei der Entscheidung über Eingangsabgaben allein über den Grund und nicht über die streitige Höhe entschieden wurde (, BFH/NV 1996, 337; desgl. in einem Streit über die Versteuerung von Rentenbezügen, Urteil in BFH/NV 1997, 494). Mit Verfahrensfehlern dieses Gewichts ist der von den Klägern vorgetragene Verfahrensfehler nicht vergleichbar. Er betrifft, nur einen Teil der Ausgaben, die insgesamt dem Grunde und der Höhe nach streitig sind (vgl. auch BFH-Beschlüsse vom V R 49/87, BFH/NV 1991, 325, zu 2. b, und vom IX R 21/97, BFH/NV 1998, 338).
2. Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom heutigen Tage auf die Beschwerde der Kläger hin die Revision zugelassen. Eine neben der Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte unzulässige Revision wird dadurch nicht zulässig (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1998, 338; vom X R 29/95, BFH/NV 1999, 940, beide m.w.N.).
3. Die Streitsache war nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen.
Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens sind nicht gegeben. Die Entscheidung in diesem Rechtsstreit hängt nicht ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das Gegenstand der Verfahren vor dem II. Senat des BFH ist. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Berücksichtigung der auf die Einliegerwohnung entfallenden Kosten; sie wären grundsätzlich auch dann zu berücksichtigen, wenn es sich um ein Einfamilienhaus handeln sollte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 51 Nr. 1
EAAAA-66295