Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft durch mehrere Übertragungsakte
Verlust der wirtschaftlichen Identität nur bei sachlichem Zusammenhang
Zuführung neuen Betriebsvermögens
Sanierungsklausel
Leitsatz
1. Wird die Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft durch mehrere Übertragungsakte verwirklicht,
setzt ein Verlust der wirtschaftlichen Identität der Kapitalgesellschaft nicht nur einen zeitlichen, sondern auch einen sachlichen
Zusammenhang zwischen den einzelnen Übertragungsakten voraus.
2. Bei Vorliegen eines zeitlichen Zusammenhangs von bis zu einem Jahr zwischen mehreren Anteilsübertragungen ist der erforderliche
sachliche Zusammenhang (widerleglich) zu vermuten. Er liegt jedoch dann nicht vor, wenn die einzelnen Erwerbsakte nicht auf
einem einheitlichen Konzept der Beteiligten beruhen.
3. Das Fehlen eines sachlichen Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Anteilseignerwechseln schlägt auch auf die Prüfung
des „unbenannten Falls” des Verlusts der wirtschaftlichen Identität durch.
4. Agiozahlungen im Zusammenhang mit einem Anteilserwerb stellen eine Zuführung neuen Betriebsvermögens dar.
5. Der Begriff der Sanierung im Sinne der Sanierungsklausel des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG a.F. ist ebenso zu verstehen wie in
§ 3 Nr. 66 EStG a.F., lediglich auf das Merkmal des Zusammenwirkens aller wesentlichen Gläubiger ist zu verzichten. Kumulativ
vorliegen müssen die Sanierungsbedürftigkeit, die Sanierungseignung sowie die Sanierungsabsicht bezüglich des Geschäftsbetriebes,
der die Verluste verursacht hat.
6. Sanierungsbedürftigkeit ist auch und bereits dann anzunehmen, wenn die Gesellschaft ohne die entsprechende Maßnahme sanierungsbedürftig
würde, d.h. die Sanierungsbedürftigkeit ohne entsprechende Maßnahmen absehbar wäre.
7. Eine steuerschädliche Übersanierung ist nur anzunehmen, wenn unverhältnismäßig viel neues Betriebsvermögen mit entsprechendem
Gewinnpotenzial zugeführt wird, welches in keinem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Verlustbetrieb steht, sondern vorrangig
dem Zweck dient, die Verlustvorträge möglichst schnell steuerlich nutzbar zu machen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStR 2016 S. 9 Nr. 51 DStRE 2017 S. 213 Nr. 4 EFG 2016 S. 1024 Nr. 12 GmbH-StB 2016 S. 310 Nr. 10 Ubg 2017 S. 167 Nr. 3 SAAAF-80718
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