BGH Urteil v. - I ZR 177/14

Namensrechtsverletzung: Namensgebrauch bei Verwendung des vollständigen Familiennamens unter Weglassen des Adelsprädikats "von"; Hinzufügung einer Vornamensinitiale; namensmäßige Zuordnungsverwirrung - Landgut A. Borsig

Leitsatz

Landgut A. Borsig

1. Enthält ein Familienname die Adelsbezeichnung „von“ als Namensbestandteil (hier „von Borsig“), kann ein Namensgebrauch im Sinne von § 12 BGB vorliegen, wenn allein der normal kennzeichnungskräftige und damit wesentliche Bestandteil des vollständigen Familiennamens (hier „Borsig“) gebraucht und das Adelsprädikat „von“ weggelassen wird (Fortführung von , BGHZ 8, 318, 320).

2. Die Hinzufügung einer Vornamensinitiale genügt in der Regel nicht, eine Kennzeichnung von einer anderen unterscheidbar erscheinen zu lassen, wenn letztere den identischen, normal kennzeichnungskräftigen Bestandteil des Familiennamens enthält (Fortführung von , GRUR 1991, 475, 477 = WRP 1991, 477 - Caren Pfleger).

3. Eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung im Sinne von § 12 BGB kann vorliegen, wenn im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der engste lebende Nachfahre einer Familie habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung des Familiennamens unter Hinzufügung des Vornamens eines verstorbenen Familienangehörigen erteilt (Fortführung von , BGHZ 8, 318, 320 f.).

Gesetze: § 12 S 1 Alt 2 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB

Instanzenzug: Az: 5 U 135/13vorgehend Az: 52 O 61/13

Tatbestand

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Antrags zu 1 und des Feststellungsantrags bezüglich der Verwendung des Begriffs „Landgut A. Borsig“ zurückgewiesen worden ist.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 52 des abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt es zu unterlassen, den Begriff „Landgut A. Borsig“ zu verwenden, um sich oder einen von ihnen geführten Geschäftsbetrieb oder eine Liegenschaft zu bezeichnen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger für die Verwendung des Begriffs „Landgut A. Borsig“ gemäß Antrag 1 Wertersatz zu leisten.

3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 1/4, die Beklagten zu 3/4. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 trägt der Kläger zu 1/4. Von den außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens der Beklagten zu 2 und 3 trägt der Kläger jeweils 1/16. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von Rechts wegen

1Der Kläger führt den Namen „Manfred von Borsig“. Er ist Nachfahre der (im Jahr 1907 geadelten) Berliner Industriellenfamilie Borsig. Albert Borsig erwarb 1866 ein Gut in Groß-Behnitz im Havelland, etwa 40 km von Berlin entfernt. Das Gut blieb bis zur Enteignung durch die sowjetische Besatzungsmacht im Jahr 1947 im Eigentum der Familie. Im selben Jahr brannte das Gutshaus ab; erhalten blieben jedoch Wirtschaftsgebäude, die unter anderem von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften genutzt wurden.

2Im Jahr 2000 erwarb der Beklagte zu 1 von der Treuhandgesellschaft einen Teil des ehemaligen Gutes der Familie von Borsig in Groß-Behnitz. Nach einer Teilsanierung machte er die Liegenschaft im Jahr 2004 der Öffentlichkeit zugänglich. Die Beklagte zu 2, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1 ist, betreibt dort ein Unternehmen, das sich auf die Durchführung kultureller und sonstiger Freizeitveranstaltungen sowie auf den Verkauf typischer Produkte der Region spezialisiert hat und bis zum Winter 2010 die Firma „Landgut Borsig Kontor GmbH“ benutzte. Der Beklagte zu 1 ließ zudem bei der DENIC eG den Domainnamen „landgut-borsig.de“ registrieren.

3Der Kläger sah darin eine Verletzung seines Namensrechts. Im Anschluss an das Senatsurteil vom (I ZR 188/09, GRUR 2012, 534 = WRP 2012, 1271 - Landgut Borsig) hat das Berufungsgericht mit Urteil vom (5 U 173/07) auf Antrag des Klägers den Beklagten zu 1 und 2 untersagt, den Begriff „Landgut Borsig“ zu verwenden, um die Beklagte zu 2 oder einen von den Beklagten geführten Geschäftsbetrieb oder eine Liegenschaft zu bezeichnen, sowie den Beklagten zu 1 verurteilt, gegenüber der Registrierungsstelle DENIC eG den Verzicht auf den Domainnamen „landgut-borsig.de“ zu erklären.

4Die Beklagte zu 3 führt die Firma „Landgut A. Borsig Kontor GmbH & Co. Betriebs KG“, ihre Komplementärin, die Beklagte zu 2, firmiert nunmehr unter „Landgut A. Borsig Kontor GmbH“. Für den Beklagten zu 1 ist bei der DENIC eG der Domainname „landgut-aborsig.de“ registriert.

5Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, hat der Kläger beantragt,

1. die Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, den Begriff „Landgut A. Borsig“ zu verwenden, um sich oder einen von ihnen geführten Geschäftsbetrieb oder eine Liegenschaft zu bezeichnen;

2. den Beklagten zu 1 zu verurteilen, gegenüber der Registrierungsstelle DENIC den Verzicht auf den Domainnamen „landgut-aborsig.de“ zu erklären.

6Außerdem hat der Kläger erstmals in zweiter Instanz die Feststellung beantragt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger für die Verwendung des Begriffs „Landgut A. Borsig“ und der Domain „landgut-aborsig.de“ gemäß den Anträgen 1 und 2 Wertersatz zu leisten.

7Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Gründe

8A. Das Berufungsgericht hat Ansprüche des Klägers aufgrund einer unberechtigten Namensanmaßung durch die Beklagten nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:

9Fraglich sei bereits, ob die Beklagten den gleichen Namen gebrauchten wie der Kläger. Zwischen dem Namen des Klägers „Manfred von Borsig“ und der Bezeichnung „A. Borsig“ bestehe keine Identität. Es gebe keinen Anlass, bei der Beurteilung der Namensgleichheit allein auf den Familiennamen des Klägers abzustellen. Der Verkehr werde das Element „A.“ in den Zeichen der Beklagten nicht übersehen oder überhören. Der bürgerliche Name, der eine Person identifiziere, bestehe aus dem oder den Vornamen sowie dem Familiennamen. Sei eine Person - wie der Kläger - der Öffentlichkeit nicht allein unter seinem Familiennamen bekannt, trete kein Bestandteil des Namens gegenüber dem anderen zurück.

10Gehe man gleichwohl davon aus, dass die Beklagten den gleichen Namen gebrauchten wie der Kläger, fehle es jedenfalls an einer namensmäßigen Zuordnungsverwirrung. Der Verkehr werde eine Beziehung zwischen der Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ und dem engsten lebenden Nachfahren des letzten Eigentümers des Gutes aus der Familie Borsig nur herstellen, wenn dessen einziger Vorname oder Rufname mit dem Buchstaben „A“ beginne. Das treffe auf den Kläger nicht zu. Eine Verkehrsübung, die Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ auf „Landgut Borsig“ zu verkürzen, könne nicht festgestellt werden.

11Selbst wenn eine solche Verkürzung im Sprachgebrauch unterstellt werde, fehle es an einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Klägers als Namensträger. Das Interesse der Beklagten, die historische Bedeutung der Liegenschaft herauszustellen, habe Vorrang gegenüber dem Interesse des Klägers, nicht durch die Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ mit dem Geschäftsbetrieb der Beklagten in Verbindung gebracht zu werden.

12Die auf die Feststellung der Verpflichtung zum Wertersatz gerichtete Klageerweiterung in der Berufungsinstanz sei zulässig, jedoch aus den genannten Gründen unbegründet.

13B. Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der Ansprüche auf Unterlassung und Wertersatz wegen Verwendung der Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ abgewiesen hat (dazu B I); sie führt insoweit zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten (dazu B II). Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg, soweit das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche auf Verzicht und Wertersatz wegen Registrierung des Domainnamens „landgut-aborsig.de“ verneint hat (dazu B III).

14I. Die Revision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der Ansprüche auf Unterlassung und Wertersatz wegen Verwendung der Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ abgewiesen hat. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Verletzung des Namensrechts des Klägers durch unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB nicht verneint werden.

151. Eine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB liegt vor, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (vgl. , BGHZ 171, 104 Rn. 11 - grundke.de; BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 8 - Landgut Borsig).

162. Die Beklagten haben durch Verwendung der Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ den wesentlichen Bestandteil „Borsig“ des vollständigen Familiennamens des Klägers „von Borsig“ gebraucht.

17a) Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, es gebe keinen Anlass, bei der Beurteilung der Namensgleichheit allein auf den Familiennamen des Klägers abzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Namensgebrauch nicht nur vorliegen, wenn der Name in vollständiger Form benutzt wird, sondern auch, wenn einzelne wesentliche Bestandteile des vollständigen Namens gebraucht werden, insbesondere der Familienname (, BGHZ 8, 318, 320; zustimmend Staudinger/Habermann, BGB, 2013, § 12 Rn. 294; BeckOK BGB/Bamberger, § 12 Rn. 69 [Stand ]). Enthält ein Familienname - wie im Streitfall - die Adelsbezeichnung „von“ als Namensbestandteil (vgl. Art. 123 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 109 Abs. 3 Satz 2 WRV), kann ein Namensgebrauch vorliegen, wenn allein der normal kennzeichnungskräftige und damit wesentliche Bestandteil des vollständigen Familiennamens gebraucht und das Adelsprädikat „von“ weggelassen wird. Der Senat ist dementsprechend bereits in der Sache „Landgut Borsig“ davon ausgegangen, dass die Beklagten zu 1 und 2 den wesentlichen Bestandteil „Borsig“ des vollständigen Familiennamens des Klägers „von Borsig“ verwenden, wenn sie den Begriff „Landgut Borsig“ zur Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder einer Liegenschaft benutzen (BGH, GRUR 2012, 34 Rn. 10 f. - Landgut Borsig).

18b) Die Beklagten haben den wesentlichen Bestandteil „Borsig“ des Familiennamens des Klägers dadurch gebraucht, dass sie die Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ zur Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder einer Liegenschaft verwendet haben.

19aa) Die Bezeichnung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 3 lautet „Landgut A. Borsig“. Diese Bezeichnung ist auch Bestandteil der Firmen der Beklagten zu 2 („Landgut A. Borsig Kontor GmbH“) und der Beklagten zu 3 („Landgut A. Borsig Kontor GmbH & Co. Betriebs KG“). Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Voranstellung der Bezeichnung „Landgut“ sowie die Hinzufügung des Begriffs „Kontor“ und von Angaben, die auf die Rechtsform oder Funktion der Gesellschaften hinweisen („GmbH“ bzw. „Betriebs KG“), dem Gebrauch des gleichen Namens nicht entgegenstehen, weil der Verkehr diese beschreibenden Zusätze nicht beachtet (vgl. BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 11 - Landgut Borsig).

20bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheidet eine Benutzung des wesentlichen Bestandteils „Borsig“ des Familiennamens des Klägers durch die Beklagten nicht aus, weil sie in den von ihnen verwendeten Bezeichnungen den Buchstaben „A.“ vor den Namen „Borsig“ setzen.

21(1) Die Hinzufügung eines Vornamens genügt in der Regel nicht, eine Kennzeichnung von einer anderen unterscheidbar erscheinen zu lassen, wenn letztere den identischen, normal kennzeichnungskräftigen Familiennamen ohne anderweit kennzeichnungskräftige Bestandteile enthält (vgl. , GRUR 1991, 475, 477 = WRP 1991, 477 - Caren Pfleger).

22(2) Danach genügt die Voranstellung des Buchstabens „A“ nicht, um die Kennzeichnung „A. Borsig“ von dem wesentlichen Bestandteil „Borsig“ des Familiennamens des Klägers zu unterscheiden. Der hinzugefügte Buchstabe „A“ ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, für den Verkehr unschwer als Vornamensinitiale zu erkennen. In der Bezeichnung „A. Borsig“ tritt dieser - auf einen mit dem Buchstaben „A“ beginnenden Vornamen hinweisende - Bestandteil hinter dem normal kennzeichnungskräftigen und als Familiennamen erkennbaren Bestandteil „Borsig“ zurück.

233. Durch den Gebrauch des gleichen Namens ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung eingetreten.

24aa) Nicht jede Verwendung eines fremden Namens kann als „Gebrauchen“ im Sinne von § 12 BGB angesehen werden. Die Vorschrift bezweckt allein den Schutz des Namens in seiner Funktion als Identitätsbezeichnung der Person seines Trägers. Deshalb sind nur solche Verwendungen verboten, die geeignet sind, eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung hervorzurufen (vgl. , GRUR 2002, 917, 919 = WRP 2002, 1169 - Düsseldorfer Stadtwappen; BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 12 - Landgut Borsig). Dafür kommt sowohl ein namens- oder kennzeichenmäßiger Gebrauch des Namens durch einen Dritten als auch eine Verwendung in Betracht, durch die der Namensträger zu bestimmten Einrichtungen, Gütern oder Erzeugnissen in Beziehung gesetzt wird, mit denen er nichts zu tun hat. Hierfür genügt es, dass im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur entsprechenden Verwendung des Namens erteilt (BGH, GRUR 2002, 917, 919 - Düsseldorfer Stadtwappen; , BGHZ 161, 216, 221 - Pro Fide Catholica; BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 12 - Landgut Borsig).

25bb) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Seiner Beurteilung, eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung sei zu verneinen, kann jedoch nicht zugestimmt werden.

26(1) Entsprechend den im Markenrecht anerkannten Grundsätzen zur Verwechslungsgefahr ist die Frage der namensrechtlichen Zuordnungsverwirrung zwar eine Rechtsfrage, die grundsätzlich auch das Revisionsgericht beantworten kann. Die Beurteilung der dafür maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen liegt aber im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Im Revisionsverfahren kann sie nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob ihr ein unzutreffender Rechtsbegriff zugrunde liegt, sie gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt geblieben sind (vgl. zum Markenrecht , GRUR 2009, 1055 Rn. 62 = WRP 2009, 1533 - airdsl; Urteil vom - I ZR 55/10, GRUR 2012, 635 Rn. 23, 35 = WRP 2012, 712 - METRO/ROLLER's Metro; zum sondergesetzlichen Schutz nach dem Olympia-Schutzgesetz , GRUR 2014, 1215 Rn. 38 = WRP 2014, 1458 - Olympia-Rabatt).

27(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr werde eine Beziehung zwischen der Bezeichnung des Geschäftsbetriebs und der Liegenschaft mit „Landgut A. Borsig“ und dem Kläger als dem engsten lebenden Nachfahren des letzten Eigentümers des Gutes aus der Familie Borsig nur herstellen, wenn dessen einziger Vorname oder Rufname mit dem Buchstaben „A“ beginne. Diese Annahme beruht auf der unzutreffenden rechtlichen Erwägung, eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung komme allein in Betracht, wenn im Verkehr der falsche Eindruck entstehen könne, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung seines vollständigen Namens erteilt. Eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung kann indessen auch vorliegen, wenn im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung seines Familiennamens unter Hinzufügung des Vornamens eines verstorbenen Familienmitglieds erteilt.

28Wird der Vor- und Familienname eines Familienmitglieds zur schlagwortartigen Kennzeichnung eines Gegenstands, eines Sachverhalts oder bestimmter Bestrebungen benutzt, so kann darin mittelbar auch ein Hinweis auf die Familie als solche, mindestens auf deren engeren Kreis erblickt werden, weil der Hörer oder Leser eines solchen Namens, wenn er Angehörige dieses Namensträgers kennt oder um ihre Existenz weiß, in seinen Gedanken oder in seiner Erinnerung auch auf diese Personen hingelenkt wird und sie möglicherweise sogar mit dem so bezeichneten Sachverhalt in Verbindung bringt, mag er sie auch mit dem individuell genannten Namensträger selbst nicht verwechseln. Deshalb kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Ehefrau als engste Familienangehörige ihres Ehemanns dem unbefugten Gebrauch des Familiennamens entgegentreten, wenn dieser von einem Dritten unter Hinzufügung des Vornamens ihres verstorbenen Ehemanns gebraucht wird (BGHZ 8, 318, 320 f.). Dementsprechend kann eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung vorliegen, wenn im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der engste lebende Nachfahre einer Familie habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung des Familiennamens unter Hinzufügung des Vornamens eines verstorbenen Familienangehörigen erteilt. Danach ist im Streitfall eine Zuordnungsverwirrung zu bejahen.

29Der Senat hat in dem vorangegangenen Verfahren die tatsächliche Beurteilung des Berufungsgerichts gebilligt, die Bezeichnung „Landgut Borsig“ erwecke beim Publikum den Eindruck, der Kläger habe als unmittelbarer Nachfahre des letzten Eigentümers des Gutes dem Gebrauch seines Namens zugestimmt. Der Kläger stehe in enger Beziehung zu der Liegenschaft. Nach der Wiedervereinigung hätten vielerorts die alten Eigentümerfamilien den Besitz an ihren früheren Gütern wiedererlangt; zudem genieße der Name Borsig Bekanntheit in Brandenburg und Berlin. Aufgrund dieser Umstände könne angenommen werden, dass jedenfalls ein Teil des angesprochenen Verkehrs eine Beziehung zwischen der als „Landgut Borsig“ bezeichneten Liegenschaft und den dort betriebenen Unternehmen gerade zu dem Namensträger herstelle, der engster lebender Nachfahre des letzten Eigentümers aus der Familie Borsig sei (BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 13 f. - Landgut Borsig). Das Berufungsgericht hat die von ihm in dem vorangegangenen Verfahren festgestellten tatsächlichen Umstände, die diese vom Senat gebilligte Beurteilung tragen, ohne Rechtsfehler im vorliegenden Verfahren zugrunde gelegt.

30Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist bei zutreffender rechtlicher Beurteilung auch im vorliegenden Rechtsstreit eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung zu bejahen. Für die Annahme einer namensrechtlichen Zuordnungsverwirrung genügt es, dass die angegriffene Bezeichnung beim Publikum den Eindruck erweckt, der Kläger habe als unmittelbarer Nachfahre des letzten Eigentümers des Gutes dem Gebrauch des wesentlichen Bestandteils „Borsig“ seines Familiennamens zugestimmt. Es kommt nicht darauf an, ob der Verkehr annimmt, das vorangestellte Vornamenskürzel „A.“ bezeichne nicht den Kläger, sondern einen verstorbenen Familienangehörigen des Klägers, der in früherer Zeit, vor der Enteignung 1947, auf dem Gut gelebt hat. Auch in diesem Fall stellt der Verkehr zwischen diesem Familienangehörigen und dem Kläger eine Beziehung her, weil er annimmt, der Kläger habe als engster lebender Verwandter des letzten Eigentümers aus der Familie Borsig der Verwendung seines Familiennamens unter Hinzufügung dieses Vornamenskürzels zugestimmt.

314. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts verletzt die Verwendung der Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ durch die Beklagten schutzwürdige Interessen des Klägers.

32aa) Der Begriff des Interesses im Sinne von § 12 BGB ist weit gefasst und umfasst außerhalb des Geschäftsverkehrs nicht nur ein vermögensrechtliches oder geschäftliches, sondern jedes Interesse des Namensträgers, auch ein rein persönliches oder ideelles und sogar ein bloßes Affektionsinteresse (vgl. BGHZ 8, 318, 322 f.; IVb ZR 46/83, WM 1985, 95; BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 43 - Landgut Borsig). Im Bereich des bürgerlichen Namens reicht bereits das Interesse des Namensträgers, nicht mit anderen Personen verwechselt oder in Beziehung gebracht zu werden. Der Kläger hat ein dahingehendes Interesse, da der Namensgebrauch durch die Beklagten den Eindruck erwecken kann, es bestehe eine Beziehung zwischen dem Geschäftsbetrieb der Beklagten und dem Kläger bzw. seiner Familie (BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 43 - Landgut Borsig).

33bb) Demgegenüber kann der Nichtberechtigte in der Regel nicht auf schützenswerte Belange verweisen, die zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären, so dass bereits der unbefugte Namensgebrauch die Interessenverletzung indiziert (vgl. , GRUR 2008, 1099 Rn. 27 = WRP 2008, 1520 - afilias.de; BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 45 - Landgut Borsig). Zwar muss eine Ausnahme von dieser Regel unter anderem dann gemacht werden, wenn dem Nichtberechtigten seinerseits ein namensrechtlich geschütztes Interesse an der Verwendung der in Rede stehenden Bezeichnung zur Seite steht. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann dem Interesse der Beklagten, die historische Bedeutung der Liegenschaft herauszustellen, jedoch kein Vorrang gegenüber dem Interesse des Klägers zugebilligt werden, nicht durch die Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ mit dem Geschäftsbetrieb der Beklagten in Verbindung gebracht zu werden. Das käme nur in Betracht, wenn die Benennung „Landgut Borsig“ zum Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme für die Liegenschaft im allgemeinen Sprachgebrauch üblich gewesen wäre (vgl. BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 45 f. - Landgut Borsig). Diese Voraussetzung ist nach dem Ergebnis des vor dem Berufungsgericht geführten Verfahrens 5 U 173/07 nicht erfüllt. Es ist nichts dazu festgestellt oder sonst ersichtlich, dass sich die Sachlage im Streitfall anders darstellen könnte.

34II. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Ansprüche des Klägers auf Unterlassung und Wertersatz wegen der Nutzung der Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ abgewiesen hat. Der Senat kann darüber selbst abschließend entscheiden, weil der hierzu erforderliche Sachverhalt feststeht und dazu weiterer Sachvortrag der Parteien nicht zu erwarten ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist der Klage insoweit stattzugeben.

351. Der Unterlassungsanspruch ist in entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet. Die Beklagten haben das Namensrecht des Klägers durch unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB verletzt. Sie haben den wesentlichen Bestandteil „Borsig“ des Familiennamens des Klägers gebraucht; dadurch ist eine Zuordnungsverwirrung eingetreten und sind schutzwürdige Interessen des Klägers als Namensträger verletzt worden (vgl. Rn. 16 bis 33). Die Beklagten haben den Namen „Borsig“ auch unbefugt benutzt.

36a) Unbefugt ist der Gebrauch eines Namens, wenn dem Verwender kein eigenes Benutzungsrecht zusteht (, GRUR 1996, 422, 423 = WRP 1996, 541 - J.C. Winter; BGH, GRUR 2008, 1099 Rn. 20 - afilias.de; , GRUR 2014, 506 Rn. 19 = WRP 2014, 584 - sr.de).

37b) Im Streitfall steht den Beklagten weder ein eigenes prioritätsälteres Namens- oder sonstiges Kennzeichenrecht an der Bezeichnung „A. Borsig“ zu noch ist ihnen die Benutzung von einem Inhaber eines solchen Rechts gestattet worden. Nachdem das Berufungsgericht in dem Verfahren 5 U 173/07 nach umfangreicher Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen ist, dass vor Benutzungsaufnahme durch die Beklagten keine Verwendung der Bezeichnung „Landgut Borsig“ für die Liegenschaft im allgemeinen lokalen Sprachgebrauch festgestellt werden konnte, haben sich die Beklagten im Streitfall auch nicht unter diesem Aspekt auf ein Recht zur Verwendung der Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ berufen. Dafür ist auch nichts ersichtlich.

382. Der Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Wertersatz zu leisten, ist hinsichtlich der Verwendung des Begriffs „Landgut A. Borsig“ gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 Abs. 2 BGB begründet.

39a) Die unbefugte Nutzung der vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie der besonderen Persönlichkeitsrechte wie des Namens begründet einen Bereicherungsanspruch des Rechtsträgers aus Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB). Da das Erlangte nicht herausgegeben werden kann, ist Wertersatz zu leisten (§ 818 Abs. 2 BGB), der nach den bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten geltenden Grundsätzen bestimmt und daher auch nach der üblichen Lizenzgebühr berechnet werden kann (, GRUR 2008, 1124 Rn. 11 = WRP 2008, 1524 - Zerknitterte Zigarettenschachtel).

40b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten den Namen des Klägers zur Bezeichnung ihres Geschäftsbetriebs sowie der von ihnen kommerziell genutzten Liegenschaft benutzt. Dafür steht dem Kläger dem Grunde nach Wertersatz zu, ohne dass es auf eine Prominenz des Klägers oder deren Grad ankommt. Diese Faktoren sind allenfalls bei der Bestimmung der Höhe einer Lizenzgebühr zu berücksichtigen.

41III. Die Revision hat keinen Erfolg, soweit das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche auf Verzicht und Wertersatz wegen der Registrierung des Domainnamens „landgut-aborsig.de“ als unbegründet erachtet hat. Das Berufungsurteil stellt sich insoweit aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

421. Durch bloße Registrierung eines Domainnamens können Ansprüche wegen Namensanmaßung nur begründet werden, wenn bereits mit der Registrierung eine erhebliche Beeinträchtigung der namensrechtlichen Befugnisse verbunden ist (, GRUR 2008, 912 Rn. 36 = WRP 2008, 1353 - Metrosex; Urteil vom - I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 21 = WRP 2014, 424 - wetteronline.de).

432. Im Streitfall ist schon zweifelhaft, ob in der Registrierung des Domainnamens „landgut-aborsig.de“ eine Verwendung des Familiennamens des Klägers gesehen werden kann. Der Anfangsbuchstabe „a“ hinter dem Bindestrich erweckt aufgrund der Kleinschreibung und des fehlenden Zeichenabstands zu „borsig“ nicht den Eindruck einer Vornamensinitiale. Die Bezeichnung „aborsig“ ist nicht mit „Borsig“ identisch.

443. Jedenfalls fehlt es an einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Klägers.

45a) Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Beeinträchtigung des Namensrechts durch Registrierung eines Domainnamens in der dadurch eintretenden Sperrwirkung, die es ausschließt, dass der Berechtigte unter seinem Namen als Teil der Internetadresse aufgefunden wird (vgl. , BGHZ 149, 191, 198 - shell.de). An einer vergleichbaren Interessenbeeinträchtigung fehlt es in Bezug auf die Registrierung eines Domainnamens, der aus der fehlerhaften Schreibweise eines Namens gebildet ist. Eine solche Registrierung hindert den Namensinhaber nicht daran, seinen Namen in der richtigen Schreibweise als Internetadresse zu benutzen (vgl. BGH, GRUR 2014, 393 Rn. 22 - wetteronline.de). Ebenso liegt es im Streitfall, wo die Bezeichnung „aborsig“ aus der nahtlosen Zusammenfügung des Familiennamens „Borsig“ mit der im Domainnamen nicht mehr ohne weiteres als solche erkennbaren Vornamensinitiale „A“ gebildet worden ist.

46b) Es ist auch nichts dafür festgestellt oder sonst ersichtlich, dass der Kläger zum Schutz seines Namensrechts auf den angegriffenen Domainnamen angewiesen ist, oder dass er ein Interesse daran hat, den angegriffenen Domainnamen selbst zu nutzen (vgl. BGH, GRUR 2014, 393 Rn. 22 - wetteronline.de, mwN).

47IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.

Koch                     Schaffert                         Kirchhoff

             Löffler                       Schwonke

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2015:101215UIZR177.14.0

Fundstelle(n):
BB 2016 S. 1410 Nr. 24
CAAAF-75289