Vermögensauskunft: Nachbesserungspflicht hinsichtlich eines Kautionsrückzahlungsanspruchs
Gesetze: § 802c ZPO
Instanzenzug: Az: 3 T 339/15vorgehend Az: 435 M 1088/15
Gründe
1I. Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner aus einem Vollstreckungsbescheid die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung.
2Der Schuldner gab am die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO ab. Dabei gab er auf die Frage Nr. 10 nach "Monatlichen Einkünften" an, Arbeitslosengeld II und Leistungen für Unterkunft vom Jobcenter Leipzig zu beziehen. Die Frage Nr. 17 nach "Ansprüchen aus Pacht-, Miet- und Leasingverträgen" verneinte der Schuldner und erklärte, dass die Mietkaution vom Jobcenter bezahlt worden sei. Die ebenfalls unter Nr. 17 gestellte Frage "Wurde die Zahlung der Nebenkosten durch einen Dritten als Darlehen geleistet?" verneinte der Schuldner. Angaben zum Vermieter machte der Schuldner nicht.
3Mit Schreiben vom beantragte die Gläubigerin beim zuständigen Gerichtsvollzieher die Nachbesserung der Vermögensauskunft, weil der Schuldner angeben müsse, in welcher Höhe und an wen die Mietkaution geleistet worden sei, wer Wohnungseigentümer sei und ob die Mietkaution vom Schuldner an das Jobcenter - gegebenenfalls in Raten - zurückgezahlt werde. Der Gerichtsvollzieher lehnte das Nachbesserungsverlangen mit der Begründung ab, der Schuldner werde bei Abnahme der Vermögensauskunft danach befragt, ob er die Kaution ratenweise abbezahle. Werde im Vermögensverzeichnis keine Ratenzahlung vermerkt, erfolge eine solche nicht. Die gegen die Ablehnung des Gerichtsvollziehers gerichtete Erinnerung wies das Amtsgericht zurück. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Nachbesserungsantrag weiter.
4II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Gläubigerin könne keine Nachbesserung der Vermögensauskunft verlangen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch auf Rückerstattung nicht verbrauchter Nebenkostenvorauszahlungen eines Beziehers von Leistungen nach dem SGB II sei unpfändbar. Das Nachbesserungsverlangen der Gläubigerin sei daher mutwillig oder schikanös.
5III. Die aufgrund ihrer Zulassung gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
61. Die angefochtene Entscheidung ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen. Sie ist deshalb aufzuheben und zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
7Der Einzelrichter durfte über die Beschwerde nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Dem originären Einzelrichter nach § 568 ZPO ist die Entscheidung von Rechtssachen grundsätzlicher Bedeutung schlechthin versagt (, NJW 2012, 3518 Rn. 4 mwN). Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung ist im weitesten Sinne zu verstehen, so dass nicht der Einzelrichter, sondern das Kollegium entscheiden muss, wenn zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder wie vorliegend - zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts geboten ist (st. Rspr., vgl. nur , NJW-RR 2012, 441 Rn. 9).
82. Hinsichtlich der im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
9IV. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
101. Eine Nachbesserung der Vermögensauskunft mit Blick auf Ansprüche auf Rückerstattung von Betriebs- oder Nebenkostenrückzahlung kommt nicht in Betracht. Der Senat hat mittlerweile entschieden, dass einem Verlangen auf Nachbesserung einer Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Gläubiger Auskunft über Erstattungsforderungen für Betriebs- und Heizkosten verlangt, die der Sozialhilfeträger für einen Empfänger von Leistungen nach dem SGB II an dessen Vermieter geleistet hat. Ein solches Auskunftsbegehren ist mutwillig, weil diese Ansprüche nicht der Pfändung unterliegen ().
112. Das Nachbesserungsverlangen ist auch hinsichtlich der Umstände der Kautionszahlung unbegründet. Die erteilte Auskunft ist insoweit nicht unvollständig.
12Der Gläubiger kann die Nachbesserung einer Vermögensauskunft verlangen, wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt hat (vgl. , NJW-RR 2008, 1163 Rn. 8; Beschluss vom - I ZB 20/06, WM 2009, 1431 Rn. 13; Beschluss vom - I ZB 50/10, NJW-RR 2011, 667 Rn. 7; Beschluss vom - I ZB 2/11, MDR 2012, 606 Rn. 20, jeweils noch zu § 807 ZPO aF). Dazu muss aus dem Vermögensverzeichnis selbst ersichtlich sein, dass die Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind, oder der Gläubiger glaubhaft machen, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis versehentlich unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 667 Rn. 8 f.). Unzulässig ist allerdings eine Nachbesserung zur Beantwortung von Fragen über Vermögenspositionen, die schon zusammengefasst verneint sind (LG Kleve, JurBüro 2013, 46; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 802d Rn. 16).
13Im Streitfall geht aus dem Vermögensverzeichnis hervor, dass der Schuldner die Frage nach Ansprüchen aus Pacht-, Miet- und Leasingverträgen verneint hat. Die Frage, ob er die Kaution in Raten an das Jobcenter zurückzahlt, bedarf damit keiner Beantwortung, weil die Frage nach Ansprüchen aus dem Mietverhältnis bereits zusammenfassend verneint worden ist und somit kein berechtigtes Interesse an der Frage nach weiteren Einzelheiten eines Kautionsrückzahlungsanspruchs besteht.
Büscher Schaffert Kirchhoff Koch Feddersen
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:280416BIZB92.15.0
Fundstelle(n):
MAAAF-74399