BFH Beschluss v. - VIII B 58/15

Zeitpunkt des Abflusses einer mittels Lastschriftverfahren bewirkten Umsatzsteuervorauszahlung

Leitsatz

1. Die Frage, in welchem Kalenderjahr eine mittels Lastschriftverfahren bewirkte Umsatzsteuervorauszahlung gemäß § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 1 Satz 2 EStG abgeflossen ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

2. Es bestehen keine Zweifel, dass bei einer Zahlung im Lastschriftverfahren ein Abfluss i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG bereits dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige durch die Erteilung der Einzugsermächtigung und eine ausreichende Deckung seines Girokontos alles in seiner Macht stehende getan hat, um die Zahlung der Steuerschuld zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu gewährleisten. Wann der Leistungserfolg eintritt, ist unerheblich.

3. Dem steht nicht entgegen, dass der Schuldner im Einzugsermächtigungslastschriftverfahren der Belastung seines Kontos innerhalb einer bestimmten Frist widersprechen kann, da in diesem Fall ein Abfluss zu verneinen wäre.

Gesetze: EStG § 11 Abs. 2, EStG § 11 Abs. 1, AO § 224 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2

Instanzenzug: ,

Gründe

1 Die Beschwerde ist bei erheblichen Zweifeln, ob die Beschwerdebegründung überhaupt den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt, jedenfalls unbegründet.

2 1. Die von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, in welchem Kalenderjahr eine mittels Lastschriftverfahren bewirkte Umsatzsteuervorauszahlung gemäß § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgeflossen ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).

3 a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (, BFH/NV 2003, 169).

4 b) Vorliegend fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit, da die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat (, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231). Zwar wurde die Frage bisher nicht ausdrücklich entschieden. Einer solchen Entscheidung bedarf es jedoch nicht, da sich die Frage ohne weiteres aus der Rechtsprechung des BFH und aus dem Gesetz beantworten lässt.

5 Es bestehen keine Zweifel, dass die Rechtsprechung des BFH zum Abfluss von Betriebsausgaben bei unbaren Zahlungen per Überweisung (, BFHE 146, 48, BStBl II 1986, 453; vom IX R 163/83, BFHE 152, 440, BStBl II 1989, 702) auf den vorliegenden Fall zu übertragen ist. Danach liegt auch bei einer Zahlung im Lastschriftverfahren ein Abfluss i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige durch die Erteilung der Einzugsermächtigung und eine ausreichende Deckung seines Girokontos alles in seiner Macht stehende getan hat, um die Zahlung der Steuerschuld zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu gewährleisten. Wann der Leistungserfolg eintritt, ist unerheblich (, BFH/NV 2000, 825). Dies entspricht der eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 224 Abs. 2 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO), nach der bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung die Zahlung —unabhängig vom Zeitpunkt der Gutschrift beim Zahlungsempfänger— am Fälligkeitstag als entrichtet gilt. Dem steht nicht entgegen, dass der Schuldner im Einzugsermächtigungslastschriftverfahren der Belastung seines Kontos innerhalb einer bestimmten Frist widersprechen kann, da in diesem Fall ein Abfluss zu verneinen wäre (vgl. BFH-Urteil in BFHE 146, 48, BStBl II 1986, 453).

6 2. Entgegen den Ausführungen des Klägers weicht das FG mit seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des BFH ab, so dass die Revision auch nicht wegen einer Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen ist.

7 a) Das angefochtene Urteil weicht nicht von der Entscheidung des (BFHE 178, 326, BStBl II 1996, 266) ab. Nach dieser Entscheidung ist für die Frage, zu welchem Kalenderjahr eine Zahlung i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 EStG wirtschaftlich gehört, nicht auf die Fälligkeit der Forderung abzustellen, sondern darauf, für welchen Zeitraum sie geleistet wurde. Von diesen Grundsätzen ist das FG ausgegangen und hat die streitige Umsatzsteuervorauszahlung für November 2012 trotz ihrer Fälligkeit am wirtschaftlich als Betriebsausgabe dem Jahr 2012 zugeordnet.

8 b) Es liegt auch keine Divergenz zu dem Senatsurteil vom VIII R 34/12 (BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285) vor. Anders als im vorliegenden Fall ging es in diesem Verfahren nicht um die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Umsatzsteuervorauszahlung erfolgte. Diese wurde unstreitig erst am 11. Januar geleistet. Entscheidungserheblich war allein die Frage, ob sich der Zeitraum der „kurzen Zeit“ gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 EStG aufgrund der Regelungen in § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verlängert. Diese Frage ist im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich.

9 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2016 S. 1008
StuB-Bilanzreport Nr. 13/2016 S. 518
QAAAF-73083