Minder schwerer Fall des Totschlags: Misshandlung durch Verabreichung von zwei Ohrfeigen
Gesetze: § 213 Abs 1 Alt 1 StGB
Instanzenzug: LG München I Az: 2 Ks 127 Js 100485/15
Gründe
I.
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
2Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge und mehrere Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom ausgeführt hat, unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
II.
3Die Prüfung der Voraussetzungen eines minder schweren Falls des Totschlags gemäß § 213 StGB durch das Landgericht erweist sich als rechtsfehlerhaft.
4Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 213 Alt. 1 StGB hat das Schwurgericht lediglich ausgeführt, dass "schon keine 'schwere Beleidigung' und auch 'keine Misshandlung' des Opfers" vorlag. Dies entspricht aber nicht den Feststellungen, wonach der Geschädigte nach einer kurzen "verbalen Auseinandersetzung dem Angeklagten nicht ausschließbar zwei Ohrfeigen" versetzte (UA S. 19). Ohrfeigen sind regelmäßig mit der Zufügung von Schmerzen verbunden (, NJW 1990, 315 und vom - 2 StR 225/91, MDR 1992, 320). Insoweit hat das Landgericht auch keine Feststellungen getroffen, wonach das Wohlbefinden des Angeklagten durch die Ohrfeigen allenfalls in unerheblichem Maße beeinträchtigt worden sei (vgl. hierzu Joecks in MüKo-StGB, 2. Aufl. 2012, § 223 Rn. 12 ff.; Fischer, 63. Aufl. 2016, § 223 Rn. 6). Dagegen würde zudem sprechen, dass der Angeklagte nach den Ohrfeigen Blut in seinem Gesicht bemerkte (UA S. 19).
5Danach kann der Senat nicht ausschließen, dass es sich bei den zwei Ohrfeigen lediglich um nicht geringfügige Eingriffe in die körperliche oder seelische Unversehrtheit des Täters handelte und diese die für eine Misshandlung im Sinne des § 223 StGB erforderliche Erheblichkeit erreicht haben (dazu näher Senat, Urteil vom - 1 StR 574/14, NStZ 2015, 582 f.).
6Auf diesem Rechtsfehler beruht der Strafausspruch. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei vollständiger Würdigung aller maßgeblichen Strafzumessungsumstände einen minder schweren Fall angenommen hätte und zu einer geringeren Strafe gelangt wäre.
7Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer kann ergänzende Feststellungen zum Strafausspruch treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
Raum Graf Jäger
Cirener Fischer
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:130116B1STR581.15.0
Fundstelle(n):
OAAAF-67603