Zurechnung der Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft
im Falle ausländischer Anteilseigner im Nicht-DBA-Fall
Leitsatz
1. Eine vermögensverwaltende gewerblich geprägte GmbH & Co. KG i. S. d. § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EStG kann ihren beschränkt
steuerpflichtigen ausländischen Anteilseigenern eine Betriebsstätte und damit gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr.
2 Buchst. a EStG vermitteln, so dass alle Gesellschafter in die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der
GmbH & Co. KG nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO einzubeziehen sind. Das gilt auch, wenn es sich bei den ausländischen Gesellschaftern
um Kapitalgesellschaften handelt, deren Körperschaftsteuer gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch den Steuerabzug der Kapitalertragsteuer
abgegolten ist.
2. Die für die Annahme einer Betriebsstätte notwendige nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht ist schon dann gegeben, wenn
die Gesellschaft eine Rechtsposition innehat, die ohne ihre Mitwirkung nicht ohne weiteres beseitigt oder verändert werden
kann. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Gesellschaft vertraglich ein Nutzungsrecht eingeräumt wird. Vielmehr reicht
es aus, wenn tatsächliche Gründe die Annahme rechtfertigen, dass dem Unternehmer irgendein für seine Tätigkeit geeigneter
Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung steht. Für das Vorliegen einer solchen tatsächlichen Position spricht i. d. R. die
Identität der handelnden Organe der überlassenden und der nutzenden Gesellschaft.
3. Daher kann es für das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i. V. m. §
12 AO ausreichen, wenn eine GmbH & Co. KG ohne eigene Büroräume und ohne eigenes Personal durch einen Dienstleistungsvertrag
bestimmte geschäftsführende administrative und operative Dienstleistungen auf eine Managementgesellschaft mit Räumlichkeiten
und Personal im Inland übertragen hat, wenn der alleinige Geschäftsführer der geschäftsführenden Komplementär-GmbH zugleich
auch Geschäftsührer der Komplementär-GmbH der Managementgesellschaft ist und wenn er tatsächlich die Tagesgeschäfte in Räumlichkeiten
der Managementgesellschaft im Inland erledigt. Dass verschiedene Rechtsgeschäfte gem. dem Gesellschaftsvertrag nur mit vorheriger
Einwilligung der Gesellschafterversammlung vorgenommen werden, führt auch dann nicht dazu, dass sich der Ort der Geschäftsführung
ins Ausland verlagert, wenn mehrere – über die Mehrheit der Kommanditanteile verfügende – Kommanditisten der GmbH & Co. KG
ihren Sitz im Ausland haben.
4. Für den Begriff des „Unternehmens” i. S. d. § 12 S. 1 AO ist maßgeblich, ob eine unternehmerische Tätigkeit im ertragsteuerlichen
Sinn ausgeübt wird. Ein solches Unternehmen im ertragsteuerlichen Sinn stellt auch eine gewerblich geprägte Personengesellschaft
i. S. d. § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EStG dar, deren Tätigkeiten (hier: Halten einer Beteiligung; Vermietung von Schleppkähnen
und Umschlagsanlagen) nicht originär gewerblich sind. Die Betriebsstätte eines Unternehmens i. S. v. § 12 AO setzt keine aktive
gewerbliche Tätigkeit voraus.
5. Für den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung als Voraussetzung für die Geschäftsleitung i. S. d. § 10 AO ist entscheidend,
wo die sog. Tagesgeschäfte getätigt werden. Tagesgeschäfte beinhalten die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen
Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Unternehmens mit sich bringt. Nicht zu diesen Tagesgeschäften gehört neben der
Festlegung der Grundsätze der Unternehmenspolitik die Mitwirkung der Gesellschafter des Unternehmens an ungewöhnlichen Maßnahmen
bzw. Entscheidungen von besonderer Bedeutung.
6. Für die Zurechnung der Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft zum notwendigen Betriebsvermögen einer gewerblich
geprägten GmbH & Co. KG, deren Gesellschafter in einem ausländischen Staat ansässig sind, mit dem kein Doppelbesteuerungsabkommen
besteht, reicht es aus, wenn die Beteiligung dem Gesellschaftszweck der KG dient, bilanziell den wesentlichen Vermögensposten
der KG darstellt, die Ausschüttungen der Beteiligungsgesellschaft den überwiegenden Anteil der gesamten Erträge der KG ausmachen
und wenn zudem durch die Vermietung von Schleppkähnen an die Beteiligungsgesellschaft wirtschaftliche Beziehungen zwischen
den Gesellschaften bestehen. Insoweit ist nicht erforderlich, dass die Beteiligung in einem funktionalen Zusammenhang mit
der in der inländischen Betriebsstätte ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit der KG steht (Abgrenzung zu der zu „DBA”-Fällen
ergangenen BFH-Rspr.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): BB 2017 S. 604 Nr. 11 DStR 2016 S. 8 Nr. 10 DStRE 2016 S. 394 Nr. 7 EFG 2016 S. 88 Nr. 2 GmbH-StB 2016 S. 25 Nr. 1 IStR 2015 S. 85 Nr. 17 IWB-Kurznachricht Nr. 6/2016 S. 194 PIStB 2016 S. 153 Nr. 6 FAAAF-04023
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