Anwendbarkeit von Jugendstrafrecht: Straftatenbegehung in mehreren Altersstufen
Gesetze: § 1 JGG, § 32 JGG, § 105 Abs 1 JGG
Instanzenzug: Az: 39 KLs 12/14
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen und versuchten schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Strafausspruch hat keinen Bestand.
3a) Die allgemeine Strafkammer hat nicht erkennbar bedacht, dass der Angeklagte die in den Fällen II. 9 und 11 der Urteilsgründe abgeurteilten versuchten schweren Bandendiebstähle im Alter von 19 bzw. 20 Jahren und damit als Heranwachsender (§§ 1, 105 JGG) begangen hatte. Das Landgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob der Angeklagte zur Zeit dieser Taten nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, so- dass an sich Jugendstrafrecht anzuwenden wäre.
4b) Auch die für die übrigen Taten verhängten Einzelstrafen können nicht bestehen bleiben. Zwar ergeben die Feststellungen zu den weiteren vollendeten oder versuchten schweren Bandendiebstählen, dass der Angeklagte bei Begehung dieser Taten das 21. Lebensjahr vollendet hatte. Sollte die nun entscheidende Jugendkammer in den Fällen II. 9 und 11 der Urteilsgründe zur Anwendung von Jugendstrafrecht gelangen, so würde die Verurteilung teils zu Jugend- teils zu Erwachsenenstrafe gegen § 32 i.V.m. § 105 Abs. 1 JGG verstoßen. Danach ist es nicht statthaft, bei gleichzeitiger Aburteilung von Taten, auf die teils Jugendstrafrecht, teils allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, sowohl auf Jugendstrafe als auch auf Erwachsenenstrafe zu erkennen (vgl. , BGHSt 29, 67; Beschluss vom - 4 StR 389/97, BGHR JGG § 32 Schwergewicht 4); vielmehr ist entsprechend dem Schwergewicht der Taten entweder nur nach Jugendstrafrecht oder nach Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen.
5Welches Recht einheitlich auf mehrere in verschiedenen Altersstufen begangene Taten anzuwenden ist, richtet sich danach, wo deren Schwergewicht liegt. Dies hat der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden (, NStZ 1986, 219, vom - 3 StR 93/88, BGHR JGG § 32 Schwergewicht 1, vom - 1 StR 268/99 und vom - 3 StR 171/09; Beschluss vom - 1 StR 570/99). Lässt sich nicht eindeutig erkennen, dass das Schwergewicht bei den vom Angeklagten als Heranwachsender begangenen und nach Jugendstrafrecht zu beurteilenden Straftaten liegt, so ist für alle Taten allgemeines Strafrecht anzuwenden (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 389/97, BGHR JGG § 32 Schwergewicht 4 mwN, vom - 1 StR 570/99 und vom - 4 StR 178/08, NStZ-RR 2008, 324). Werden - wie hier - entsprechende Überlegungen deshalb nicht angestellt, weil der Tatrichter übersehen hat, dass die Anwendbarkeit des Jugendgerichtsgesetzes überhaupt im Raum steht, können nicht eigene Erwägungen des Revisionsgerichts an deren Stelle treten (, NStZ-RR 1996, 250).
62. Das angefochtene Urteil ist daher im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) aufzuheben und in diesem Umfang an die zuständige Jugendkammer zurückzuverweisen (vgl. aaO S. 251).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Mutzbauer Bender
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Fundstelle(n):
MAAAE-95929