BSG Urteil v. - B 6 KA 10/13 R

Vertragsärztliche Versorgung - Sicherstellung der Altersversorgung der Vertragsärzte in Hessen - Grundrechte - konzeptionell gleichmäßige Lastenverteilung auf aktive und ehemalige Vertragsärzte - Verfassungsmäßigkeit der Erweiterten Honorarverteilung - Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Berücksichtigung der Vergütung "technischer Leistungen"

Leitsatz

Wird die Altersversorgung der Vertragsärzte durch eine Teilnahme an der Verteilung der Gesamtvergütung sichergestellt, gebieten die Grundrechte eine konzeptionell gleichmäßige Lastenverteilung auf aktive und ehemalige Vertragsärzte.

Gesetze: Art 4 § 1 Abs 2 S 2 KARG, § 8 KÄV/KZÄVG HE, § 85 Abs 4 SGB 5, § 5 Abs 1 S 1 ErwHVGrs HE vom , § 5 Abs 1 S 3 ErwHVGrs HE vom , § 5 Abs 3 ErwHVGrs HE vom , § 5a ErwHVGrs HE vom , § 8 Abs 1 ErwHVGrs HE vom , Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 S 2 GG, Art 20 Abs 3 GG

Instanzenzug: SG Marburg Az: S 12 KA 350/09 Urteilvorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 4 KA 43/11 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger begehrt höheres Honorar aus der Erweiterten Honorarverteilung (EHV) für die Quartale III/2006 und IV/2006.

2Der 1934 geborene Kläger war von 1970 bis zum als Vertragsarzt zugelassen. Danach bezog er auf der Grundlage eines Bescheides der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) vom Leistungen aus der EHV mit einem Prozentsatz von 18 % (Anspruchshöchstsatz). Als einzige KÄV in der Bundesrepublik stellt die Beklagte im Wege der EHV in begrenztem Umfang auch die Versorgung ehemaliger Vertragsärzte und ihrer Hinterbliebenen sicher. Die Bezüge des Klägers betrugen seit dem Quartal I/2000 bis zum Quartal II/2006 zwischen (gerundet) 7000 und 8100 Euro.

6Die Vorschrift des § 8 Abs 2 GEHV änderte die Beklagte im Jahr 2007 nochmals und beschloss die Auflösung des Ausgleichsfonds und die Auszahlung der verbliebenen Mittel an die Vertragsärzte, die ihn gebildet hatten, bis auf eine Schwankungsreserve von 6 Mio Euro.

7Mit Bescheid vom setzte die Beklagte das EHV-Honorar des Klägers für das Quartal III/2006 auf 6565,23 Euro abzüglich des aktuellen Verwaltungskostensatzes fest. Dabei ging sie von einer Durchschnittshonoraranforderung der aktiven Vertragsärzte in Höhe von 41 194,39 Euro aus. Bei einem EHV-Anspruchssatz von 18 % ergebe sich ein Bruttohonorar von 7414,99 Euro. Unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors nach § 8 GEHV von 88,54 % ergebe sich der Auszahlungsbetrag.

8Mit weiterem Bescheid vom erfolgte die Festsetzung des EHV-Honorars des Klägers für das Quartal IV/2006. Hierbei ging die Beklagte von einer Durchschnittshonoraranforderung von 44 587,28 Euro aus und errechnete hieraus ein EHV-Bruttohonorar von 8025,71 Euro, das nach Quotierung auf der Grundlage des Nachhaltigkeitsfaktors von 89,0956 % den Auszahlungsbetrag in Höhe von 7150,55 Euro ergab.

9Die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarbescheide wies die Beklagte zurück.

10Mit Urteil vom hat das SG die Beklagte unter Änderung der angegriffenen Bescheide verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden; die weitergehende Klage auf Gewährung höherer Leistungen aus der EHV hat das SG abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die bereits 2001 eingeführte Regelung zulässig, bei der Ermittlung der Durchschnittshonoraranforderung aller Vertragsärzte besondere Kosten vorweg abzuziehen, auch soweit dieser Abzug zu einer Verringerung des Durchschnittshonorars und damit im Ergebnis auch zu einer Verringerung der EHV-Ansprüche führe. § 5 Abs 1 Satz 2 GEHV in der ab geltenden Fassung (GEHV 2006) sehe Abzüge von der Honorarforderung "unter Berücksichtigung des TL-Anteils im EBM 2000plus" vor, und zwar mit einem Anteil von x %. Diese Unbekannte x werde jedoch in der Satzung der Beklagten an keiner Stelle mit Satzungsqualität bestimmt, sodass offenbleibe, mit welchem Anteil die "Technischen Leistungen" (TL) von der Honorarforderung abgezogen würden. Die Beklagte habe dazu erläutert, sie erhalte von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) eine Liste, die für die Leistungen nach dem EBM 2000plus eine Aufstellung der jeweiligen technischen und ärztlichen Leistungsanteile enthalte. Auf der Grundlage dieser Vorgaben werde der durchschnittliche Anteil der technischen Leistungen fachgruppenbezogen ermittelt. Technische Leistungsanteile bis zu diesem Fachgruppendurchschnitt würden nicht gesondert berücksichtigt; in diesem Fall gehe die gesamte Honorarforderung in die EHV ein. Erst wenn die einzelne Praxis technische Leistungsanteile über dem Fachgruppendurchschnitt aufweise, werde der über dem Fachgruppendurchschnitt liegende Leistungsanteil aus der EHV-Quotierung herausgenommen. Der Sache nach sei diese Vorgehensweise nicht zu beanstanden, ihr fehle zur Zeit aber die satzungsrechtliche Grundlage. Soweit die Beklagte die von der KÄBV verfasste Aufstellung über die Festlegung von "TL"-Anteilen heranziehen wolle, müsse die Vertreterversammlung dies in ihren Gestaltungswillen aufnehmen. Die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors sei nur insoweit zu beanstanden, als er für bereits im EHV-Bezug stehende Anspruchsberechtigte keine Absicherung nach unten vorsehe, was aber für die streitbefangenen Quartale noch nicht zu einer Rechtsverletzung führe.

12Als zu berücksichtigender Kostenanteil nach § 5 Abs 1 GEHV wurde mit Beschluss der Vertreterversammlung vom mit Wirkung ab dem Quartal II/2005 die Liste "GO-Stamm-Auszug II/2005 EHV" festgestellt, mit Wirkung ab dem Quartal I/2008 die Liste "EHV-Kostenanteile 2008".

13Mit Urteil vom hat das LSG auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Quartale III/2006 und IV/2006 Leistungen aus der EHV ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors gemäß § 8 Abs 1 GEHV zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten hat es das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte zur Neubescheidung des EHV-Anspruchs des Klägers hinsichtlich der Kürzungen wegen technischer Leistungen gemäß § 5 GEHV verurteilt worden war. Mit der zum in Kraft getretenen Regelung des § 5 GEHV 2010 habe die Beklagte auch für die streitbefangenen Quartale eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Abzug besonderer Kosten geschaffen. Die Rückwirkung der Regelung sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Ein Vertrauen der inaktiven Vertragsärzte, dass ein solcher Abzug nicht vorgenommen werde, habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.

14Soweit es durch den Nachhaltigkeitsfaktor zu einer Kürzung der EHV-Ansprüche für die streitbefangenen Quartale komme, verletze dies den Kläger in seinem Eigentumsrecht aus Art 14 Abs 1 GG. Der aktive Vertragsarzt erwerbe durch Minderung seines Honoraranspruchs zugunsten der EHV, der eine Funktion wie dem Beitrag zur Rentenversicherung zukomme, Teilhabeansprüche an dem zukünftig erwirtschafteten Honorar der Vertragsärzte. Der EHV-Bezieher habe die rechtlich geschützte Erwartung, dass bei relativ gleichbleibenden Finanzmitteln die Leistung aus der EHV in einer aufgrund des erworbenen Anspruchssatzes bestimmbaren Höhe auf Dauer garantiert sei. Die Minderung des EHV-Anspruchs durch den Nachhaltigkeitsfaktor sei zwar von einem gewichtigen Gemeinwohlinteresse getragen. Wie alle Alterssicherungssysteme stehe die EHV vor dem Problem, dass eine immer kleinere Zahl von aktiven Vertragsärzten eine immer größere Zahl inaktiver Vertragsärzte versorgen müsse. Bei unveränderter Fortführung der EHV wäre die Belastungsquote der aktiven Ärzte im Jahr 2009 auf 6,05 % gestiegen, im Jahr 2010 auf 6,4 %. Allein eine steigende Beitragslast berechtige aber noch nicht zu Kürzungen bei den erworbenen Rentenansprüchen. Die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors habe ausschließlich die inaktiven Vertragsärzte belastet. Der Kläger habe in den streitbefangenen Quartalen eine Minderung der Leistungen um mehr als 6 % hinnehmen müssen.

15Zur Begründung ihrer Revision trägt die Beklagte vor, das LSG beschränke die Gestaltungsfreiheit des Normgebers unangemessen. Die Reform im Jahr 2006 sei im Rahmen ihrer Beobachtungs- und Reaktionspflicht erfolgt. Es habe sich gezeigt, dass der Ausgleichsfonds nur eine mittelfristige Stabilisierung hätte bewirken können. Ohne weitere Auffangregelungen zur Kompensation demographischer Verwerfungen hätte es einen kontinuierlich steigenden EHV-Umlagesatz gegeben. Die Festschreibung der Belastungsquote auf 5 % habe sich an dem Honoraranteil orientiert, der in der Vergangenheit von den Vertragsärzten im Durchschnitt habe aufgewandt werden müssen. Ohne die Begrenzung durch den Nachhaltigkeitsfaktor wäre im Quartal I/2009 die Belastungsgrenze von 6 % überschritten gewesen. Im Interesse der Sicherstellung der Versorgung und der Bestandssicherung der EHV habe man dem entgegenwirken müssen. Der Nachhaltigkeitsfaktor belaste auch nicht unverhältnismäßig die inaktiven Vertragsärzte, zumal er seit Ende 2011 auf maximal 80 % beschränkt gewesen sei. Das LSG habe nicht hinreichend die weiteren Maßnahmen berücksichtigt, die mit der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors getroffen worden seien. So seien die Anspruchshöchstsätze von 15 % auf 18 % zurückgeführt worden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der EHV nur um eine Teilsicherung der Vertragsärzte handele, die daneben Leistungen aus dem Versorgungswerk der hessischen Ärzte erhielten. Grundlage für die Berechnung sei ab dem Quartal III/2006 das Durchschnittshonorar der aktiven Vertragsärzte vor - und nicht wie bis dahin nach - Abzug des EHV-Anteils und nach Berücksichtigung der Praxiskosten gewesen. Dieses geänderte Vorgehen habe zu einer Abmilderung der Auswirkungen des Nachhaltigkeitsfaktors geführt (Reduzierung von 6,1822 % statt 11,1822 %). Das gelte auch für die seit 2011 vorgesehene Einbeziehung der Einnahmen aus Sonderverträgen. Die Entwicklung der Bezüge aus der EHV vom Quartal I/2000 bis zum Quartal II/2009 mache deutlich, dass das Absinken der Auszahlungsquote nicht zwingend zu niedrigeren Auszahlungsbeträgen führe. Es werde immer noch ein angemessenes Leistungsniveau gewährleistet. Schließlich sei ein vertretbarer und kalkulierbarer EHV-Umlagesatz Voraussetzung für eine dauerhafte Sicherstellung der Versorgung.

16Die Beklagte beantragt,das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom aufzuheben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger für die Quartale III/2006 und IV/2006 Leistungen aus der EHV ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors zu erbringen,die Berufung des Klägers zurückzuweisen,die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Anschlussrevision zurückzuweisen.

17Der Kläger beantragt,die Revision der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlussrevision,das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom zu ändern, soweit dieses das Urteil des SG Marburg vom geändert und die Klage abgewiesen hat, soweit die Beklagte zur Neubescheidung des EHV-Anspruchs des Klägers hinsichtlich der Kürzungen wegen technischer Leistungen gemäß § 5 GEHV verurteilt worden istund die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

18Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend, soweit die Beklagte zur Leistung ohne Quotierung verurteilt worden ist. Soweit die Beklagte das Absinken des wirtschaftlichen Wertes des Höchstanspruchs für eine Belastung der aktiven Vertragsärzte anführe, könnten die Aktiven auf die Prognose reagieren, die Inaktiven aber nicht mehr. Es sei eine besonders strenge Kontrolle der Verhältnismäßigkeit geboten, weil die inaktiven Vertragsärzte in der Vertreterversammlung nicht vertreten seien. Dass Ärzte durch die EHV nicht von der Niederlassung in Hessen abgehalten würden, zeige der Anstieg der Zahl der Ärzte von 2006 bis 2011 um 600. Im Wege der Anschlussrevision wendet sich der Kläger gegen den Abzug der TL-Anteile nach § 5 GEHV. Die Vorschrift sei so unklar formuliert, dass kein Arzt nachvollziehen könne, welche Honoraranteile für "technische Leistungen" von welchen Beträgen abgesetzt würden. Die Neuregelung aus dem Jahr 2010 zum verstoße gegen das Rückwirkungsverbot.

Gründe

19Die Revision der Beklagten ist nur teilweise begründet. Ohne Erfolg wendet sie sich gegen die Beurteilung des LSG, dass die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors auf den Zahlungsanspruch des Klägers rechtswidrig ist. Zu Recht rügt sie aber, dass das LSG sich auf eine Verpflichtung zur Neubescheidung hätte beschränkten müssen und sie nicht hätte verurteilen dürfen, Leistungen ohne Quotierung zu erbringen. Die Anschlussrevision des Klägers ist nicht begründet.

201. Die Anschlussrevision des Klägers ist zulässig. Die Revisionsfrist des § 164 Abs 1 SGG gilt nicht für die Anschlussrevision, die nach der Rechtsprechung des BSG auch in der Sozialgerichtsbarkeit statthaft ist (vgl BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 29; BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 4 RdNr 16 mwN). Nach § 202 SGG iVm § 554 ZPO kann sich der Kläger auch noch nach Ablauf der Revisionsfrist der Revision der Beklagten anschließen, wenn er dies binnen eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung erklärt. Diese Frist hat der Kläger hier eingehalten. Die Revisionsbegründung ist ihm am zugestellt worden, die Anschlussrevision hat er am eingelegt. Die Anschlussrevision des Klägers bezieht sich zwar auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt, aber auf denselben Streitgegenstand wie die Hauptrevision der Beklagten, nämlich die Höhe des Anspruchs des Klägers aus der EHV.

212. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der EHV in den streitbefangenen Quartalen sind die GEHV in der von der Vertreterversammlung der KÄV am und beschlossenen und von dem aufsichtsführenden Sozialministerium des Landes Hessen am genehmigten Fassung (veröffentlicht im HessÄBl, September 2006), ergänzt durch die Beschlüsse vom , und (Feststellung der Liste der TL-Anteile, Einbeziehung der Einnahmen aus Sonderverträgen), vom Hessischen Sozialministerium genehmigt mit Schreiben vom (veröffentlicht durch Rundschreiben "EHVAktuell" vom ). Sie sind, soweit die Berücksichtigung der Vergütung "technischer Leistungen" nach § 5 GEHV iVm den dazu beschlossenen Anlagen betroffen ist, rechtmäßig, hinsichtlich der Einführung des "Nachhaltigkeitsfaktors" nach § 8 GEHV rechtswidrig.

22a) In Hessen wird die Altersversorgung der Vertragsärzte - anders als in allen anderen KÄV-Bezirken - sowohl über das Versorgungswerk der Ärztekammer Hessen als auch über die KÄV sichergestellt. Nach § 8 des Gesetzes über die KÄV und die KZÄV Hessen (KVHG) sorgt die KÄV Hessen "im Rahmen ihrer Satzung für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Kassenärzte und Hinterbliebenen von Kassenärzten (seit 2009: '… Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen oder Vertragsärzten'). Diese Sicherung kann auch durch besondere Honorarverteilungsgrundsätze geregelt werden." Bundesgesetzliche Grundlage für die landesrechtliche Vorschrift des § 8 KVHG ist die nach wie vor geltende Regelung des Art 4 § 1 Abs 2 Satz 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) vom (BGBl I 513). Danach bleiben landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte unberührt. Diese Vorschrift schützt die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehenden Versorgungseinrichtungen von Kassen-(heute: Vertrags-)Ärzten (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 25; BSGE 25, 123, 128 = SozR Nr 1 zu Art 4 § 1 GKAR).

23Die beklagte KÄV führt seit dem die Alterssicherung im Wege einer (limitierten) Teilnahme der ehemaligen Vertragsärzte an der Honorarverteilung für jedes Quartal durch. Der Satzungsgeber des Versorgungswerks der Ärztekammer Hessen hat dem dadurch Rechnung getragen, dass die Mitglieder der Ärztekammer Hessen, die vertragsärztlich zugelassen sind, wegen ihrer über die KÄV Hessen organisierten Altersversorgung nur die Hälfte des Beitrags zum Versorgungswerk der Ärztekammer zu entrichten haben, der sich ergäbe, wenn sie mit ihrem gesamten Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit - bei Beachtung der bestehenden Beitragsbemessungsgrenzen - beitragspflichtig zum Versorgungswerk der Kammer wären.

24aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass § 8 KVHG iVm Art 4 § 1 Abs 2 GKAR verfassungsgemäß ist, insbesondere eine hinreichend präzise Ermächtigungsgrundlage für den Satzungsgeber enthält, im Rahmen der betroffenen grundrechtlichen Gewährleistungen von Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG einerseits und Art 14 Abs 1 GG andererseits Regelungen zu treffen (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 34 ff). Die Vorschriften bilden nicht nur mit hinreichender Bestimmtheit eine Grundlage für ein umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch für die Anpassung der EHV an sich ändernde Verhältnisse im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung. Nach Auffassung des Senats hat sich gezeigt, dass die Beklagte auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigungen auf (auch) grundlegende Änderungen in der Versorgungsstruktur in Bezug auf die EHV sachgerecht zu reagieren imstande ist (vgl dazu auch Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 8/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das betreffe sowohl die 1991 erfolgte Erweiterung der EHV auf Honorare, die für die Behandlung von Versicherten der Ersatzkassen über die KÄV verteilt worden sind als auch die Entscheidung, die Psychologischen Psychotherapeuten nicht in die EHV einzubeziehen.

25Künftigen Regelungsbedarf hat der Senat im Hinblick auf die Einnahmen der Vertragsärzte gesehen, die nicht mehr über die KÄV bezogen werden. Als Reaktion hierauf fasste der Landesgesetzgeber § 8 KHVG zum neu (vgl Drucksache des Hessischen Landtags 18/767 S 3). Nach der Neufassung sind zur Sicherung der EHV der KÄV neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der KÄV ausgezahlt werden, der EHV unterworfen. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung (Abs 2). Die KÄV ist berechtigt, durch Satzung die Einbeziehung der Umsätze für Leistungen nach Abs 2 zu regeln (Abs 4).

26bb) Die maßgeblichen Regelungen für die EHV in den GEHV wurden im Laufe der Zeit häufig geändert. Grundlegende Umgestaltungen erfolgten in jüngerer Zeit zum und erneut zum sowie zuletzt zum .

27(1) Die Reform zum Quartal IV/2001 senkte den Höchstanspruchssatz von 18 % auf 15 %. Die "Normalstaffel" wurde auf eine 30-jährige statt auf eine 35-jährige vertragsärztliche Tätigkeit ausgerichtet. Besondere Kosten der Praxistätigkeit wurden von den festgestellten Honorarforderungen der aktiven Vertragsärzte abgezogen. Einem Ausgleichsfonds wurden bis zum Quartal II/2006 Finanzmittel zu Lasten der Honorarverteilung zugeführt.

28(2) Mit der Reform zum kehrte die Beklagte wieder zu einem Anspruchshöchstsatz von 18 % zurück. Die EHV-Belastungsgrenze für die aktiven Vertragsärzte wurde in § 8 Abs 1 GEHV auf maximal 5 % festgesetzt. Beim Überschreiten dieses Wertes wurden alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor so quotiert, dass die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung einen Wert von 5 % nicht überschritten. Zum wurde der Nachhaltigkeitsfaktor auf 80 % begrenzt. Die Belastungsgrenze der aktiven Vertragsärzte konnte von 5 % auf 6 % steigen für den Fall, dass die Ansprüche der EHV-Empfänger bis zu einer Höhe von 80 % mit einer Quote von 5 % nicht zu bedienen sind. Soweit auch dies nicht ausreicht, sollte eine weitere Absenkung des Nachhaltigkeitsfaktors erfolgen.

29Hinsichtlich der Bewertung der Praxiskosten fand eine Anpassung an die betriebswirtschaftliche Kalkulation der ärztlichen Leistungen bezogen auf einen ärztlichen Leistungsanteil und einen technischen Leistungsanteil (TL) statt. Der TL-Anteil der Kosten einer Praxis wurde unmittelbar von der Honorarforderung der aktiven Vertragsärzte abgezogen, soweit sie über dem Anteil der jeweiligen Fachgruppe lagen. Grundlage der Bewertung der TL-Anteile waren Listen der KÄBV, die eine Aufstellung der technischen Leistungsanteile der Leistungsziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) enthielten. Zum Quartal II/2006 änderte die Beklagte auch ihre Verwaltungspraxis hinsichtlich der Berechnung des maßgeblichen Durchschnittshonorars. Zugrunde gelegt wurde nicht mehr das Durchschnittshonorar der aktiven Vertragsärzte aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen nach EHV-Quotierung gemäß § 8 Abs 1 GEHV, sondern vor dieser Quotierung und nach Berücksichtigung der Praxiskosten nach § 5 GEHV.

30Zum beschloss die Vertreterversammlung eine Neufassung des § 5 Abs 1 GEHV rückwirkend ab dem . Mit ihr wurde den vom SG geäußerten Bedenken Rechnung getragen und die Liste der TL-Anteile gemäß § 5 Abs 1 GEHV ausdrücklich durch die Vertreterversammlung festgestellt. Außerdem wurde auf der Grundlage des neu gefassten § 8 KVHG eine Bestimmung eingefügt, wonach Vergütungen für Leistungen der GKV, die außerhalb der Gesamtvergütung vergütet wurden, einbezogen wurden.

31Mit Wirkung zum (Beschlüsse vom und ) wurde die GEHV dahin geändert, dass Ärzte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, an der EHV teilnehmen und trotzdem ihre vertragsärztliche Tätigkeit fortsetzen können.

32(3) Zum reformierte die Beklagte die EHV grundlegend: Es gibt nunmehr neun Beitragsklassen, in die alle Vertragsärzte eingruppiert werden. Aus der Beitragsklasse folgt ein fester Eurobetrag als Beitrag. Die Höhe des Anspruchs aus der EHV ergibt sich aus den durch die Beiträge gesammelten Punkten. Die Höchstpunktzahl wurde von 12 000 auf 14 000 Punkte angehoben. Die Höhe der monatlichen EHV-Leistung errechnet sich aus der Multiplikation der über die Beitragszeit erworbenen Punkte mit einem festen Punktwert in Euro. Ausgangswert des zum festgelegten Punktwertes war der Jahresbetrag des Durchschnittshonorars 2010 nach den bis zum gültigen Grundsätzen der EHV. Die Ansprüche der EHV-Empfänger, die bereits vor dem Leistungen bezogen, wurden versicherungsmathematisch umgerechnet. Das Eintrittsalter wird schrittweise auf 67 Jahre angehoben.

33b) Die Verteilungsprinzipien der EHV waren bereits Gegenstand der (ua B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 97 ff) und (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43). Im Urteil vom hat der Senat zu den Regelungen über die Beitragsbemessung zur EHV ausgeführt, es gälten die allgemein für die Erhebung von Beiträgen maßgeblichen Grundsätze, insbesondere das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz. Aus dem Äquivalenzprinzip folge, dass Beitragsleistung und Versorgungsleistung einander entsprechen müssten. Zu beanstanden sei danach weder der Verzicht auf eine Beitragsbemessungsgrenze noch die Anknüpfung des Beitrags an die Honorarhöhe (aaO RdNr 110 ff).

34Im Urteil vom hat der Senat die Anforderungen an normative Regelungen zur Alters- und Invaliditätssicherung von Vertragsärzten in der aktiven wie in der Ruhestandsphase präzisiert. Die Maßstäbe ergäben sich einerseits aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG) und andererseits - insbesondere in der inaktiven Phase - aus Art 14 Abs 1 GG. Die Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der EHV nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit seien strukturell und im Hinblick auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit Ansprüchen aus betrieblichen Versorgungsanwartschaften und aus den beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystemen vergleichbar (aaO RdNr 39). Sie seien dem Inhaber nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts als privatnützig zugeordnet, dienten seiner Existenzsicherung und beruhten auf Eigenleistungen ihres Inhabers (vgl BVerfGE 69, 272, 300 ff = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 125 ff; BVerfGE 100, 1, 32 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 47 ff zum Schutz von Renten und Rentenanwartschaften). Der Vorwegabzug des Anteils der aktuellen Gesamtvergütung, der für die Zwecke der als reines Umlagesystem organisierten EHV benötigt werde, übernehme die Funktion, die in der Rentenversicherung und der berufsständischen Altersversorgung dem "Beitrag" zukomme.

35Zum Umfang des Anspruchs hat der Senat dargelegt, den jetzt im Ruhestand lebenden Vertragsärzten sei zugesichert worden, dass sie an der Verteilung der Gesamtvergütung nach allgemein verbindlichen, vor dem jeweiligen Quartal erlassenen Regelungen teilnehmen, und dass sich - nicht anders als in einem umlagefinanzierten System wie der gesetzlichen Rentenversicherung und auch nicht anders als in der steuerfinanzierten Versorgung von Beamten - der wirtschaftliche Erfolg in der aktiven Zeit in der Höhe der Einnahmen in der inaktiven Phase - nicht punktgenau, sondern nur prinzipiell - widerspiegelt (aaO RdNr 53). Die Beklagte sei im Rahmen ihrer Satzungsautonomie stets gehalten, auf einen sachgerechten Ausgleich hinzuwirken zwischen den Belangen der aktiven Ärzte, denen hinreichende Anreize für Aufnahme und Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gegeben werden müssten, und den Interessen der früheren Vertragsärzte, die durch eigene Aktivitäten die Höhe ihrer Ansprüche aus der EHV nicht mehr beeinflussen und ihre Altersversorgung nicht mehr ausbauen könnten und deshalb besonders schutzbedürftig seien (aaO RdNr 55). Das entspreche auch der Rechtsprechung des BAG zur Verschlechterung von Versorgungsanwartschaften und Versorgungsansprüchen früherer Arbeitnehmer durch tarifvertragliche Regelungen (aaO RdNr 57 unter Hinweis auf NZA 2008, 182, 187 = BAGE 124, 1 = AP Nr 69 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen).

36c) Gemessen an diesen Maßstäben hat das LSG zu Recht die Berücksichtigung der technischen Anteile nicht beanstandet, wohl aber die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors in seiner konkreten Ausgestaltung.

37aa) Die hier angegriffenen Satzungsbestimmungen sind formell rechtmäßig. Dass die Beschlussfassung über die GEHV durch die Vertreterversammlung kein Indiz für eine einseitige Bevorzugung der Belange der aktiven Vertragsärzte sei, hat der Senat bereits in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2008 dargelegt und darauf hingewiesen, dass Vertragsärzte in den letzten Jahren ihrer aktiven Tätigkeit sehr genau beobachten werden, wie die Verteilungsgrundsätze durch die Vertreterversammlung ausgestaltet werden, und darauf achten werden, dass nicht im Hinblick auf kurzfristige Vorteile, die ihnen in den wenigen Jahren der vertragsärztlichen Tätigkeit noch zugute kommen mögen, ihre mutmaßlich für eine sehr viel längere Zeit zu gewährenden Bezüge aus der EHV geschmälert werden (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 61). Der Senat hat es als Sache der Aufsichtsbehörde bzw der Gerichte angesehen, von der Vertreterversammlung getroffene einseitige Regelungen zu Lasten der inaktiven Vertragsärzte zu beanstanden (aaO RdNr 64). Die Bildung einer "Interessengemeinschaft EHV", deren Vorsitzender der Kläger ist, belegt im Übrigen, dass die inaktiven Vertragsärzte durchaus in der Lage sind, ihre Interessen zu organisieren und wirkungsvoll zu vertreten. Nach Angaben des Klägers hat die Interessengemeinschaft entscheidend die grundlegende Neuorientierung der seit 2012 geltenden EHV-Regelungen beeinflusst.

38bb) Die Vorschrift des § 5 GEHV zu den Technischen Leistungen in der Gestalt, die sie durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung der Beklagten aus 2010 erhalten hat, ist rechtmäßig. Sie entspricht strukturell den bereits zuvor geltenden Regelungen, die der Senat nicht beanstandet hat.

39(1) Der Senat hat im Urteil aus 2008 dargelegt, dass schon seit dem bei der Ermittlung der für die EHV einzubehaltenden Gesamtvergütungsanteile, die auf die einzelne Praxis entfallen, besondere Kosten berücksichtigt wurden. Damit habe die Beklagte in zulässiger Weise auf die signifikanten Unterschiede bei den Kostensätzen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung reagiert. Die Berücksichtigung von besonderen Kosten bei bestimmten Leistungen habe der Senat bereits in seinen Urteilen vom (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 112) nicht nur gebilligt, sondern tendenziell im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG für geboten gehalten. Soweit vertragsärztliche Umsätze verschiedener Arztgruppen nicht mehr tendenziell Überschüsse in ähnlicher Größenordnung erwarten lassen, müsse dies bei Belastungen, die allein an Umsätzen ausgerichtet seien, berücksichtigt werden (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 67).

40§ 5 GEHV in der ab dem geltenden Fassung hat der Senat nicht beanstandet. Danach wurden bei der Ermittlung der Honorarforderung des Vertragsarztes für bestimmte Leistungsbereiche besondere Kosten, zB Dialysekosten, unmittelbar von der Honorarforderung abgezogen. Von der verbleibenden Honorarforderung wurden unter der Annahme eines allgemeinen Praxiskostensatzes von 50 % die darüber hinaus nach der Anlage zu § 5 Abs 1 GEHV für einzelne Leistungsbereiche definierten besonderen Kosten unter Berücksichtigung der abgerechneten Honorarforderung für die dort aufgeführten Leistungen zusätzlich anteilig in Abzug gebracht. Für kostenintensive Leistungen konnte der Vorstand weitere besondere Kostensätze anerkennen. Bei der Ermittlung der Durchschnittshonorare wurden nach § 5 Abs 3 GEHV (2001) die nach den Abs 1 und 2 der Vorschrift berücksichtigungsfähigen besonderen Kosten abgezogen. Der Senat hat in seiner Entscheidung aus 2008 ausgeführt, dass diese Regelungen rechtstechnisch an die vom Senat bereits zuvor gebilligte Berücksichtigung besonderer Kosten anknüpften. Neu sei, dass die auf diese Kosten entfallenden Anteile der Gesamtvergütung bei der Berechnung der Durchschnittshonoraranforderung aller Vertragsärzte (§ 3 Abs 1 GEHV) außer Betracht blieben (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 69).

41Im Hinblick auf Art 14 Abs 1 Satz 2 GG hat der Senat die Vorschrift nicht beanstandet (aaO RdNr 71 f). Die Beklagte habe im Rahmen der ihr als normsetzender Körperschaft zukommenden Gestaltungsfreiheit zum verschiedene Neuregelungen getroffen, die sich auf aktive wie auf ehemalige Ärzte belastend ausgewirkt haben. Die Neuregelung der Berücksichtigung der besonderen Kosten belaste die ehemaligen Vertragsärzte, aber auch die aktiven Vertragsärzte, die eben mit den auf diese Kosten entfallenden Anteilen ihrer Honorarforderung keine Ansprüche für ihre spätere Teilnahme an der EHV erwerben könnten. Auch in der Generationenperspektive biete der Ansatz bei (steigenden) Praxiskosten für bestimmte Leistungen Vorteile. Der EHV sei der Anspruch der früheren Vertragsärzte immanent, an steigenden Gesamtvergütungen zu partizipieren. Wenn und soweit aber steigende Gesamtvergütungen eher steigende Kosten der vertragsärztlichen Tätigkeit abbilden als steigende Gewinne, sei es prinzipiell gerechtfertigt, die inaktiven Vertragsärzte von der Teilnahme an solchen rein kostenbedingten Erhöhungen auszuschließen, weil bei ihnen solche Kosten nicht mehr anfallen. Deshalb sei es der Beklagten nicht verwehrt, steigende Kosten für besonders aufwendige Leistungen zum Anlass einer gewissen Umverteilung zwischen den einzelnen Arztgruppen unter Einschluss auch der ehemaligen Vertragsärzte zu nehmen. Ob die Belastung dieser Ärzte exakt den Auswirkungen der steigenden Kosten entspreche, bedürfe keiner näheren Prüfung. Die gerichtliche Kontrolle von Geeignetheit und Erforderlichkeit anspruchsbegrenzender Normen müsse auf den Ausschluss struktureller Fehlfestlegungen und ersichtlich unangemessener Lastenverteilungen ausgerichtet sein, wenn sie die Gestaltungsfreiheit des Normgebers nicht unangemessen beschränken solle.

42(2) Die hier streitbefangene Neufassung des § 5 GEHV zum unterschied sich strukturell nicht von der bereits vom Senat gebilligten Fassung der Norm zum . Im Abs 1 Satz 1 der Neufassung 2006 fand sich wie zuvor die Verweisung auf die Anlage zu § 5, die allerdings nun keine Regelungen mehr enthielt. Dementsprechend entfiel mit der Satzungsänderung im Jahr 2010 der Verweis auf die Anlage. Inhaltlich übereinstimmend sahen die Fassungen des § 5 GEHV aus 2006 und 2010 vor, dass leistungsbezogen die unter Berücksichtigung des "TL"-Anteils im EBM 2000plus definierten Honoraranteile festgestellt und mit einem Anteil von x % von der verbleibenden Honorarforderung abgezogen wurden. Der Anteil von x % bestimmte sich nach § 5 Abs 1 Satz 3 GEHV 2006 ab Einführung des EBM 2000plus für die folgenden vier Quartale so, dass sich im Ergebnis das im jeweiligen Vorjahresquartal festgestellte Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar, berechnet auf der Basis aller in der EHV einbezogenen Honorarforderungen, und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der seinerzeit anerkennungsfähigen besonderen Kosten, auch im aktuellen Abrechnungsquartal ergab. Diese Formulierung wurde 2010 lediglich dahin geändert, dass die Worte "für die folgenden vier Quartale" wegfielen (dort Satz 5). Maßgeblich war mithin das Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar vor und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der besonderen Kosten, jeweils bezogen auf das Vorjahresquartal. Die über den Anteil x hinausgehenden Honorarforderungen gingen in die weitere EHV-Berechnung nicht ein. Tatsächlich wurden nur die Kosten vom Honorar abgezogen, die über dem Faktor x lagen. In der im Jahr 2010 rückwirkend zum beschlossenen Änderung des § 5 Abs 1 Satz 4 GEHV wurde dies unmissverständlich deutlich: "Die Berücksichtigung dieser Kostenanteile erfolgt nur, soweit sie einen Anteil von x % der jeweiligen Fachgruppe übersteigen."

43Die Bezugnahme in § 5 GEHV auf die TL-Anteile des EBM 2000plus war hinreichend bestimmt. Die für die Trennung zwischen ärztlichen und technischen Leistungen von der KÄBV ausgewerteten Daten des Statistischen Bundesamtes und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung durften von der Beklagten als repräsentativ zugrunde gelegt werden. Bereits im Jahr 2004 hat der Senat nicht beanstandet, dass die Kostensätze für die besonders kostenintensiven Leistungen ua anhand der Durchschnittskosten der Strukturanalysen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Statistischen Bundesamtes ermittelt worden waren (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 112). Auch wenn die Ermittlungen nicht im Zusammenhang mit der EHV erfolgten, bilden sie eine verlässliche Basis für eine Bestimmung der Kostenanteile. Das SG hat indes zu Recht bemängelt, dass zum einen der ursprüngliche Wortlaut des § 5 Abs 1 Satz 3 GEHV - "ab Einführung des EBM 2000plus für die folgenden vier Quartale" - die Auslegung zuließ, dass es sich lediglich um eine Übergangsvorschrift bis zum handelte und zum anderen auf einen Faktor verwiesen wurde, der nicht Bestandteil des EBM-Ä oder der GEHV war. Wenn die Vertreterversammlung im Jahr 2010 rückwirkend die Liste der TL-Anteile aufgestellt und beschlossen hat, hat damit aber eine zulässige Klarstellung durch den Satzungsgeber stattgefunden.

44Insofern bestehen keine Bedenken gegen die Rückwirkung des § 5 Abs 1 GEHV (2010). Zwar entfaltete die Regelung eine echte Rückwirkung, weil sie in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene Zeiträume betraf. Gesetze mit echter Rückwirkung sind grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (stRspr, vgl BVerfGE 101, 239, 263; 131, 20, 39; 132, 302, 318, jeweils mwN). Von diesem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze bestehen jedoch Ausnahmen (stRspr, vgl BVerfGE 122, 374, 394 f; 126, 369, 393 f = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 75; BVerfGE 131, 20, 39). Das Rückwirkungsverbot findet nach der Rechtsprechung des BVerfG im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl BVerfGE 88, 384, 404; 122, 374, 394; 126, 369, 393 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 75). Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl BVerfGE 95, 64, 86 f; 122, 374, 394) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war (vgl BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art 2 § 99 Nr 8 S 24 f mwN). Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten (vgl BVerfGE 95, 64, 86 f; 122, 374, 394). Das kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste (vgl BVerfGE 88, 384, 404; 126, 369, 393 f = SozR 4-5050 § 22b Nr 9). Danach steht das Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG einer Rückwirkung hier nicht entgegen.

45Die Teilnehmer an der EHV mussten bereits seit 2001 akzeptieren, dass besondere Kostenanteile vom Durchschnittshonorar abgezogen wurden. Das galt in gleichem Maße für die aktiven Vertragsärzte, deren Punktzahlen für die Anwartschaft hierdurch geschmälert wurden, wie für die inaktiven Vertragsärzte, für die sich dadurch die Berechnungsgrundlage verringerte. Das LSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Senat die Berücksichtigung besonderer Kosten sogar unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten für geboten gehalten hat (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 111 f; BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 67). Bereits zum war die Vorschrift des § 5a GEHV eingefügt worden, die wortgleich dem ab dem geltenden § 5 GEHV entsprach. Nach ihren eigenen Angaben verfuhr die Beklagte bereits ab dem Quartal III/2005 entsprechend. Auch in Anbetracht der missverständlichen Formulierung zum zeitlichen Geltungsbereich war ab dem erkennbar, dass eine Orientierung an der zum EBM-Ä erstellten TL-Liste erfolgen sollte. Mit den Beschlüssen der Vertreterversammlung aus dem Jahr 2010 wurde lediglich sichergestellt, dass die jeweils aktuelle Liste der TL-Anteile, auf die bisher nur allgemein Bezug genommen worden war, ausdrücklich durch die Vertreterversammlung in die GEHV inkorporiert wurde. Klargestellt wurde neben der Geltungsdauer, dass es auf den Kostenanteil der jeweiligen ärztlichen Fachgruppe ankam und dass nur der diesen Durchschnittsanteil überschreitende Kostenanteil berücksichtigt wurde. Eine materielle Änderung ergab sich daraus nicht. Dementsprechend änderte sich auch die Praxis der Beklagten nicht. Das LSG hat zutreffend ausgeführt, dass mit der Neuregelung lediglich das tatsächliche und grundsätzlich rechtmäßige Vorgehen der Beklagten auf eine klarere Rechtsgrundlage gestellt worden ist. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass es bei der in Teilen missverständlichen Regelung bzw der nur unbestimmten Bezugnahme bleiben würde, konnte nicht entstehen.

46Soweit die Feststellung des Anteils von x % dem Vorstand übertragen war, hat das LSG zu Recht ausgeführt, dass damit keine Blankett-Ermächtigung erteilt, sondern nur die Aufgabe übertragen wurde, den rechnerisch nach den vorgegebenen Kriterien ermittelten Faktor x formell festzustellen.

47cc) Dem LSG ist auch zuzustimmen, dass die konkrete Ausgestaltung des Nachhaltigkeitsfaktors gegen Art 14 Abs 1 GG verstößt. Dass der Anspruch aus der EHV dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG unterfällt, hat der Senat bereits entschieden und insofern eine Parallele zu den Betriebsrenten gezogen (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 37 ff). Hierzu hat das BVerfG entschieden, dass das Grundrecht auf Eigentum auch unverfallbare Anwartschaften schützt, wenngleich nicht in einer konkreten Höhe (vgl BVerfGE 131, 66, 80; BVerfG <Kammer> Beschluss vom - 1 BvR 488/10, 1 BvR 1047/10 - Juris RdNr 22 mwN). In seiner Entscheidung zur Aussetzung der Anpassung des aktuellen Rentenwertes zum hat das BVerfG ausgeführt, bei der eigentumsrechtlichen Prüfung gesetzlicher Regelungen, die die Höhe von Rentenleistungen beeinflussen, müsse dem Gesetzgeber eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben, um das Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten. Daher verfestige die Eigentumsgarantie das Rentenversicherungssystem nicht so, dass es starr werde und den Anforderungen unter veränderten Umständen nicht mehr genügen könne (BVerfG SozR 4-2600 § 68 Nr 2 RdNr 51 mwN). Gesetzliche Maßnahmen, die der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung dienen, müssten allerdings von einem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen und verhältnismäßig sein.

48Diesen Anforderungen, die in entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des BVerfG zu Parlamentsgesetzen auch an die untergesetzlichen Regelungen zu stellen sind, hat die Beklagte mit der Ausgestaltung des Nachhaltigkeitsfaktors 2006 nicht hinreichend entsprochen. Es ist schon zweifelhaft, ob für die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors gewichtige Gründe angeführt werden können. Zwar hat die Beklagte dargelegt, dass es ohne eine Reform der EHV langfristig zu einer kontinuierlich steigenden Belastung der aktiven Vertragsärzte kommen würde. Das LSG hat im Hinblick auf die Belastungsquote in den streitbefangenen Quartalen aber zu Recht auf die Beitragsentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung verwiesen, wo deutlich höhere Beitragssätze als 5 % bis 6 % zu entrichten sind. Wie in allen umlagefinanzierten Alterssicherungssystemen ist vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartung und dem Heranrücken der geburtenstarken Jahrgänge an die Altersgrenze grundsätzlich ein zumindest langfristiges Finanzierungsproblem einleuchtend. Ob angesichts des vom Kläger unwidersprochen vorgetragenen Zuwachses an Vertragsärzten und einem gleichzeitigen Anstieg der Gesamtvergütungen, der sich auch in gleichbleibenden Durchschnittshonoraren bei gestiegener Zahl der Leistungserbringer niederschlägt, eine akute Handlungsnotwendigkeit infolge der demographischen Entwicklung bestand, kann letztlich offenbleiben. Der Anstieg des EHV-Anteils der aktiven Vertragsärzte bereits ab dem Quartal IV/2001 ist jedenfalls belegt, ebenso der relative Anstieg der Zahl der EHV-Bezieher gegenüber den aktiven Vertragsärzten. Dass die Beklagte möglichst frühzeitig einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit der EHV entgegentreten wollte, ist sachgerecht und im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat aber den ihr als normsetzender Körperschaft zukommenden Gestaltungsspielraum (vgl BSGE 101, 100 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 71) überschritten. Anders als die Reform zum hat sich die Reform zum nicht gleichmäßig belastend auf aktive wie auf ehemalige Ärzte ausgewirkt, sondern die EHV-Bezieher unverhältnismäßig belastet.

49Die in § 8 GEHV 2006 vorgesehene Begrenzung des EHV-Finanzierungsanteils der aktiven Vertragsärzte auf 5 % und die entsprechende Quotierung der EHV-Ansprüche waren im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geeignet und erforderlich, um die beabsichtigte langfristige Stabilisierung des Systems zu gewährleisten. Der Erforderlichkeit steht nicht entgegen, dass die Beklagte auch Handlungsalternativen hatte. Der Kläger kann daher nicht darauf verweisen, dass durch eine Weiterführung des Ausgleichsfonds die Stabilität von "Beitrag" und Leistung für weitere zehn Jahre gesichert gewesen wäre. Als "milderes Mittel" kann eine Maßnahme nicht angesehen werden, die lediglich die Kostenlast verschiebt (vgl BVerfGE 109, 64, 86). Wenn die Beklagte mit dem Ausgleichsfonds ein Element der Kapitaldeckung zugunsten eines reinen Umlageverfahrens wieder aufgibt, weil sie es langfristig nicht für ein geeignetes Finanzierungsinstrument hält, liegt dies innerhalb ihrer Normsetzungsfreiheit. Ob die Lastenverteilung gerechtfertigt ist, ist keine Frage der Erforderlichkeit, sondern der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

50Einschränkungen des Eigentumsrechts dürfen gemessen am sozialen Bezug und an der sozialen Bedeutung des Rechts und mit Blick auf den konkreten Regelungszweck nicht zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer unzumutbar treffen (vgl BVerfGE 110, 1, 28 mwN). Das ist hier jedoch der Fall. Der Nachhaltigkeitsfaktor in Verbindung mit der Begrenzung des Abzugs für die aktiven Vertragsärzte auf 5 % belastete einseitig und unverhältnismäßig die inaktiven Vertragsärzte. Ihre Ansprüche wurden im Ergebnis quotiert, um die Grenze einer Belastung der aktiven Vertragsärzte mit einem EHV-Anteil von 5 % einzuhalten. Das führte dazu, dass bereits im Jahr 2006 der dem Kläger bewilligte Anspruchshöchstsatz von nominal 18 % des Durchschnittshonorars tatsächlich nur noch 17,5 % betrug. In den Folgejahren sank der reale Anspruchssatz auf 16,9 % (2007), 16,3 % (2008), 15,7 % (2009) und 15,2 % im Jahr 2010 ab. Nach den von der Beklagten im Verfahren vorgelegten Berechnungen ergibt sich prospektiv unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors für das Jahr 2030 auf der Basis eines nominellen 18 %igen EHV-Anspruchs nur noch ein "rechnerischer" Höchstprozentsatz von 8,4 %. Der mit dem Anspruchssatz ausgedrückte prozentuale Teilhabeanspruch des Klägers sank damit im Jahr 2006 real um (gerundet) 2,8 % (17,5 % im Verhältnis zu 18 %), im Folgejahr bereits um 6,1 %, dann um 9,5 % im Jahr 2008, um 12,8 % im Jahr 2009 und schließlich um 15,6 % im Jahr 2010. Während der Kläger also eine kontinuierliche erhebliche Kürzung seines Teilhabeanspruchs hinnehmen musste, blieb die anteilige Belastung der aktiven Vertragsärzte gleich. Ohne den Nachhaltigkeitsfaktor hätte die EHV-Quote zu Lasten der aktiven Vertragsärzte im Quartal III/2006 5,62 % und im Quartal IV/2006 5,65 % betragen. Noch im Quartal II/2008 hätte die Belastung der aktiven Ärzte unter 6 %, nämlich bei 5,9732 % gelegen. Erst im Quartal I/2009 wäre mit einem Anteil von 6,0517 % die 6 %-Grenze überschritten worden. Eine Belastung in dieser Größenordnung wird auch von der Beklagten nicht als problematisch angesehen, wie die ab dem Jahr 2011 geltende Neuregelung des § 8 Abs 1 GEHV zeigt, wonach ein Wert von 6 % galt, wenn durch den Nachhaltigkeitsfaktor ein Wert von 80 % der EHV-Ansprüche nicht erreicht wurde. Das LSG weist zu Recht darauf hin, dass die Belastung der "Beitragszahler" auch in der Zeit der Bildung des Ausgleichsfonds über 5 % lag, denn die Einzahlungen in den Fonds erfolgten neben dem Abzug der EHV-Umlage.

51Der Vortrag der Beklagten, eine Minderung des Nachhaltigkeitsfaktors habe nicht notwendig niedrigere Eurobeträge nach sich gezogen, geht in zweifacher Hinsicht fehl. Zum einen hat der Kläger durch seine eigenen "Beiträge" aus der vertragsärztlichen Tätigkeit zwar keinen Anspruch auf einen bestimmten Auszahlungsbetrag, aber einen Anspruch auf Teilhabe in einem bestimmten Umfang erworben (vgl BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 53). Unabhängig vom konkreten Auszahlungsbetrag wurde nach der Konzeption des Nachhaltigkeitsfaktors die anteilige Teilhabe der inaktiven Vertragsärzte an der Honorarverteilung in erheblichem Umfang geschmälert. Dass der Kläger zum anderen aber auch bei den Auszahlungsbeträgen deutliche Einbußen hinzunehmen hatte, zeigt nicht nur die jeweilige Differenz in den streitbefangenen Quartalen (849,76 Euro im Quartal III/2006 und 875,16 Euro im Quartal IV/2006), sondern auch die Aufstellung seiner Quartalsbezüge seit Beginn seines EHV-Leistungsbezugs. Während er seit dem Quartal I/2000 nur in zwei Quartalen EHV-Leistungen von weniger als 7000 Euro erhielt, erzielte er in den Quartalen III/2006 bis I/2009 nur in zwei Quartalen ein Honorar von mehr als 7000 Euro. Das niedrigste Honorar erhielt er im Quartal III/2008 mit 6332,35 Euro. Die Aufstellung der Durchschnittshonorare der aktiven Vertragsärzte zeigt hingegen in etwa gleichbleibende Werte mit leicht steigender Tendenz. Ein Vergleich etwa der Werte des Quartals II/2006 (Durchschnittshonorar von 40 293,79 Euro, Bruttohonorar EHV 7252,88 Euro) mit denjenigen des Quartals II/2007 (Durchschnittshonorar 44 041,97 Euro, Bruttohonorar EHV 6742,46 Euro) zeigt, dass bei einer etwa 10 %igen Steigerung des Durchschnittshonorars durch die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors von den EHV-Beziehern nur 92,96 % des Honorars des entsprechenden Vorjahresquartals erzielt wurden. Ohne den Nachhaltigkeitsfaktor hätte sich bei einem Anspruchshöchstsatz von 18 % ein Bruttohonorar von 7927,55 Euro ergeben. Das ergibt eine Differenz von 1185,09 Euro und eine effektive Kürzung von 14,95 %. Der Aufstellung der Beklagten ist zu entnehmen, dass der Kläger infolge des Nachhaltigkeitsfaktors bis zu rund 1500 Euro (I/2009) weniger pro Quartal an Bruttohonorar erhalten hat. Die gesamten Aufwendungen der Beklagten für die EHV sanken in den Quartalen III/2006 bis II/2007 auf 75,45 Millionen Euro gegenüber 76,4 Millionen Euro im Jahr 2004. Es wird damit deutlich, dass nicht die Abwehr weitergehender Belastungen, sondern ganz vorrangig die Begrenzung der Belastung der Aktiven durch eine Festschreibung ihres Beitrags Ziel der Reform gewesen ist. Nach den Angaben der Beklagten betrug der Vorwegabzug im Jahr 2004 75,51 Millionen Euro, im Zeitraum III/2006 bis II/2007 75,67 Millionen Euro. Das entspricht der von der Beklagten vorgelegten Empfehlung des EHV-Ausschusses vom , die EHV-relevante Gesamtvergütung auf die Werte des Jahres 2004 zu begrenzen. Dass die aktiv tätigen Vertragsärzte nur "begrenzt", die EHV-Empfänger stärker belastet würden, hat der Ausschuss auch gesehen, "angesichts der stagnierenden bis rückläufigen Honorarentwicklung bei gleichzeitig zum Teil nachhaltigem Kostenanstieg" aber für vertretbar gehalten.

52Die aktiven Vertragsärzte wurden durch die Festschreibung des EHV-Anteils erheblich begünstigt. Für die Vergangenheit erfolgte zudem eine nachträgliche Entlastung durch die Auflösung des Ausgleichsfonds und die teilweise Rückzahlung der gezahlten Beiträge. Begünstigt wurden die Aktiven auch durch die Rückführung des maximalen Leistungsniveaus von 15 % auf 18 %. Hiervon profitierten zwar auch einige wenige Inaktive, die nach der Absenkung des Höchstanspruchssatzes im Jahr 2001 EHV-anspruchsberechtigt geworden waren. Ihre Ansprüche wurden nach dem Vortrag der Beklagten aus dem Ausgleichsfonds bedient. Im Wesentlichen begünstigte diese Regelung aber die Aktiven, die eine höhere Anwartschaft erreichen konnten. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Begrenzung des Umlagesatzes auf 5 % auch eine Absenkung der künftigen EHV-Bezüge der aktiven Vertragsärzte zur Folge habe, trifft dies zwar zu. Die Minderung der EHV-Bezüge trifft die inaktiven Ärzte aber ungleich schwerer, weil sie anders als die aktiven Vertragsärzte hierauf nicht mehr durch den Aufbau einer anderweitigen Absicherung reagieren können. Eine die Einnahmenseite betreffende Maßnahme wurde erstmals zum Quartal III/2011 durch die Einbeziehung der Sonderverträge getroffen. Damit wurde indes lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Teil der Vergütung nicht mehr von der KÄV gezahlt wird, das von der KÄV abgerechnete vertragsärztliche Honorar mithin nicht mehr die Vergütung für Leistungen zu Lasten der GKV widerspiegelt (vgl dazu BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 49 ff).

53Die Belastung der aktiven Vertragsärzte bei einem Durchschnittshonorar in Höhe von 41 194,39 Euro wie im Quartal III/2006 betrug beim Ansatz von 5 % etwa 2060 Euro im Quartal und lag damit unter dem nach § 13 Abs 1 der Versorgungsordnung zu zahlenden Beitrag für das ärztliche Versorgungswerk, der dem jeweiligen Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Eine Steigerung des EHV-"Beitrags" auf 6 % hätte eine durchschnittliche Mehrbelastung von ca 400 Euro im Quartal ausgemacht, was Verlusten im Bereich des EHV-Höchstanspruchssatzes zwischen ca 850 und 1500 Euro pro Quartal gegenüberstand. Da die Quotierung nur die zur Finanzierung der EHV-Ansprüche zur Verfügung stehenden Mittel begrenzte, waren - anders als bei dem Vorwegabzug von Kosten - die Anwartschaften der aktiven Vertragsärzte nicht betroffen. Soweit die Beklagte meint, die aktiven Vertragsärzte seien dadurch belastet worden, dass sie ihre Verwaltungspraxis dahin umgestellt habe, dass für die Berechnung des Durchschnittshonorars das Honorar vor Abzug des EHV-Anteils zugrunde gelegt worden sei, trifft dies nicht zu. Wie die Beklagte selbst betont, ergab sich dieses Vorgehen bereits zuvor aus § 3 GEHV, der allein auf die anerkannte Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 GEHV abstellte, sodass es einer Änderung der Berechnungsvorschriften nicht bedurfte. Wenn die Beklagte somit lediglich ihre Verwaltungspraxis den normativen Vorgaben anpasste, kann hierin keine eigenständige Belastung der aktiven Vertragsärzte gesehen werden.

54Hat sich damit die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors auch in der Gesamtschau mit den weiteren Änderungen der GEHV konzeptionell einseitig zu Lasten der inaktiven Vertragsärzte ausgewirkt, ist weiterhin zu berücksichtigen, dass hier ein kumulativer Effekt eingetreten ist, weil bereits mit der Neuregelung zum Quartal IV/2001 die Zahlungen aus der EHV in einer Größenordnung von 5 % bis 6 % gemindert wurden. Eine weitere Minderung des Anspruchs durch den Nachhaltigkeitsfaktor, den die Beklagte selbst für die hier streitbefangenen Quartale mit rechnerisch 11,1822 % bzw infolge der geänderten Betrachtung der Honorarbasis mit 6,1822 % angibt, addiert sich zu einer erheblichen wirtschaftlichen Entwertung des EHV-Anspruchs. Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors dazu führte, dass die EHV-Bezieher immer stärker von der tatsächlichen Entwicklung der Arzteinkommen abgekoppelt wurden. Übergangsregelungen, wie sie der beratende EHV-Ausschuss der Vertreterversammlung noch empfohlen hatte, wurden nicht getroffen. Erst im Jahr 2011 wurde eine Untergrenze von 80 % für die EHV-Ansprüche eingezogen, die aber ihrerseits an einen "Höchstbeitrag" von 6 % gekoppelt war. Die Anwartschaft aus der EHV schützt aber gerade den Anspruch auf Teilhabe an der Honorarentwicklung und nicht lediglich ein Existenzminimum. Der Vortrag der Beklagten, die EHV gewähre immer noch eine bedürftigkeitsunabhängige Sicherung, liegt neben der Sache. Ebenso wie die sozialversicherungsrechtlichen Rentenansprüche knüpft die EHV an während der Erwerbstätigkeit erbrachte eigene Leistungen an und dient neben der Existenzsicherung tendenziell auch der Absicherung des erlangten Lebensstandards (vgl zur berufsständischen Versorgung BVerwG, NJW 2006, 711). Der EHV-Anspruch ist auch nicht lediglich ein "Zubrot", sondern bildet immerhin die Hälfte der Altersversorgung der hessischen Vertragsärzte.

55dd) Es besteht andererseits kein Zweifel, dass auch die inaktiven Vertragsärzte einen Beitrag zur Stabilität der EHV leisten müssen. Anders als die aktiven Vertragsärzte haben die EHV-Bezieher aber nur noch sehr begrenzte Möglichkeiten, auf Kürzungen ihres Leistungsanspruchs durch anderweitige Dispositionen zu reagieren. Sie sind daher in besonderem Maße schutzbedürftig (vgl BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 55). Das LSG weist insofern zu Recht darauf hin, dass in einem Umlagesystem bei steigenden Kosten auch eine Erhöhung der Beitragslast in bestimmten Grenzen zumutbar ist. Dass eine solche Grenze bei einem "Beitrag" von 10 %, der zu einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 1500 Euro monatlich und mehr führen kann, überschritten ist, hat das LSG nachvollziehbar dargelegt. Welche Belastung als zumutbar angesehen werden kann, hängt nicht zuletzt von der Honorarentwicklung und den strukturellen Rahmenbedingungen der EHV ab. Eine Beeinträchtigung des Sicherstellungsauftrags der Beklagten durch eine maßvolle Erhöhung der Beiträge zur EHV ist derzeit nicht ersichtlich. Die tendenziell steigenden Arztzahlen belegen, dass die EHV kein Niederlassungshindernis ist. Sofern die Stabilität des Systems gewährleistet ist, kann von ihm sogar eine Anreizwirkung ausgehen. Das belegt nicht zuletzt das erfolglose Bestreben der Psychologischen Psychotherapeuten, nach ihrer Inkorporation in die vertragsärztliche Versorgung auch an der EHV teilzunehmen (vgl dazu BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 54; - Juris).

56Ist somit ein sachgerechter und ausgewogener Ausgleich zwischen den Interessen der "Beitragszahler" und den Interessen der Leistungsbezieher der EHV zu suchen, obliegt dies dem Satzungsgeber. Die Verurteilung der Beklagten zur Leistungsgewährung an den Kläger ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors kann daher keinen Bestand haben. In welcher Weise die Beklagte den widerstreitenden Interessen gerecht wird, ist ihrer Satzungsautonomie überlassen. Die Leistungsgewährung ohne jede Quotierung ist nicht die einzige rechtmäßige Vorgehensweise in den streitbefangenen Quartalen. Denkbar ist vielmehr auch, dass die Beklagte verschiedene Maßnahmen trifft, die in ihrem Zusammenspiel einerseits so weit wie möglich Bestandsschutz gewährleisten, andererseits aber auch unzumutbare Belastungen der "Einzahler" vermeiden. Ob es dabei zu einem "paritätischen Defizitausgleich" kommt, wie er nunmehr in § 5 GEHV in der ab 2012 geltenden Fassung vorgesehen ist, bleibt dem Gestaltungsermessen der Beklagten überlassen.

573. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 155 Abs 1 Satz 1 VwGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2014:190214UB6KA1013R0

Fundstelle(n):
DAAAE-79531