Instanzenzug:
Tatbestand
1Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 4. Dezember 2001 als atypisch stiller Gesellschafter an der Beklagten mit einer "Einmaleinlage" von 15.000 DM zuzüglich Agio in Höhe von 900 DM.
2Mit der Behauptung, der Vermittler, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen müsse, habe ihn nicht richtig aufgeklärt, ferner weise der für seine Anlageentscheidung maßgebliche Emissionsprospekt Stand 2001/2002 zahlreiche, von ihm im Einzelnen dargelegte Fehler auf und die Beklagte sei ihm daher zum Schadensersatz verpflichtet, hat der Kläger von der Beklagten Rückzahlung seiner geleisteten Einlage nebst Agio abzüglich erhaltener Ausschüttungen in Höhe von 4.222,26 €, mithin 3.907,28 €, Ersatz entgangenen Gewinns in Höhe von 1.803,09 € sowie Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt. Ferner hat er die Feststellung begehrt, dass der Beklagten ihm gegenüber aus der Beteiligung keinerlei Ansprüche mehr zustehen. Einen Hilfsantrag auf Erteilung von Auskunft über das Auseinandersetzungsguthaben als erste Stufe einer auf Auszahlung dieses Guthabens gerichteten Stufenklage hat die Beklagte anerkannt.
3Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der Hauptanträge abgewiesen und ihr hinsichtlich des hilfsweise gestellten Auskunftsantrags durch Teilanerkenntnisurteil stattgegeben. Die Berufung des Klägers gegen die Abweisung seiner Hauptanträge ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger dieses Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
4Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6Das Vorliegen von Aufklärungspflichtverletzungen und Prospektfehlern könne dahinstehen, da dem vom Kläger begehrten Schadensersatz die regelmäßig auch auf eine stille Gesellschaft anwendbaren Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft entgegenstünden. Nach diesen Grundsätzen, die auf den vorliegenden Fall einer mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft anwendbar seien, sei eine Inanspruchnahme der Anlagegesellschaft selbst ausgeschlossen.
7II. Die Revision des Klägers ist begründet.
81. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass zwischen den Parteien kein bloß zweigliedriges Gesellschaftsverhältnis zustande gekommen ist, sondern der Kläger einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft beigetreten ist, bei der nach Invollzugsetzung für den Fall etwaiger anfänglicher Mängel die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung finden, ist zwar aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wie der Senat in den am 19. November 2013 verkündeten Urteilen in entsprechende Beteiligungen an der Beklagten betreffenden Parallelverfahren im Einzelnen begründet hat (, BGHZ 199, 104 Rn. 17 ff.; Urteil vom 19. November 2013 - II ZR 320/12, [...], Rn. 14 ff.). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schließt die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft aber einen Anspruch des Klägers auf Ersatz von Vermögensschäden, die ihm - nach seinem Vorbringen - durch pflichtwidriges Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen im Zusammenhang mit seinem Beitritt zur Gesellschaft entstanden sind, nicht von vornherein aus. Auch bei Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kann, wie der Senat weiter entschieden hat, der Anleger, der sich an einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft beteiligt hat, das stille Gesellschaftsverhältnis unter Berufung auf den (behaupteten) Vertragsmangel durch sofort wirksame Kündigung beenden und unter Anrechnung des ihm bei Beendigung seines (fehlerhaften) Gesellschaftsverhältnisses gegebenenfalls zustehenden Abfindungsanspruchs von dem Geschäftsinhaber Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens verlangen, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung etwaiger Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter nicht gefährdet ist (, BGHZ 199, 104 Rn. 28 ff.).
92. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Kläger nach diesen Grundsätzen ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht, hat das Berufungsgericht von seinem abweichenden Rechtsstandpunkt aus nicht geprüft. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann die Abweisung der Klage hinsichtlich der Hauptanträge daher keinen Bestand haben. Sie stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
10a) Dass das Berufungsgericht lediglich das auf Schadensersatz gerichtete Hauptbegehren abgewiesen hat, weil die Beklagte in erster Instanz den Hilfsantrag des Klägers auf Berechnung und Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens in erster Stufe anerkannt hat, führt nicht etwa dazu, dass die Entscheidung im Einklang mit den oben dargestellten rechtlichen Vorgaben steht. Dem Kläger hätte vielmehr Gelegenheit gegeben werden müssen, seinen Vortrag an die in den Vorinstanzen nicht erörterten, oben dargelegten rechtlichen Vorgaben anzupassen. Ein Geschädigter ist nicht ohne weiteres an eine von ihm ursprünglich gewählte Art der Schadensberechnung gebunden (vgl. , NJW 2012, 50 Rn. 4 mwN). Der Kläger kann insoweit nicht darauf verwiesen werden, dass seinen Hilfsanträgen auf erster Stufe stattgegeben wurde. Mit diesen hat er nämlich lediglich die Verurteilung der Beklagten zur Errechnung und Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens begehrt. Einen daneben eventuell bestehenden Schadensersatzanspruch hat er mit den Hilfsanträgen nicht verfolgt. Diese Möglichkeit muss ihm im Rahmen einer Umstellung seines Hauptantrags eingeräumt werden.
11b) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts und des Vorbringens der Parteien kann auch nicht angenommen werden, dass einem über einen Abfindungsanspruch hinausgehenden Schadensersatzbegehren des Klägers zur Sicherung etwaiger Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der Mitgesellschafter der Erfolg zu versagen wäre. Ob und in welcher Höhe solche (hypothetischen) Ansprüche der anderen stillen Gesellschafter bestehen und aus dem Vermögen der Beklagten befriedigt werden können, steht nicht fest und müsste gegebenenfalls die Beklagte darlegen und beweisen, wenn sie sich einem Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber darauf berufen wollte, dieser sei wegen einer Gefährdung der Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter zumindest gegenwärtig nicht oder nicht in voller Höhe durchsetzbar. Im Übrigen wäre selbst für den Fall des Bestehens eines solchen Hindernisses das auf Zahlung eines bestimmten Schadensersatzbetrages gerichtete Leistungsbegehren des Klägers dahin auszulegen, dass jedenfalls die Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs in dieser Höhe begehrt wird. Sofern die sonstigen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs gegeben sind, stünde der Umstand, dass das Vermögen der Beklagten im Zeitpunkt der Entscheidung zur Befriedigung etwaiger (hypothetischer) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche und des Schadensersatzanspruchs nicht ausreichte, einer Feststellung seines Bestehens nicht entgegen.
12III. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit der Kläger Gelegenheit hat, seine Hauptanträge umzustellen und das Berufungsgericht die bislang offen gebliebenen Feststellungen zu den tatsächlichen Voraussetzungen des von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs treffen kann.
Fundstelle(n):
DStR 2014 S. 12 Nr. 36
ZAAAE-72127