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Grundlagen vom

Verlustabzug bei Körperschaften (§§ 8c, 8d KStG)

Dr. Ingmar Dörr und Dr. Andreas Eggert

Teil 1: § 8c KStG

A. Tatbestand

I. Einleitung

1 „Es gibt kein Rechtsgebiet, das so änderungsanfällig ist wie das Steuerrecht“. Nichts belegt diesen Satz von Joachim Lang eindrucksvoller als die bisherige Geschichte von § 8c KStG. Diese Norm zum Verlustuntergang bei Beteiligungserwerben wurde durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 mit Wirkung zum in das KStG aufgenommen und hat mittlerweile eine sehr wechselvolle Geschichte erfahren. Der Gesetzgeber hat die ursprünglich nur aus vier Sätzen bestehende Regelung des § 8c KStG mehrfach ergänzt, um sie abzumildern.

Mit § 8d KStG kam sogar eine zusätzliche ergänzende Norm hinzu, die ab dem Veranlagungszeitraum 2016 anwendbar ist. Danach können auf Antrag sämtliche Verluste, die andernfalls durch die Rechtsfolge des § 8c KStG vom Fortfall bedroht wären, als „fortführungsgebundener Verlustvortrag“ erhalten bleiben, wenn die betroffene Körperschaft bestimmte (enge) Voraussetzungen im Hinblick auf die Fortführung des Geschäftsbetriebs wahrt. Eine genauere Erörterung zu § 8d KStG findet sich im 2. Teil dieses Grundlagenbeitrags (Rn. 175 ff.).

Diese zahlreichen Änderungen zu § 8c KStG haben zu einem Flickenteppich von Regelungen geführt, der auch für Experten nur noch schwer zu durchschauen ist und dessen Verfassungsmäßigkeit immer noch insgesamt zweifelhaft ist. Allein in den vergangenen zwei Jahren gab es mehrere grundlegende Entwicklungen zum Verlustuntergang bei Beteiligungserwerben.

Der ursprüngliche Grundtatbestand des § 8c (Abs. 1) KStG bestand aus der Regelung zum anteiligen Verlustuntergang bei Anteilserwerben von mehr als 25 % und bis zu 50 % („§ 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG a. F.“) und der Regelung zum vollständigen Verlustuntergang bei Anteilserwerben über 50 % („§ 8c (Abs. 1) Satz 2 KStG a. F.“).

Mit Gesetzeskraft hat das (Az. 2 BvL 6/11) entschieden, dass § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG a. F. für unmittelbare Erwerbe von Anteilen an Kapitalgesellschaften in den Fassungen seit dem bis zum Inkrafttreten von § 8d KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2016 unvereinbar mit Art 3 Abs. 1 GG ist. Der Gesetzgeber hat auf dieses Urteil reagiert und durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG a. F. rückwirkend für alle Veranlagungszeiträume ab 2008 gestrichen. Es gilt rückwirkend für alle Veranlagungszeiträume ab 2008 der neue § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG, wonach es bei einem schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 50 % zu einem vollständigen Verlustuntergang kommt („§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG n. F.“). Inzwischen hat jedoch das FG Hamburg dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob auch § 8c Satz 2 KStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (= § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG n. F.) verfassungswidrig ist. Durch die Streichung von § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG a. F. haben sich die weiteren Sätze von § 8c Abs. 1 KStG um einen Satz nach vorn verschoben („§ 8c Abs. 1 KStG n. F.“).

Nach einem Beschluss der Kommission vom soll die Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG eine unzulässige staatliche Beihilfe darstellen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat durch vier Urteile vom (C-203/16 P, C-208/16 P, C-209/16 P, C-219/16 P) entschieden, dass dieser Beschluss der Kommission nichtig ist.

Nach dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer Vorschriften vom ist § 8c Abs. 1a KStG damit für die Vergangenheit und Zukunft wieder anwendbar.

Das BMF hat am ein neues BMF-Schreiben zu § 8c KStG erlassen, welches das bisherige Schreiben aus dem Jahr 2008 ersetzt. Fast zeitgleich am haben die Länder einen gemeinsamen Erlass zu § 8c KStG und der Gewerbesteuer veröffentlicht. Diese Schreiben klären wichtige Detailfragen. Grundlegende Fragen zu § 8c KStG bleiben aber offen. Dies betrifft insbesondere die Frage, inwieweit § 8c KStG (immer noch) verfassungswidrig ist. Daneben besteht praktischer Bedarf für klärende Schreiben des BMF zur Anwendung des § 8d KStG und der Sanierungsklausel.

Hinweis

Dieser Beitrag soll einen Überblick über die derzeitige Rechtslage zum Verlustuntergang bei Beteiligungserwerben geben. Soweit nötig, wird auch die bisherige Geschichte des Verlustuntergangs bei Beteiligungserwerben dargestellt. Es soll ein Ausblick auf die zu erwartenden Entwicklungen gegeben werden und es wird erläutert, wie mit der erheblichen Rechtsunsicherheit bezüglich § 8c KStG und § 8d KStG in der Praxis am besten umgegangen werden kann.

II. Anwendbarkeit

2 Gemäß § 34 Abs. 6 KStG in der Fassung des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom ist die neue Fassung des § 8c Abs. 1 Satz 1-3 KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2008 erstmals anwendbar. Keine Anwendungsregelung findet sich zu § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG a. F., der damit grundsätzlich in Anwendungskonkurrenz zur Neuregelung steht. Nach dem aus dem Wortlaut der Anwendungsregelung nicht erkenntlichen Willen des Gesetzgebers soll die Streichung der Regelung allerdings rückwirkend für alle Veranlagungszeiträume seit Inkrafttreten gelten. Der Gesetzgeber hat sich – entgegen dem ursprünglichen Gesetzesentwurf – dazu durchgerungen, die Regelung in § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG a. F. über die Entscheidung des BVerfG hinaus auch für die Jahre ab dem Veranlagungszeitraum 2016 entfallen zu lassen.

Hinweis

Die rückwirkende Streichung des § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG a. F. betrifft alle noch nicht bestandskräftigen Fälle. In Bezug auf alle noch offenen Fälle, in denen § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG a. F. zur Anwendung kam, empfiehlt sich je nach Einzelfall ein Änderungsantrag oder ein Einspruch unter Berufung auf die Neuregelung. Nicht erfasst von der Neuregelung sind bereits bestandskräftig gewordene Fälle.

3-4Einstweilen frei

III. Tatbestandsvoraussetzungen (§ 8c Abs. 1 Satz 1 bis 3 KStG n. F.)
1. Allgemeines
5Grundnorm

Gehen innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % der Anteile an einer Körperschaft auf einen Erwerber oder eine Erwerberhand über, bestimmt § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG n. F., dass die Körperschaft ihre körperschaftsteuerlichen Verlustvorträge nach § 10d EStG und die Verluste aus dem laufenden Geschäftsjahr verliert, sofern kein Ausnahmetatbestand greift. Nach § 10a Satz 10 GewStG gehen unter den Voraussetzungen von § 8c KStG auch die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge anteilig oder vollständig unter. Das Gleiche gilt gem. § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG (§ 4h Abs. 5 Satz 3 EStG, falls die Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt ist) für einen nicht verbrauchten Zinsvortrag im Rahmen der Zinsschranke.

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