BAG Beschluss v. - 3 AZN 952/12

Betriebsrentenerhöhung - reallohnbezogene Obergrenze

Gesetze: § 16 Abs 2 Nr 2 BetrAVG

Instanzenzug: Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 9 Sa 1854/11 Urteilvorgehend ArbG Bielefeld Az: 2 Ca 1572/11 Urteil

Gründe

1I. Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum .

2Der Kläger bezieht seit dem von der Beklagten eine Betriebsrente. Diese belief sich zunächst auf monatlich 1.346,00 Euro brutto. Die Beklagte, die die Anpassungsprüfungen jeweils zum 1. Juli eines jeden Kalenderjahres bündelt, hob die Betriebsrente des Klägers zum um 1,57 % auf monatlich 1.367,50 Euro brutto an. Dieser Anpassung lag die Nettolohnentwicklung sämtlicher Mitarbeiter im I-Konzern in Deutschland mit Ausnahme der sog. „Executives“ in den Kalenderjahren 2005 bis 2007 zugrunde. Nach dem Vorbringen der Beklagten waren die Nettovergütungen dieser Mitarbeiter - unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Werts der im Prüfungszeitraum erdienten Betriebsrentenanwartschaften - auch in der Zeit vom individuellen Rentenbeginn des Klägers bis zum Anpassungsstichtag in geringerem Umfang angestiegen als der Kaufkraftverlust. Der Kläger hat eine Erhöhung seiner Betriebsrente um den seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust sowie die Nachzahlung des jeweiligen monatlichen Differenzbetrages zur gezahlten Betriebsrente verlangt. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer auf grundsätzliche Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

3II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen zuzulassen.

41. Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG die grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage geltend gemacht, muss der Beschwerdeführer dartun, dass die anzufechtende Entscheidung von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt und deren Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt (vgl.  - zu 2 c aa der Gründe mwN, BAGE 114, 200). Eine Rechtsfrage iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG ist eine Frage, die die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat (vgl.  - Rn. 5, BAGE 126, 346). Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage, wenn sie in der Revisionsinstanz nach Maßgabe des Prozessrechts beantwortet werden kann. Klärungsbedürftig ist sie, wenn sie höchstrichterlich noch nicht entschieden und ihre Beantwortung nicht offenkundig ist ( - zu 2 c aa der Gründe mwN, aaO). Von allgemeiner Bedeutung ist die Rechtsfrage, wenn sie sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl.  - Rn. 19 mwN, NJW 2009, 572). Entscheidungserheblich ist die Rechtsfrage, wenn die anzufechtende Entscheidung auf ihr beruht. Ist die anzufechtende Entscheidung auf mehrere jeweils tragende Begründungen gestützt, muss die Beschwerdebegründung jeder dieser Begründungen einen Zulassungsgrund aufzeigen ( - BAGE 91, 93).

5Der Beschwerdeführer hat die nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG von ihm darzulegende entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung regelmäßig so konkret zu formulieren, dass sie mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden kann; das schließt im Einzelfall eine differenzierte Formulierung zwar nicht aus, unzulässig ist jedoch eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und damit auf die Antwort „Kann sein“ hinausläuft ( - Rn. 6, BAGE 121, 52).

62. Danach ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen zuzulassen.

7a) Soweit mit der Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage im Hinblick auf den Prüfungszeitraum zur Bestimmung der reallohnbezogenen Obergrenze nach § 16 BetrAVG geltend gemacht wird, bleibt sie erfolglos. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie höchstrichterlich durch die in der Beschwerdebegründung genannten Entscheidungen des Senats geklärt ist und gewichtige Gesichtspunkte gegen diese Rechtsprechung, die das Bundesarbeitsgericht bislang nicht berücksichtigt hätte, nicht vorgebracht wurden.

b) Die von der Beschwerde auf S. 26 der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage:

9Sinn und Zweck der reallohnbezogenen Obergrenze ist es, das Versorgungsniveau der Versorgungsempfänger in demselben Umfang aufrechtzuerhalten wie das Einkommensniveau der Aktiven. Deshalb sind grundsätzlich sämtliche Vergütungsbestandteile der maßgeblichen Beschäftigten zu berücksichtigen. Die reallohnbezogene Obergrenze stellt allerdings nur auf den Teil des Arbeitsverdienstes ab, der den aktiven Beschäftigten nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsabgaben üblicherweise verbleibt. Damit geht es um die Aufrechterhaltung eines bestimmten Lebensstandards. Dieser hängt vom verfügbaren Einkommen ab ( - zu II 6 a der Gründe, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 1; - 3 AZR 593/01 - zu III 2 a cc (1) der Gründe, AP BetrAVG § 16 Nr. 52 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 41). Betriebsrentenanwartschaften gehören jedoch nicht zum verfügbaren Arbeitseinkommen.

c) Soweit die Beschwerde die auf S. 23 der Beschwerdebegründung formulierte Rechtsfrage:

11III. Von einer weiteren Begründung zum sonstigen, vom Senat geprüften Vorbringen der Beklagten wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

Fundstelle(n):
LAAAE-42600