BFH Beschluss v. - VII R 16/12

Der gegen einen Gerichtsbescheid gerichtete Antrag auf mündliche Verhandlung setzt Rechtsschutzinteresse voraus

Leitsatz

1. Der Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 90a Abs. 2 Satz 1 FGO setzt wie jeder Rechtsbehelf ein Rechtsschutzinteresse voraus. Ist dem Antrag des Beteiligten durch den Gerichtsbescheid in vollem Umfang entsprochen worden und macht der Beteiligte nicht ein besonders Rechtsschutzinteresse geltend, ist der Antrag unzulässig.
2. Der Antrag des Hauptzollamts auf mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seinem Begehren durch Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts und Abweisung der Klage in vollem Umfang entsprochen worden ist. Unbeachtlich ist, dass der Senat der Einreihungsauffassung des Hauptzollamts nicht gefolgt ist. Denn die Beschwer aus einer Entscheidung ergibt sich aus deren Entscheidungssatz (Tenor) und nicht aus der dafür gegebenen Begründung.

Gesetze: FGO § 90a Abs. 2

Instanzenzug: ,

Gründe

1 I. Mit Gerichtsbescheid vom hat der Senat das auf die Revision des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt —HZA—) aufgehoben und die Klage gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom in der Fassung des Änderungsbescheids vom und der Einspruchsentscheidung vom abgewiesen. Dagegen hat das HZA fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt. Es vertritt weiterhin die Auffassung, die Ware sei in eine andere Tarifposition einzureihen als vom Senat in der Entscheidungsbegründung angenommen.

2 II. Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist unzulässig und war daher durch Beschluss zu verwerfen.

3 1. Gegen einen Gerichtsbescheid kann nur derjenige Beteiligte einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 90a Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stellen, der durch den Gerichtsbescheid beschwert ist. Denn der Antrag setzt wie jeder Rechtsbehelf ein Rechtsschutzinteresse voraus. Ist dem Antrag des Beteiligten durch den Gerichtsbescheid in vollem Umfang entsprochen worden und macht der Beteiligte nicht ein besonderes Rechtsschutzinteresse geltend, ist der Antrag unzulässig (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VII R 3/08, nicht veröffentlicht —n.v.—, und vom IV R 51/10, n.v.; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 90a FGO Rz 9, m.w.N.; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 90a Rz 20; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 90a FGO Rz 60). Er ist in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 1 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss abzulehnen (, n.v.).

4 2. Im Streitfall ist allein die Klägerin und Revisionsklägerin beschwert, weil ihre Revision durch den Gerichtsbescheid vom zurückgewiesen worden ist. Ein Rechtsschutzinteresse des HZA ist nicht ersichtlich, weil seinem Begehren durch Aufhebung des Urteils und Abweisung der Klage in vollem Umfang entsprochen worden ist. Dass der Senat der Einreihungsauffassung des HZA nicht gefolgt ist, vermittelt dem HZA kein ausreichendes Rechtsschutzinteresse. Denn die Beschwer aus einer Entscheidung ergibt sich aus deren Entscheidungssatz (Tenor) und nicht aus der dafür gegebenen Begründung (, BFHE 138, 4, BStBl II 1983, 534).

5 3. Da der Antrag auf mündliche Verhandlung danach abzulehnen war, wirkt der Gerichtsbescheid nach §§ 121, 90a Abs. 3 FGO als Urteil.

6 4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 1440 Nr. 9
MAAAE-41243