Gerichtsentscheidung in Unkenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; Kündigung der Vollmacht durch den Prozessbevollmächtigten
Leitsatz
1. Ein in Unkenntnis des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH ergangenes Urteil des Finanzgerichts entfaltet keine Rechtswirkung und ist aus Gründen der Rechtsklarheit aufzuheben.
2. Die Kündigung der Vollmacht durch den Prozessbevollmächtigten erlangt gemäß § 62 Abs. 4, § 155 FGO i.V.m. § 87 ZPO erst Wirksamkeit mit der Anzeige der Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten. Die Unterbrechung des Verfahrens durch das Insolvenzverfahren lässt den Bestand der Vollmacht grundsätzlich unberührt.
Gesetze: FGO § 62a, ZPO § 240, ZPO § 87
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, erhob nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage zum Finanzgericht (FG) gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2004.
2 Das FG gab mit Urteil vom der Klage zum überwiegenden Teil statt.
3 Hiergegen wendet sich der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) mit der vom FG zugelassenen Revision.
4 Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil im Umfang der Stattgabe der Klage aufzuheben und die Klage abzuweisen.
5 Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt. Aufgrund eines Hinweises der Prozessbevollmächtigten wurde festgestellt, dass bereits durch Beschluss vom das zuständige Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet hatte.
6 II. Die Revision ist begründet, sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
7 1. Das in Unkenntnis des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin ergangene Urteil des FG entfaltet keine Rechtswirkung und ist aus Gründen der Rechtsklarheit aufzuheben (, BFH/NV 2009, 1819; ebenso , BFH/NV 2011, 263). Bereits vor Ergehen des finanzgerichtlichen Urteils war das Klageverfahren gemäß § 155 FGO i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen.
8 2. Der Rechtsstreit ist an das FG zurückzuverweisen, das eine erneute Entscheidung zu treffen haben wird, sobald das Verfahren nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder beendet worden ist (vgl. , BFH/NV 2004, 349).
9 3. Die im finanzgerichtlichen Verfahren aufgetretene Bevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom mitgeteilt, sie vertrete die Klägerin nicht mehr.
10 Obwohl die Klägerin nach Niederlegung des Mandats durch den bisherigen Prozessbevollmächtigten nicht mehr durch einen nach § 62a FGO postulationsfähigen Bevollmächtigten vertreten ist, kann der Senat über die Sache entscheiden. Die Kündigung der Vollmacht erlangt gemäß § 62 Abs. 4, § 155 FGO i.V.m. § 87 ZPO erst Wirksamkeit mit der Anzeige der Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten (, BFHE 121, 20, BStBl II 1977, 238, und , BFH/NV 2013, 242). Hierauf hat die Geschäftsstelle des Senats mit Schreiben vom hingewiesen. Die Unterbrechung des Verfahrens durch das Insolvenzverfahren lässt den Bestand der Vollmacht grundsätzlich unberührt (, BFH/NV 2003, 1434).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 1426 Nr. 9
HFR 2013 S. 807 Nr. 9
BAAAE-41238