1. Wurde eine streitige Forderung einer GmbH aus einem Kooperationsvertrag bestritten und auch erstinstanzlich vom zuständigen
Landgericht abgelehnt, muss ungeachtet der Einlegung einer Berufung gegen dieses Urteil in der Bilanz für dieses Wirtschaftsjahr
eine Teilwertanschreibung auf die Forderung vorgenommen werden. Wertet das Berufungsgericht zwei Jahre später die Kooperationsvereinbarung
als Treuhandvereinbarung und erkennt es deswegen rechtskräftig die streitige Forderung der GmbH an, so muss diese im Wege
der Wertaufholung die Forderung wieder gewinnerhöhend aktivieren. Eine nachträgliche Rückgängigmachung der zuerst vorgenommenen
Teilwertabschreibung unter dem Gesichtspunkt der Wertaufhellung kommt nicht in Betracht, wenn das für die GmbH positive Urteil
des Berufungsgerichts erst zu zu einem Zeitpunkt bekannt wird, zu dem einjährige Frist zur ordnungsmäßigen Bilanzerstellung
für das Geschäftsjahr der Teilwertabschreibung schon abgelaufen ist.
2. Das vom Berufungsgericht nachträglich angenommene Treuhandverhältnis kann bilanziell steuerlich nicht rückwirkend berücksichtigt
werden, wenn u.a. nicht zweifelsfrei erkennbar war, dass die GmbH als Treuhänderin und nicht auf eigene Rechnung tätig war
und wenn das vermeintliche Treugut (hier: Grundstücke) in der Bilanz der GmbH auch nicht als Treuhandvermögen ausgewiesen
worden ist.
3. Die in § 10d Abs. 2 EStG in der Fassung vom sowie in § 10a GewStG in der Fassung vom geregelte Beschränkung
der Verlustnutzung im Wege einer zeitlich unbegrenzten, betraglich jedoch beschränkten Verlustnutzung schränkt –in Verbindung
mit § 8 KStG auch in Bezug auf Körperschaften– das prinzipielle Gebot einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zwar spürbar
ein, ist aber mit dem Grundgesetz noch vereinbar. Die bisher einhellige Rechtsprechung zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit
der zeitlichen Streckung des Verlustausgleichs lässt sich auf den Bereich der sachlichen Unbilligkeit als Voraussetzung für
eine Billigkeitsfestsetzung nach § 163 S. 1 AO dahingehend übertragen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Neuregelungen
in § 10a S. 1 und 2 GewStG, § 10d Abs. 2 EStG eine gewisse Härte, nämlich die (vorübergehende) Mindestbesteuerung, in Kauf
genommen hat.
4.Eine sachliche Unbilligkeit kann hingegen anzunehmen sein, wenn es nicht nur zu einer Beschränkung des Verlustausgleichs
im Sinne einer zeitlichen Verschiebung bzw. Streckung kommt, sondern zu einem endgültigen Ausschluss des Verlustausgleichs
aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen. Hieraus resultierende verfassungswidrige Ergebnisse des Normvollzugs im Einzelfall
sind vorrangig im Wege einer verfassungskonformen Auslegung der §§ 10d Abs. 2 EStG, 10a GewStG Norm zu vermeiden.
5. Die Frage nach einer etwaigen verfassungskonformen Auslegung der §§ 8 KStG, 10d Abs. 2 EStG und des § 10a GewStG stellt
sich erst dann, wenn der endgültige Verlust des streitigen Verlustvortrags im Streitzeitraum konkret droht; hiervon ist ungeachtet
der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH nicht auszugehen, wenn es unter Berücksichtigung des vorhandenen
Vermögens und ggf. in vorhandenen Grundstücken vorhandener stillen Reserven nicht ausgeschlossen ist, dass die GmbH künftig
noch die vorhandenen Verlustvorträge ausnutzen kann.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): StBW 2012 S. 1017 Nr. 22 RAAAE-19695
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