BFH Beschluss v. - IV B 35/11

Revisionszulassung wegen Divergenz und qualifizierten Rechtsfehlers

Gesetze: GewStG § 7, EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist nicht begründet.

2 1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Weder liegt eine Divergenz vor, noch ist die angefochtene Entscheidung willkürlich fehlerhaft oder greifbar gesetzwidrig.

3 a) Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Abweichung von der Rechtsprechung anderer Gerichte sind nicht erfüllt.

4 aa) Die Zulassung der Revision wegen Divergenz setzt voraus, dass das Finanzgericht (FG) in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (u.a. , BFH/NV 2010, 1487). Eine Divergenz liegt deshalb nur vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt hat, der mit tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309; vom X B 172/09, BFH/NV 2010, 2053).

5 bb) Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen diese Voraussetzungen in der Begründung der Beschwerde dargelegt werden. Dazu ist es erforderlich, in der Beschwerdeschrift abstrakte Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils herauszustellen, die mit tragenden Rechtssätzen der Entscheidung eines anderen Gerichts nicht übereinstimmen (vgl. u.a. , BFH/NV 2006, 51, m.w.N.).

6 cc) Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) trägt vor, das FG habe „seine Entscheidung auf die Rechtsfrage gestützt, dass die werbende Tätigkeit einer gewerblich geprägten Personengesellschaft erst dann endet, wenn nach der Entnahme oder Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen nur noch Abwicklungsarbeiten vorgenommen werden. ... Erst dann läge eine Betriebsaufgabe vor, bei der in einem zeitlichen Zusammenhang erzielte Veräußerungsgewinne nicht zum Gewerbeertrag nach § 7 GewStG gehören”. Damit weiche es von dem Rechtssatz des (BFHE 217, 438, BStBl II 2007, 924) ab, dass die werbende Tätigkeit der gewerblich geprägten Personengesellschaft bereits dann ende, wenn sie eine der Voraussetzungen für eine gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes nicht mehr erfülle.

7 dd) Eine Divergenz ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht. Denn das FG hat seiner Entscheidung keinen abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt, der mit tragenden Rechtsausführungen in dem von der Klägerin bezeichneten BFH-Urteil in BFHE 217, 438, BStBl II 2007, 924 nicht übereinstimmt. Vielmehr hat sich das FG nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die (spätere) Bestellung der Kommanditisten zu Liquidatoren der Klägerin zur Beendigung der gewerblichen Prägung und damit gewerbesteuerrechtlich zu einer Betriebsaufgabe geführt hat. Dem entsprechend hat das FG in dieser Rechtsfrage auch keinen der BFH-Rechtsprechung widersprechenden Rechtssatz aufgestellt.

8 b) Die Revision ist auch nicht wegen eines qualifizierten Rechtsfehlers der angefochtenen Entscheidung, der im allgemeinen Interesse einer Korrektur durch das Revisionsgericht bedürfte, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.

9 aa) Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung wird durch Mängel des angefochtenen Urteils nur dann gefährdet, wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen sind, dass sie das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen könnten, wenn sie nicht vom Rechtsmittelgericht korrigiert würden (, BFH/NV 2008, 1448, unter II.3. der Gründe, m.w.N.). Das ist nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsanwendungsfehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung der Fall. Eine bloße Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung genügt für die Zulassung der Revision dagegen nicht (BFH-Beschlüsse vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896, und vom X B 90/07, BFH/NV 2008, 610).

10 bb) Derartige Mängel ergeben sich aus der Beschwerde nicht. Zwar hat das FG nicht zu der Frage Stellung genommen, ob die Bestellung der Kommanditisten zu Liquidatoren der Klägerin zur Beendigung der gewerblichen Prägung und damit gewerbesteuerrechtlich zu einer Betriebsaufgabe geführt hat, und ob die zuvor erfolgte Veräußerung der GmbH-Anteile der daraus folgenden (gewerbesteuerlichen) Betriebsaufgabe zuzuordnen wäre. Weder hatte allerdings die Klägerin diesen Gesichtspunkt bis zum Ergehen der angefochtenen Entscheidung geltend gemacht, noch war die Bestellung der Liquidatoren in dem Erhebungszeitraum, über den das FG zu entscheiden hatte, wirksam geworden. Die angefochtene Entscheidung ist deshalb weder willkürlich fehlerhaft noch greifbar gesetzwidrig; jedenfalls liegt kein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler vor, wenn das FG auf diesen erstmalig im vorliegenden Beschwerdeverfahren vorgebrachten rechtlichen Gesichtspunkt nicht eingegangen ist.

11 2. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 1484 Nr. 9
RAAAE-13292