BAG Urteil v. - 10 AZR 771/10

Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 14 Ca 7658/09 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 7 Sa 164/10 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über eine Bonuszahlung für das Jahr 2008.

2Die Klägerin war seit aufgrund des Arbeitsvertrags vom 28./ als „Senior Sales (Vice President)“ im Bereich „Private Investor Products Group“ in der Investmentsparte (DKIB) der D AG beschäftigt.

3Die D AG wurde auf die Beklagte, die zuvor Alleinaktionärin an der D AG geworden war, mit Wirkung vom verschmolzen.

Der Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen:

5Zum Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung ist es nicht gekommen.

6Am wurde auf einer Vorstandssitzung der D AG die Notwendigkeit der Festlegung eines Minimum-Bonuspools in Höhe von 400 Mio. Euro für das Geschäftsjahr 2008 für den Bereich DKIB Frontoffice erörtert, um die Mitarbeiterstabilität aufrechtzuerhalten. Es wurde ein entsprechender Vorstandsbeschluss gefasst.

7Am teilte das zuständige Vorstandsmitglied Dr. J im Rahmen eines sog. Business-Updates den Mitarbeitern des Bereichs DKIB Frontoffice die Bildung des Bonuspools mit. Die Bildung des Bonuspools ist in der Folgezeit wiederholt verlautbart worden.

8Mit E-Mail vom wurden die Mitarbeiter des Bereichs DKIB Frontoffice darüber informiert, dass die Benachrichtigung über die Boni am erfolgen werde.

Am veröffentlichte die D AG im Intranet eine Mitteilung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit folgendem Wortlaut:

10Diese Mitteilung basierte auf einer Vorstandsentscheidung vom und ist mit den Namen des damaligen Vorstandsvorsitzenden und des damaligen Personalvorstands unterzeichnet.

Am erhielt die Klägerin folgenden „Bonusbrief“:

12Am teilte die D AG nach einer entsprechenden Vorstandsentscheidung vom Vortag ua. mit, dass die Mitarbeiter des Bereichs DKIB Frontoffice eine um 90 % gekürzte Zahlung erhalten sollten, mindestens aber ein Bruttomonatsgehalt. Dementsprechend erhielt die Klägerin im März 2009 einen Betrag von 10.000,00 Euro brutto.

13Die D AG hat im Geschäftsjahr 2008 ein negatives operatives Ergebnis von 6,56 Mrd. Euro erreicht. Die Beklagte hat ihr zusätzliches Kapital im Umfang von 4 Mrd. Euro zugeführt; selbst hat die Beklagte in zwei Tranchen 18,2 Mrd. Euro aus dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) in Anspruch genommen. Die DKIB erzielte im operativen Geschäft des Jahres 2008 ein vorläufiges negatives Ergebnis von 5,751 Mrd. Euro und ein endgültiges negatives Ergebnis von 6,275 Mrd. Euro.

14Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe einen Anspruch auf Bonuszahlung in Höhe der vorläufigen Festsetzung aus dem Schreiben vom . Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe offiziell und mehrfach wiederholt ein Bonusvolumen für das Jahr 2008 in Höhe von 400 Mio. Euro bekannt gemacht. Mit dem Schreiben vom sei sodann entsprechend der Mitteilung vom die individuelle Bonushöhe verbindlich festgesetzt worden. Der Klägerin sei bei der Übergabe des Schreibens die Festsetzung der Höhe nach aufgrund des Ergebnisses der Abteilung und ihres persönlichen Leistungsbeitrags erläutert und damit festgelegt worden. Ein etwa dort enthaltener Vorbehalt sei unwirksam. Im Februar 2009 sei die gleiche Berechnungs- und Verteilungsmethode wie im Schreiben vom angewandt und lediglich eine pauschale Kürzung vorgenommen worden. Diese Kürzung widerspreche billigem Ermessen und den Maßgaben aus den Erklärungen des damaligen Vorstandsmitglieds Dr. J. Auch seien die wirtschaftlichen Gründe hierfür nicht schlüssig dargelegt worden. Im Übrigen seien sowohl für das Geschäftsjahr 2008 als auch für die Jahre 2009 und 2010 Boni in ungekürzter Höhe an Mitarbeiter ausgeschüttet worden.

Die Klägerin hat beantragt,

16Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Für das Geschäftsjahr 2008 habe die D AG zunächst einen Bonuspool für die Mitarbeiter des Bereichs DKIB Frontoffice festgelegt. Das zum damaligen Zeitpunkt zuständige Vorstandsmitglied Dr. J habe die Vorstandsentscheidung über die Bildung des Bonuspools im August an die Mitarbeiter des Bereichs kommuniziert. Aussagen über die individuelle Bonushöhe seien nicht getroffen worden, vielmehr sei klargestellt worden, dass die Festsetzung der individuellen Boni weiterhin im Ermessen der Bank stehe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Bank für die DKIB im Geschäftsjahr 2008 von einem negativen operativen Ergebnis in Höhe von 1,31 Mrd. Euro und positiven operativen Erträgen in Höhe von 0,89 Mrd. Euro ausgegangen.

17Eine Prognose mit Stand vom habe ergeben, dass sich der Verlust aus dem operativen Geschäft für das Geschäftsjahr 2008 auf 2,97 Mrd. Euro ausweiten werde. Am Ende des Jahres 2008 hätten noch keine endgültigen Zahlen und Ergebnisse für die Monate November und Dezember vorgelegen, da die Zusammenstellung der Monatszahlen im vierten Quartal 2008 aufgrund der Besonderheiten der Finanzmarktkrise einen erheblichen Zeitraum in Anspruch genommen habe. In Vorstandssitzungen Ende November 2008 sei daher diskutiert worden, entweder den in Aussicht gestellten Bonuspool erheblich zu reduzieren oder für alle Mitarbeiter des Bereichs DKIB Frontoffice Vorbehalte in die „Bonusbriefe“ aufzunehmen. Man habe sich für Letzteres entschieden. Die tatsächliche Geschäftsentwicklung in den Monaten November und Dezember 2008 sei desaströs gewesen. Allein in diesen Monaten hätten sich ein operatives Ergebnis von minus 3,481 Mrd. Euro und operative Erträge von minus 2,207 Mrd. Euro ergeben. Das vorläufige operative Ergebnis für 2008 habe minus 5,751 Mrd. Euro betragen sowie operative Erträge der DKIB in Höhe von minus 2,298 Mrd. Euro ausgewiesen. Der Jahresabschluss habe sich dann noch einmal auf minus 6,275 Mrd. Euro verschlechtert. Vor dem Hintergrund dieser dramatischen wirtschaftlichen Entwicklung und der öffentlichen Diskussion sei im Februar 2009 die Entscheidung getroffen worden, die Boni für das Geschäftsjahr 2008 nur in Höhe von 10 % des unter Vorbehalt gestellten Betrags zu erbringen, mindestens aber in Höhe eines Bruttomonatsgehalts. Dabei habe auch die kritische Entwicklung der Kernkapitalquote der Bank eine Rolle gespielt, die bei einer vollständigen Auszahlung der Boni noch weiter belastet worden wäre. Ohne finanzielle Unterstützung Dritter sei die D AG nicht lebensfähig gewesen. Durch die Zuführung des zusätzlichen Kapitals in Höhe von 4 Mrd. Euro habe sichergestellt werden sollen, dass die Kernkapitalquote dauerhaft die aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen erfülle.

18Mit dem Schreiben vom sei keine endgültige Ermessensausübung durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten erfolgt. Selbst wenn man aber eine Willenserklärung annehmen wollte, enthalte das Schreiben einen zulässigen Vorbehalt. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Verschlechterung sei die Arbeitgeberin berechtigt gewesen, im Februar 2009 eine neue Leistungsbestimmung vorzunehmen. Die individuellen Leistungen der Mitarbeiter seien berücksichtigt worden, da die bereits vorgenommene individuelle Leistungsbeurteilung im Hinblick auf die 10 %-Quote Einfluss auf die endgültige Bonusfestsetzung genommen habe. Im Übrigen entspreche die Ermessensausübung der wirtschaftlichen Situation. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Mitteilung des Bonuspools. Es handle sich dabei nicht um eine Gesamtzusage der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Diese habe keine neben die vertraglichen Regelungen tretende weitere Rechtsgrundlage schaffen wollen.

19Für den Review-Vorbehalt im Bereich DKIB Frontoffice habe ein sachlicher Grund bestanden. Die Mitarbeiter dieses Bereichs hätten im Gegensatz zu den Mitarbeitern des Bereichs DKIB Backoffice Einfluss auf das Geschäftsergebnis der DKIB und könnten im Übrigen auch sehr viel höhere Boni erzielen. Tätigkeiten und Vergütungsstrukturen seien nicht vergleichbar.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Gründe

21Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat weder aufgrund der Regelung in Ziff. 2 Buchst. b ihres Arbeitsvertrags noch aus anderem Rechtsgrund einen weiteren Bonusanspruch für das Jahr 2008. 

22I. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat bei der Festsetzung der Bonushöhe im Februar 2009 die Grundsätze billigen Ermessens gem. § 315 BGB gewahrt.

231. Nach den vertraglichen Regelungen der Parteien ist die zusätzliche variable Vergütung nach Ermessen der Rechtsvorgängerin der Beklagten jährlich neu festzulegen. Die vertragliche Regelung überlässt damit der Arbeitgeberin ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB. Die Leistungsbestimmung hat nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.

24Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl.  - Rn. 31, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl.  - zu B II 3 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl.  - Rn. 90, AP GG Art. 12 Nr. 143;  - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321).

252. Die Festsetzung der Bonushöhe nach Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags ist durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Februar 2009 gegenüber der Klägerin als Gläubigerin (§ 315 Abs. 2 BGB) erfolgt.

26a) Nach den arbeitsvertraglichen Regelungen ist die zusätzliche Vergütung nach Ermessen der Bank festzusetzen. Kernelemente sind dabei die Ertragslage der Arbeitgeberin und die Leistung der Arbeitnehmerin. Diese beiden Kernelemente, die bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen sind, stehen regelmäßig erst nach Ablauf des Geschäftsjahres fest. Im laufenden Geschäftsjahr ist lediglich eine Prognose beider Faktoren möglich. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, bereits vorher eine verbindliche Leistungsbestimmung vorzunehmen. Dies setzt aber voraus, dass eine solche Leistungsbestimmung bereits alle einzustellenden Umstände berücksichtigt.

27b) Durch die Bekanntgabe des Vorstandsbeschlusses vom über einen garantierten Bonuspool in Höhe von 400 Mio. Euro für die Mitarbeiter des Bereichs DKIB Frontoffice hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten weder eine verbindliche Leistungsbestimmung des individuellen Bonus für das Jahr 2008 iSv. § 315 BGB vorgenommen noch der Klägerin oder der Gruppe der DKIB Frontoffice-Beschäftigten ein Angebot auf Zahlung eines bestimmten individuellen Bonus unterbreitet.

28aa) Die Leistungsbestimmung nach § 315 BGB konkretisiert den Leistungsinhalt, der vorher aufgrund des einer Partei zustehenden Bestimmungsrechts noch offen ist. Erforderlich für die Annahme einer Leistungsbestimmung ist daher, dass die Bestimmung konkret die dem Vertragspartner zustehende Leistung festlegt. Auch wenn man davon ausgeht, dass § 315 BGB eine Teilleistungsbestimmung zulässt (vgl. dazu  - DB 1979, 1124; Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 315 Rn. 11; Erman/Hager BGB 13. Aufl. § 315 Rn. 14; enger Staudinger/Rieble (2009) § 315 Rn. 296: nur, wenn [vertraglich] ausbedungen), muss durch sie das Ermessen hinsichtlich eines Teils der Leistung abschließend ausgeübt werden. Noch keine Leistungsbestimmung liegt hingegen vor, wenn der Bestimmungsberechtigte lediglich einzelne, in die Abwägung einzustellende Faktoren festlegt oder die Voraussetzungen für die endgültige Leistungsbestimmung schafft.

29Danach ist die Festlegung des Bonuspools noch keine Leistungsbestimmung. Aus der Höhe des Pools lässt sich für die Klägerin die Höhe ihres individuellen Bonus weder ganz noch teilweise bestimmen. Vielmehr handelt es sich bei der Festlegung des Pools lediglich um einen - nach den vertraglichen Regelungen nicht notwendigen - Faktor, der in die spätere Leistungsbestimmung einzubeziehen ist.

30bb) Ebenso wenig hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Bekanntgabe der Vorstandsentscheidung über den Bonuspool der Klägerin oder der Gruppe der DKIB Frontoffice-Beschäftigten gegenüber ein ausdrückliches oder konkludentes Vertragsangebot iSv. § 145 BGB auf Zahlung von Boni in bestimmter Höhe gemacht.

31(1) Der einzelne Erklärungsempfänger, der vertraglich dem Grunde nach einen Anspruch auf eine Bonuszahlung unter Berücksichtigung der Ertragslage und der individuellen Leistung hatte, konnte aus dieser Erklärung nicht ableiten, dass damit sein individueller Bonusanspruch festgelegt ist. Vielmehr musste auch die Klägerin vor dem Hintergrund der Regelung in Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags davon ausgehen, dass noch offen ist, ob sie überhaupt einen Bonus oder ggf. in welcher Höhe sie einen Bonus erhalten werde. Dies gilt auch deshalb, weil nach dem Arbeitsvertrag der Bonusanspruch die Festsetzung eines Bonuspools oder Bonusvolumens weder vorsieht noch voraussetzt. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Bonuspool nach dem Vorstandsbeschluss aus Gründen der Mitarbeiterstabilisierung beschlossen und bekannt gegeben werden sollte. Auch wenn man annimmt, dass die Klägerin hiervon Kenntnis erlangt hat oder dieser Umstand bei objektiver Betrachtung für sie erkennbar war (vgl. zu dieser Voraussetzung:  - zu II 3 der Gründe, NJW 2006, 3777), konnte sie daraus nicht auf eine garantierte individuelle Bonushöhe schließen.

32(2) Auch die Bekanntgabe der Festsetzung eines Bonuspools im August 2008 ist nicht als Gesamtzusage auf eine bestimmte Bonusleistung für die Gruppe der DKIB Frontoffice-Beschäftigten anzusehen.

33(a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen erbringen zu wollen (st. Rspr., zB  - Rn. 19, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Eine Gesamtzusage setzt eine bewusste und gezielte Bekanntgabe an die Arbeitnehmer voraus (vgl.  - Rn. 32, BAGE 118, 360).

34(b) Dafür, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Bekanntgabe des Bonuspools gegenüber den Beschäftigten des Bereichs DKIB Frontoffice eine selbstständige, von den arbeitsvertraglichen Regelungen unabhängige Grundlage für einen Bonusanspruch schaffen wollte, gibt die abgegebene Erklärung keine Anhaltspunkte. Vielmehr bezog sich die Erklärung für die Arbeitnehmer erkennbar nur auf einen Faktor für die spätere Bestimmung ihres jeweiligen vertraglichen Bonusanspruchs.

35cc) Allerdings ist die Festsetzung des Bonuspools und deren Bekanntgabe an die Arbeitnehmer nicht ohne rechtliche Bedeutung. Vielmehr hat sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten dadurch verpflichtet, dieses Bonusvolumen bei der Ausübung ihres Ermessens als einen wesentlichen Faktor zugrunde zu legen.

36(1) Der nach § 315 BGB Bestimmungsberechtigte kann das ihm zustehende Ermessen im Wege der Selbstbindung vorab einschränken. In diesem Fall verhielte er sich widersprüchlich und verstieße damit gegen die in § 242 BGB niedergelegten Gebote von Treu und Glauben, wenn er ohne das Hinzutreten besonderer Umstände von seiner ursprünglichen Entscheidung Abstand nähme (vgl. zur Ausübung des Direktionsrechts:  - Rn. 26, BAGE 133, 307; - 5 AZR 332/96 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 87, 311).

37(2) Ein solcher Fall liegt vor.

38Den Beschäftigten des Bereichs DKIB Frontoffice wurde durch das damals zuständige Vorstandsmitglied in einem sog. Business-Update vom und auf nachfolgenden Veranstaltungen den Mitarbeitern die Bildung des Bonuspools in Höhe von 400 Mio. Euro entsprechend dem Vorstandsbeschluss vom mitgeteilt. Die Größe des Bonusvolumens ist als Eurobetrag bestimmt worden. Ebenso wurden Geschäftsbereich und Zielgruppe, für die dieses Bonusvolumen garantiert werden sollte, festgelegt. Damit handelt es sich nicht lediglich um eine bloße Inaussichtstellung einer möglichen Größenordnung eines Bonusvolumens oder die Mitteilung über einen aktuellen Sachstand. Für eine rechtliche Relevanz der Erklärung spricht deutlich auch der Zweck des Bonuspools, nämlich zu verhindern, dass Mitarbeiter den Arbeitgeber wechseln. Nur so kann der Begriff der „Mitarbeiterstabilität“ verstanden werden. Damit konnten die DKIB Frontoffice-Beschäftigten der Erklärung ein gewisses Maß an Verbindlichkeit hinsichtlich des auszuschüttenden Bonusvolumens zumessen. Daran war die Rechtsvorgängerin der Beklagten grundsätzlich gebunden und verpflichtet, das zugesagte Bonusvolumen als wesentlichen Umstand in die spätere Entscheidung über die individuelle Bonushöhe einzubeziehen.

39c) Das Schreiben vom richtet sich nach seinem ausdrücklichen Wortlaut an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Ausnahme der Beschäftigten des Bereichs DKIB Frontoffice. Deswegen kann die Klägerin aus der Zusage eines Bonusvolumens in Höhe von 100 % des Bonusvolumens 2007 für die anderen Beschäftigten keine Rechtsfolgen herleiten (zu den Rechtswirkungen des Schreibens vom :  - [Tarifbeschäftigte] und - 10 AZR 165/11 - [außertarifliche Angestellte]).

40d) Auch im „Bonusbrief“ vom liegt keine rechtsverbindliche Festlegung der Höhe des individuellen Bonus der Klägerin. Vielmehr handelt es sich um eine bloße Wissenserklärung (vgl. dazu  - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 40; - 3 AZR 546/08 - Rn. 16 ff., AP BetrAVG § 9 Nr. 23) darüber, welche Bonusansprüche sich unter Berücksichtigung der Leistung der Klägerin und einer bestimmten wirtschaftlichen Situation zum Auszahlungszeitpunkt ergeben. Dies ergibt eine Auslegung des Schreibens.

41Nach dem Schreiben wurde der darin genannte Betrag „vorläufig“ festgesetzt. Diese vorläufige Festsetzung sollte darüber hinaus unter dem „Vorbehalt eines Reviews“ stehen, sofern sich die Ergebnissituation der DKIB wesentlich verschlechtere. Verstärkt wird dies durch den Hinweis, dass sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Recht vorbehalte, die vorläufige Bonusfestsetzung zu überprüfen und den Betrag zu reduzieren. Erst für Februar 2009 ist eine Aufstellung der „endgültigen variablen Vergütung“ angekündigt. Bei diesem Wortlaut konnte die Klägerin nach Erhalt dieses Schreibens nicht davon ausgehen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem „Bonusbrief“ die Leistungsbestimmung bereits endgültig vorgenommen hat. Auch eine Berücksichtigung der Gesamtumstände, unter denen das Schreiben vom der Klägerin übermittelt wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Aus der Festlegung eines garantierten Bonusvolumens im August 2008 lässt sich nicht entnehmen, dass bereits im Dezember 2008 eine verbindliche Festsetzung ihres individuellen Bonus erfolgen werde. Auch wenn dies in der Vergangenheit so gehandhabt worden sein sollte, macht der Wortlaut des Schreibens hinreichend deutlich, dass für das Jahr 2008 an einer entsprechenden - durch den Vertrag nicht vorgegebenen - Praxis nicht festgehalten wird. Gerade die Abweichung von einer früheren Handhabung bietet im Übrigen Anlass für den Erklärungsempfänger, frühere Deutungen nicht ohne Weiteres zu übernehmen. Auch aus der E-Mail vom ergibt sich nichts anderes. Dort ist zwar die Rede davon, dass die am mitzuteilenden Boni mit der Vergütung des Monats Januar 2009 gezahlt werden. Es mag deshalb sein, dass die Beschäftigten die Erwartung hatten, dass im Dezember 2008 eine verbindliche Festlegung erfolgt. Durch die Nutzung einer klaren Wortwahl im Schreiben vom hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten jedoch hinreichend deutlich gemacht, dass dies nicht der Fall ist. Auch der Hinweis auf die arbeitsvertragliche Stichtagsregelung führt - ohne dass es auf deren Wirksamkeit ankäme - zu keinem anderen Ergebnis.

42Auch führt die grundsätzliche Bedingungsfeindlichkeit einer Leistungsbestimmung nach § 315 BGB nicht unabhängig vom Charakter der Erklärung dazu, dass lediglich die Bedingung entfällt und die Leistungsbestimmung damit vorliegt. Ergibt vielmehr die Auslegung der Erklärung, dass es an einem Rechtsbindungswillen fehlt, so liegt keine Leistungsbestimmung im gesetzlichen Sinn vor. Da es an einer verbindlichen Erklärung fehlt, kommt es auch nicht darauf an, ob der enthaltene Vorbehalt einer Inhaltskontrolle nach § 305 ff. BGB standhalten würde.

433. Die Leistungsbestimmung vom entspricht der Billigkeit (§ 315 BGB); der Klägerin steht kein weiterer Bonusanspruch zu.

44a) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (vgl.  - Rn. 29, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten ( - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15; vgl. zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10).

45b) Danach ist die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe bei der Bonusfestsetzung die Grundsätze billigen Ermessens beachtet, im Ergebnis nicht zu beanstanden.

46Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat alle nach der vertraglichen Regelung wesentlichen Umstände in ihre Abwägung einbezogen und angemessen gewichtet. Dabei musste sie zunächst - anders als wohl das Landesarbeitsgericht annimmt - die Zusage des Bonuspools in Höhe von 400 Mio. Euro als wesentlichen Umstand in ihre Erwägungen einbeziehen. Sie war daher durch ihre Zusage gehindert, von diesem Pool als Ausgangsbasis für die Bestimmung des individuellen Bonus abzuweichen, ohne dass dafür besonders gewichtige Umstände vorlagen. Solche Umstände lagen aber mit einem vorläufigen negativen operativen Ergebnis der DKIB von 5,751 Mrd. Euro, welches sich im Jahresabschluss noch auf 6,275 Mrd. Euro verschlechterte, vor. Dabei handelt es sich nicht nur - wie vielleicht im Jahr 2007 - um ein negatives Ergebnis, von dessen Ausgleich im Folgejahr auszugehen war und das eine Kürzung der Bonuszahlungen verzichtbar erscheinen ließ. Vielmehr macht auch die Zufuhr von Kapital in Höhe von 4 Mrd. Euro durch die Beklagte, die wiederum Mittel im Umfang von etwa 18,2 Mrd. Euro aus dem SoFFin in Anspruch nahm, deutlich, dass es sich nicht um eine Situation im Rahmen des normalen Geschäftsverlaufs oder üblicher Schwankungsbreiten handelte. Dies ergibt sich auch aus dem negativen operativen Ergebnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten von 6,56 Mrd. Euro. Diese Ausnahmesituation lässt es auch unter Berücksichtigung der Leistung der Klägerin nicht unangemessen erscheinen, den auszuschüttenden Bonusanspruch gegenüber dem zugesagten Volumen auf 10 % zu reduzieren. Dem steht auch nicht entgegen, dass möglicherweise die Ertragslage bei der Festsetzung der Bonushöhe in den Vorjahren nicht oder nicht maßgeblich berücksichtigt worden ist. Dafür, dass sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten entgegen der vertraglichen Regelung dauerhaft zu einer solchen Handhabung verpflichten wollte, gibt es keine Anhaltspunkte.

47Auch bei der Ausübung des Ermessens ist die individuelle Leistung der Klägerin berücksichtigt worden. Die Höhe des ausgezahlten Anspruchs orientierte sich an dem vorläufig mitgeteilten Betrag in dem „Bonusbrief“ vom , der unter Leistungsgesichtspunkten bestimmt wurde. Diesen Betrag hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nur) verhältnismäßig gekürzt.

48Dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten gegenüber den Beschäftigten des Bereichs DKIB Backoffice keine Kürzung vorgenommen hat, führt nicht zu der Annahme, dass die Kürzung gegenüber der Klägerin ermessensfehlerhaft war. Es fehlt schon an Anhaltspunkten dafür, dass die Vergütungssysteme der beiden Beschäftigtengruppen im Hinblick auf die unterschiedliche Tätigkeit und den unterschiedlichen Einfluss auf das Geschäftsergebnis vergleichbar waren.

49Die Handhabung hinsichtlich der Boni für die Jahre 2009 und 2010 ist für die Höhe des Anspruchs für das Jahr 2008 irrelevant.

50II. Mögliche Schadensersatzansprüche der Klägerin unter dem Blickwinkel des enttäuschten Vertrauens auf Inhalt und Reichweite der Erklärungen vom August und Dezember 2008 sind nicht Streitgegenstand dieses Rechtsstreits. Diese könnten im Übrigen nur zu einem Anspruch auf Ersatz eines etwaigen Vertrauensschadens (negatives Interesse) führen, nicht aber zu einem höheren Bonusanspruch.

III. Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Fundstelle(n):
SAAAE-02698