BVerwG Beschluss v. - 9 B 70.10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gründe

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

1. a) Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht hinreichend i.S.d. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt. Dazu wäre die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe notwendig, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Die Beschwerde macht zwar einen Klärungsbedarf in Bezug auf § 69 AO geltend, versäumt es jedoch, die als klärungsbedürftig erachtete Frage zu formulieren. Sie verweist lediglich darauf, dass "die entscheidende Frage nach der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem mit der Haftung geltend gemachten Schaden im Zusammenhang mit § 69 AO ... eine Frage des materiellen Rechts (ist), die in dieser Form noch nicht beantwortet wurde", ohne aufzuzeigen, in welcher Form sie vorliegend zur Klärung gestellt wird. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang darauf abstellen sollte, dass die Steuerforderung mit Blick auf das debitorisch geführte Konto der GmbH ohnehin nicht mit Erfolg hätte geltend gemacht werden können, geht es im Übrigen um die Beantwortung einer nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilenden Tatsachenfrage. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache kann daraus nicht hergeleitet werden.

b) Eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) wird nicht einmal ansatzweise dargelegt.

c) Die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) dringen ebenfalls nicht durch.

aa) Die Beschwerde rügt einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz i.S.d. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil das Gericht von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen sei. Das Oberverwaltungsgericht habe seiner Entscheidung einen nicht feststehenden Sachverhalt zugrunde gelegt, indem es unrichtig davon ausgegangen sei, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt Ende 2003 "ausreichende Mittel der GmbH vorhanden waren", um die Forderungen der Beklagten zu erfüllen. Diese Grundannahme für die Bejahung der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden sei unrichtig.

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind indes revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen ( BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f.). Denn ein Fehler bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung betrifft den inneren Vorgang der richterlichen Rechtsfindung, nicht den äußeren Verfahrensgang. Eine Ausnahme hiervon kommt bei einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (vgl. BVerwG 9 B 28.08 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 6 m.w.N.). Ein solcher Mangel wird nicht dargetan.

Die Beschwerde greift im Ergebnis die Würdigung der dem Urteil zugrunde liegenden Tatsachen an, legt jedoch nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Denn das Oberverwaltungsgericht hat - ohne dass dies mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden wäre und in Übereinstimmung mit der Erklärung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung am - angenommen, noch im Jahre

2003 und sogar noch 2004 seien Verbindlichkeiten der GmbH, darunter auch Steuerschulden, von dem hier maßgeblichen Konto - in Absprache mit der

Geno-Bank - beglichen worden. Daraus hat es gefolgert, dass bei rechtzeitiger Abgabe der Steuererklärung noch im Jahr 2003 die Steuern und Vorauszahlungen festgesetzt und von diesem Konto ebenfalls beglichen worden wären. Den Vortrag, dass die Steuerschulden weder von der Bank bedient worden wären noch hätten vollstreckt werden können, hat es als nicht berücksichtigungsfähigen hypothetischen Kausalverlauf gewertet (vgl. zur Nichtberücksichtigung von hypothetischen Kausalverläufen - BFHE 217, 233 <236 ff.>). Das Oberverwaltungsgericht hat mithin den Sachverhalt rechtlich anders als die Beschwerde beurteilt. Damit ist er weder unrichtig noch unvollständig noch liegt darin ein Verstoß gegen Denkgesetze oder Willkür.

bb) Auf der Grundlage der Beschwerdebegründung lässt sich auch kein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO bejahen. Die Beschwerde sieht die Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht keine weiteren Beweise erhoben habe, obwohl sich dem Gericht angesichts des gesamten Sachverhaltes die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung hätte aufdrängen müssen. Damit ist ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht schon deshalb nicht in der erforderlichen Weise dargetan, weil die Beschwerde nicht darlegt, welche Tatsachen einer weiteren Aufklärung bedurft hätten (zu diesem Erfordernis vgl. BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f.). Zudem kommt eine Verletzung der Aufklärungspflicht nicht in Betracht, wenn es auf den nach Ansicht der Beschwerde zu ermittelnden Sachverhalt nach der materiellen Rechtsauffassung des Tatsachengerichts schon aus Rechtsgründen nicht ankommt (stRspr, vgl. BVerwG 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216 <221 f.>, vom - BVerwG 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 4 und vom - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> = Buchholz 451.171 § 7 AtG Nr. 5 S. 58).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Dr. Storost Buchberger Dr. Christ

Fundstelle(n):
DAAAD-85677