EuGH Urteil v. - C-402/09

Inländische Abgaben – Art. 110 AEUV: Umweltsteuer, die bei der erstmaligen Zulassung von Kraftfahrzeugen erhoben wird – Steuerliche Neutralität zwischen eingeführten Gebrauchtfahrzeugen und gleichartigen Fahrzeugen, die sich bereits auf dem inländischen Markt befinden

Leitsatz

Art. 110 AEUV ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verbietet, eine Umweltsteuer einzuführen, die auf Kraftfahrzeuge bei deren erstmaliger Zulassung in diesem Mitgliedstaat erhoben wird, wenn diese steuerliche Maßnahme in der Weise ausgestaltet ist, dass sie die Inbetriebnahme von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gebrauchtfahrzeugen in diesem Mitgliedstaat erschwert, ohne zugleich den Erwerb von Gebrauchtfahrzeugen desselben Alters und mit derselben Abnutzung auf dem inländischen Markt zu erschweren.

Instanzenzug: Tribunal Sibiu (Rumänien), Entscheidung vom 18.06.2009,

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 90 EG.

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Tatu einerseits und dem Statul român prin Ministerul Finanţelor şi Economiei (Rumänischer Staat, vertreten durch das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft), der Direcţia Generală a Finanţelor Publice Sibiu (Generaldirektion für öffentliche Finanzen Sibiu), der Administraţia Finanţelor Publice Sibiu (Amt für öffentliche Finanzen Sibiu), der Administraţia Fondului pentru Mediu (Umweltfonds-Amt) sowie dem Ministerul Mediului (Umweltministerium) andererseits über eine Steuer, die Herr Tatu bei der Zulassung seines aus einem anderen Mitgliedstaat stammenden Kraftfahrzeugs entrichten musste.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Die europäischen Emissionsklassen legen die tolerierbaren Grenzwerte für Abgasemissionen neuer, in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verkaufter Kraftfahrzeuge fest. Der erste Grenzwert dieser Art (allgemein als Euro 1 bezeichnet) wurde durch die am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Richtlinie 91/441/EWG des Rates vom 26. Juni 1991 zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen (ABl. L 242, S. 1) eingeführt. Seitdem wurden die Vorschriften in diesem Bereich mit dem Ziel einer Verbesserung der Luftqualität in der Union stetig verschärft.

Die Emissionsklasse Euro 2 wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1996 eingeführt. Später hat der Gemeinschaftsgesetzgeber weitere Emissionsklassen eingeführt. In Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171, S. 1) ist der derzeit geltende Grenzwert derjenige der Emissionsklasse Euro 5, und für 2014 ist die Einführung einer Emissionsklasse Euro 6 vorgesehen.

Im Übrigen unterscheidet die Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 263, S. 1) zwischen Fahrzeugen der Klasse M, die "[f]ür die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern" umfasst, und solchen der Klasse N, die "[f]ür die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern" umfasst. Diese Klassen sind nach der Zahl der Sitzplätze und der Gesamtmasse (Klasse M) bzw. nur nach der Gesamtmasse (Klasse N) weiter unterteilt.

Nationales Recht

Die am 1. Juli 2008 in Kraft getretene Dringlichkeitsverordnung Nr. 50/2008 der Regierung zur Einführung einer Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge vom 21. April 2008 (Ordonanţă de urgenţă a Guvernului nr. 50/2008 pentru instituirea taxei pe poluare pentru autovehicule, veröffentlicht im Monitorul Oficial al României [Gesetzblatt Rumäniens], Partea I, Nr. 327 vom 25. April 2008, im Folgenden: OUG Nr. 50/2008) führte mit ihrem Art. 3 eine Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge der Klassen M1 bis M3 und N1 bis N3 ein.

Nach der Präambel der OUG Nr. 50/2008 ist diese Steuer Teil der Maßnahmen "zur Verbesserung der Luftqualität und zur Erreichung der in diesem Bereich von der [Unions]gesetzgebung vorgesehenen Grenzwerte" und wurde in der Weise erlassen, dass "die Einhaltung des anwendbaren [Unions]rechts, einschließlich der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen [Union], gewährleistet werden kann".

Art. 1 der OUG Nr. 50/2008 bestimmt:

"(1) Diese Dringlichkeitsverordnung legt den gesetzlichen Rahmen für die Einführung der Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge - im Folgenden: Steuer - fest, die dem Haushalt des Umweltfonds zufließt und vom Umweltfonds-Amt zur Finanzierung von Programmen und Projekten zum Schutz der Umwelt verwaltet wird.

(2) Mit den nach dieser Dringlichkeitsverordnung vereinnahmten Beträgen werden folgende Programme und Projekte zum Schutz der Umwelt finanziert:

a) das Programm zur Stimulierung der Erneuerung des nationalen Kraftfahrzeugbestands;

b) das Nationale Programm zur Verbesserung der Umweltqualität durch Schaffung von Grünflächen innerhalb von Ortschaften;

c) Projekte zur Ersetzung oder Ergänzung herkömmlicher Heizsysteme durch Systeme, die Solarenergie, geothermische Energie und Windenergie nutzen;

d) Projekte zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen ...;

..."

Nach Art. 4 Buchst. a der OUG Nr. 50/2008 entsteht die Pflicht zur Zahlung der Steuer "bei erstmaliger Zulassung eines Kraftfahrzeugs in Rumänien". Art. 5 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung konkretisiert, dass "[d]ie Steuer ... von der zuständigen Steuerbehörde berechnet [wird]" und dass "die natürliche oder juristische Person, die das Fahrzeug zuzulassen wünscht, ... die Unterlagen [einreicht], die die in den Durchführungsbestimmungen zu dieser Dringlichkeitsverordnung vorgesehenen Angaben enthalten".

Gemäß Art. 5 Abs. 3 der OUG Nr. 50/2008 wird "der Betrag der Steuer ... auf der Grundlage des am ersten Werktag des Monats Oktober des Vorjahrs festgelegten und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Wechselkurses in Lei festgesetzt". Danach war der erstmalig anwendbare Wechselkurs der im Amtsblatt vom 2. Oktober 2007 (ABl. C 230, S. 2) veröffentlichte, wonach 1 Euro 3,3565 Lei entsprach.

Art. 6 der OUG Nr. 50/2008 bestimmt:

"(1) Der zu zahlende Steuerbetrag wird ... wie folgt berechnet:

...

b) für Kraftfahrzeuge der Klasse M1, die keiner Euro-Schadstoffklasse, der Schadstoffklasse Euro 1 oder der Schadstoffklasse Euro 2 angehören, nach folgender Formel:

Zahlbetrag = C x D x (100 - E) : 100,

wobei:

C = Hubraum (Zylindervolumen);

D = spezifische Hubraumsteuer nach Spalte 3 des Anhangs 2;

E = prozentuale Steuerermäßigung nach Spalte 2 des Anhangs 4;

...

(3) Der fixe Ermäßigungssatz nach Anhang 4 bestimmt sich nach dem Alter des Kraftfahrzeugs, den durchschnittlich im Jahr gefahrenen Kilometern, dem technischen Zustand und dem Ausstattungsniveau des Kraftfahrzeugs. Bei der Berechnung der Steuer werden gegenüber dem fixen Prozentsatz zusätzliche Ermäßigungen entsprechend den Abweichungen von den gewöhnlichen Merkmalen, die der Bestimmung des fixen Prozentsatzes zugrunde lagen, gemäß den Durchführungsbestimmungen zu dieser Dringlichkeitsverordnung gewährt.

(4) Das Alter eines Gebrauchtfahrzeugs wird nach dessen Erstzulassung berechnet.

..."

In Art. 10 der OUG Nr. 50/2008 heißt es:

"(1) Der zu zahlende Steuerbetrag kann angefochten werden, wenn die Person, die ein Gebrauchtfahrzeug zulassen möchte, den Nachweis erbringen kann, dass ihr Fahrzeug einer stärkeren Wertminderung unterlag als in der in Anhang 4 enthaltenen pauschalen Tabelle angegeben.

(2) Die Höhe der Wertminderung wird auf der Grundlage der Kriterien ermittelt, die bei der Festlegung des Ermäßigungssatzes nach Art. 6 Abs. 3 Berücksichtigung finden.

(3) Im Fall einer Anfechtung werden die in Abs. 2 genannten Eigenschaften des Gebrauchtfahrzeugs auf Antrag des Steuerpflichtigen durch ein technisches Sachverständigengutachten ermittelt, das entgeltlich vom Autonomen Regiebetrieb 'Zentrales rumänisches Autoregister' auf der Grundlage des in den Durchführungsbestimmungen zu dieser Dringlichkeitsverordnung festgelegten Verfahrens erstellt wird.

(4) Die Gebühr für die Erstellung des technischen Sachverständigengutachtens wird vom Autonomen Regiebetrieb 'Zentrales rumänisches Autoregister' entsprechend den mit der Erstellung des Gutachtens in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten festgelegt und darf deren Kosten nicht übersteigen.

(5) Das Ergebnis des technischen Sachverständigengutachtens wird in einem vom Autonomen Regiebetrieb 'Zentrales rumänisches Autoregister' erstellten Dokument festgehalten, das die den Kriterien nach Abs. 2 entsprechenden Informationen und den sich daraus ergebenden Ermäßigungssatz enthält.

(6) Der Steuerpflichtige legt das vom Autonomen Regiebetrieb 'Zentrales rumänisches Autoregister' erstellte Dokument über das Ergebnis des technischen Sachverständigengutachtens den zuständigen Steuerbehörden vor.

(7) Bei Erhalt des in Abs. 6 genannten Dokuments berechnet die Steuerbehörde den zu zahlenden Steuerbetrag neu, was zur Erstattung der Differenz zu der bei der Zulassung gezahlten Steuer führen kann.

(8) Die Person, die mit der Anfechtungsentscheidung nicht einverstanden ist, kann gemäß den gesetzlichen Vorschriften die zuständigen Gerichte anrufen.

..."

Anhang 4 der OUG Nr. 50/2008 lautet wie folgt:

Tabelle der Steuerermäßigungssätze

Alter des Fahrzeugs|Ermäßigungssatz (%)

1|2

neu|0

|3

> 1 Monat - einschl. 3 Monate|5

> 3 Monate - einschl. 6 Monate|8

> 6 Monate - einschl. 9 Monate|10

> 9 Monate - einschl. 1 Jahr|13

> 1 Jahr - einschl. 2 Jahre|21

> 2 Jahre - einschl. 3 Jahre|28

> 3 Jahre - einschl. 4 Jahre|33

> 4 Jahre - einschl. 5 Jahre|38

> 5 Jahre - einschl. 6 Jahre|43

> 6 Jahre - einschl. 7 Jahre|49

> 7 Jahre - einschl. 8 Jahre|55

> 8 Jahre - einschl. 9 Jahre|61

> 9 Jahre - einschl. 10 Jahre|66

> 10 Jahre - einschl. 11 Jahre|73

> 11 Jahre - einschl. 12 Jahre|79

> 12 Jahre - einschl. 13 Jahre|84

> 13 Jahre - einschl. 14 Jahre|89

> 14 Jahre - einschl. 15 Jahre |93

über 15 Jahre|95

Die Durchführungsbestimmungen zur OUG Nr. 50/2008 über die Einführung einer Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge (Normele metodologice de aplicare a Ordonanţei de urgenţă a Guvernului nr. 50/2008 pentru instituirea taxei pe poluare pentru autovehicule, Monitorul Oficial al României, Partea I, Nr. 480 vom 30. Juni 2008, im Folgenden: Durchführungsbestimmungen) wurden am 24. Juni 2008 verabschiedet.

Art. 3 Abs. 5 und 6 der Durchführungsbestimmungen sieht vor:

"(5) Die Steuer wird vom Steuerpflichtigen in Lei durch Überweisung oder Bareinzahlung bei den Außenstellen des Schatzamts der Steuerbehörde, bei der er als Steuer- und Abgabenzahler registriert ist oder seinen steuerlichen Wohnsitz hat, auf das Konto ... 'Verfügbare Mittel der Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge' ... entrichtet.

(6) Die Außenstellen des Schatzamts transferieren die ... vereinnahmten Beträge am letzten Werktag des Monats auf das auf den Namen des Umweltfonds-Amts beim Schatzamt eröffnete Konto ... 'Verfügbare Mittel des Umweltfonds'."

Art. 4 Abs. 4 und 5 in Kapitel IV ("Berechnung der Steuer") der Durchführungsbestimmungen bestimmt:

"(4) Die Kriterien, aufgrund deren der in Anhang 4 der [OUG Nr. 50/2008] vorgesehene Ermäßigungssatz des für ein als 'Standard'-Fahrzeug angesehenes Kraftfahrzeug geschuldeten Steuerbetrags festgelegt wurde, sind:

a) das Alter, das als Unterschied zwischen dem Zeitpunkt, in dem die Berechnung vorgenommen wird, und dem Zeitpunkt der Erstzulassung berechnet wird,

b) die durchschnittlich im Jahr gefahrenen Kilometer:

- M1 - 15 000 km

- N1 - 30 000 km

- M2 und N2 - 60 000 km

- M3 und N3 - 100 000 km,

c) der gewöhnliche Zustand, den ein Kraftfahrzeug aufweist, das alle technischen Voraussetzungen erfüllt, die bei der Typengenehmigung und der regelmäßigen Fahrzeuguntersuchung nach geltendem Recht gestellt werden, dessen Karosserie keine Anzeichen von Korrosion oder Beschädigung aufweist, das nicht neu lackiert wurde, dessen Innenbezüge sauber und unbeschädigt sind und dessen Armaturen sich in gutem Zustand befinden,

d) die Ausstattung: Klimaanlage, ABS und Airbag.

(5) Bei Gebrauchtfahrzeugen, die erstmalig in Rumänien zugelassen werden, wird als für die Berechnung der Steuer maßgeblicher Zeitpunkt der Erstzulassung der in der entsprechenden Rubrik des ausländischen Zulassungsdokuments angegebene Zeitpunkt herangezogen."

Art. 5 in Kapitel V ("Ermittlung der tatsächlichen Wertminderung eines Gebrauchtfahrzeugs") der Durchführungsbestimmungen bestimmt:

"(1) Der nach Art. 6 der [OUG Nr. 50/2008] berechnete zu entrichtende Steuerbetrag kann angepasst werden, wenn die Person, die die Zulassung eines Gebrauchtfahrzeugs beantragt, ehrenwörtlich erklärt, dass die tatsächliche jährliche durchschnittliche Fahrleistung des betreffenden Fahrzeugs höher ist als die für die in Art. 4 Abs. 4 Buchst. b genannte entsprechende Fahrzeugklasse als normal geltende jährliche Fahrleistung.

(2) In den Fällen des Abs. 1 wird der Steuerbetrag auf der Grundlage des sich aus Anhang 4 der [OUG Nr. 50/2008] ergebenden Ermäßigungssatzes berechnet, der durch die in Anhang 1 vorgesehene zusätzliche Ermäßigung erhöht wird. ...

(3) Die durchschnittliche jährliche Fahrleistung wird berechnet, indem die auf dem Kilometerzähler angegebene Fahrleistung zum Alter des Fahrzeugs ... in Verhältnis gesetzt wird.

...

(6) Der ... zu entrichtende Steuerbetrag kann auch dann angepasst werden, wenn die Person, die die Zulassung eines Gebrauchtfahrzeugs beantragt, aufgrund eines vom Autonomen Regiebetrieb 'Zentrales rumänisches Autoregister' erstellten technischen Sachverständigengutachtens den Nachweis erbringt, dass die Wertminderung des Gebrauchtfahrzeugs höher ist als die, die in der in Anhang 4 der [OUG Nr. 50/2008] vorgesehenen pauschalen Tabelle angegeben ist.

..."

Anhang 1 der Durchführungsbestimmungen enthält folgende Tabelle:

Skala der zusätzlichen Ermäßigungssätze bezogen auf die tatsächliche durchschnittliche jährliche Fahrleistung des Kraftfahrzeugs

Fahrzeugklasse|Differenz zwischen der tatsächlichen durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung und der gewöhnlichen durchschnittlichen Fahrleistung (km)|Zusätzlicher Ermäßigungssatz (%)

M1|<5 000|0

|5 001 - 10 000|1,0

|10 001 - 15 000|1,5

|15 001 - 20 000|2,0

|20 001 - 25 000|2,5

|25 001 - 30 000|3,0

|>30 001|3,5

N1|<10 000|0

|10 001 - 20 000|1,0

|20 001 - 30 000|1,5

|30 001 - 40 000|2,0

|40 001 - 50 000|2,5

|>50 001|3,0

M2 und N2|<15 000|0

|15 001 - 30 000|1,0

|30 001 - 45 000|1,5

|45 001 - 60 000|2,0

|60 001 - 75 000|2,5

|>75 001|3,00

M3 und N3|<25 000|0

|25 001 - 50 000|1,0

|50 001 - 100 000|1,5

|100 001 - 150 000|2,0

|150 001 - 200 000|2,5

|>200 001|3,00

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Im Juli 2008 erwarb Herr Tatu, rumänischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Herkunftsmitgliedstaat, in Deutschland ein Gebrauchtfahrzeug. Dieses Fahrzeug gehört zur Fahrzeugklasse M1, hat einen Hubraum von 2 155 cm3 und entspricht hinsichtlich seines Schadstoffausstoßes der Emissionsklasse Euro 2. Es wurde 1997 hergestellt und im selben Jahr in Deutschland zugelassen.

Herr Tatu wollte dieses Fahrzeug in Rumänien zulassen. Dazu musste er nach einem Bescheid der Administra&tcedil;ia Finan&tcedil;elor Publice Sibiu vom 27. Oktober 2008 den Betrag von 7 595 Lei als Umweltsteuer nach der OUG Nr. 50/2008 entrichten.

Mit am 17. Dezember 2008 beim Tribunal Sibiu erhobener Klage beantragte Herr Tatu, die Beklagten zu verurteilen, ihm diesen Betrag zu erstatten. Zur Stützung seiner Klage macht er geltend, dass die fragliche Steuer mit dem Unionsrecht unvereinbar sei, und zwar insbesondere deshalb, weil sie auf aus einem anderen Mitgliedstaat nach Rumänien eingeführte Gebrauchtfahrzeuge, die erstmalig in Rumänien zugelassen würden, erhoben werde, während sie auf gleichartige, bereits in Rumänien zugelassene Fahrzeuge bei deren Weiterveräußerung als Gebrauchtfahrzeuge nicht erhoben werde. Eingeführte Gebrauchtfahrzeuge würden somit höher besteuert als bereits in Rumänien zugelassene gleichartige Fahrzeuge, was die rumänischen Verbraucher zum Erwerb der letztgenannten verleite.

Das Ausmaß der Diskriminierung werde durch die Umstände des Ausgangsrechtsstreits veranschaulicht, da das fragliche Gebrauchtfahrzeug in Deutschland für 6 600 Euro erworben und bei der Zulassung in Rumänien einer Steuer in Höhe von 7 595 Lei, was mehr als 2 200 Euro entspreche, unterworfen worden sei. Der gezahlte Steuerbetrag übersteige damit erheblich den im Wert eines gleichartigen, bereits in Rumänien zugelassenen Fahrzeugs enthaltenen Restbetrag der Steuer, der gleich null sei.

Herr Tatu macht außerdem geltend, dass das Ziel der OUG Nr. 50/2008, nämlich der Schutz der Umwelt, durch geeignetere Maßnahmen hätte verwirklicht werden können, beispielsweise durch die Einführung einer Umweltsteuer auf alle in Betrieb befindlichen Fahrzeuge und nicht nur auf die seit dem 1. Juli 2008 zugelassenen.

Das Tribunal Sibiu bestätigte, dass die durch die OUG Nr. 50/2008 eingeführte Steuer nur auf erstmalig ab dem 1. Juli 2008, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung, in Rumänien zugelassene Kraftfahrzeuge erhoben werde und nicht auf solche Fahrzeuge, die bereits vor diesem Zeitpunkt in Rumänien in Betrieb gesetzt worden seien.

Es führt im Übrigen die späteren Änderungen der OUG Nr. 50/2008 auf, von denen die ersten - die mit der Dringlichkeitsverordnung Nr. 208/2008 der Regierung zur Einführung verschiedener Maßnahmen in Bezug auf die Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge (Ordonan&tcedil;&abreve; de urgen&tcedil;&abreve; a Guvernului nr. 208/2008 pentru stabilirea unor m&abreve;suri privind taxa pe poluare pentru autovehicule) vom 4. Dezember 2008 (Monitorul Oficial al României, Partea I, Nr. 825 vom 8. Dezember 2008, im Folgenden: OUG Nr. 208/2008) eingeführt worden seien - ab dem 15. Dezember 2008 gegolten hätten.

Vor diesem Hintergrund hat das Tribunal Sibiu das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Laufen die Bestimmungen der OUG Nr. 50/2008 mit späteren Änderungen Art. 90 EG zuwider? Liegt tatsächlich eine offensichtlich diskriminierende Maßnahme vor?

Zur Vorlagefrage

Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass zwar eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit jeder Frage zum Unionsrecht spricht, der Gerichtshof aber dann keine Antwort geben kann, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a., C-94/04 und C-202/04, Slg. 2006, I-11421, Randnr. 25, vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez, C-570/07 und C-571/07, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 36, und vom 2. Dezember 2010, Jakubowska, C-225/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 28).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass die auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbare nationale Rechtsvorschrift die OUG Nr. 50/2008 in ihrer ursprünglichen Fassung ist, da das in diesem Rechtsstreit in Rede stehende Kraftfahrzeug am 27. Oktober 2008 der Umweltsteuer unterworfen wurde. Den in der Vorlageentscheidung enthaltenen Angaben zufolge trat die OUG Nr. 50/2008 nämlich am 1. Juli 2008 in Kraft, während deren Änderungen durch die OUG Nr. 208/2008 erst ab dem 15. Dezember 2008 galten.

Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, muss die Vorlagefrage so verstanden werden, dass damit gefragt wird, ob Art. 90 EG einer Steuerregelung wie der durch die OUG Nr. 50/2008 in ihrer ursprünglichen Fassung geschaffenen entgegensteht.

In Anbetracht dieser Klarstellung und des Gegenstands der in der OUG Nr. 50/2008 geregelten Steuer ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht im Wesentlichen fragt, ob Art. 110 AEUV, dessen Wortlaut mit dem von Art. 90 EG übereinstimmt, dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat untersagt, eine Umweltsteuer einzuführen, die auf Kraftfahrzeuge bei deren erstmaliger Zulassung in diesem Mitgliedstaat erhoben wird.

Herr Tatu vertritt mit einer bereits beim vorlegenden Gericht vorgetragenen und in den Randnrn. 21 bis 23 des vorliegenden Urteils zusammenfassend dargestellten Argumentation die Auffassung, dass eine Steuer wie die im Ausgangsverfahren fragliche nicht mit Art. 110 AEUV vereinbar sei. Die tschechische Regierung teilt diese Auffassung. Die rumänische Regierung und die europäische Kommission vertreten die entgegengesetzte Ansicht.

Wie die Generalanwältin in den Nrn. 20 ff. ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, stellt eine Steuer, die von einem Mitgliedstaat bei der erstmaligen Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Zweck ihrer Inbetriebnahme erhoben wird, weder einen Zoll noch eine Abgabe mit gleicher Wirkung wie ein Zoll im Sinne der Art. 28 AEUV und 30 AEUV dar. Eine solche Steuer ist eine inländische Abgabe und daher an Art. 110 AEUV zu messen (vgl. u. a. Urteile vom 17. Juni 2003, De Danske Bilimportører, C-383/01, Slg. 2003, I-6065, Randnr. 34, und vom 5. Oktober 2006, Nádasdi und Németh, C-290/05 und C-333/05, Slg. 2006, I-10115, Randnrn. 38 bis 41).

Da außerdem der Anwendungsbereich von 34 AEUV die in Art. 110 AEUV bezeichneten inländischen Abgaben nicht umfasst, kann eine Zulassungssteuer wie die im Ausgangsverfahren fragliche nicht anhand der Vorschriften über mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie solche Beschränkungen beurteilt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile De Danske Bilimportører, Randnr. 32, und vom 18. Januar 2007, Brzezi&nacute;ski, C-313/05, Slg. 2007, I-513, Randnr. 50).

Das Ziel von Art. 110 AEUV besteht jedenfalls darin, den freien Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten unter normalen Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Er soll jede Form des Schutzes beseitigen, die aus einer inländischen Abgabe folgen könnte, die Waren aus anderen Mitgliedstaaten diskriminiert (vgl. u. a. Urteile vom 11. Dezember 1990, Kommission/Dänemark, C-47/88, Slg. 1990, I-4509, Randnr. 9, Brzezi&nacute;ski, Randnr. 27, und vom 3. Juni 2010, Kalinchev, C-2/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 37).

Zu diesem Zweck ist es nach Art. 110 AEUV jedem Mitgliedstaat untersagt, auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten inländische Abgaben zu erheben, die höher sind als bei gleichartigen inländischen Waren. Diese Bestimmung des Vertrags soll die vollkommene Wettbewerbsneutralität der inländischen Abgaben für bereits auf dem inländischen Markt befindliche und für eingeführte Waren gewährleisten (Urteile Kommission/Dänemark, Randnrn. 8 und 9, und vom 29. April 2004, Weigel, C-387/01, Slg. 2004, I-4981, Randnr. 66).

Im Ausgangsverfahren steht fest, dass die durch die OUG Nr. 50/2008 eingeführte Abgabenregelung formal weder eine Unterscheidung von Kraftfahrzeugen nach ihrer Herkunft noch der Eigentümer dieser Fahrzeuge nach ihrer Nationalität vornimmt. Denn die fragliche Steuer wird unabhängig von der Nationalität des Fahrzeugeigentümers, vom Mitgliedstaat, in dem dieses hergestellt wurde, und von der Frage, ob es sich um ein auf dem inländischen Markt erworbenes Fahrzeug oder ein eingeführtes Fahrzeug handelt, geschuldet.

Auch wenn die Voraussetzungen einer unmittelbaren Diskriminierung nicht vorliegen, kann eine Steuer doch aufgrund ihrer Wirkungen mittelbar diskriminierend sein (Urteil Nádasdi und Németh, Randnr. 47).

Um festzustellen, ob eine Steuer wie die im Ausgangsverfahren fragliche zu einer mittelbaren Diskriminierung von eingeführten Gebrauchtfahrzeugen gegenüber gleichartigen, bereits im Inland befindlichen Gebrauchtfahrzeugen führt, ist angesichts der Fragestellungen des vorlegenden Gerichts und der vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen zunächst zu prüfen, ob diese Steuer im Hinblick auf die Konkurrenz zwischen eingeführten Gebrauchtfahrzeugen und gleichartigen Gebrauchtfahrzeugen, die zuvor im Inland zugelassen wurden und anlässlich dieser Zulassung der Steuer nach der OUG Nr. 50/2008 unterlagen, neutral ist. Sodann ist die Neutralität dieser Steuer bezüglich eingeführter Gebrauchtfahrzeuge und gleichartiger, im Inland vor dem Inkrafttreten der OUG Nr. 50/2008 zugelassener Gebrauchtfahrzeuge zu prüfen.

Neutralität der Steuer bezüglich eingeführter Gebrauchtfahrzeuge und gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge, die zuvor im Inland zugelassen wurden und anlässlich dieser Zulassung eben dieser Steuer unterlagen

Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Verstoß gegen Art. 110 AEUV vor, wenn der Betrag der Steuer, die auf ein eingeführtes Gebrauchtfahrzeug erhoben wird, den Restwert der Steuer übersteigt, der noch im Wert im Inland bereits zugelassener gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist (Urteile vom 9. März 1995, Nunes Tadeu, C-345/93, Slg. 1995, I-479, Randnr. 20, vom 22. Februar 2001, Gomes Valente, C-393/98, Slg. 2001, I-1327, Randnr. 23, und vom 19. September 2002, Tulliasiamies und Siilin, C-101/00, Slg. 2002, I-7487, Randnr. 55).

Der Gerichtshof hat hierzu ausgeführt, dass die in einem Mitgliedstaat entrichtete Zulassungssteuer Teil des Fahrzeugwerts wird. Wenn also ein in dem betreffenden Mitgliedstaat zugelassenes Gebrauchtfahrzeug anschließend in demselben Mitgliedstaat als Gebrauchtfahrzeug veräußert wird, entspricht dessen Marktwert, in dem der Restwert der Zulassungssteuer enthalten ist, einem durch die Wertminderung des Fahrzeugs bestimmten Prozentsatz seines ursprünglichen Werts (Urteil Nádasdi und Németh, Randnr. 54). Um die Neutralität der Steuer zu gewährleisten, muss daher der Wert des eingeführten Gebrauchtfahrzeugs den Wert eines im Inland bereits zugelassenen gleichartigen Fahrzeugs zuverlässig widerspiegeln (Urteile Weigel, Randnr. 71, und vom 20. September 2007, Kommission/Griechenland, C-74/06, Slg. 2007, I-7585, Randnr. 28).

Damit dieses Ergebnis erreicht werden kann, ist der tatsächliche Wertverlust der eingeführten Gebrauchtfahrzeuge bei der Berechnung der Steuer zu berücksichtigen. Diese Berücksichtigung muss nicht notwendig zu einer Bewertung oder einem Sachverständigengutachten für jedes einzelne Fahrzeug führen. Zur Vermeidung der einer solchen Regelung inhärenten Schwerfälligkeit kann ein Mitgliedstaat nämlich mittels durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift festgelegter pauschaler Tabellen, die anhand von Kriterien wie Alter, Kilometerstand, Allgemeinzustand, Antriebsart, Fabrikat oder Modell des Fahrzeugs errechnet werden, einen Wert von Gebrauchtfahrzeugen festsetzen, der in aller Regel ihrem tatsächlichen Wert sehr nahekommt (Urteile Gomes Valente, Randnr. 24, Weigel, Randnr. 73, und Kommission/Griechenland, Randnr. 29).

Der Gerichtshof hat diese objektiven, der Ermittlung der Wertminderung von Kraftfahrzeugen dienenden Kriterien nicht in verpflichtender Weise aufgezählt (Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 37). Sie sind also nicht zwingend kumulativ anzuwenden. Allerdings garantiert die Anwendung einer auf einem einzigen Wertminderungskriterium wie dem Alter des Kraftfahrzeugs beruhenden Tabelle nicht, dass die Tabelle die tatsächliche Wertminderung dieser Fahrzeuge widerspiegelt (vgl. in diesem Sinne Urteile Gomes Valente, Randnrn. 28 und 29, und Kommission/Griechenland, Randnrn. 38 bis 42). Insbesondere führt die in den jeweiligen Rechtsvorschriften festgelegte Tabelle bei Nichtberücksichtigung des Kilometerstands in aller Regel nicht zu einer angemessenen Annäherung an den tatsächlichen Wert der eingeführten Gebrauchtfahrzeuge (Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 43).

Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht zweifelsfrei hervor, dass der Steuerbetrag im Ausgangsverfahren zum einen anhand von Kriterien festgelegt wird, die in gewissem Maß die von dem Fahrzeug verursachte Umweltverschmutzung berücksichtigen, wie dessen Hubraum und die Euro-Klasse, der es zugehört, und zum anderen durch Berücksichtigung der Wertminderung des Fahrzeugs. Diese Wertminderung, die zu einer Verringerung des Betrags führt, der auf der Grundlage der Umweltkriterien ermittelt wurde, bestimmt sich nicht nur nach dem Alter des Fahrzeugs (Wert E in der Formel nach Art. 6 Abs. 1 der OUG Nr. 50/2008), sondern auch, wie sich aus Art. 6 Abs. 3 der OUG Nr. 50/2008 sowie den Art. 4 und 5 der Durchführungsbestimmungen ergibt, nach dessen tatsächlicher jährlicher Fahrleistung, vorausgesetzt, der Steuerpflichtige hat Angaben zur Fahrleistung gemacht. Außerdem kann der Steuerpflichtige, wenn er der Auffassung ist, dass das Alter und die tatsächliche durchschnittliche jährliche Fahrleistung den tatsächlichen Wertverlust des Fahrzeugs nicht zutreffend und hinreichend widerspiegeln, nach Art. 10 der OUG Nr. 50/2008 beantragen, diese mittels eines Sachverständigengutachtens zu bestimmen, dessen Kosten, die zu seinen Lasten gehen, die Kosten der mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten nicht übersteigen dürfen.

Eine Regelung wie diejenige im Ausgangsverfahren gewährleistet durch die Einbeziehung des Alters und der tatsächlichen durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung des Fahrzeugs in die Berechnung der Steuer sowie durch die zur Anwendung dieser Kriterien zusätzlich vorgesehene fakultative Berücksichtigung des Zustands des Fahrzeugs und von dessen Ausstattung mittels eines bei der für die Registrierung von Kraftfahrzeugen zuständigen Behörde zu nicht überhöhten Kosten eingeholten Sachverständigengutachtens eine einer angemessenen Annäherung an den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs entsprechende Verringerung des Steuerbetrags.

Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass in den in Anhang 4 der OUG Nr. 50/2008 enthaltenen pauschalen Tabellen gebührend berücksichtigt wurde, dass der jährliche Wertverlust von Kraftfahrzeugen im Allgemeinen über 5 % liegt und nicht linear verläuft, sondern insbesondere in den ersten Jahren weit höher ist als später (vgl. Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Im Übrigen durfte die rumänische Regierung zu Recht davon ausgehen, dass die den Zustand des Fahrzeugs und dessen Ausstattung betreffenden Wertminderungskriterien nur dann ordnungsgemäß angewendet werden können, wenn eine individuelle Untersuchung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen in Anspruch genommen und vom Steuerpflichtigen gefordert wird, dass er die Kosten dieses Sachverständigengutachtens übernimmt, damit nicht zu oft Sachverständigengutachten erstellt werden, die die getroffene Regelung sowohl verwaltungsmäßig als auch finanziell schwerfällig werden ließen.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass eine Regelung wie die durch die OUG Nr. 50/2008 geschaffene, die bei der Berechnung der Zulassungssteuer die Wertminderung des Kraftfahrzeugs durch Anwendung pauschaler, detaillierter und statistisch begründeter Tabellen berücksichtigt, die sich auf das Alter und die tatsächliche jährliche durchschnittliche Fahrleistung dieses Fahrzeugs beziehen, zu denen auf Antrag des Steuerpflichtigen und auf dessen Kosten die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zum Allgemeinzustand des Fahrzeugs und seiner Ausstattung hinzukommen kann, gewährleistet, dass diese Steuer, wenn sie auf eingeführte Gebrauchtfahrzeuge erhoben wird, nicht den Restwert dieser Steuer übersteigt, der im Wert gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist, die zuvor im Inland zugelassen wurden und anlässlich dieser Zulassung der Steuer gemäß der OUG Nr. 50/2008 unterworfen wurden.

Neutralität der Steuer bezüglich eingeführter Gebrauchtfahrzeuge und gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge, die vor Einführung dieser Steuer im Inland zugelassen wurden

Herr Tatu macht geltend, die Inbetriebnahme eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Gebrauchtfahrzeugs in Rumänien setze die Zahlung der Umweltsteuer voraus, d. h., was ihn betreffe, einer Steuer in Höhe von 7 595 Lei für ein Fahrzeug mit einem Hubraum von 2 155 cm3, der Schadstoffklasse Euro 2 und dem Herstellungsjahr 1997, während der Erwerb eines vor dem Inkrafttreten der OUG Nr. 50/2008 zugelassenen Fahrzeugs auf dem rumänischen Gebrauchtwagenmarkt, das exakt dasselbe Alter und dieselben technischen Eigenschaften wie das erwähnte eingeführte Fahrzeug aufweise, aus finanzieller Sicht grundsätzlich weitaus interessanter sei, da keine Steuer, die der Höhe nach der von der OUG Nr. 50/2008 geforderten entspräche, erhoben werde oder im Wert dieses auf dem rumänischen Markt erworbenen Fahrzeugs enthalten sei.

Die rumänische Regierung ist der Ansicht, dass Art. 110 AEUV die Steuerautonomie der Mitgliedstaaten unberührt lasse und dass die Attraktivität des rumänischen Gebrauchtwagenmarkts gegenüber dem Markt eingeführter Gebrauchtwagen, auf die Herr Tatu abstelle, darauf beruhe, dass die OUG Nr. 50/2008 nicht auf Fahrzeuge anwendbar sei, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung in Rumänien zugelassen worden seien. Sie beruft sich insoweit auf Randnr. 49 des Urteils Nádasdi und Németh, in dem der Gerichtshof im Wesentlichen festgestellt habe, dass Art. 110 AEUV nicht mit Erfolg geltend gemacht werden könne, um die diskriminierende Wirkung einer Steuer allein aus dem Grund festzustellen, dass diese auf Fahrzeuge zu erheben sei, die nach dem Inkrafttreten des sie betreffenden Gesetzes zugelassen worden seien, und nicht auf vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zugelassene Fahrzeuge.

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Art. 110 AEUV, wie der Gerichtshof in Randnr. 49 des Urteils Nádasdi und Németh dargelegt hat, einen Mitgliedstaat nicht an der Einführung neuer Steuern oder der Änderung des Satzes oder der Bemessungsgrundlage bestehender Steuern hindern soll.

Hinzu kommt, dass ein Mitgliedstaat, wenn er ein neues Steuergesetz erlässt, selbstverständlich dessen Anwendung ab einem bestimmten Zeitpunkt festlegt. Daher kann die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes angewendete Steuer von dem zuvor geltenden Steuersatz abweichen. Wie der Gerichtshof in Randnr. 49 des von der rumänischen Regierung angeführten Urteils Nádasdi und Németh festgestellt hat, kann dieser Umstand für sich allein nicht so angesehen werden, als wirke er sich in den zuvor eingetretenen Situationen und jenen, die nach dem Inkrafttreten der neuen Regelung entstanden sind, diskriminierend aus.

Hingegen ergibt sich aus dem Urteil Nádasdi und Németh nicht, dass die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung neuer Steuern schrankenlos wäre. Vielmehr greift das von Art. 110 AEUV aufgestellte Verbot nach ständiger Rechtsprechung immer dann ein, wenn eine steuerliche Maßnahme dazu geeignet ist, die Einfuhr von Gegenständen aus anderen Mitgliedstaaten zugunsten inländischer Waren zu erschweren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. März 1988, Bergandi, 252/86, Slg. 1988, 1343, Randnr. 25, vom 7. Dezember 1995, Ayuntamiento de Ceuta, C-45/94, Slg. 1995, I-4385, Randnr. 29, und vom 8. November 2007, Stadtgemeinde Frohnleiten und Gemeindebetriebe Frohnleiten, C-221/06, Slg. 2007, I-9643, Randnr. 40).

Art. 110 AEUV wäre nämlich seines Sinns entleert und seines Ziels beraubt, wenn es den Mitgliedstaaten freistünde, neue Steuern einzuführen, die das Ziel oder die Wirkung hätten, den Verkauf eingeführter Waren zugunsten des Verkaufs gleichartiger, auf dem nationalen Markt verfügbarer Waren, die dort eingeführt wurden, bevor diese Steuern Geltung erlangten, zu erschweren. Eine solche Situation ermöglichte es den Mitgliedstaaten, durch die Einführung inländischer Abgaben, die so ausgestaltet wären, dass sie die oben genannte Wirkung hätten, die in den Art. 28 AEUV, 30 AEUV und 34 AEUV niedergelegten Verbote zu umgehen.

Soweit es sich um Steuern auf Kraftfahrzeuge handelt, ergibt sich aus dem Fehlen einer Harmonisierung in diesem Bereich, dass jeder Mitgliedstaat diese steuerlichen Maßnahmen nach seinem eigenen Ermessen ausgestalten kann. Eine solche Beurteilung darf allerdings ebenso wenig wie die zu ihrer Umsetzung getroffenen Maßnahmen die in der vorhergehenden Randnummer beschriebene Wirkung haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. März 2002, Cura Anlagen, C-451/99, Slg. 2002, I-3193, Randnr. 40, vom 15. September 2005, Kommission/Dänemark, C-464/02, Slg. 2005, I-7929, Randnr. 74, und vom 1. Juni 2006, De Danske Bilimportører, C-98/05, Slg. 2006, I-4945, Randnr. 28).

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den auf dem Markt eines Mitgliedstaats befindlichen Kraftfahrzeugen um "inländische Waren" dieses Mitgliedstaats im Sinne von Art. 110 AEUV handelt. Werden diese Waren auf dem Gebrauchtwagenmarkt dieses Mitgliedstaats zum Verkauf angeboten, sind sie als eingeführten Gebrauchtwagen desselben Typs mit denselben Eigenschaften und derselben Abnutzung "gleichartige Waren" anzusehen. Denn bei den auf dem Markt dieses Mitgliedstaats erworbenen und den in anderen Mitgliedstaaten zum Zweck der Einfuhr und des Inverkehrbringens in diesem Mitgliedstaat erworbenen Gebrauchtfahrzeugen handelt es sich um konkurrierende Waren (vgl. u. a. Urteile Kommission/Dänemark, Randnr. 17, und Kalinchev, Randnrn. 32 und 40).

Gemäß den oben wiedergegebenen Grundsätzen verpflichtet Art. 110 AEUV jeden Mitgliedstaat, seine Steuern auf Kraftfahrzeuge so zu wählen und auszugestalten, dass ihre Wirkung nicht darin besteht, den Verkauf inländischer Gebrauchtwagen zu fördern und damit die Einfuhr gleichartiger Gebrauchtwagen zu erschweren.

Im Ausgangsverfahren hat die rumänische Regierung trotz des Vorliegens unbestrittener statistischer Daten, die einen beträchtlichen Rückgang von Zulassungen eingeführter Fahrzeuge in Rumänien seit dem Inkrafttreten der OUG Nr. 50/2008 nachweisen, vor dem Gerichtshof betont, dass das mit dieser Regelung verfolgte vordringliche Ziel im Schutz der Umwelt bestehe.

Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht jedoch zweifelsfrei hervor, dass die Wirkung dieser Regelung darin besteht, dass eingeführte Gebrauchtfahrzeuge, die durch ein beträchtliches Alter und eine beträchtliche Abnutzung charakterisiert sind, trotz der Anwendung einer erhöhten Ermäßigung des Steuerbetrags zur Berücksichtigung ihrer Wertminderung, mit einer Steuer belegt werden, die bis um die 30 % ihres Marktwerts erreichen kann, während gleichartige Fahrzeuge, die auf dem inländischen Gebrauchtwagenmarkt verkauft werden, in keiner Weise mit einer solchen Steuer belastet werden. Unter diesen Voraussetzungen kann nicht bestritten werden, dass die Wirkung der OUG Nr. 50/2008 darin besteht, die Einfuhr und das Inverkehrbringen von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gebrauchtfahrzeugen in Rumänien zu erschweren.

Insoweit ist im Licht der in den Randnrn. 50 bis 53 des vorliegenden Urteils angeführten Grundsätze klarzustellen, dass die Mitgliedstaaten zwar auf dem Gebiet der Steuern weitgehende Kompetenzen behalten, die ihnen den Erlass einer breiten Palette an Maßnahmen ermöglichen, jedoch gleichwohl das von Art. 110 AEUV aufgestellte Verbot beachten müssen.

Außerdem ist festzustellen, dass das von der rumänischen Regierung geltend gemachte Ziel des Schutzes der Umwelt, das sich zum einen in dem Umstand äußert, dass durch die Anwendung einer abschreckenden Steuer der Betrieb von stark umweltverschmutzenden Fahrzeugen wie denen der Schadstoffklassen Euro 1 und Euro 2 mit einem großen Hubraum verhindert wird, und zum anderen darin, dass die durch diese Steuer erzielten Einnahmen zur Finanzierung von Umweltprojekten verwendet werden, wie Herr Tatu zu Recht vorträgt, umfassender und kohärenter erreicht werden könnte, wenn die Umweltsteuer auf alle Fahrzeuge dieses Typs erhoben würde, die in Rumänien in Betrieb genommen wurden. Eine solche Besteuerung, deren Umsetzung im Rahmen einer jährlichen Verkehrsabgabe ohne Weiteres denkbar ist, würde nicht den inländischen Gebrauchtwagenmarkt zum Nachteil der Inbetriebnahme eingeführter Gebrauchtfahrzeuge begünstigen und entspräche darüber hinaus dem Verursacherprinzip.

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 110 AEUV dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat verbietet, eine Umweltsteuer einzuführen, die auf Kraftfahrzeuge bei deren erstmaliger Zulassung in diesem Mitgliedstaat erhoben wird, wenn diese steuerliche Maßnahme in der Weise ausgestaltet ist, dass sie die Inbetriebnahme von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gebrauchtfahrzeugen in diesem Mitgliedstaat erschwert, ohne zugleich den Erwerb von Gebrauchtfahrzeugen desselben Alters und mit derselben Abnutzung auf dem inländischen Markt zu erschweren.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 110 AEUV ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verbietet, eine Umweltsteuer einzuführen, die auf Kraftfahrzeuge bei deren erstmaliger Zulassung in diesem Mitgliedstaat erhoben wird, wenn diese steuerliche Maßnahme in der Weise ausgestaltet ist, dass sie die Inbetriebnahme von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gebrauchtfahrzeugen in diesem Mitgliedstaat erschwert, ohne zugleich den Erwerb von Gebrauchtfahrzeugen desselben Alters und mit derselben Abnutzung auf dem inländischen Markt zu erschweren.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
TAAAD-81619