Anspruch auf rechtliches Gehör; richterliche Hinweispflicht des § 76 Abs. 2 FGO
Gesetze: FGO § 76 Abs. 2, FGO § 52 Abs. 4, FGO § 72 Nr. 1, GG Art. 103 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
1I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrte im finanzgerichtlichen Verfahren erfolglos Anschaffungskosten für einen Laptop nicht nur —wie vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) anerkannt— in Höhe von 50 %, sondern in Höhe von 100 % zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Darüber hinaus machte er —ebenfalls ohne Erfolg— Bestattungskosten für seinen Bruder als außergewöhnliche Belastung geltend. Überdies wehrte er sich —gleichfalls vergebens— gegen die Anrechnung des Kindergeldes bei der Festsetzung der Einkommensteuer. Der Kläger habe eine 100%ige berufliche Nutzung des Laptops zwar vorgetragen, aber weder glaubhaft gemacht noch nachgewiesen. Die streitigen Bestattungskosten seien dem Kläger mangels rechtlicher oder sittlicher Verpflichtung nicht zwangsläufig erwachsen. Auch im Hinblick auf die Anrechnung des Kindergeldes seien die Bescheide nicht zu beanstanden. Die Revision ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.
2II. 1. Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist (, BFH/NV 2010, 444).
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a) Soweit der Kläger
rügt, das FG habe gegenüber dem nicht vertretenen Kläger die dem
Gericht obliegende Hinweis- und Fürsorgepflicht verletzt und dadurch den
Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, weil es ihn, den
Kläger, nicht darauf hingewiesen habe | |
- | dass er die Ausgaben für den Laptop
nur dann zu 100 % als Werbungskosten in Abzug bringen könne, wenn er,
der Kläger, darlege und nachweise oder zumindest glaubhaft mache, dass er
den Computer nahezu ausschließlich beruflich nutze, und die bisherigen
Ausführungen hierzu nicht ausreichten |
und | |
- | dass er als Naturalpartei den Sachverhalt
so detailliert darzulegen habe, dass das Gericht entscheiden könne, ob ihm
Bestattungskosten zwangsläufig erwachsen seien, |
liegt ein Verfahrensfehler
jedenfalls nicht vor. |
4Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör und die richterliche Hinweispflicht des § 76 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verlangen nicht, dass das Gericht die maßgebenden Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend erörtert oder sogar die einzelnen für die Entscheidung erheblichen (rechtlichen oder tatsächlichen) Gesichtspunkte im Voraus andeutet (BFH-Beschlüsse vom I B 90/05, BFH/NV 2006, 601; vom X B 105/06, BFH/NV 2007, 962). Ein richterlicher Hinweis nach § 76 Abs. 2 FGO soll zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens, zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und zur Vermeidung von Überraschungsentscheidungen Schutz und Hilfestellung für die Beteiligten geben, ohne dass deren Eigenverantwortlichkeit eingeschränkt wird (, BFH/NV 2010, 1847). Inhalt und Umfang der gerichtlichen Hinweispflichten (§ 76 Abs. 2 FGO) hängen regelmäßig von der Sach- und Rechtslage im Einzelfall ab, von der Mitwirkung der Beteiligten sowie von deren individuellen Möglichkeiten. Vorliegend kommt eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht schon deshalb nicht in Betracht, weil der Einzelrichter in zwei Terminen die Streitsache mit den Beteiligten erörtert hat und der Kläger rund vier Wochen vor der Durchführung der mündlichen Verhandlung nochmals vom FG auf seinen bislang nicht ausreichenden Sachvortrag und entsprechend fehlende Nachweise hingewiesen wurde.
5b) Soweit der Kläger die Zulassung der Revision begehrt, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) sowie zur Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) erfordere, entspricht die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
6aa) Die Darlegung der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) verlangt ebenso wie die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 66/06, BFH/NV 2007, 2067; vom VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25; vom V B 57/07, BFH/NV 2008, 611, und vom II B 42/08, BFH/NV 2009, 46). Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; vom V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, unter III.B.1., und in BFH/NV 2009, 46).
7Diesen Anforderungen einer substantiierten Darlegung genügt die Beschwerdebegründung bereits deshalb nicht, weil sie bezüglich keinem der streitigen Punkte eine bestimmte Rechtsfrage herausstellt, die einer Klärung bedarf und in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden kann.
8bb) Der Kläger hat auch die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO (Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung) nicht hinreichend dargelegt. Erforderlich ist vielmehr, dass eine die Abweichung erkennbar machende Gegenüberstellung von Rechtssätzen, eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen oder ein offensichtlicher (materieller oder formeller) Rechtsanwendungsfehler des FG von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung dargetan wird (vgl. , BFH/NV 2010, 887, m.w.N.).
9Auch insoweit fehlt es vorliegend an einem entsprechend substantiierten Vortrag. Der Kläger hat in keiner Weise dargelegt, dass das FG in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, im Urteil des FG dieselbe Rechtsfrage wie in der Divergenzentscheidung entschieden wurde und die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind.
102. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 280 Nr. 2
WAAAD-58193