Dingliches Wohnungsrecht: Pflicht des Wohnungsberechtigten zu Vorauszahlungen auf die Betriebskosten ohne entsprechende Vereinbarung
Gesetze: § 556 Abs 2 BGB, § 1093 BGB
Instanzenzug: Az: 63 S 77/09 Urteilvorgehend AG Schöneberg Az: 3 C 366/08 Urteil
Tatbestand
1Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks. Den Beklagten steht als Gesamtgläubigern an drei - vermieteten - Wohnungen jeweils ein dingliches Wohnungsrecht zu. Nach dem der Bestellung der Rechte zugrunde liegenden Vertrag sind die Beklagten zur Erstattung der Betriebskosten verpflichtet.
2Entsprechend der von der Klägerin für das Jahr 2007 erstellten Betriebskostenabrechnung, die einen Saldo zu Lasten der Beklagten von 1.720,20 € aufweist, hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Vorschusses auf die Betriebskosten von 145 €/Monat für die Zeit von Januar bis August 2008 (1.160 €) verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin die Hauptsache für erledigt erklärt und die Feststellung der Erledigung beantragt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
3Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin den Feststellungsantrag weiter.
Gründe
I.
4Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist keine Erledigung der Hauptsache eingetreten, weil die Klage von Anfang an unbegründet war. Weder aus den gesetzlichen Vorschriften über das dingliche Wohnungsrecht noch aus dem neben diesem bestehenden gesetzlichen Begleitschuldverhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Wohnungsberechtigten noch aus der analogen Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag ergebe sich eine Verpflichtung zur Leistung von Vorauszahlungen auf die Betriebskosten.
II.
5Das hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
61. Unerheblich sind die Ausführungen in der Revisionsbegründung zu der Verpflichtung von Wohnungsberechtigten, auch ohne Vereinbarung die durch die Benutzung der Wohnung verursachten Betriebskosten zu tragen. Denn nach dem Tatbestand des Berufungsurteils, gegen dessen Richtigkeit sich die Klägerin nicht nach § 320 ZPO gewandt hat, ist zwischen den Parteien vereinbart, dass die Beklagten der Klägerin Betriebskosten erstatten müssen. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§§ 314, 559 ZPO) und muss sie seiner Beurteilung zugrunde legen (siehe nur , Rdn. 10, juris). Im Übrigen stellen die Beklagten ihre Zahlungspflicht nicht in Abrede; dementsprechend sagt das Berufungsgericht hierzu nichts, sondern setzt sie - zu Recht - voraus.
72. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Argumentation des Berufungsgerichts, mit der es den geltend gemachten Anspruch verneint.
8a) Dass sich aus den Regelungen in § 1093 BGB und aus den Vorschriften, auf die darin verwiesen wird, keine Verpflichtung eines Wohnungsberechtigten ergibt, an den Grundstückseigentümer Vorschüsse auf die Betriebskosten zu zahlen, sieht auch die Klägerin nicht anders.
9b) Unklar ist, auf welche rechtlichen Gesichtspunkte sie ihre Ansicht stützt, es sei nicht ersichtlich, weshalb sie die Betriebskosten zunächst verauslagen solle und sodann von den Beklagten zurückfordern müsse.
10aa) Soweit sie im Hinblick auf die Vorschusspflicht eine Gleichstellung der Beklagten mit den übrigen Mietern verlangt, scheitert dies daran, dass der Mieter nur dann Vorauszahlungen auf die Betriebskosten schuldet, wenn sie mit dem Vermieter vereinbart sind (§ 556 Abs. 2 BGB), zwischen den Parteien eine solche Vereinbarung jedoch fehlt.
11bb) Ins Leere geht die Überlegung, da bei einem Wohnungsrecht keine Miete entrichtet werde, könne die mietrechtliche Erwägung, dass beim Fehlen einer abweichenden Vereinbarung die Betriebskosten mit der Grundmiete abgegolten seien, nicht gelten. Denn dieser Gesichtspunkt betrifft lediglich die Frage, ob ein Wohnungsberechtigter auch ohne Vereinbarung Betriebskosten schuldet, besagt jedoch nichts zu der Verpflichtung zur Vorschusszahlung.
12cc) Ebenfalls ins Leere geht der Hinweis auf den Inhalt des dinglichen Wohnungsrechts. Damit hat die Verpflichtung des Wohnungsberechtigten zur Leistung von Vorschüssen auf Betriebskosten nichts zu tun.
13dd) Nicht erkennbar ist, worauf die Klägerin den Vorwurf stützt, ein Wohnungsberechtigter verhalte sich treuwidrig, wenn er Vorauszahlungen auf geschuldete Betriebskosten verweigere. Soweit sie in diesem Zusammenhang meint, redliche Vertragsparteien hätten "diese Situation" durch die Vereinbarung einer Vorauszahlungspauschale geregelt, spricht das dafür, dass die Klägerin eine ergänzende Vertragsauslegung anstrebt. Im Gegensatz dazu verweist die Klägerin jedoch auf eine von ihr angenommene planwidrige Regelungslücke im Gesetz; der hier zu beurteilende Sachverhalt sei insoweit mit dem Tatbestand der mietrechtlichen Betriebskostenregelung in § 556 Abs. 2 BGB vergleichbar, als angenommen werden könne, der Gesetzgeber wäre bei Kenntnis der Lücke im Hinblick auf die Betriebskostentragung bei Wohnungsrechten und Abwägung der jeweiligen Interessen zur Annahme einer Verpflichtung zur Vorauszahlung entsprechend § 556 Abs. 2 BGB gelangt. Was dies alles mit einem treuwidrigen Verhalten zu tun haben soll, erschließt sich nicht. Auch vermag die - gegebenenfalls - gewünschte Gesetzesanalogie der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn sie hätte lediglich zur Folge, dass Grundstückseigentümer und Wohnungsberechtigter die Verpflichtung zu Vorauszahlungen für Betriebskosten vereinbaren könnten, nicht aber, dass der Wohnungsberechtigte ohne eine solche Vereinbarung Vorauszahlungen schuldete.
14ee) Schließlich kommt eine ergänzende Vertragsauslegung, die weder von den Instanzgerichten noch von der Klägerin in Betracht gezogen worden ist, nicht in Betracht. Für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke in dem Wohnungsrechtsbestellungsvertrag gibt es keine Anhaltspunkte. Darin heißt es, dass die Wohnungsberechtigten der Grundstückseigentümerin die Nebenkosten zu erstatten haben, "soweit diese im Einzelfall von ihr persönlich verauslagt werden". Das spricht für eine bewusst abschließende Regelung ohne Verpflichtung zur Vorauszahlung. Dass dies auch tatsächlich der Vereinbarung der Parteien entspricht, wird daraus deutlich, dass die Beklagten bisher keine Vorauszahlungen geleistet haben und die Klägerin solche auch nicht verlangt hat.
15c) Entgegen der von dem Amtsgericht vertretenen Ansicht, der sich die Klägerin anschließt, scheidet ein Anspruch nach § 669 BGB aus. Das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis enthält keine Auftragselemente.
III.
16Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 BGB.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
NJW-RR 2010 S. 1311 Nr. 19
NAAAD-46308