Anforderungen an die Zuordnung eines Leistungsbezuges zum Unternehmensvermögen sind geklärt; Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, UStG § 2 Abs. 1, UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Unternehmer. Auch seine Ehefrau ist Unternehmerin.
Die Eheleute sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks, auf dem sie beginnend im Jahr 1995 ein Wohnhaus errichteten. Das Haus nutzten sie seit dem sowohl zu eigenen Wohnzwecken, als auch gemeinsam hinsichtlich eines Arbeitszimmers und Archivraums für unternehmerische Zwecke.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) stimmte den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1997 und 1998, die im Jahr 1999 beim FA eingingen, zu. Vorsteuern aus Rechnungen, die die Errichtung des Gebäudes betrafen, machte der Kläger —auch in den Vorjahren— in seinen Umsatzsteuererklärungen nicht geltend.
Im Jahr 2003 beantragte der Kläger die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen dahingehend, dass der Vorsteuerabzug aus der Herstellung des Wohnhauses entsprechend seines Miteigentumsanteils gewährt werde. Zugleich erklärte er ab dem „unentgeltliche Wertabgaben” für die Nutzung des Wohnanteils unter Ansatz von 2 % der hierauf entfallenden Herstellungskosten.
Am erließ das FA für die Streitjahre geänderte Umsatzsteuerbescheide, in denen das FA Vorsteuern aus den Herstellungskosten des Gebäudes entsprechend des Miteigentumsanteils des Klägers bezogen auf den zu unternehmerischen Zwecken genutzten Teil des Hauses berücksichtigte.
Am erließ das FA einen Bescheid über die Ablehnung der Änderung von Umsatzsteuerfestsetzungen, der auch die Jahre 1997 und 1998 betraf.
Einsprüche und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, es fehle an der für einen Leistungsbezug für das Unternehmen erforderlichen Zuordnungsentscheidung. Die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen erfordere eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstandes. Ein wichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen sei das Unterlassen des Vorsteuerabzugs. Darüber hinaus könne auch die spätere tatsächliche Verwendung ein Indiz für oder gegen die Zuordnung zum Unternehmen sein. Im Streitfall habe der Kläger im Jahr der Herstellung des Gebäudes (1995) aber weder den Büroteil noch den Wohnteil des Gebäudes seinem Unternehmen zugeordnet. Die erstmals im Jahr 2003 getroffene Zuordnungsentscheidung sei unbeachtlich. Eine Korrektur der im Zeitpunkt der Herstellung des Gebäudes getroffenen Zuordnungsentscheidung für formell bestandskräftige, aber noch änderbare Steuerfestsetzungen sei nicht möglich.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) geltend macht.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam angesehenen Rechtsfragen,
- ob eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers erforderlich sei, wenn die Finanzverwaltung im Zeitpunkt des Bezugs der Leistung aufgrund allgemeiner Verwaltungspraxis „in Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2b UStR 1996 und 2000” davon ausgegangen sei, dass der Unternehmer ein gemischt genutztes Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet habe,
- ob aus der unternehmerischen Nutzung eines Gebäudeteils eine Zuordnung dieses Gebäudeteils oder des gesamten Gebäudes zum Unternehmen abgeleitet werden könne,
- ob eine getroffene Zuordnungsentscheidung in noch offenen Fällen korrigiert werden könne,
bereits durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt sind und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage erforderlich machen (zu den Voraussetzungen der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung vgl. , BFH/NV 2007, 809, m.w.N.). Der Klärungsbedarf entfällt auch, wenn die Rechtsfragen während des Beschwerdeverfahrens durch den BFH in anderen Verfahren beantwortet worden sind (, BFH/NV 1999, 993).
Die Anforderungen an die Zuordnung eines Leistungsbezuges zum Unternehmen sind geklärt.
a) Ist eine Lieferung sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmens vorgesehen (sog. gemischte Nutzung), hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht (vgl. , BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813; vom V R 25/96, BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815; vom V R 10/07, BFHE 221, 456, BFH/NV 2008, 1773, und vom XI R 58/07, BFHE 223, 487, BStBl II 2009, 394, m.w.N.).
Der Unternehmer kann den Gegenstand insgesamt oder im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen, wodurch er dem Mehrwertsteuersystem vollständig entzogen wird (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom Rs. C-25/03, HE, Slg. 2005, I-3123, BFH/NV Beilage 2005, 196 Rdnr. 46; vom Rs. C-434/03, Charles und Charles-Tijmens, Slg. 2005, I-7037, BFH/NV Beilage 2005, 328 Rdnr. 23; z.B. BFH-Urteil in BFHE 223, 487, BStBl II 2009, 394, m.w.N., jeweils zu gemischt genutzten Gebäuden).
Die Zuordnungsentscheidung eines Gegenstandes zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei „Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstandes"; dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 223, 487, BStBl II 2009, 394, unter II. 1. b bb, m.w.N.).
Gibt es keine Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 456, BFH/NV 2008, 1773, unter II. 3. c, und vom XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798, m.w.N.).
b) Die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu treffende Zuordnungsentscheidung des Unternehmers wird in der Regel in der Umsatzsteuer-Voranmeldung des Voranmeldungszeitraums, in den der Leistungsbezug fällt, spätestens aber —mit endgültiger Wirkung— in der zeitnah erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen hin zu dokumentieren sein (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 798, unter II. 3. c bb). Fehlt es daran, liegt keine wirksame Zuordnung eines Gebäudes zum Unternehmen vor.
c) Die Entscheidung über die Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen kann auch nicht nachträglich mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs getroffen werden (z.B. BFH-Urteile in BFHE 221, 456, BFH/NV 2008, 1773, unter II. 3. d cc, m.w.N., und in BFH/NV 2009, 798, unter II. 3. d ff).
d) Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b Satz 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 betrifft den im Streitfall nicht vorliegenden Sachverhalt, dass der Unternehmer —anders als im Streitfall— für das FA erkennbar ein nur teilweise unternehmerisch genutztes Gebäude dem Unternehmen zugeordnet hat.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert.
a) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung „erfordert” u.a. dann eine Entscheidung des BFH, wenn ein FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertritt als ein anderes FG (vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211; vom IV B 131/04, BFH/NV 2006, 1476, und vom V B 87/06, BFH/NV 2007, 1366). Ob danach die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist, beurteilt sich ebenfalls nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde (, BFH/NV 2005, 1580).
Im Streitfall erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des BFH, weil das vom Kläger zur Begründung der Divergenz benannte (Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 1722) einen nicht vergleichbaren Sachverhalt betrifft. Anders als im Streitfall hatte die Klägerin nämlich dort den unternehmerisch genutzten Teil des Gebäudes eindeutig ihrem Unternehmensvermögen zugeordnet.
b) Zwar kann die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH auch erfordern, wenn das angefochtene Urteil von einem erst später ergangenen oder bekannt gewordenen Urteil des BFH oder anderer Gerichte abweicht (, BFH/NV 2003, 291). Das Urteil des FG weicht aber nicht von dem Urteil des BFH in BFHE 223, 487, BStBl II 2009, 394 ab.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 2011 Nr. 12
GAAAD-31006