Leitsatz
[1] Maßgeblich für die Eingruppierung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist ausschließlich das betriebliche Entgeltschema als solches. Die in ihm zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze ändern sich weder durch eine gleichmäßige Absenkung der bisherigen Entgeltbeträge noch dadurch, dass der Arbeitgeber jährliche Einmalzahlungen mitbestimmungswidrig nicht mehr erbringt.
Gesetze: BetrVG § 99 Abs. 1; BetrVG § 99 Abs. 2; BetrVG § 99 Abs. 3; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; ArbGG § 83 Abs. 3; ArbGG § 81 Abs. 1; ZPO § 559 Abs. 1
Instanzenzug: LAG Berlin-Brandenburg, 21 TaBV 1083/07 vom ArbG Berlin, 29 BV 23626/06 vom
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die zutreffende Eingruppierung von sieben Arbeitnehmern.
Der beteiligte Betriebsrat ist die von den Beschäftigten des Betriebs "K" gewählte Arbeitnehmervertretung. Aufgrund der Tarifbindung der ursprünglichen Inhaberin galten im Betrieb die Tarifverträge "Filmtheater", geschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband Dienstleistungsunternehmen e. V. (ar.di) und der Gewerkschaft ver.di oder deren Rechtsvorgängerinnen. Dazu gehörte der Manteltarifvertrag vom , der Regelungen über zuschlagspflichtige Arbeitszeiten (§ 8), über eine für alle Arbeitnehmer gleich hohe Jahressonderleistung (§ 15) und über eine Pauschale für die Reinigung von Arbeitskleidung (§ 16) enthält. Dazu gehörten ferner der Entgeltrahmentarifvertrag vom (ERTV) und der Entgelttarifvertrag vom (Entgelt-TV). Nach § 2 Nr. 2 ERTV erhält der Mitarbeiter das Entgelt, das sich aus der Entgelttabelle des Entgelt-TV in der Tätigkeitsgruppe ergibt, in die er eingruppiert ist. Gem. § 2 Nr. 1 ERTV wird der Mitarbeiter in diejenige Berufsgruppe/Tätigkeitsgruppe eingruppiert, in der die ihm zugewiesene und von ihm überwiegend auszuübende Tätigkeit aufgeführt ist. Gem. § 4 Nr. 1 ERTV sind innerhalb der Berufsgruppen/Tätigkeitsgruppen Vergütungsstufen gebildet, die "in der Entgelttabelle des Entgelttarifvertrages ausgewiesen" sind. Nach § 4 Nr. 2 ERTV ist der Mitarbeiter "entsprechend den von ihm nachgewiesenen Berufsjahren mit einschlägiger Berufspraxis in die in der Entgelttabelle (Anlage zum Entgelttarifvertrag) ausgewiesene Stufe einzustufen".
Nachdem über das Vermögen der früheren Betriebsinhaberin das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, ging der Betrieb im April 2003 auf eine neue Inhaberin über. Diese war nicht tarifgebunden. Ab dem vergütete sie neu eingestellte Arbeitnehmer in der Weise, dass die Entgeltbeträge, die in der seit dem gültigen Entgelttabelle der Anlage zu § 2 Entgelt-TV aufgeführt waren, jeweils um 12,28 Prozent vermindert wurden. Die entsprechend gekürzten Beträge sind in einer "Entgelttabelle nach Urteil Landesarbeitsgericht Berlin", wie die Geschäftsleitung sie erstellt hat, beziffert aufgeführt. Die neu eingestellten Mitarbeiter bezogen ferner eine jährliche Sonderleistung nach Maßgabe individueller Vereinbarungen. Eine Reinigungspauschale erhielten sie nicht mehr.
Mit Schreiben aus dem November und Dezember 2006 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zur Einstellung mehrerer Mitarbeiter und zu deren Eingruppierung entweder als "Servicekraft mit bis zu zwei Berufsjahren", "Servicekraft mit mehr als zwei Berufsjahren" oder als "Filmvorführer mit mehr als 5 Berufsjahren". Die entsprechenden Tätigkeiten und Jahresstufen sind in der Entgelttabelle zum Entgelt-TV und der "Entgelttabelle nach Urteil Landesarbeitsgericht Berlin" vorgesehen. Der Betriebsrat lehnte mit nahezu gleichlautenden Schreiben eine Zustimmung zu den beabsichtigten Eingruppierungen ab. Zur Begründung führte er aus, die individuelle Berechnung und Zahlung der Sonderleistung verstoße ebenso wie die Streichung der Reinigungspauschale gegen die Bestimmungen des Manteltarifvertrags und den Gleichbehandlungsgrundsatz. Zudem sei sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt. Darin lägen Widerspruchsgründe nach § 99 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 BetrVG.
Die Arbeitgeberin hat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet und - soweit noch von Interesse - beantragt,
die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Arbeitnehmer B, H, Ho, K, Ka als Servicekräfte mit bis zu zwei Berufsjahren, des Herrn Hö als Servicekraft mit mehr als zwei Berufsjahren und des Herrn J als Filmvorführer mit mehr als fünf Berufsjahren zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt dieser sein Begehren weiter, den Antrag abzuweisen. Nach Verkündung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts ging der Betrieb nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten mit Wirkung vom auf die jetzige Arbeitgeberin über. Auch diese ist nicht tarifgebunden.
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmer zu Unrecht verweigert.
I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Der Betriebsrat ist weiterhin existent und durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts beschwert. Darauf hat die Veräußerung des Betriebs keinen Einfluss. Der Betrieb ist unter Wahrung seiner Identität übertragen worden. Der Betriebsrat ist damit ohne Einschränkungen weiterhin im Amt. Die jetzige Arbeitgeberin kann aus dem angefochtenen Beschluss dieselben Rechte herleiten wie ihre Vorgängerin. Geht der Betrieb im Laufe eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens auf einen neuen Inhaber über und berührt der Verfahrensgegenstand die betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition des Arbeitgebers, tritt der Betriebserwerber automatisch nicht nur in die materiellbetriebsverfassungsrechtliche, sondern auch in die prozessuale Rechtsposition des Veräußerers ein. Besonderer Prozesserklärungen der Verfahrensbeteiligten bedarf es dazu nicht ( - Rn. 13 mwN, EzA ArbGG 1979 § 83 Nr. 11).
II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin zu Recht entsprochen.
1. Am Verfahren ist gem. § 83 Abs. 3 ArbGG neben dem Betriebsrat nur die jetzige Arbeitgeberin beteiligt. Zwar hat nicht sie, sondern ihre Vorgängerin das Verfahren eingeleitet. Arbeitgeber iSv. § 83 Abs. 3 ArbGG ist jedoch nur, wer durch den Gegenstand des Verfahrens als Betriebsinhaber in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung gegenwärtig und unmittelbar betroffen ist ( - Rn. 11 mwN, BAGE 117, 337). Alleinige Betriebsinhaberin ist nach dem Betriebsübergang mit Wirkung vom die jetzige Arbeitgeberin. Sie ist mit dem Betriebsübergang auch in die konkrete prozessuale Stellung der Veräußerin eingetreten. Die frühere Inhaberin ist vom Ausgang des Verfahrens nicht mehr in einer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen.
2. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.
a) In dem Arbeitgeberwechsel nach Verkündung der zweitinstanzlichen Entscheidung liegt keine in der Rechtsbeschwerdeinstanz wegen § 559 Abs.1 ZPO nicht mehr mögliche Antragsänderung. Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ändert sich der Verfahrensgegenstand mit dem Übergang des Betriebs auf einen neuen Arbeitgeber regelmäßig nicht. Vielmehr ist mit dem Inhaberwechsel in der Regel lediglich der Eintritt des neuen in die verfahrensrechtliche Stellung des bisherigen Arbeitgebers verbunden ( - Rn. 13 mwN, EzA ArbGG 1979 § 83 Nr. 11).
b) Die neue Arbeitgeberin besitzt die erforderliche Antragsbefugnis gem. § 81 Abs. 1 ArbGG. Mit dem aufrechterhaltenen Antrag auf Zustimmungsersetzung macht sie eigene Rechte und nicht solche der Betriebsveräußerin geltend.
3. Der Antrag der Arbeitgeberin ist begründet. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmer ist gem. § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen. Der Betriebsrat hat der Eingruppierung ohne Grund widersprochen. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.
a) Der Antrag muss nicht etwa deshalb erfolglos bleiben, weil die Arbeitgeberin der erbetenen Zustimmung des Betriebsrats nicht bedürfte. Sie hat die von ihrer Rechtsvorgängerin eingestellten Arbeitnehmer iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einzugruppieren. Besteht im Betrieb ein Entgeltschema und beschäftigt der Arbeitgeber insgesamt mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer, hat er neu eingestellte Arbeitnehmer in dieses Schema einzugruppieren und dafür die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen ( - Rn. 24, NZA 2009, 450). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
aa) Die Arbeitgeberin beschäftigt, wie die Beteiligten vor dem Senat unstreitig gestellt haben, mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer.
bb) Im Betrieb kommt ein Vergütungsschema zur Anwendung. Dies ist ein kollektives, mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten, generell bestehenden Merkmalen vorsieht. Das Entgeltschema spiegelt die ihm zugrunde liegenden Grundsätze wider. Es ist Ausdruck der Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den einzelnen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätze niederschlägt. Das betriebliche Entgeltschema aufeinander aufbauender, nach bestimmten Kriterien unterschiedener Vergütungsgruppen spiegelt dabei häufig nur einen Teil der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze wider. Die betriebliche Vergütungsordnung insgesamt besteht regelmäßig aus mehr Entlohnungsgrundsätzen, als sie im jeweiligen Entgeltschema zum Ausdruck kommen. Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung, dh. die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Gesamtvergütung der Arbeitnehmer in abstrakter Weise ergibt ( - zu B II 1 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 65 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 43; - 1 ABR 44/87 - zu B III 4 a, b der Gründe, BAGE 60, 244). Dazu zählen neben dem Entgeltschema etwa die Entscheidung über eine bestimmte Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge ( - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).
Maßgeblich für die zutreffende Eingruppierung nach § 99 Abs. 1 BetrVG ist gleichwohl allein das betreffende Entgeltschema und sind nicht die weiteren Teile der betrieblichen Entlohnungsgrundsätze. Deren Änderung lässt das abstrakte Entgeltschema als solches unberührt. Für die Maßgeblichkeit des Entgeltschemas im Verhältnis von Arbeitgeber auf der einen und Betriebsrat oder Arbeitnehmer auf der anderen Seite kommt es dabei nicht darauf an, weshalb das Schema im Betrieb Anwendung findet, ob aufgrund einer bestehenden Tarifbindung, einer Betriebsvereinbarung, allgemein eingegangener vertraglicher Verpflichtung oder einseitiger Praxis des Arbeitgebers ( - Rn. 22 mwN, NZA 2009, 450).
cc) Eingruppierung bedeutet die erstmalige Einreihung in ein Vergütungsschema ( - Rn. 15 mwN, BAGE 118, 141). Sie besteht in der Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer bestimmten Vergütungsgruppe des Entgeltschemas nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien ( - zu B II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 111 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 119). Sie ist keine ins Ermessen des Arbeitgebers gestellte, rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2, Abs. 3 BetrVG besteht in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Es soll dazu beizutragen, hinsichtlich der Eingruppierung möglichst zutreffende Ergebnisse zu erzielen. Die Beteiligung des Betriebsrats dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung des Vergütungsschemas und damit der Durchsetzung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz der Vergütungspraxis ( - Rn. 24 mwN, NZA 2009, 450).
dd) Danach hat die Arbeitgeberin die im Antrag genannten Arbeitnehmer einzugruppieren und dazu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen. Im Betrieb gilt ein Vergütungsschema. Die frühere Arbeitgeberin wandte die Anlage zum Entgelt-TV unverändert auch auf Arbeitnehmer an, die nach dem Betriebsübergang vom April 2003 eingestellt wurden. Die Anlage sieht mehrere Tätigkeits- und Berufsgruppen mit verschiedenen berufszeitabhängigen Entgeltstufen vor. Damit hat die frühere Arbeitgeberin im Betrieb ein kollektives Entgeltschema praktiziert. An dieses Schema ist aufgrund ihres durch den Betriebsübergang bewirkten Eintritts in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung ihrer Vorgängerin auch die jetzige Arbeitgeberin gebunden.
b) Die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats zur vorgesehenen Eingruppierung gilt nicht schon deshalb gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, weil der Betriebrat dem Zustimmungsersuchen der Arbeitgeberin nicht form- und fristgerecht widersprochen hätte. Seine Widerspruchsschreiben sind der Arbeitgeberin nach den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Daten jeweils innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zugegangen. Sie enthalten eine ausreichende Angabe von Gründen iSv. § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Die vom Betriebsrat für seine Zustimmungsverweigerung vorgebrachten Erwägungen lassen Widerspruchsgründe gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 BetrVG als immerhin möglich erscheinen. Ob sie zutreffen, ist keine Frage ihrer Beachtlichkeit iSv. § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.
c) Der Betriebsrat hat der vorgesehenen Eingruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmer ohne Grund widersprochen.
aa) Ein Verweigerungsgrund nach § 99 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG liegt nicht vor.
(1) Nach dieser Bestimmung kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer geplanten personellen Einzelmaßnahme ua. dann verweigern, wenn die Maßnahme gegen ein Gesetz verstößt. Die beabsichtigte Eingruppierung eines Arbeitnehmers verstößt gegen ein Gesetz, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in ein anderes Entgeltschema eingruppieren will als dasjenige, welches im Betrieb zur Anwendung kommen muss ( - zu B II 1 c der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23 = EzA BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 3; - 1 ABR 29/99 - zu B II 2 b der Gründe mwN, ZTR 2001, 188). Das wiederum ist der Fall, wenn der Arbeitgeber ein Vergütungsschema anwenden will, das nicht den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen entspricht. Die darin liegende Änderung der bestehenden Entlohnungsgrundsätze ist nicht einseitig möglich. Sie bedarf nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Solange diese nicht - ggf. durch Spruch der Einigungsstelle - erteilt ist, sind die bisher praktizierten Entlohnungsgrundsätze im Betrieb weiter anzuwenden. Die beabsichtigte Eingruppierung in ein anderes als das anzuwendende Vergütungsschema verstößt gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ( - aaO.).
(2) Die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Eingruppierung der betroffenen Arbeitnehmer ist nicht gesetzwidrig.
(a) Die Arbeitgeberin will die Arbeitnehmer nach Maßgabe der "Entgelttabelle nach Urteil Landesarbeitsgericht Berlin" eingruppieren. Diese Tabelle entspricht sowohl im Hinblick auf die in ihr aufgeführten Tätigkeiten/Berufsgruppen und Entgeltstufen als auch hinsichtlich der diesen zugeordneten Stundenvergütungen exakt der Tabelle in der Anlage zu § 2 Entgelt-TV, wenn die in dieser vorgesehenen, bezifferten Beträge jeweils um 12,28 Prozent vermindert werden.
(b) Mit der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Eingruppierung sind entgegen der Ansicht des Betriebsrats eine Änderung des im Betrieb anzuwendenden Entgeltschemas und ein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht verbunden.
(aa) Mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist die Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen. Dazu zählen mit Blick auf ein Vergütungsschema die abstrakten Kriterien zur Bildung der Vergütungsgruppen einschließlich der abstrakten Festsetzung der zwischen diesen einzuhaltenden Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen ( - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323). Dagegen ist kein Entlohnungsgrundsatz und nicht mitbestimmungspflichtig die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts. In einem Vergütungsschema ist dementsprechend nicht mitbestimmungspflichtig die maßgebliche, alles Weitere bestimmende Ausgangsgröße ( - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).
(bb) Danach geht allein mit der Eingruppierung der Arbeitnehmer gemäß der "Entgelttabelle nach Urteil Landesarbeitsgericht Berlin" eine Änderung der der tariflichen Entgelttabelle zugrunde liegenden abstrakten Entlohnungsgrundsätze nicht einher. Die Arbeitgeberin will das bestehende abstrakte Vergütungsgefüge als solches nicht ändern. Sie will - tariflich ungebunden - lediglich das tariflich vorgesehene absolute Lohnniveau gleichmäßig für jede Vergütungsgruppe und Entgeltstufe um 12,28 Prozent absenken. Eine solche gleichmäßige Kürzung lässt die bestehenden Entlohnungsgrundsätze in Form der bisherigen abstrakten Entgeltstruktur unberührt ( - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).
(c) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats hat sich das für die Eingruppierung nach § 99 Abs. 1 BetrVG maßgebliche Entgeltschema auch nicht dadurch geändert, dass die Arbeitgeberin neu eingestellten Arbeitnehmern die jährliche Sonderzahlung nicht mehr in der bisherigen, für alle gleichen Höhe, sondern nach individuell getroffenen Absprachen gewährt. Zwar ändern sich die Verteilungs- und damit die Entlohnungsgrundsätze, wenn eine bislang für alle Arbeitnehmer unabhängig von ihrer Grundvergütung gleich hohe jährliche Sonderleistung künftig in unterschiedlicher Höhe geleistet werden soll ( - Rn. 18, BAGE 117, 130). Dies ist deshalb nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats möglich. Daraus folgt aber kein Widerspruchsgrund iSd. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Der in der Sonderzahlung in ihrer bisherigen Form liegende Entlohnungsgrundsatz betrifft nicht das für die Eingruppierung allein maßgebliche Entgeltschema. Die zutreffende Eingruppierung der Arbeitnehmer hängt nicht von der Höhe bestimmter Einmalbeträge oder davon ab, in welchen Teilbeträgen das jährliche Gesamtentgelt vom Arbeitgeber zu leisten ist. Die richtige Eingruppierung der Arbeitnehmer innerhalb des Entgeltschemas wird durch eine mitbestimmungswidrige Veränderung von Lohnbestandteilen außerhalb des Schemas nicht beeinflusst. Sie wäre auch bei Beibehaltung der Sonderzahlung in ihrer bisherigen Form in gleicher Weise vorzunehmen.
(d) Für den Wegfall der Reinigungspauschale gilt nichts anderes. Auch diese ist nicht Teil des Entgeltschemas. Der Umstand, dass die Arbeitgeberin die betreffenden Zahlungen eingestellt hat, hat überdies schon eine Änderung von Entlohnungsgrundsätzen nicht zur Folge. Bei der Reinigungspauschale handelt es sich nicht um Lohn iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie ist nicht Teil der Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte Arbeit, sondern Aufwandsentschädigung. Ihre Streichung lässt die im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze unberührt.
bb) Andere Verweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG bestehen ebenso wenig.
(1) Ein Fall von § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG liegt nicht vor. Durch eine möglicherweise falsche Eingruppierung neu eingestellter Arbeitnehmer erleiden die im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmer keine Nachteile.
(2) In der beabsichtigten Eingruppierung der Arbeitnehmer liegt für diese kein Nachteil iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG. Bei einer Eingruppierung kommt dieser Verweigerungsgrund nicht in Frage. Die Eingruppierung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung ist ein Akt der Rechtsanwendung. Sie steht nicht zur Disposition der Betriebsparteien. Einer vom anzuwendenden Entgeltschema gebotenen Eingruppierung kann sich der Betriebsrat nicht mit der Begründung widersetzen, sie benachteilige den Arbeitnehmer im Vergleich zu anderen Mitarbeitern. In den Folgen richtiger Anwendung des geltenden Rechts liegt kein Nachteil iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG ( - zu B II 5 der Gründe mwN, BAGE 102, 135).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2009 S. 2662 Nr. 49
JAAAD-27954
1Für die amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein