BFH Beschluss v. - I B 4/09

Kein erneuter Klärungsbedarf bei der Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, GewStG § 9 Nr. 1

Instanzenzug: ,F

Gründe

I. Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine erweiterte Kürzung des Gewinns aus Gewerbebetrieb nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) erfüllt sind.

Das Stammkapital der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH, betrug in den Streitjahren 1996 bis 1998 20 Mio. DM. Gegenstand des Unternehmens war die Vermietung und Verpachtung von eigenen Wohngebäuden und Wohnungen (Bestand: über 900 Häuser; über 5 700 Wohnungen; über 600 Garagen/Tiefgaragenplätze; über 40 gewerbliche Objekte; aktiviertes Grundvermögen: über 170 Mio. DM). Die Geschäftsanteile wurden in den Streitjahren zu mehr als 90 % zunächst von der Stadt X und später von einer Eigengesellschaft der Stadt X gehalten. Die vormals nach Maßgabe des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen in der Wohnraumbewirtschaftung tätige Klägerin hat sich in der Präambel ihres geänderten Gesellschaftsvertrages vom . zur zukünftig freiwilligen Gemeinnützigkeit verpflichtet und zugleich das Ziel gesetzt, die wohnungspolitischen Aufgaben der Stadt X in sozialverträglicher Weise mitzutragen. Die Klägerin erwirtschaftete Mieterlöse von über 40 Mio. DM und Zinserträge aus Guthaben bei Kreditinstituten von über 260 000 DM. Die Bilanzsumme betrug über 190 Mio. DM, das jährliche Investitionsvolumen belief sich auf rd. 12 Mio. DM.

Jedenfalls ab dem Jahresabschluss 1996 wies die Klägerin als Finanzanlage eine Beteiligung (50 000 DM) an der Y-KG aus, die einen Hotel- und Gastronomiebetrieb in einem Bildungszentrum betrieb (Leistungen in erster Linie für die dortigen Auszubildenden, Weiterbildenden und sonstigen Teilnehmer von Bildungsmaßnahmen des Ausbildungswerkes und der Führungsakademie, aber auch für Gäste außerhalb des Ausbildungsbetriebs). Die Klägerin schied in 1999 aus der KG wieder aus. Nach den gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungen 1996 bis 1998 für die KG wurden für die Klägerin bestandskräftig folgende anteilige Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt:

1996: ./. 1 065 DM

1997: ./. 7 358 DM

1998: ./. 6 201 DM

Die Klägerin machte in ihren Gewerbesteuer-Erklärungen der Streitjahre jeweils eine erweiterte Kürzung i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geltend (1996: 2 538 955 DM; 1997: 4 130 855 DM; 1998: 6 342 963 DM). Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) versagte diese Kürzung, weil die Klägerin mit ihrer Beteiligung an der gewerblich tätigen KG gegen das Ausschließlichkeitsgebot verstoßen habe, und berücksichtigte eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG (1996: 1 304 940 DM; 1997: 1 315 733 DM; 1998: 1 329 756 DM). Ausgehend hiervon setzte er die Gewerbesteuermessbeträge mit 84 850 DM (1996), 126 810 DM (1997) und 218 645 DM (1998) fest.

Die Klägerin hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und beantragt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach „§ 115 Abs. 2 Nr. 2” der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Danach müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat sich nicht hinreichend mit der Rechtsprechung des BFH zum Geltungsbereich des Ausschließlichkeitsgebots in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auseinandergesetzt. Es wird von ihr nur geltend gemacht, dass der Senat in seinem Urteil vom I R 54/04 (BFH/NV 2006, 1148) eine Abwägung zwischen dem Vereinfachungsinteresse des Gesetzgebers und der Einschränkung der Grundrechte des Steuerpflichtigen unterlassen habe. Eine absolut wie auch relativ äußerst geringe Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft, die ohne Subventionen nicht überleben könne, könne bei einer dem Gemeinwohl verschriebenen Wohnungsgesellschaft nicht zu einem Verlust von Steuervergünstigungen in Höhe von über 1 Mio. € führen. Damit mag die Klägerin auf einzelfallbezogene Gründe für eine Billigkeitsmaßnahme hingewiesen haben. Ein (erneuter) Klärungsbedarf zur Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ergibt sich daraus —auch angesichts der nach dem Senatsurteil in BFH/NV 2006, 1148 ergangenen BFH-Rechtsprechung (, BFHE 213, 64, BStBl II 2006, 659 —unter Aufgabe der im Urteil vom VIII R 68/98, BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359 vertretenen Ansicht—; , BFH/NV 2008, 821; Senatsurteil vom I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359; s. auch , BFHE 223, 251, unter II.2.b aa der Gründe)— nicht.

Fundstelle(n):
SAAAD-27348