Keine Aufforderung zur Abgabe einer Feststellungserklärung auf den Nachfeststellungszeitpunkt aufgrund des "Posterlasses"
Leitsatz
Eine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Einheitswerterklärung für eine Nachfeststellung besteht nicht. Auf Nachfeststellungs- und Fortschreibungszeitpunkte ist zur Abgabe einer Einheitswerterklärung lediglich derjenige verpflichtet, der hierzu vom Finanzamt aufgefordert wird.
Die vom Saarländischen Ministerium der Finanzen am erlassene Verwaltungsvorschrift zur Bewertung des Grundbesitzes der Deutschen Post AG im Bundesgebiet nach dem Gebietsstand vor dem (Posterlass) enthält keine Aufforderung im Sinn des § 149 Abs. 1 Satz 2 AO zur Abgabe einer Einheitswerterklärung auf den Feststellungszeitpunkt .
Die Deutsche Post AG verstößt mit ihrer Berufung auf den Ablauf der Feststellungsfrist nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie ihrer Selbstverpflichtung aus Ziffer 1 des Posterlasses zur Abgabe der Einheitswerterklärung so rechtzeitig nachgekommen ist, dass das Finanzamt die Feststellung des Einheitswerts auf den ohne weiteres noch innerhalb der regulären vierjährigen Feststellungsfrist hätte durchführen können, wie es den Vorstellungen der an der Erarbeitung des Posterlasses Beteiligten entsprochen hätte.
Gesetze: AO § 149 Abs. 1, AO § 169, AO § 181, BewG § 28 Abs. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Eigentümerin eines mit einer Postfiliale bebauten Grundstücks in X. Gemäß Art. 12 Abs. 43 des Postneuordnungsgesetzes vom (BGBl I 1994, 2325, 2389) unterliegt die Klägerin ab der Grundsteuer.
In Abstimmung mit der Klägerin und im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder erließ das Saarländische Ministerium der Finanzen am eine Verwaltungsvorschrift zur Bewertung des Grundbesitzes der Deutschen Post AG (DP AG) im Bundesgebiet nach dem Gebietsstand vor dem (Posterlass). In dessen Ziffer 1 heißt es u.a.:
„Ab dem sind für den gesamten Grundbesitz der DP AG Einheitswerte festzustellen. Im Interesse einer vereinfachten Erledigung, der Wahrung der Gleichmäßigkeit der Bewertung und der Vermeidung von Rechtsbehelfen wurden in Abstimmung mit der DP AG einheitliche Bewertungsgrundlagen erarbeitet.
Die DP AG wird den zuständigen Finanzämtern die erforderlichen Einheitswerterklärungen bzw. Anträge auf Zurechnungsfortschreibung ohne besondere Aufforderung übersenden. Auf entsprechende Anforderungen durch die Finanzämter sollte daher für den Feststellungszeitpunkt verzichtet werden.
Die Einheitswertfeststellungen sind nach Eingang der Erklärung bzw. des Antrags bevorzugt zu bearbeiten. Die Feststellungen sollten grundsätzlich endgültig erfolgen.”
Am reichte die Klägerin bei dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts des Grundstücks in X auf den ein.
Mit Nachfeststellungsbescheid auf den vom stellte das FA den Einheitswert für das Grundstück fest, traf die Artfeststellung Geschäftsgrundstück und rechnete das Grundstück der Klägerin zu. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage. Dabei machte sie den Ablauf der Feststellungsfrist geltend.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1745 veröffentlichten Urteil statt. Die Feststellungsfrist sei am abgelaufen. Insbesondere sei keine Anlaufhemmung nach § 181 Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) eingetreten, da die Klägerin nicht besonders aufgefordert worden sei, eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den abzugeben. Eine solche Aufforderung ergebe sich auch nicht aus dem Posterlass. Zudem enthalte der Bescheid keinen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO.
Mit der Revision rügt das FA fehlerhafte Anwendung der §§ 149 Abs. 1 und 181 Abs. 3 Satz 2 AO. Der Posterlass enthalte sowohl eine Erklärungsaufforderung i.S. des § 181 Abs. 3 Satz 2 AO als auch eine besondere Frist i.S. des § 28 Abs. 2 Satz 3 des Bewertungsgesetzes (BewG). Soweit die Klägerin dennoch den Ablauf der Feststellungsfrist geltend mache, verstoße sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet; sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin nicht zur Abgabe einer Feststellungserklärung auf den aufgefordert worden und deshalb die Feststellungsfrist bei Ergehen des angefochtenen Bescheides bereits abgelaufen war
1. Eine Steuerfestsetzung ist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO gilt dies sinngemäß auch
für die gesonderte Feststellung und damit auch für die Feststellung von Einheitswerten für das Grundvermögen.
Die Frist für die gesonderte Feststellung derartiger Einheitswerte beginnt gemäß § 181 Abs. 3 Satz 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, auf dessen Beginn die Hauptfeststellung, die Fortschreibung oder die Nachfeststellung vorzunehmen ist. § 181 Abs. 3 Satz 2 AO lässt jedoch die Feststellungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahrs beginnen, in dem die Erklärung eingereicht wird, spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, auf dessen Beginn der Einheitswert festzustellen ist.
Die Anlaufhemmung des § 181 Abs. 3 Satz 2 AO setzt allerdings voraus, dass eine Verpflichtung bestand, eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts abzugeben. Gemäß § 149 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmen die Steuergesetze, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Einheitswerterklärung für eine Nachfeststellung besteht nicht. Nach § 28 Abs. 1 BewG sind Erklärungen zur Feststellung des Einheitswerts lediglich auf Hauptfeststellungszeitpunkte abzugeben. Auf Nachfeststellungs- und Fortschreibungszeitpunkte ist gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 AO zur Abgabe einer Einheitswerterklärung lediglich derjenige verpflichtet, der hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird.
2. Im Streitfall ist es danach bei der regulären vierjährigen Feststellungsfrist gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO geblieben. Diese Frist war bei Ergehen des angefochtenen Bescheides bereits abgelaufen.
a) Eine Aufforderung des FA an die Klägerin, für das streitige Grundstück eine Einheitswerterklärung abzugeben, ist nicht ergangen. Eine solche Aufforderung i.S. des § 149 Abs. 1 Satz 2 AO zur Abgabe einer Erklärung ergibt sich auch nicht aus dem Posterlass, und zwar weder ausdrücklich noch konkludent. In Ziffer 1 des Posterlasses sagt die Klägerin nur zu, unaufgefordert Einheitswerterklärungen abzugeben. Das entbindet die Steuerbehörden nicht davon, den Lauf der Feststellungsfrist zu beachten.
b) Mit ihrer Berufung auf den Ablauf der Feststellungsfrist verstößt die Klägerin auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Sie ist ihrer Selbstverpflichtung aus Ziffer 1 des Posterlasses zur Abgabe der Einheitswerterklärung so rechtzeitig nachgekommen, dass das FA die Feststellung des Einheitswerts auf den ohne weiteres noch innerhalb der regulären vierjährigen Feststellungsfrist hätte durchführen können, wie es den Vorstellungen der an der Erarbeitung des Posterlasses Beteiligten entsprochen hätte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 894 Nr. 6
AAAAD-19805