Keine Anrechnung von einbehaltener Kapitalertragsteuer ohne Bescheinigung; Geltendmachung von Verfahrensverstößen; Verlängerung der Festsetzungsfrist wegen Steuerstraftat
Gesetze: EStG § 36 Abs. 2 Nr. 2, EStG § 45a, FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO geltend gemachten Zulassungsgründe innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO hinreichend substantiiert dargetan.
1. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensmängel gestützt, so bedarf es hierfür des Vortrags der Tatsachen, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben sollen. Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung —ausgehend von dem insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Standpunkt des Finanzgerichts (FG)— auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (, BFH/NV 2006, 2122, m.w.N.).
Wird die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das FG geltend gemacht, auf deren Beachtung der Betroffene verzichten kann (§ 295 der Zivilprozessordnung —ZPO— i.V.m. § 155 FGO), so setzt eine schlüssige Rüge den Vortrag des Klägers voraus, dass er, zumindest wenn er im finanzgerichtlichen Verfahren fachkundig vertreten war, den behaupteten Verstoß in der Vorinstanz gerügt hat bzw. aus welchen entschuldbaren Gründen er an einer derartigen Rüge vor dem FG gehindert gewesen sein soll.
Der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz nach § 76 Abs. 1 FGO enthält eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann. Die unterlassene rechtzeitige Rüge hat den endgültigen Rügeverlust zur Folge.
Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht kann deshalb nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen mündlichen Verhandlung fachkundig vertretene Beteiligte, dem dies in der mündlichen Verhandlung erkennbar gewesen ist, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat. Der Rügeberechtigte muss die Rüge sowie die übergangenen Beweisanträge zu Protokoll erklären (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 2122).
Von einem Rügeverzicht ist bereits dann auszugehen, wenn zur mündlichen Verhandlung kein Zeuge geladen worden ist und damit für den Kläger erkennbar ist, dass das FG die beantragte Zeugenvernehmung nicht durchzuführen beabsichtigt. Wird dies in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt, so liegt darin ein Verzicht auf die Geltendmachung des Verfahrensmangels des Übergehens eines Beweisantrages (, juris, m.w.N.).
2. Die Rüge, das FG habe den mit Schriftsatz des Klägers vom (S. 8) angebotenen Zeugenbeweis nicht erhoben, ist nach diesem Maßstab unschlüssig. Mit der Rüge, das FG habe durch die unterlassene Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen seine Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt, macht der Kläger zwar einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend. Den Anforderungen der Vorschrift genügt sein Vorbringen indes nicht. Denn da § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung der Prozessbeteiligte verzichten kann, hätte er außerdem vortragen müssen, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt worden oder weshalb die Rüge nicht möglich gewesen sei. Aus dem Protokoll des ergibt sich weder, dass der fachkundig vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung überhaupt Beweisanträge gestellt hat, noch, dass er das Übergehen von Beweisanträgen gerügt hätte, noch, dass er eine Protokollierung der Rüge verlangt, und —im Falle der Weigerung des Gerichts, die Protokollierung vorzunehmen— eine Protokollberichtigung gemäß § 94 FGO i.V.m. den §§ 160 Abs. 4, 164 ZPO beantragt hätte (, BFH/NV 2006, 2280; vom VIII B 33/05, BFH/NV 2006, 1338).
3. Beiziehung der Strafakten
a) Werden andere als die unmittelbar den Streitfall betreffenden Akten beigezogen, so sind die Beteiligten davon zu benachrichtigen oder sie müssen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden; denn nach § 96 Abs. 2 FGO darf das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Eine Mitteilung darf selbst dann nicht unterbleiben, wenn den Prozessbeteiligten der Inhalt der Akten vollständig bekannt ist; denn diese Kenntnis bedeutet noch nicht, dass sich die Beteiligten zu diesen Tatsachen auch äußern konnten.
Entscheidend ist, dass die Beteiligten Kenntnis von der möglichen Verwertung der Akten im anhängigen Verfahren erhalten. Nur dann besteht für die Beteiligten ein Anlass zur Stellungnahme unter Berücksichtigung des Inhalts der beigezogenen Akten (, BFH/NV 2000, 214).
b) Das FG hat das Urteil des Amtsgerichts A gegen den Kläger zu den Akten genommen (FG-Akte Bl. 127) und ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (S. 10 unten) auch Zeugenaussagen aus dem Strafverfahren verwertet, ohne dass aus der FG-Akte, insbesondere aus der Sitzungsniederschrift vom ersichtlich wäre, dass die Beteiligten hierüber informiert worden wären.
Indes ist die vom Kläger insoweit erhobene Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht schlüssig erhoben; denn im Falle einer —wie im Streitfall allenfalls— partiellen Verletzung des rechtlichen Gehörs gehört der Vortrag, zu welchem Inhalt der beigezogenen und ohne Wissen des Klägers verwerteten Strafunterlagen sich dieser nicht habe äußern können und insbesondere was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch zusätzlich vorgetragen hätte und dass bei Berücksichtigung dieses Vorbringens eine andere Entscheidung des FG in der Sache möglich gewesen wäre zum notwendigen schlüssigen Vortrag des behaupteten Verfahrensmangels (BFH-Beschlüsse vom VIII B 21/05, BFH/NV 2006, 1256; vom IV B 101/99, BFH/NV 2000, 738; vom VII B 182/98, BFH/NV 1999, 1229).
4. Mangelnde Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO)
a) Soweit der Kläger rügt, das FG habe es unterlassen, die Frage zu prüfen, ob überhaupt eine Steuerverkürzung vorliege bzw. ein Steueranspruch besteht, handelt es sich allenfalls um einen dem materiellen Recht zuzuordnenden Mangel, der indes nicht zur Zulassung der Revision führt (BFH-Beschlüsse vom VIII B 126/06, juris; vom VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799).
Im Übrigen konnte und kann eine einbehaltene Kapitalertragsteuer, die im Zusammenhang mit getätigten Tafelgeschäften an den deutschen Fiskus abgeführt worden sein könnte, nur bei Vorlage einer Bescheinigung nach § 45a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch den Steuerpflichtigen angerechnet werden (vgl. ausführlich Senatsurteil vom VIII R 28/07, BFH/NV 2008, 1391).
b) Gleiches gilt hinsichtlich der Rüge, nicht der Kläger hätte zur Aufklärung beitragen, sondern das FG hätte von sich aus aufklären müssen.
aa) Der Kläger legt bereits nicht dar, welche konkreten Ermittlungen sich dem FG nach dessen insoweit maßgebender materiell-rechtlicher Auffassung hätten aufdrängen müssen und weshalb er, obwohl er in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertreten gewesen ist, nicht von sich aus im Rahmen der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom durchgeführten Erörterung der Sach- und Rechtslage die von ihm als entscheidungserheblich angesehenen Tatsachen vorgetragen und entsprechende Beweise vorgelegt oder ordnungsgemäße Beweisanträge gestellt hat (§ 295 ZPO i.V.m. § 155 FGO; BFH-Beschlüsse vom VIII B 83/07, BFH/NV 2008, 978, m.w.N.; vom VIII B 211/06, BFH/NV 2007, 2312, m.w.N.).
Das FG hat zudem nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO zwar den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Indes wird der Amtsermittlungsgrundsatz durch die Mitwirkungspflichten der Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO begrenzt. Die Sachaufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, welche eine fachkundig vertretene Partei selbst in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2007, 2312; in BFH/NV 2006, 1338, m.w.N.).
bb) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass das Vorliegen einer zur Verlängerung der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) führenden Steuerstraftat nach den Maßstäben des § 96 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz FGO festzustellen ist, und zwar auch in Fällen einer Verletzung der dem Steuerpflichtigen nach § 90 Abs. 1 und 2 AO obliegenden Mitwirkungspflichten und im Übrigen die Finanzbehörde im finanzgerichtlichen Verfahren die objektive Feststellungslast trifft, wie dies das FG (S. 12 des Urteils) ebenfalls gesehen hat (vgl. , BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364).
Indes gehört auch eine insoweit vermeintlich unzutreffende Beweiswürdigung revisionsrechtlich zum materiellen Recht, dessen Verletzung grundsätzlich erst im Rahmen einer zugelassenen Revision zu prüfen ist (, BFH/NV 2007, 2286).
c) Der gerügte vermeintliche Widerspruch zum Akteninhalt stellt erkennbar eine abweichende —wie ausgeführt dem materiellen Recht zuzuordnende— Beweiswürdigung dar, wie der Formulierung zu entnehmen ist, dass der Senat die Überzeugung gewonnen habe, dass die Tafelpapiere nicht in einem inländischen Depot verwahrt worden seien. Insoweit bezieht sich das FG auch auf gerichtsbekannte Praktiken der Banken.
Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise —ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts— in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt oder seiner Sachaufklärungspflicht nicht nachkommt.
Insbesondere sind der Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten (quantitativ) vollständig und (qualitativ) einwandfrei zu berücksichtigen. Das FG darf bei seiner Überzeugungsbildung nicht eine nach Aktenlage feststehende Tatsache unberücksichtigt lassen oder bei seiner Entscheidung vom Nichtvorliegen einer solchen Tatsache ausgehen.
Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt hingegen nicht bereits deshalb vor, weil das FG den ihm vorliegenden Akteninhalt nicht entsprechend den klägerischen Vorstellungen gewürdigt hat oder die Würdigung fehlerhaft erscheint. Insoweit handelt es sich um materiell-rechtliche Fehler, nicht indes um einen Verfahrensverstoß (, BFH/NV 2007, 1521, m.w.N.).
Im Streitfall hat der Kläger indes trotz des Hinweises des Beklagten und Beschwerdegegners —Finanzamt (FA)— (so im Schriftsatz vom ; FG-Akte Bl. 112), dass Voraussetzung für eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG eine —vom Kläger indes nicht beigebrachte— Bescheinigung gemäß § 45a Abs. 2 oder 3 EStG sei, derartige Bescheinigungen für die Streitjahre nicht vorgelegt und offensichtlich auch gar nicht vorlegen können, weil derartige Bescheinigungen von der Bank nicht erstellt worden sind.
Liegen aber die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Anrechnung möglicherweise einbehaltener Kapitalertragsteuer mangels entsprechender Bescheinigungen schon nicht vor, so hätte es einer substantiierten Darlegung bedurft, inwiefern gleichwohl das Urteil auf dem behaupteten Aktenverstoß beruhen könnte; denn das Urteil würde sich im Ergebnis aus materiell-rechtlichen Gründen entsprechend § 126 Abs. 4 FGO als in der Sache zutreffend erweisen (BFH-Beschlüsse vom VIII B 81/05, BFH/NV 2006, 2297; vom VIII B 104/06, BFH/NV 2007, 486).
Soweit sich der Kläger auf einen Beleg der B-Bank vom bezieht, hat das FG (S. 2 des Tatbestands) diesen Sachverhalt sehr wohl festgestellt. Indes bedeutet dies keineswegs zwingend, dass die Tafelpapiere während des gesamten Streitzeitraums unverändert in dem inländischen Depot verwahrt worden sind.
d) Gleiches gilt hinsichtlich der Rüge, die Ausführungen des angefochtenen Urteils auf S. 12 widersprächen denjenigen des FA über die Auszahlung der 35 %igen Kapitalertragsteuer; denn anrechenbare Abzugsteuerbeträge sind steuerstrafrechtlich allenfalls dann zu berücksichtigen, wenn die steuerrechtlichen Anrechnungsvoraussetzungen vorliegen, d.h. die Bescheinigung über die Abzugsbeträge im Zeitpunkt der Tatbegehung —nämlich der nicht vollständigen Erklärung der Kapitaleinkünfte— tatsächlich vorliegt.
Damit ist die vom Kläger behauptete, jedoch nicht nachgewiesene Abführung des Zinsabschlags steuerstrafrechtlich nicht zu berücksichtigen (Senatsurteil in BFH/NV 2008, 1391, m.w.N.).
e) Schließlich hätte der Kläger auch für die weitere Rüge eines Aktenverstoßes (zu den Anforderungen vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1521, m.w.N.), soweit das FG von einer nicht ausreichenden Bemühung des Klägers um Aufklärung ausgeht, vor dem Hintergrund der vorstehend aufgeführten materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Anrechnung einbehaltener Kapitalertragsteuer schlüssig darlegen müssen, inwieweit das angefochtene Urteil bei einer fehlenden Kapitalertragsteuerbescheinigung auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Auch hinsichtlich dieser Rüge ist von der Ergebnisrichtigkeit des Urteils entsprechend § 126 Abs. 4 FGO wegen der nicht vorgelegten, nach dem EStG jedoch eindeutig vom Kläger beizubringenden Bescheinigungen, auszugehen.
5. Verletzung materiellen Rechts
a) Der Kläger meint, in der bisherigen Rechtsprechung des BFH sei nicht zwischen den von ihm dargestellten Sachverhalten unterschieden bzw. sei über den vorliegenden Fall noch nicht entschieden worden, weshalb eine Entscheidung des BFH i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO geboten sei.
Damit wird kein Zulassungsgrund hinreichend schlüssig dargetan.
aa) Soweit der Kläger ausschließlich Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht, sind diese von vornherein unbeachtlich; denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 2286, m.w.N.).
bb) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen.
Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinandergesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen.
cc) Der Kläger hat indes lediglich behauptet, das FG habe rechtsfehlerhaft die Ermittlungsbefugnis der Steuerfahndung für die Streitjahre 1993 bis 1995 gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für gerechtfertigt gehalten und die vom FG zitierten Entscheidungen des BFH (Beschlüsse vom VII B 45/97, BFHE 184, 266, BStBl II 1998, 231; vom VII B 11/00, BFHE 195, 40, BStBl II 2001, 624) beträfen andere Sachverhalte, nämlich im Rahmen der Strafverfolgungsfristen von der Steuerfahndung aufgenommene Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen. Damit wird indes kein Meinungsstreit dargetan, der die Klärung einer Rechtsfrage durch den BFH erforderlich machen würde, sondern —wie der Kläger selbst einräumt— lediglich eine andere Entscheidung des konkreten Streitfalls begehrt.
dd) Sollte der Kläger insoweit eine Rechtsfortbildung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO begehren, so wäre dieser Zulassungsgrund gleichermaßen nicht schlüssig dargetan.
Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Erforderlich ist eine Entscheidung des BFH nur dann, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im Allgemeininteresse liegt und wenn die Frage nach dem „ob” und ggf. „wie” der Rechtsfortbildung klärungsbedürftig ist. Insoweit gelten die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO höchstrichterlich entwickelten strengen Darlegungsanforderungen gleichermaßen.
Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen. Es reicht weder —für sich allein— aus, dass die Rechtsfrage bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist noch genügt die Behauptung, das FG habe sachlich unrichtig entschieden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1256, m.w.N.).
ee) Schließlich hat der Kläger auch keine Divergenz hinreichend dargetan.
Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen. Des Weiteren ist insbesondere auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt.
Ein abweichender Rechtssatz muss zwar nicht ausdrücklich in den Urteilsgründen vom FG formuliert worden sein. Er kann auch konkludent in scheinbar nur fallbezogenen Rechtsausführungen des FG zum Ausdruck kommen. Eine Abweichung kann deshalb auch vorliegen, wenn das FG einem bestimmten Sachverhalt eine andere Rechtsfolge beigemessen hat als sie der BFH zu einem im Wesentlichen gleichen Sachverhalt ausgesprochen hat. Aber auch in einem derartigen Fall muss sich der vom FG aufgestellte —abweichende— Rechtssatz deutlich aus dem gedanklichen Zusammenhang der Entscheidungsgründe entnehmen lassen. Indes reichen weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen noch die angeblich fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles, noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus. Erforderlich ist vielmehr die Darlegung der Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 2286, m.umf.N.).
Der Kläger hat bereits nicht dargetan, das FG hätte in dem angefochtenen Urteil einen von bestimmten BFH-Entscheidungen abweichenden abstrakten tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt. Im Kern hat er vielmehr nur behauptet, die vom FG zitierten Entscheidungen des BFH seien nicht einschlägig, mithin habe sich das FG rechtsfehlerhaft auf diese bezogen.
Damit liegt allenfalls ein schlichter, nicht zur Zulassung der Revision führender Subsumtionsmangel vor, keinesfalls aber bereits ein allenfalls ausnahmsweise ebenfalls unter § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO fallender sog. qualifizierter Rechtsanwendungsfehler (dazu BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 2122).
b) Mit der Behauptung, der BFH habe im Beschluss in BFHE 184, 266, BStBl II 1998, 231 die Regelung in § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO unzulässig —entgegen dessen eindeutigen Wortlaut— dahin gehend ausgelegt, dass die Steuerfahndung auch zu rein steuerlichen Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen befugt sei, wird kein Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO entsprechend den vorstehend unter 5.a ausgeführten Anforderungen dargetan.
c) Die Rüge, das FG habe sich zu Unrecht hinsichtlich der Feststellungen der Tatbestandsmerkmale nicht nach dem strafprozessualen Grundsatz „in dubio pro reo”, sondern nach den Vorschriften der AO auf das (BFHE 185, 351, BStBl II 1998, 466) berufen, weil sich der BFH in dieser Entscheidung seinerseits zu Unrecht auf den lediglich in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss des Großen Senats des (BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570) gestützt habe, legt der Kläger keine Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO dar.
Besteuerungs- und Strafverfahren sind nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 393 Abs. 1 AO voneinander unabhängig und ihren jeweiligen Verfahrensordnungen unterworfen. Hängt die Rechtmäßigkeit eines Bescheides davon ab, dass eine Steuerhinterziehung vorliegt, so kann das Gericht allerdings auch im Besteuerungsverfahren eine Straftat nur feststellen, wenn es von ihrem Vorliegen überzeugt ist. Dies hat das FG gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (, juris, m.w.N.).
Selbst ein Freispruch, oder —wie der Kläger nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO mitgeteilt hat— die Beschränkung des Strafverfahrens im Rahmen einer verfahrensbeendigenden einvernehmlichen Absprache zwischen den Beteiligten und dem darauf beruhenden Ausschluss weiterer Steuerverkürzungen wegen Zinseinnahmen aus sog. Tafelpapieren in den Jahren 1996 bis 1998, weil diese dem Angeklagten (Kläger) nach dem Grundsatz „in dubio pro reo” nicht mit einer zur Verurteilung erforderlichen ausreichenden Sicherheit hätten nachgewiesen werden können, hindert wegen der Eigenständigkeit des Besteuerungsverfahrens gegenüber dem Steuerstrafverfahren gemäß § 393 Abs. 1 AO das FG nicht, aufgrund eigener Feststellungen zur vollen Überzeugung von einer —zur Verlängerung der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO führenden— Steuerhinterziehung zu gelangen (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 56/07, BFH/NV 2008, 805; vom XI B 230/03, BFH/NV 2005, 1485).
6. Rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung
Eine vermeintlich unzulängliche Beweiswürdigung durch das FG ist revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen, vermag also keinen die Zulassung der Revision gebietenden Zulassungsgrund zu erfüllen (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2007, 2286; in BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
a) Dies gilt hinsichtlich der Beanstandung, das FG sei unter Verletzung des —wie ausgeführt im finanzgerichtlichen Verfahren ohnedies nicht unmittelbar anwendbaren— Grundsatzes „in dubio pro reo” vom Nichteinbehalt der Kapitalertragsteuer ausgegangen, obwohl nach Aktenlage alles für einen Einbehalt spreche. Im Übrigen wird zusätzlich auf Ziff. II.4.c der Begründung dieses Beschlusses zur Notwendigkeit der Vorlage entsprechender Bescheinigungen im Zeitpunkt der Tatbegehung verwiesen. Unstreitig gab es derartige Bescheinigungen im Streitfall nicht.
b) Nichts anderes gilt hinsichtlich der im Schriftsatz des Klägers vom unter Ziff. II.3. Buchst. b bis d erhobenen Einwendungen gegen die Beweiswürdigung des FG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
QAAAD-02197