BGH Beschluss v. - 3 StR 275/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 64; StGB § 67 Abs. 2 Satz 2; StGB § 67 Abs. 2 Satz 3; StGB § 67 Abs. 5 Satz 1

Instanzenzug: LG Hannover, vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Heroin) in nicht geringer Menge" zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf eine Verfahrensrüge und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

Zum Schuld- und Strafausspruch hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Ablehnung der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hält hingegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat festgestellt, dass bei dem heroinabhängigen Angeklagten ein Hang zur Einnahme von berauschenden Mitteln im Übermaß vorliegt. Es hat gleichwohl von der Unterbringung abgesehen, weil sich ein symptomatischer Zusammenhang zwischen diesem Hang und der Tatbegehung nicht feststellen lasse; der Heroinhandel habe nicht der Finanzierung der Sucht, sondern in erster Linie dem Abtrag von Geldschulden bei einem Drogenhändler und der allgemeinen Beschaffung von Geldmitteln gedient.

Damit hat das Landgericht zu hohe Anforderungen an die Annahme einer Symptomtat gestellt. Für die Bejahung eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen der Tat und dem Hang im Sinne des § 64 StGB ist es ausreichend, dass der Hang - gegebenenfalls neben anderen Umständen - mit dazu beigetragen hat, dass der Täter die Tat begangen hat. Ein solcher Zusammenhang ist typischerweise bei der so genannten Beschaffungskriminalität von Rauschgiftsüchtigen gegeben, wenn also die Straftat unmittelbar oder - wie hier - mittelbar der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum dient (vgl. = StV 2008, 405 m. N.).

Über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss nach alledem - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nicht gefährlich im Sinne dieser Vorschrift ist oder keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt von seinem Hang zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren (§ 64 Satz 2 StGB), sind nicht ersichtlich. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5; BGH NStZ-RR 2008, 107). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.).

Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte. Der Strafausspruch kann deshalb bestehen bleiben.

Der neue Tatrichter wird im Falle der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 5 Satz 1 StGB über die Reihenfolge der Vollstreckung von Strafe und Maßregel zu befinden haben (vgl. BGH NStZ 2008, 28; NStZ-RR 2008, 74). Bei Vorwegvollzug eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe wird es für dessen Berechnung notwendig sein, die für den Angeklagten voraussichtlich erforderliche Therapiedauer zu bestimmen.

Fundstelle(n):
RAAAC-97079

1Nachschlagewerk: nein